Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juni 2003 - IX ZR 400/00
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für die Revisionsinstanz wird auf 22.769,36 (= 44.533 DM) festgesetzt.
Gründe:
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; die Revision hat im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg (§ 554b ZPO a.F.).
Die Berufung ist durch zulässige Bezugnahme (vgl. BGH, Beschl. v. 9. November 1988 - IVb ZB 154/88, NJW-RR 1989, 184; v. 18. Mai 2000 - VII ZB 25/99, NJW 2000, 3286) auf den den Anforderungen der §§ 518, 519 ZPO a.F. genügenden Schriftsatz gemäß Anlage 5 zum Prozeßkostenhilfegesuch des Klägers ordnungsgemäß eingelegt und begründet worden. In der von der Revision angeführten Entscheidung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs
vom 16. Dezember 1960 - IV ZR 140/60, LM Nr. 10 zu § 518 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist lediglich ausgesprochen, daß die Einreichung eines den Anforderungen einer Berufung genügenden Schriftsatzes dann nicht als Berufungseinlegung ausreicht, wenn mit dem gleichzeitig eingereichten Armenrechtsgesuch eindeutig erklärt wird, daß es sich bei dem Schriftsatz nur um einen Entwurf handele , der selbst noch keine Berufung sein solle. Eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben, weil nicht die Einreichung des Prozeßkostenhilfegesuchs mit Anlagen, sondern der spätere Wiedereinsetzungsantrag des Klägers mit Bezugnahme auf die bereits vorliegende Anlage 5 des Prozeßkostenhilfegesuches als Berufungseinlegung anzusehen ist.
Auf die Rechtsfrage, ob § 203 Abs. 2 BGB a.F. bei § 10 Abs. 2 GesO entsprechend angewendet werden kann, kommt es nicht an, weil die Klage mit dem am 4. November 1996 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 1. November 1996 unbedingt erhoben worden ist. Die nach der vom Kläger nicht verzögerten Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag unverzüglich vorgenommene Zustellung der Klage ist "demnächst" erfolgt und wirkte folglich gemäß § 270 Abs. 3 ZPO a.F. auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage zurück (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 1991 - III ZR 94/89, NJW 1991, 1745, 1746).
Zum Streitwert: § 19 Abs. 3 GKG ist nicht anwendbar, weil über die Gegenforderung keine Sachentscheidung ergangen ist.
Kirchhof Raebel Kayser
Bergmann
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
1. Der Kläger hat gegen das ihm am 21. September 1998 zugestellte Urteil am 1. Oktober 1998 Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist vom Rechtsanwalt nicht unterzeichnet worden. Die Berufungsbegründung ist am 3. November 1998 bei Gericht eingegangen. Auf den telefonischen Hinweis des Vorsitzenden vom 15. Juli 1999 hatte der Kläger am 20. Juli 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegenVersäumung der Berufungsfrist beantragt. Eine Berufungsschrift war nicht beigefügt. 2. Das Berufungsgericht hat die Berufung verworfen. Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren, da die versäumte Rechtshandlung nicht nachgeholt sei im Sinne des § 236 Abs. 2 ZPO. 3. Die gemäß § 519 b Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung einer Frist auch dann in Frage kommt, wenn die fristgebundene Prozeßhandlung zwar rechtzeitig, jedoch unwirksam vorgenommen worden ist. Es macht für die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keinen Unterschied, ob die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist überhaupt oder in wirksamer Weise einzuhalten (BGH, Beschluß vom 2. Mai 1962 - V ZB 10, 11/96, NJW 1962, 1248). Nicht beigetreten werden kann seiner Ansicht, die Wiedereinsetzung sei deshalb zu versagen, weil die versäumte Prozeßhandlung der wirksamen Berufungseinlegung nicht nachgeholt sei. Von einer erneuten, formgerechten Einlegung der Berufung konnte der Kläger absehen, weil mit der dem Gericht vorliegenden ordnungsgemäß unterzeichneten Berufungsbegründung zugleich die Prozeßhandlung der Berufung erklärt ist. Die versäumte Prozeßhandlung ist dann nicht nachzuholen, wenn sie bereits vor Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den v origen Stand gegenüber dem Gericht vorgenommen worden ist (BGH, Beschluß vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91, VersR 1992, 1023). Aus dem Antrag der Berufungsbegründungsschrift ist klar ersichtlich, welches Urteil angefochten
wird, von welcher Partei und mit welchem Ziel. Die Berufungsbegründung enthält damit zugleich eine Wiederholung der Berufung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 1958 - VI ZB 20/57, VersR 1958, 180; vom 8. Januar 1962 - VII ZB 14/61, VersR 1962, 218). Es bedeutete eine überflüssige Förmelei, eine Prozeßhandlung nachzuholen, wenn der hierauf bezogene Schriftsatz dem Gericht bereits vorliegt (BGH, Beschluß vom 7. Januar 1958, aaO). 4. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist auch begründet. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, daß die zuverlässige und erfahrene Bürokraft R. die unterschriebene Urschrift und die Abschrift vertauscht hat und somit versehentlich das für die Handakten vorgesehene Exemplar ohne Unterschrift dem Gericht zugeleitet hat. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat die Einreichung des nicht unterschriebenen Berufungsschriftsatzes bei Gericht sonach nicht zu vertreten (§ 85 Abs. 2, § 233 ZPO). Ullmann Thode Haß Wiebel Wendt
Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.
(1) Außer in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten werden angesetzt:
- 1.
die Kosten des ersten Rechtszugs bei dem Gericht, bei dem das Verfahren im ersten Rechtszug anhängig ist oder zuletzt anhängig war, - 2.
die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bei dem Rechtsmittelgericht.
(2) In Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, in denen eine gerichtliche Entscheidung durch die Staatsanwaltschaft zu vollstrecken ist, werden die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt. In Jugendgerichtssachen, in denen eine Vollstreckung einzuleiten ist, werden die Kosten bei dem Amtsgericht angesetzt, dem der Jugendrichter angehört, der die Vollstreckung einzuleiten hat (§ 84 des Jugendgerichtsgesetzes); ist daneben die Staatsanwaltschaft Vollstreckungsbehörde, werden die Kosten bei dieser angesetzt. Im Übrigen werden die Kosten in diesen Verfahren bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Bundesgerichtshof werden stets bei dem Bundesgerichtshof angesetzt.
(3) Hat die Staatsanwaltschaft im Fall des § 25a des Straßenverkehrsgesetzes eine abschließende Entscheidung getroffen, werden die Kosten einschließlich derer, die durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung entstanden sind, bei ihr angesetzt.
(4) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden bei der Stelle angesetzt, bei der sie entstanden sind.
(5) Der Kostenansatz kann im Verwaltungsweg berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist. Ergeht nach der gerichtlichen Entscheidung über den Kostenansatz eine Entscheidung, durch die der Streitwert anders festgesetzt wird, kann der Kostenansatz ebenfalls berichtigt werden.