Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2008 - V ZB 115/07

bei uns veröffentlicht am03.04.2008
vorgehend
Landgericht Köln, 11 T 306/04, 11.08.2005
Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 30/05, 01.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 115/07
vom
3. April 2008
in der Notarkostensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KostO §§ 32, 154 Abs. 2
Das Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO verlangt auch die Angabe des § 32 KostO.
BGH, Beschl. v. 3. April 2008 - V ZB 115/07 - OLG Köln
LG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. April 2008 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Der Kostengläubiger hat dem Kostenschuldner die in den Verfahren der sofortigen und der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert wird für die Zeit bis zum 11. Dezember 2007 auf 410,99 € und für die Zeit danach auf 300 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Kostengläubiger (im Folgenden: Notar) beurkundete am 4. Oktober 2004 einen Vertrag, der den Kauf einer Eigentumswohnung durch den Kostenschuldner zum Gegenstand hatte. Entsprechend den Vereinbarungen der Vertragsparteien wurde die Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt.
2
Unter dem 8. November 2004 ist dem Kostenschuldner eine Kostenberechnung erteilt worden, mit der der Notar – ohne schlagwortartige Bezeichnung der Kostenpositionen – Gebühren nach §§ 147 Abs. 2, 149 KostO und Auslagen gefordert hat. Auf die Beschwerde des Kostenschuldners hat der No- tar unter dem 30. März 2005 seine Kostenberechnung im Hinblick auf das Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO neu gefasst. Die Gebührentatbestände enthalten nunmehr stichwortartige Angaben zu den abgerechneten Tätigkeiten. Der Kostenschuldner hält auch diese Berechnung für rechtsfehlerhaft und macht hierzu u.a. geltend: Seinem Einwand, die Kostenvorschriften der §§ 32, 141 KostO seien nicht zitiert, habe der Notar auch mit der neuen Fassung nicht Rechnung getragen. Davon abgesehen sei die Abwicklung über das Notaranderkonto unnötig gewesen und habe gegen § 54a BeurkG verstoßen. Aber selbst wenn man das anders sehen wollte, könne die Kostenforderung keinen Bestand haben, weil mit der Hebegebühr des § 149 KostO alle mit der Erhebung , Verwahrung und Ablieferung des Kaufpreises verbundenen Tätigkeiten des Notars abgegolten seien.
3
Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hält die zugelassene weitere Beschwerde für unbegründet, sieht sich an einer Zurückweisung aber zumindest durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Januar 1990 (JurBüro 1990, 899 f.) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Nach Eingang der Sache bei dem Bundesgerichtshof haben die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

4
Die Vorlage ist statthaft (§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
5
1. Das vorlegende Gericht und das Oberlandesgericht Hamm sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob neben der Hebegebühr des § 149 KostO eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Prüfung der Kaufpreisfälligkeit anfallen kann. Das rechtfertigt die Vorlage. An die von dem vorlegenden Gericht bejahte Erheblichkeit der Rechtsfrage für die Entscheidung über die weitere Beschwerde ist der Senat – soweit es um die der Beurteilung der Statthaftigkeit der Vorlage geht – gebunden (Senat, BGHZ 116, 392, 394 m.w.N.). Eine Teilentscheidung über einzelne Positionen der Kostenberechnung scheidet schon deshalb aus, weil die vorrangige Frage, ob die Rechnung dem Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO entspricht, nur einheitlich beantwortet werden kann.
6
2. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass das Vorlageverfahren bei der Notarkostenbeschwerde erst durch Art. 33 Nr. 3 des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) eingeführt worden ist und die Auffassung des vorlegenden Gerichts von einer Entscheidung abweicht, die vor dem 1. Januar 2002 ergangen sind (Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2005, V ZB 144/05, NJW 2006, 1208, 1209 m.w.N., insoweit in BGHZ 165, 243 ff. nicht abgedruckt

).

7
3. Schließlich ist die Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde nicht nachträglich dadurch entfallen, dass die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Da der Bundesgerichtshof infolge der statthaften Vorlage an die Stelle des Oberlandesgerichts getreten ist und die Erledigungserklärungen erst nach Eingang der Vorlage bei dem Bundesgerichtshof abgegeben worden sind, muss der Senat die nunmehr auf den Kostenpunkt reduzierte Beschwerde entscheiden (vgl. Senat, Beschl. v. 10. Februar 1983, V ZB 18/82, NJW 1983, 1672, 1673; Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FGG, 15. Aufl. 2003, § 13a Rdn. 48 m.w.N.).

III.

8
Haben die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, ist über die Gerichtskosten – so solche anfallen – in rechtsähnlicher Anwendung des § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei vor allem die Erfolgsaussichten der Beschwerde vor Erledigung der Hauptsache zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 66, 297, 300 m.w.N.). Für die Erstattung außergerichtlicher Kosten ergibt sich das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung in solchen Fällen aus § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG (vgl. BGHZ 28, 117, 120 ff.; 66, 297, 300; Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG, 15. Aufl. 2003, § 19 Rdn. 91 i.V.m. § 13a Rdn. 48; jeweils m.w.N.).
9
1. Danach scheidet eine Entscheidung über die Gerichtskosten vorliegend aus. Das Verfahren vor dem Landgericht ist nach § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO gerichtsgebührenfrei. Gleiches gilt nach §§ 156 Abs. 5 Satz 2, 131 Abs. 1 Satz 2 KostO für das Verfahren der weiteren Beschwerde, weil die Erledigung der Hauptsache keinem der Tatbestände des § 131 Abs. 1 Satz 1 KostO unterfällt (vgl. BayObLGZ 1989, 75, 78; BayObLG, NJW-RR 1997, 1445).
10
2. Bei der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu treffenden Billigkeitsentscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Erstattung der außergerichtlichen Kosten die Ausnahme darstellt und deshalb das Unterliegen eines der Beteiligten eine Auslagenerstattung nur bei Hinzutreten besonderer Umstände rechtfertigt (vgl. nur Jansen/v. König, FGG, 3. Aufl., § 13a Rdn. 9; Keidel/Kuntze/ Winkler/Zimmermann, aaO, § 13a Rdn. 23; jeweils m.w.N.). Gemessen daran, hat der Notar dem Kostenschuldner dessen notwendige außergerichtliche Auslagen zu erstatten.
11
a) Die zulässige weitere Beschwerde wäre begründet gewesen. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts genügt die angegriffene Kostenberechnung nicht dem Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO. Ohne Erledigung der Hauptsache hätte dies zur Folge gehabt, dass die Rechnung ohne weitere Sachprüfung hätte aufgehoben werden müssen (vgl. Senat, BGHZ 164, 355, 359 m.w.N.). http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=100&G=KostO&P=154 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=100&G=KostO&P=154 - 6 -
12
aa) Ob die §§ 32, 141 KostO dem Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO unterfallen, wird nicht einheitlich beurteilt. Während es nach einer Ansicht genügen soll, dass die den jeweiligen Gebührentatbestand auslösenden Vorschriften benannt werden (Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 154 Rdn. 8; ebenso für § 154 a.F. KostO BayObLGZ 1962, 281, 287; Küntzel, DNotZ 1953, 194, 195 f.), geht eine andere Auffassung davon aus, dass auch die §§ 141 und 32 KostO zu zitieren sind (Heinze, NotBZ 2007, 119, 121 u. 125; vgl. auch Waldner, Die Kostenordnung für Anfänger, 6. Aufl., 2002, S. 167 [Musterberechnung]: "Kostenberechnung gemäß §§ 32, 141 KostO"). Eine dritte Meinung hält zwar nicht die Angabe des § 141 KostO für erforderlich, wohl aber die des § 32 KostO (Rohs/Wedewer/Rohs/Rohs, KostO, 3. Auflage, § 154 Rdn. 13 a.E.; Filzek, Notarkosten-ABC, 2006, S. 161 [Musterberechnung]).
13
bb) Die Rechtsfrage ist im Sinne der zuletzt genannten Rechtsauffassung zu entscheiden.
14
Das Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO ist mit der Novellierung der Kostenordnung durch Gesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1325) deutlich verschärft worden. Genügte bis dahin die Angabe des Geschäftswerts, der Gebührenvorschriften und der Beträge für die Gebühren und Auslagen, müssen nunmehr darüber hinaus nicht nur die in Rechnung gestellten Positionen schlagwortartig bezeichnet, sondern auch die "Kostenvorschriften" angegeben werden. Diese Verschärfung ist von dem gesetzgeberischen Anliegen getragen, eine "bürgerfreundliche Transparenz von (Notar-)Rechnungen zu garantieren" (BT-Drs. 12/6962, S. 92, 102). Die Angaben des § 154 Abs. 2 KostO sollen den Kostenschuldner in die Lage versetzen, die angesetzten Kosten zu prüfen (Senat , Beschl. v. 14. Dezember 2006, V ZB 115/06, NJW-RR 2007, 784, 785).
15
Zu beachten ist allerdings, dass das Zitiergebot nicht um seiner Selbst willen besteht und es daher nicht von seinem Zweck gelöst werden darf (Senat, Beschl. v. 14. Dezember 2006, aaO). Unter Kostenvorschriften im Sinne des § 154 Abs. 2 KostO können daher nur solche Normen verstanden werden, deren Angabe für die Nachvollziehbarkeit und Durchschaubarkeit des Kostenansatzes aus der Sicht eines verständigen – mit Kostensachen nicht vertrauten – Kostenschuldners von grundlegender Bedeutung sind (vgl. auch Senat, BGHZ 164, 355, 358 f.). Dass hierzu die Regelung des § 141 KostO nicht gehört, aus der sich lediglich ergibt, dass auch für Notarkosten die Vorschriften des Ersten Teils der Kostenordnung gelten, liegt auf der Hand. Anders verhält es sich dagegen mit der Vorschrift des § 32 KostO.
16
Nur mit Angaben zum Gebührentatbestand und zum Geschäftswert kann ein verständiger Kostenschuldner nicht nachvollziehen, woraus sich die Höhe der angesetzten Gebühr ergibt. Ohne Hinweis auf § 32 KostO mag sich ihm zwar noch erschließen, dass dem Geschäftswert Bedeutung für die Höhe der Gebühr zukommt, nicht aber wird er nachvollziehen können, wie sich der angegebene Geschäftswert in der geforderten Gebühr niederschlägt. Insoweit besteht eine "Transparenzlücke", die durch den Hinweis auf die für das Verständnis der Höhe der Gebührenforderung grundlegende Norm des § 32 KostO zu schließen ist. Das gilt umso mehr, als die Vorschrift nicht nur die Gebührenhöhe regelt, sondern zudem den bürgerfreundlichen Hinweis enthält auf die der Kostenordnung als Anlage beigefügte – nach Geschäftswerten gestaffelte – Gebührentabelle , die den Gebührenansatz der Höhe nach gerade auch für Laien plausibel macht. Dies erhellt, dass entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht die Rede davon sein kann, die Angabe des § 32 KostO erschwere eher das Verständnis einer Kostenberechnung.
17
b) Es entspricht der Billigkeit, dem Notar die außergerichtlichen Kosten des Kostenschuldners aufzuerlegen. Die Rechtsmittel des Kostenschuldners hätten nicht nur Erfolg gehabt. Hinzu kommt, dass der Kostenschuldner bereits bei der ersten Notarrechnung gerügt hatte, dem Zitiergebot sei auch im Hinblick auf § 32 KostO nicht genügt worden. Im Beschwerdeverfahren hat der Notar zwar wegen der ebenfalls monierten fehlenden Angaben zu den jeweiligen Gebührentatbeständen seine Kostenberechnung nachgebessert. Von der Angabe des § 32 KostO hat er indessen ohne Not auch weiterhin abgesehen. Das rechtfertigt die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu seinen Lasten. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.08.2005 - 11 T 306/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 01.10.2007 - 2 Wx 30/05 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 115/06
vom
14. Dezember 2006
in der Notarkostensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KostO § 154 Abs. 2
Kann der Kostenberechnung aufgrund der Bezeichnung der berechneten Auslagen
eindeutig entnommen werden, auf welchem Absatz oder welchem Gliederungspunkt
der jeweils mit ihrem Paragraphen benannten gesetzlichen Vorschrift
die angesetzten Kosten beruhen, ist die Angabe des Absatzes
oder Gliederungspunktes der Vorschrift entbehrlich.
BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2006 - V ZB 115/06 - OLG Düsseldorf
LGDuisburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. Dezember 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 51.709,96 €.

Gründe:


I.


1
Der Kostengläubiger fertigte zu Beginn des Jahres 2001 im Auftrag der Kostenschuldnerin verschiedene Vertragsentwürfe. Mit Berechnung vom 7. November 2003 stellte er der Kostenschuldnerin die hierfür entstandenen Gebühren und Auslagen in Rechnung. In der Kostenberechnung heißt es u. a.: "Dokumentenpauschale §§ 136, 152 I KostO '02 27,85 € (69 Seiten) Postauslagen §§ 137, 152 II KostO '02 7,70 €"
2
Die Kostenschuldnerin hat gegen die Kostenberechnung Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zuge- lassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Kostenschuldnerin ihren Antrag auf Aufhebung der Kostenberechnung weiter. Das Oberlandesgericht möchte die weitere Beschwerde zurückweisen. Es sieht sich hieran durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 31. März 2000, OLGR 2000, 272, gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


3
Die Vorlage ist statthaft (§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG). Das vorlegende Oberlandesgericht ist der Ansicht, dass es das Zitiergebot von § 154 Abs. 2 KostO bei dem Ansatz von Auslagen nicht verlangt, die jeweils zur Anwendung kommenden Absätze und Untergliederungen der Vorschriften der Kostenordnung zu nennen, wenn die Benennung der Auslagen dem Kostenschuldner die Prüfung der Berechnung des Notars ermöglicht. Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Oldenburg in der Vergleichsentscheidung die Auffassung, die Angabe der Untergliederungen der angewendeten Vorschriften der Kostenordnung sei für die Rechtmäßigkeit der Kostenberechnung unentbehrlich.

III.


4
Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.
5
1. Gemäß § 154 Abs. 2 KostO hat die Notarkostenberechnung über den Betrag der verlangten Kosten hinaus die Kostenvorschriften, eine kurze Be- zeichnung des jeweiligen Geschäftsgegenstandes und die Bezeichnung der angesetzten Auslagen zu enthalten. Durch diese Angaben soll die Kostenberechnung transparent gemacht (BT-Drucks. 12/6962 S. 92, 102) und der Kostenschuldner in die Lage versetzt werden, den Kostenansatz zu prüfen (BayObLGZ 1981, 349, 351; OLG Hamm ZfNotP 2000, 407 f. mit Anm. Tiedtke). Hierzu wird es in Rechtsprechung und Literatur teilweise für notwendig erachtet, dass nicht nur der jeweilige Paragraph der angewendeten Vorschrift der Kostenordnung angegeben wird, sondern auch deren maßgeblicher Absatz und eine Gliederungsnummer, soweit die Vorschrift in dieser Weise gegliedert ist und mehrere Gebührentatbestände enthält (OLG Köln JurBüro 1982, 1876, 1877; OLG Düsseldorf JurBüro 1983, 1244, 1245; OLG Zweibrücken MDR 1986, 1038; OLG Hamm MDR 1992, 716; JurBüro 1997, 100; OLG Brandenburg DNotZ 1997, 248, 249; OLG Düsseldorf RNotZ 2001, 174, 175; LG Hannover JurBüro 1995, 102 m. Anm. Mümmler; Schmidt, FGPrax 1996, 41; a.M. KG DNotZ 1974, 505, 506; OLG Düsseldorf JurBüro 1975, 810, 811; OLG Braunschweig MDR 1976, 411, 412; OLG Hamm FGPrax 2005, 45, 46; Delp, JurBüro 1976, 733, 734).
6
2. Das Erfordernis der Angabe des Gebührentatbestandes besteht indessen nicht um seiner Selbst willen. Es darf nicht von dem Zweck des Zitiergebotes gelöst werden. Soweit in die Kostenberechnung Auslagen des Notars aufgenommen werden können, sind diese in der Kostenordnung allgemein bezeichnet. Um die Kostenberechnung nachzuvollziehen, bedarf es insoweit keiner Subsumtion unter einen abstrakt formulierten Tatbestand. Kann der Kostenberechnung aufgrund der Bezeichnung der berechneten Kosten eindeutig entnommen werden, auf welchem Absatz oder welchem Gliederungspunkt der jeweils mit ihrem Paragraphen benannten gesetzlichen Vorschrift die angesetzten Auslagen beruhen, ermöglicht die Kostenberechnung dem Kostenschuldner die Prüfung der angesetzten Kosten. Damit ist der Zweck von § 154 Abs. 2 KostO erreicht. Die Angabe des Absatzes oder Gliederungspunktes der Vorschrift ist entbehrlich (vgl. BayObLGZ 1990, 275, 278; KG FGPrax 1996, 157, 158 m. Anm. Schmidt; OLG Hamm, FGPrax 2005, 45, 46; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 154 Rdn. 8).
7
So verhält es sich hier.
8
a) Soweit der Kostengläubiger für die Erstellung des Vertragsentwurfs eine Dokumentenpauschale angesetzt hat, kommt als Grundlage des Ansatzes allein § 136 Abs. 1 Nr. 1 KostO in Betracht. Einem Zweifel dahin, dass der Ansatz auf § 136 Abs. 1 Nr. 2 KostO beruhen könnte, fehlt jede Grundlage. Die Vorschriften des § 136 Abs. 2, 3 KostO betreffen die Höhe der ansetzbaren Auslagen und kommen als Gebührentatbestand nicht in Betracht. § 136 Abs. 4 KostO regelt einen Ausnahmetatbestand, bei dessen Vorliegen der Ansatz von Auslagen gemäß § 136 Abs. 1 Nr. 1 KostO entfällt. Der für 69 Seiten von dem Kostengläubiger angesetzte Betrag ergibt sich unmittelbar aus § 136 Abs. 2 KostO.
9
b) Nicht anders verhält es sich, soweit der Kostengläubiger 7,70 € "Postauslagen" in die Kostenberechnung aufgenommen hat. § 152 Abs. 2 KostO erweitert den Anspruch der Gebührennotare auf Auslagenersatz gegenüber § 137 KostO. Dass § 152 Abs. 2 Nr. 1 KostO Grundlage des Kostenansatzes ist, ergibt sich aus der von dem Kostengläubiger gewählten Bezeichnung "Postauslagen".
10
3. Eine strengere Auslegung von § 154 Abs. 2 KostO ist auch nicht deshalb geboten, weil § 155 KostO es dem Notar ermöglicht, ohne ein gerichtliches Verfahren die Zwangsvollstreckung aus der Kostenberechnung gegen den Kostenschuldner zu betreiben (a.M. BayObLGZ 1962, 280, 287; 1980, 100, 105; 1981, 349, 351; 1990, 275, 277; BayObLG JurBüro 1984, 1228, 1229; OLG Zweibrücken MDR 1986, 1038; LG Hannover JurBüro 1995, 102; Göttlich /Mümmler/Assenmacher/Mathias, KostO, 15. Aufl. Stichwort "Kostenberechnung" Anm. 2.2.2). Die vollstreckbare Kostenberechnung steht einer gerichtlichen Entscheidung nicht gleich (Senat, Beschl. v. 7. Juli 2004, NJW-RR 2004, 1578, 1579). Die Vollstreckbarkeit eines Urteils beruht auf § 704 Abs. 1 ZPO. Die Anforderungen an die Begründung des Ur teils werden durch § 313 Abs. 2, 3 ZPO bestimmt. Eine Aussage, welche Anforderungen für den Inhalt der Notarkostenberechnung gelten, kann diesen Regelungen nicht entnommen werden.
11
Der Kostenanspruch des Notars ist öffentlich-rechtlicher Natur (BGHZ 108, 268, 269). Leistungsansprüche aus dem öffentlichen Recht sind dadurch gekennzeichnet, dass es zu ihrer zwangsweisen Durchsetzung grundsätzlich keines gerichtlichen Verfahrens bedarf, sondern ein Verwaltungsakt hierzu ausreicht und eine gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Leistungsgebots erst nachfolgend stattfindet, vgl. §§ 42 VwGO, § 40 FGO, Art. XI § 1 KostÄndG 1957. Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich, ist er unter Angabe der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die zu seinem Erlass geführt haben , zu begründen, vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG, § 121 Abs.1 AO. Soweit das Gebot der Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit dies nicht erfordert, besteht keine Verpflichtung, die gesetzlichen Regelungen nach Absatz und Gliederungsnummer der angewendeten Paragraphen zu zitieren (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 39 Rdn. 18 ff; Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl. § 121 Rdn. 2). Dass der Verwaltungsakt ohne vorherige gerichtliche Kontrolle der Vollstreckung zugänglich ist, ist insoweit ohne Bedeutung. Tatsächlich kann die Zitierung eines Paragraphen nach Absatz und Gliederungsnummer sogar irreführend sein, weil bei einer sorgfältigen gesetzlichen Regelung einzelne Absätze und erst recht Gliederungspunkte nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden dürfen (vgl. KG DNotZ 1974, 505, 506).

IV.


12
Soweit das Landgericht auch die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen hat, erhebt die Kostenschuldnerin im Verfahren der weiteren Beschwerde keine Einwendungen. Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.

V.


13
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG, 31 Abs. 1 Satz 1 KostO.
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 15.02.2006 - 11 T 73/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 03.08.2006 - I-10 W 33/06 -