Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Feb. 2019 - StB 1/19

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschuldigten und seines Verteidigers am 7. Februar 2019 gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Beschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls vom 26. Mai 2017 am 29. Oktober 2017 am Flughafen London Heathrow festgenommen und am 16. November 2017 an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Er befand sich bis zum 21. November 2017 in Untersuchungshaft; an diesem Tag wurde der Haftbefehl mit Beschluss vom selben Tage gegen Auflagen (u.a. Wohnsitznahme in München, wöchentlich 3-malige Meldung, Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 €, Hinterlegung des Reisepasses) außer Vollzug gesetzt. Mit Beschluss vom 4. Juli 2018 wurde die Meldeauflage dahin geändert, dass sich der Beschuldigte nur noch einmal in der Woche bei der Polizei melden müsse.
- 2
- Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich im Tatzeitraum durch seine Tätigkeit als Verantwortlicher für das Gebiet M. an der Organisation "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (im Folgenden : LTTE) und damit an einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach den §§ 129a, 129b StGB als Mitglied beteiligt.
- 3
- Nachdem auch bis zum 25. Oktober 2018 keine Anklage gegen den Beschuldigten erhoben worden war, beantragte sein Verteidiger die Aufhebung des Haftbefehls. Diesen Antrag wies die Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München mit Beschluss vom 20. November 2018 zurück; dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten vom 19. Dezember 2018.
II.
- 4
- Die Beschwerde hat Erfolg. Die Voraussetzungen für den Fortbestand des Haftbefehls sind nicht mehr gegeben, weil dieser unverhältnismäßig geworden ist. Im Einzelnen:
- 5
- 1. Gegen den Beschuldigten besteht zwar aus den in dem Haftbefehl niedergelegten Gründen weiterhin der dringende Tatverdacht, er habe sich im Tatzeitraum vom 23. Juli 2007 bis zum 27. November 2009 als Gebietsverantwortlicher für die LTTE betätigt und insbesondere Spenden der in seinem Ge- biet ansässigen Tamilen in Höhe von insgesamt knapp 40.000 € eingesammelt und an die in Deutschland eingerichtete Unterorganisation der LTTE, das "Tamil Coordination Committee" (im Folgenden: TCC) in O. weitergeleitet. Die Spendensammlungen hat der Beschuldigte durch Verteidigererklärung vom 15. März 2018 auch ausdrücklich eingeräumt.
- 6
- Bei dieser Tat handelt es sich um ein Verbrechen nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Sätze 1 und 2 StGB. Selbst wenn die Würdigung der Tathandlungen ergäbe, dass dem Beschuldigten lediglich eine Unterstützung der LTTE zur Last gelegt werden könnte, würde die Tat grundsätzlich schwer wiegen.
- 7
- 2. Es kann offen bleiben, ob der Haftgrund der Fluchtgefahr oder derjenige der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO) noch besteht, weil die Aufrechterhaltung des Haftbefehls jedenfalls wegen eines Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen unverhältnismäßig geworden ist.
- 8
- Die in Haftsachen zu beachtenden verfassungsrechtlichen Vorgaben, die dazu dienen, das Spannungsverhältnis zwischen den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlichen und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen und dem Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten - unter maßgeblicher Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - aufzulösen, gelten nicht nur für den vollstreckten Haftbefehl, sondern sind auch - wie vorliegend - für einen außer Vollzug gesetzten Haftbefehl von Bedeutung (BVerfG, Beschluss vom 29. November 2005 - 2 BvR 1737/05, NJW 2006, 668, 669; LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 116 Rn. 1 mwN). Dieser ist aufzuheben, wenn seine Aufrechterhaltung trotz Aussetzung des Vollzugs unverhältnismäßig ist, weil auch die Haftverschonungsauflagen erhebliche Grundrechtseingriffe beinhalten können. In diesem Zusammenhang ist auch das Beschleunigungsprinzip bedeutsam, dessen Verletzung durch eine vermeidbare Verfahrensverzögerung der Strafverfolgungsbehörden allerdings nicht zur Aufhebung eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls zwingt, weil eine Abwägung aller bedeutsamen Gesichtspunkte erforderlich ist. Die Aufhebung des Haftbefehls kann aber erforderlich sein, wenn eine Reduzierung der Haftverschonungsauflagen nicht ausreicht, weil selbst deren Fortdauer wegen der damit immer noch verbundenen erheblichen Einschränkungen der Freizügigkeit nach einer Gesamtabwägung nicht mehr hinnehmbar wäre. So verhält es sich hier:
- 9
- Die dem Beschuldigten gemäß § 116 StPO erteilten Anweisungen, insbesondere die Wohnsitz- und Meldeauflage, führen seit mehr als einem Jahr und zwei Monaten - in diesem Zeitraum ist der Beschuldigte allen ihm erteilten Auflagen nachgekommen - zu einer nicht unerheblichen Einschränkung seiner Freizügigkeit, insbesondere lebt er von seiner Familie, die sich in London niedergelassen hat, getrennt.
- 10
- Die Straftaten des Beschuldigten liegen - wie oben ausgeführt - lange zurück ; seine Rolle in der Vereinigung war nach dem vorläufigen Ermittlungsergebnis nicht besonders hervorgehoben und von der LTTE, die mittlerweile jedenfalls in Sri Lanka nach ihrer Zerschlagung im Jahr 2009 nicht mehr aktiv ist, geht aktuell keine terroristische Gefahr aus. Aus diesen Gründen kommt dem Strafverfolgungsinteresse eine den Bestand des Haftbefehls rechtfertigende Bedeutung jedenfalls unter Berücksichtigung des Verfahrensgangs nicht mehr zu. Dieser ist davon geprägt, dass die verfahrensgegenständlichen Zahlungen bereits bei Abgabe des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt im September 2014 weitgehend ermittelt waren. Nach Übernahme des Verfahrens durch die Generalstaatsanwaltschaft München wurde das Verfahren in Bezug auf den Beschuldigten bis zum 18. April 2017 - soweit ersichtlich - nicht geför- dert. Nachdem am 26. Mai 2017 der Haftbefehl gegen den Beschuldigten ergangen war, wurde er Ende Oktober 2017 in Auslieferungshaft genommen und am 16. November 2017 an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert, am Folgetag wurde ihm der Haftbefehl eröffnet, der mit Beschluss vom 21. November 2017 außer Vollzug gesetzt wurde. Mit Schreiben vom 22. Januar 2018 kündigte die Generalstaatsanwaltschaft München gegenüber dem Pflichtverteidiger des Beschuldigten an, dass die Ermittlungen vor dem Abschluss stehen würden und gab Gelegenheit zur Abgabe einer Einlassung oder einer Stellungnahme. Der Pflichtverteidiger gab für den Beschuldigten nach Fristverlängerung am 15. März 2018 eine Erklärung ab. Mit Verfügung vom 19. März 2018 erteilte die Generalstaatsanwaltschaft München dem Bayerischen Landeskriminalamt den Auftrag, Nachermittlungen durchzuführen, insbesondere zur Rolle des Beschuldigten als Gebietsverantwortlicher. Diesen Auftrag wiederholte der zuständige Oberstaatsanwalt im Wesentlichen durch Verfügung vom 28. Juni 2018, nachdem am gleichen Tag eine dienstliche Besprechung mit dem zuständigen Ermittlungsbeamten beim Landeskriminalamt stattgefunden hatte. Ermittlungsergebnisse sind hingegen weder vor dem 28. Juni 2018 noch in den sieben Monaten seitdem zur Akte gelangt. Somit bestehen keine Anhaltspunkte , dass mit einem zeitnahen Abschluss des Ermittlungsverfahrens bzw. mit einer zeitnahen Anklageerhebung zu rechnen ist.
- 11
- Nach alledem sind auch die den Beschuldigten wesentlich in seiner Freizügigkeit beeinträchtigenden Maßnahmen, insbesondere die Wohnsitznahmeverpflichtung in München, die sein Zusammenleben mit seiner Familie in London verhindert, nicht mehr verhältnismäßig; der Haftbefehl war deshalb insgesamt aufzuheben.

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.
(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.
(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche
- 1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen, - 2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen, - 3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen, - 4.
die Akteneinsicht betreffen oder - 5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- 1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, - 2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder - 3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde - a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder - b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder - c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich
- 1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, - 2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, - 3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, - 4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.
(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.
(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.
(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
- 1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, - 2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder - 3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.