vorgehend
Amtsgericht Olpe, 12 K 53/98, 27.06.2007
Landgericht Siegen, 4 T 301/07, 08.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 125/07
vom
5. Juni 2008
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Juni 2008 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann
und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 8. Oktober 2007 und der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Olpe vom 27. Juni 2007 aufgehoben. Der Beteiligten zu 4 wird der Zuschlag auf das in dem Versteigerungstermin des Amtsgerichts Olpe vom 14. Juni 2007 abgegebene Gebot von 85.000 € versagt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 85.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten zu 2 und 3 betreiben die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks der Beteiligten zu 1. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 179.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig der Terminsvertreter der Beteiligten zu 3 im eigenen Namen ein Gebot von 50.000 € ab. Das Vollstreckungsgericht versagte den Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG. In dem zweiten Termin betrug das Meistgebot 29.000 €. Diesem Gebot versagte das Amtsgericht den Zuschlag gemäß § 33 ZVG, nachdem die Beteiligten zu 2 und 3 die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligt hatten. Das einzige in dem dritten Termin abgegebene Gebot wurde zurückgewiesen, da der Bieter die verlangte Sicherheit nicht leistete. Nach Feststellung, dass keine wirksamen Gebote abgegeben worden waren , stellte das Vollstreckungsgericht das Verfahren gemäß § 77 Abs. 1 ZVG ein.
3
Im vierten Termin am 14. Juni 2007 blieb die Beteiligte zu 4 mit einem Gebot von 85.000 € Meistbietende. Mit Beschluss vom 27. Juni 2007 erteilte das Vollstreckungsgericht den Zuschlag auf dieses Gebot.
4
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde möchten sie die Versagung des Zuschlags erreichen.

II.

5
Das Beschwerdegericht meint, das Vollstreckungsgericht habe den Zuschlag zu Recht erteilt, obwohl das Gebot der Beteiligten zu 4 mit 85.000 € die 5/10-Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nicht erreicht habe. Zwar hätte das Meistgebot des ersten Termins als unwirksam zurückgewiesen werden müssen, weil der Terminsvertreter der Beteiligten zu 3 nur mitgesteigert habe, um die Wertgrenze der § 85a Abs. 1 ZVG zu Fall zu bringen. Dieser Verfahrensfehler habe sich aber nicht ausgewirkt. Der Zweck der Vorschrift sei dadurch erreicht worden, dass der Zuschlag nicht auf das im zweiten Termin abgegebene Meistgebot von 29.000 € erteilt worden sei. Dass dies nicht wegen Nichterreichens der 5/10Wertgrenze , sondern im Hinblick auf die Einstellungsbewilligung der betreibenden Gläubiger erfolgt sei, schade nicht. Maßgeblich sei, dass der Versagungsgrund des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG vorgelegen habe.

III.

6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 96 ZVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
7
Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Beschwerdegerichts, dass das in dem ersten Versteigerungstermin im eigenen Namen abgegebene Gebot des Gläubigervertreters unwirksam und damit nicht geeignet war, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 172, 218; Beschl. v. 5. Juli 2007, V ZB 118/06, NJW 2007, 3360; Beschl. v. 18. Oktober 2007, V ZB 75/07, WM 2008, 304).
8
Richtig ist auch, dass die dem Schutz des Schuldners dienende Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG im zweiten Termin fortgalt. Ohne die Einstellungsbewilligung der betreibenden Gläubigerinnen (§ 30 ZVG) wäre der Zuschlag auf das Gebot von 29.000 € deshalb nach § 85a Abs. 1 ZVG zu versagen gewesen mit der Folge, dass die 5/10-Wertgrenze in dem folgenden Termin nicht mehr gegolten hätte.
9
Rechtsfehlerhaft ist indessen die Annahme des Beschwerdegerichts, dass diese Rechtsfolge eingetreten ist, obwohl es zu einer Zuschlagsversagung nach § 85a Abs. 1 ZVG nicht gekommen ist. Wird das Verfahren nach § 30 Abs. 1 Satz 1 ZVG einstweilen eingestellt, führt dies dazu, dass das Gebot erlischt (§ 72 Abs. 3 ZVG). Zwar macht § 33 ZVG hiervon eine Ausnahme, wenn nach dem Schluss der Versteigerung ein Grund zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens besteht. Die Entscheidung kann dann aber, wie hier auch geschehen, nur durch Versagung des Zuschlags erfolgen. Das hindert lediglich vorübergehend das Erlö- schen des Gebots, nämlich bis zu der - hier gegebenen - Rechtskraft des Versagungsbeschlusses (§ 86 ZVG). Spätestens dann erweist sich auch in diesem Fall die Versteigerung als ergebnislos. Eine ergebnislose Versteigerung wird von den Regeln über die Zuschlagsversagung nach § 85a ZVG nicht erfasst und führt deshalb nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen (Senat, Beschluss vom 19. Juli 2007, V ZB 15/07, Umdruck S. 6, veröffentlicht bei juris; Beschluss vom 18. Oktober 2007, V ZB 141/06, NJW-RR 2008, 360; vgl. dazu Keller, ZfIR 2008, 134).
10
Nachdem der dritte Versteigerungstermin mangels Abgabe von Geboten ebenfalls ergebnislos war, galt die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in dem vierten Termin vom 14. Juni 2007 fort, so dass dem darunter liegenden Gebot der Beteiligten zu 4 der Zuschlag zu versagen ist.
11
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Beteiligte zu 4 über das Gebot von 85.000 € hinaus „zur Meidung einer allseitigen rechtlichen Auseinandersetzung“ weitere 4.500 € und damit die Hälfte des festgesetzten Verkehrswerts an die Beteiligte zu 2 gezahlt hat. Diese freiwillige Zahlung ändert nichts daran, dass die Beteiligten zu 1 den zu Unrecht erteilten Zuschlag anfechten können, um die ihnen nach dem Gesetz zustehende neue Verwertungschance in Form eines weiteren Versteigerungstermins zu erreichen.

IV.

12
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde und einem sich anschließenden Rechtsbeschwerdeverfahren in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, BGHZ 170, 378, 381 m.w.N.). Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Olpe, Entscheidung vom 27.06.2007 - 12 K 53/98 -
LG Siegen, Entscheidung vom 08.10.2007 - 4 T 301/07 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2008 - V ZB 125/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2008 - V ZB 125/07

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2008 - V ZB 125/07 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 85a


(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht. (2) § 74a Abs. 3, 5 ist ent

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 96


Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 30


(1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine ern

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 77


(1) Ist ein Gebot nicht abgegeben oder sind sämtliche Gebote erloschen, so wird das Verfahren einstweilen eingestellt. (2) Bleibt die Versteigerung in einem zweiten Termin gleichfalls ergebnislos, so wird das Verfahren aufgehoben. Liegen die Vora

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 33


Nach dem Schluß der Versteigerung darf, wenn ein Grund zur Aufhebung oder zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder zur Aufhebung des Termins vorliegt, die Entscheidung nur durch Versagung des Zuschlags gegeben werden.

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 72


(1) Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot zugelassen wird und ein Beteiligter der Zulassung nicht sofort widerspricht. Das Übergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird. (2) Ein Gebot erlischt auch dann, wenn es zurückg

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 86


Die rechtskräftige Versagung des Zuschlags wirkt, wenn die Fortsetzung des Verfahrens zulässig ist, wie eine einstweilige Einstellung, anderenfalls wie die Aufhebung des Verfahrens.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2008 - V ZB 125/07 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2008 - V ZB 125/07 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2007 - V ZB 15/07

bei uns veröffentlicht am 19.07.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 15/07 vom 19. Juli 2007 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. S

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2007 - V ZB 75/07

bei uns veröffentlicht am 18.10.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 75/07 vom 18. Oktober 2007 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZVG §§ 85a, 97 Abs. 1 Versagt das Vollstreckungsgericht rechtsfehlerhaft den Zuschlag auf ein unw

Referenzen

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

Nach dem Schluß der Versteigerung darf, wenn ein Grund zur Aufhebung oder zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder zur Aufhebung des Termins vorliegt, die Entscheidung nur durch Versagung des Zuschlags gegeben werden.

(1) Ist ein Gebot nicht abgegeben oder sind sämtliche Gebote erloschen, so wird das Verfahren einstweilen eingestellt.

(2) Bleibt die Versteigerung in einem zweiten Termin gleichfalls ergebnislos, so wird das Verfahren aufgehoben. Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung vor, so kann auf Antrag des Gläubigers das Gericht anordnen, daß das Verfahren als Zwangsverwaltung fortgesetzt wird. In einem solchen Fall bleiben die Wirkungen der für die Zwangsversteigerung erfolgten Beschlagnahme bestehen; die Vorschrift des § 155 Abs. 1 findet jedoch auf die Kosten der Zwangsversteigerung keine Anwendung.

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 75/07
vom
18. Oktober 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Versagt das Vollstreckungsgericht rechtsfehlerhaft den Zuschlag auf ein unwirksames
Gebot nach § 85a Abs. 1 ZVG, statt es nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückzuweisen
, so kann der Schuldner diese Entscheidung entgegen dem Wortlaut
des § 97 Abs. 1 ZVG mit der sofortigen Beschwerde anfechten.
BGH, Beschl. v. 18. Oktober 2007 - V ZB 75/07 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Oktober 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Dem Beteiligten zu 2 wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt. Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 23. November 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 150.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks des Beteiligten zu 2. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 345.100 € festgesetzt.
2
Der erste Versteigerungstermin blieb mangels Abgabe von Geboten ergebnislos. Das Verfahren wurde einstweilen eingestellt und später auf Antrag der Beteiligten zu 1 fortgesetzt.
3
In dem folgenden Versteigerungstermin gab einzig der Terminsvertreter der Beteiligten zu 1 ein Gebot von 150.000 € ab. Das Vollstreckungsgericht versagte den Zuschlag gemäß § 85a Abs. 1 ZVG.
4
Dagegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt, weil nach seiner Meinung das Gebot unwirksam ist und deshalb habe zurückgewiesen werden müssen. Das Rechtsmittel ist erfolglos geblieben.
5
Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Schuldner die Zurückweisung des Gebots erreichen.

II.

6
Das Beschwerdegericht hält die sofortige Beschwerde für zulässig, aber unbegründet. Das abgegebene Gebot sei wirksam, weil es kein Scheingebot sei.
7
Das hält einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis nicht stand.

III.

8
Die aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 575 ZPO) und begründet. Das Berufungsgericht hat die sofortige Beschwerde zu Unrecht zurückgewiesen.
9
1. Der Beteiligte zu 2 ist beschwerdeberechtigt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ergibt sich das allerdings nicht aus § 95 ZVG. Denn der Beteiligte zu 2 hat nicht eine vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfolgte Entscheidung, sondern die Zuschlagsentscheidung selbst angegriffen. Auf diese sofortige Beschwerde finden nach § 96 ZVG in erster Linie die Vorschriften der §§ 97 bis 104 ZVG Anwendung.
10
a) Nach § 97 Abs. 1 ZVG steht die Beschwerde im Fall der Versagung des Zuschlags dem betreibenden Gläubiger, dem Bieter, dessen Gebot nicht erloschen ist, und demjenigen zu, der nach § 81 ZVG an die Stelle des Bieters treten soll. Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum ist der Schuldner in diesem Fall nicht beschwerdeberechtigt (siehe nur OLG Köln Rpfleger 1997, 176 f.; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 97 Rdn. 8; Muth in Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 97 Rdn. 7; Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 2. Aufl., § 16 IV 5; Steiner /Storz, ZVG, 9. Aufl., § 97 Rdn. 16; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 97 Anm. 2.11). Demgegenüber wird vereinzelt die Ansicht vertreten, dass auch der Schuldner den Zuschlagsversagungsbeschluss mit der Beschwerde angreifen könne (Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., D 5.4.1; Hintzen, Rpfleger 1997, 150 f.).
11
b) Für die vorliegende Fallkonstellation ist Letzteres richtig. Zwar haben die Vertreter der überwiegenden Auffassung den Gesetzeswortlaut auf ihrer Seite. Da nach § 97 Abs. 1 ZVG die Beschwerde im Fall der Erteilung des Zuschlags jedem Beteiligten zusteht, der Schuldner zu den Beteiligten gehört (§ 9 ZVG), aber im Fall der Zuschlagsversagung weder sämtliche Beteiligte noch der Schuldner als Beschwerdeberechtigte genannt werden, liegt die Annahme nahe, dass er die Versagung des Zuschlags nicht mit der Beschwerde angreifen kann. Aber diese formale Betrachtungsweise wird den schutzwürdigen Interessen des Schuldners nicht immer ausreichend gerecht. Diese berücksichtigt das Gesetz u.a. in der Regelung des § 85a Abs. 1 ZVG, nach welcher der Zuschlag zu versagen ist, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwerts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswerts nicht erreicht. Damit soll im Interesse des Eigentümers die Verschleuderung von Grundstücken verhindert und ein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis bei der Versteigerung bewirkt werden (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302, 303). Die Vorschrift bezweckt somit, den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Schuldners vor einer Verschleuderung seines Grundbesitzes in der Zwangsversteigerung zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 8/693, S. 52). Dieser Zweck wird nicht erreicht, wenn das Vollstreckungsgericht rechtsfehlerhaft den Zuschlag auf ein unwirksames Gebot nach § 85a Abs. 1 ZVG versagt, anstatt das Gebot zurückzuweisen (§ 71 Abs. 1 ZVG) und das Verfahren nach § 77 Abs. 1 ZVG einstweilen einzustellen oder es nach § 77 Abs. 2 ZVG aufzuheben bzw. die Zwangsverwaltung anzuordnen. Damit wird die gesetzliche Risikoverteilung (§§ 74a, 77, 85a ZVG), die das Fehlen von Bietern dem Risikobereich des Gläubigers zuweist und den Schuldner nach einer ergebnislosen Versteigerung weiterhin durch die Wertgrenzen der §§ 74a Abs. 1, 85a Abs. 1 ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks schützt, unterlaufen (Senat, Beschl. v. 10. Mai 2007, V ZB 83/06, WM 2007, 1522, 1525, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Um das zu vermeiden, muss - auch unter dem Blickwinkel der in Art. 14 GG verankerten Eigentumsgarantie - in einem solchen Fall der Schuldner die Möglichkeit haben, den Beschluss über die Versagung des Zuschlags mit der sofortigen Beschwerde anzufechten.
12
2. In der Sache hat die angefochtene Entscheidung jedoch keinen Bestand. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nicht als rechtmäßig angesehen werden.
13
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass das von dem Terminsvertreter der Beteiligten zu 1 abgegebene Gebot kein Scheingebot ist. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, NJW 2006, 1355), auf die sich der Beteiligte zu 2 in den Tatsacheninstanzen berufen und die der Senat in einer neueren Entscheidung bestätigt hat (Beschl. v. 10. Mai 2007, V ZB 83/06, WM 2007, 1522, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
14
b) Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht jedoch das Gebot auch im Übrigen als wirksam angesehen. Das steht nicht in Einklang mit der neueren Senatsrechtsprechung (Beschl. v. 10. Mai 2007, V ZB 83/06, aaO), nach welcher das Eigengebot des Gläubigervertreters, das ausschließlich darauf gerichtet ist, zugunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam ist, und nach der bei dem Eigengebot eines Gläubigervertreters eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht spricht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen. Danach kommt hier die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und die Zurückweisung des Gebots (§ 71 Abs. 1 ZVG) mit der Folge der Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder der Anordnung der Zwangsverwaltung (§ 77 Abs. 2 ZVG) in Betracht; denn auch die Versagung des Zuschlags nach § 85a Abs. 1 ZVG setzt ein wirksames Meistgebot voraus (Senat, Beschl. v. 10. Mai 2007, V ZB 83/06, aaO).
15
aa) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass der Terminsvertreter der Beteiligten zu 1 das Gebot im eigenen Namen abgegeben hat. In der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Beschlusses heißt es zwar, das Gebot sei für die Beteiligte zu 1 abgegeben worden. Dabei handelt es sich aber um einen offensichtlichen Fehler; denn das Beschwerde- gericht geht bei seiner rechtlichen Beurteilung selbst von einem Eigengebot des Terminsvertreters aus. Das entspricht den Feststellungen in dem Protokoll über den Versteigerungstermin, die die alleinige Grundlage für die Entscheidung über den Zuschlag bilden (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 78 Anm. 2.8).
16
bb) Somit spricht eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht des Terminsvertreters, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen. Sie kann allerdings dadurch widerlegt werden, dass ein gesetzeskonformes Interesse an der Abgabe des Eigengebots glaubhaft gemacht wird.

IV.

17
Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der Beteiligten zu 1 ist Gelegenheit zu geben, etwaige Ausführungen zur Widerlegung der Vermutung des Rechtsmissbrauchs zu machen. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 17.08.2006 - 2 K 146/02 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 23.11.2006 - 5 T 695/06 -

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

(1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags.

(2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn der Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt.

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

(1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags.

(2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn der Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt.

(1) Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot zugelassen wird und ein Beteiligter der Zulassung nicht sofort widerspricht. Das Übergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird.

(2) Ein Gebot erlischt auch dann, wenn es zurückgewiesen wird und der Bieter oder ein Beteiligter der Zurückweisung nicht sofort widerspricht.

(3) Das gleiche gilt, wenn das Verfahren einstweilen eingestellt oder der Termin aufgehoben wird.

(4) Ein Gebot erlischt nicht, wenn für ein zugelassenes Übergebot die nach § 68 Abs. 2 und 3 zu erbringende Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

Nach dem Schluß der Versteigerung darf, wenn ein Grund zur Aufhebung oder zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder zur Aufhebung des Termins vorliegt, die Entscheidung nur durch Versagung des Zuschlags gegeben werden.

Die rechtskräftige Versagung des Zuschlags wirkt, wenn die Fortsetzung des Verfahrens zulässig ist, wie eine einstweilige Einstellung, anderenfalls wie die Aufhebung des Verfahrens.

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 15/07
vom
19. Juli 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juli 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 27. Dezember 2006 und der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Otterndorf vom 15. November 2006, berichtigt am 28. November 2006, aufgehoben. Der Beteiligten zu 3 wird der Zuschlag auf das im Versteigerungstermin des Amtsgerichts Otterndorf vom 8. November 2006 abgegebene Gebot von 57.000 € versagt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 57.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligte zu 2 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks der Beteiligten zu 1. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 190.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 2 im eigenen Namen ein Gebot von 70.000 € ab. Das Amtsgericht versagte den Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG.
3
In dem von Amts wegen bestimmten zweiten Versteigerungstermin wurde kein Gebot abgegeben. Das Amtsgericht stellte das Verfahren ein.
4
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 wurde ein dritter Termin bestimmt. In diesem gab allein die Beteiligte zu 3 ein Gebot von 57.000 € ab. Das Amtsgericht erteilte darauf den Zuschlag.
5
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - von dem Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr Ziel weiter, dass der Zuschlag auf das Gebot der Beteiligten zu 3 versagt wird.

II.

6
Das Beschwerdegericht meint, das Vollstreckungsgericht habe den Zuschlag auf das von der Beteiligten zu 3 in dem dritten Versteigerungstermin abgegebene Gebot zu Recht erteilt, obwohl dieses mit 57.000 € die 5/10-Wertgrenze (§ 85a Abs. 1 ZVG) nicht erreicht habe.
7
Der Zuschlag dürfe nach § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG nicht mehr versagt werden, nachdem er bereits einmal auf das im ersten Termin von der Gläubigervertreterin abgegebene Gebot wegen Nichterreichens der in § 85a Abs. 1 ZVG bestimmten Wertgrenze versagt worden sei. Ob die Gläubigervertreterin bei der Abgabe ihres Gebotes einen Erwerbswillen in Bezug auf den zu versteigernden Grundbesitz gehabt habe, sei entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 f.) im Versteigerungsverfahren nicht zu prüfen. Die Zwangsvollstreckung sei an äu- ßerlich erkennbare Tatsachen gebunden. Das Vollstreckungsgericht sei weder befugt noch in der Lage, im Versteigerungstermin einen Bieter dazu anzuhalten, seine tatsächlichen Absichten offen zu legen. Eine Überprüfung der Absichten des Bieters führe zu wesentlichen Verfahrensverzögerungen und -erschwerungen, die mit dem formalisierten, auf Befriedigung des Gläubigers und Entschuldung des Schuldners ausgerichteten Verfahren der Zwangsversteigerung unvereinbar seien.
8
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

III.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO) und begründet.
10
1. Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht das Gebot, das die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 2 im ersten Termin im eigenen Namen abgegeben hat, als wirksam angesehen. Das widerspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 f.). Aus der Entscheidung des Beschwerdegerichts ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, so dass zu den Gründen für das Festhalten an der bisherigen Senatsrechtsprechung auf die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 10. Mai 2007 (V ZB 83/06, Umdruck S. 6 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) Bezug genommen wird. Danach ist das Eigengebot eines Gläubigervertreters, mit dem ausschließlich erreicht werden soll, dass in einem neuen Versteigerungstermin unter Umgehung des in der Vorschrift des § 85a Abs. 1 ZVG zum Ausdruck kommenden Schuldnerschutzes der Zuschlag auch auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswerts erteilt werden kann, rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam. Es ist daher nicht geeignet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen.
11
Von einem rechtsmissbräuchlichen Gebot im ersten Termin ist hier nach den Umständen auszugehen, ohne dass es dafür einer Beweisaufnahme zu den Absichten der Gläubigervertreterin bei der Gebotsabgabe bedurft hätte, wie das Beschwerdegericht meint. Bei einem Eigengebot des Gläubigervertreters, das auf die Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG gerichtet ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht, den von § 85a Abs. 1 ZVG bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen (Senat, Beschluss vom 10. Mai 2007, V ZB 83/06, Umdruck S. 18 ff.). So liegt es hier. Anhaltspunkte dafür, dass die Terminsvertreterin der Gläubigerin mit ihrem Gebot ein rechtlich zulässiges Ziel verfolgt hätte, werden von der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht aufgezeigt.
12
2. Wegen der rechtsmissbräuchlichen Gebotsabgabe im ersten Termin galt die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG auch im zweiten Termin. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Anwendung der Wertgrenze in § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG ist nicht anzuwenden, wenn die Gebotsabgabe des Gläubigervertreters im ersten Termin dazu diente, den gesetzlichen Schutz des Schuldners vor einer Verschleuderung seines Vermögens zu unterlaufen und zu einer Bestimmung des zweiten Versteigerungstermins von Amts wegen geführt hat (vgl. Senat, Beschl. v. 10. Mai 2007, V ZB 83/06, Umdruck Seite 21).
13
3. Die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG ist hier auch noch für das im dritten Termin abgegebene Meistgebot zu beachten. Der dritte Termin ist auf einen Fortsetzungsantrag der Gläubigerin nach § 31 ZVG von dem Vollstreckungsgericht bestimmt worden, nachdem der zweite Versteigerungstermin mangels Abgabe von Geboten ergebnislos geblieben und das Verfahren gem. § 77 Abs. 1 ZVG eingestellt worden ist.
14
Die ergebnislose Versteigerung wird von den Regeln über die Zuschlagsversagung nach § 85a ZVG jedoch nicht erfasst und führt deshalb auch nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen (vgl. dazu vor allem Hornung, Rpfleger 2000, 363, 366 f. gegen Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 149; aber auch Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Rdn. 4.3 und § 85a Rdn. 3.3 m.w.N.). Das Fehlen von Bietern fällt in den Risikobereich des Gläubigers, während der Schuldner nach einer ergebnislosen Versteigerung weiterhin durch die Wertgrenzen der §§ 74a, 85a ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt wird (Senat, Beschl. v. 10. Mai 2007, V ZB 83/06, Umdruck S. 11).
15
4. Die Sache ist gem. §§ 101 Abs. 1 ZVG, 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO zur Endentscheidung reif. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts und der Zuschlagsbeschluss sind aufzuheben und der Beteiligten zu 3 der Zuschlag auf ihr im dritten Termin abgegebenes Meistgebot zu versagen. Die Zuschlagsversagung beruht auf § 85a Abs. 1 ZVG, weil das Gebot der Beteiligten zu 3 von 57.000 € die Hälfte des auf 190.000 € festgesetzten Verkehrswerts des Grundstücks nicht erreicht.
16
5. Es wird nunmehr von Amts wegen gem. § 85a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 74a Abs. 3 Satz 1 ZVG ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen sein, in dem die Wertgrenze auf Grund der Zuschlagsversagung aus § 85a Abs. 1 ZVG nicht mehr gilt.

IV.

17
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten fallen weder für die sofortige Beschwerde noch für die Rechtsbeschwerde an (vgl. Nr. 2240 bis 2243 KV-GKG). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt hier nicht in Betracht, da sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberste- hen (Senat, Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, WM 2007, 82, 86). Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist nach dem Wert des Zuschlagsbeschlusses zu bestimmen, dessen Aufhebung die Schuldnerin mit der Rechtsbeschwerde erreichen will (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Er entspricht damit dem Meistgebot der Beteiligten zu 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Otterndorf, Entscheidung vom 15.11.2006 - 9a K 19/04 -
LG Stade, Entscheidung vom 27.12.2006 - 7 T 262/06 -

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.