Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2012 - IX ZR 138/12

published on 20/07/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2012 - IX ZR 138/12
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Landgericht Berlin, 7 O 201/10, 14/12/2010
Kammergericht, 6 U 7/11, 15/11/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 138/12
vom
20. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 20. Juli 2012

beschlossen:
Die Kosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens beträgt 12.250 €.

Gründe:


I.


1
Der Schuldner schloss in den Jahren 1995 und 2002 mit der Beklagten einen Kapitallebensversicherungs- und einen Rentenversicherungsvertrag. Unter dem 28. April 2008 vereinbarte er mit der Beklagten den Ausschluss der Verwertung. Das Insolvenzverfahren wurde auf einen beim Insolvenzgericht am 16. Oktober 2008 eingegangenen Antrag eines Sozialversicherungsträgers am 6. Februar 2009 eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 19. Februar 2010 kündigte dieser gegenüber der Beklagten die Versicherungsverträge und verlangte die Auszahlung der Rückkaufswerte. Zum 1. März 2010 hatte die Lebensversicherung einen Rückkaufswert von 9.079,83 € und die Rentenversicherung einen Rückkaufswert von 5.502,49 €.

2
Das Landgericht hat die Klage in Höhe des Freibetrags von 12.250 € abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Kammergericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insoweit als derzeit unbegründet abgewiesen wird, und die Revision zugelassen. Der Kläger hat nach Einlegung und Begründung der Revision den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte zwischenzeitlich die noch geltend gemachte Forderung nebst Zinsen beglichen und außerprozessual die Kostenübernahme erklärt hatte. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

II.


3
Der Senat hat somit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO durch Beschluss über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Er macht von der Möglichkeit Gebrauch , ohne mündliche Verhandlung über die Kostentragungspflicht zu befinden (§ 128 Abs. 3 ZPO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
4
1. Eine Erledigung der Hauptsache kann auch noch im Revisionsrechtszug erklärt werden. Der Kläger und die Beklagte haben die Erledigungserklärung schriftsätzlich abgegeben. Das genügt den Formerfordernissen des § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Da die Erledigungserklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden kann, konnten die die Beklagte vertretenden Rechtsanwälte, obwohl sie beim Bundesgerichtshof nicht zugelassen sind, die Erledigung wirksam erklären, § 78 Abs. 3 ZPO (BGH, Beschluss vom 16. September 1993 - V ZR 246/92, BGHZ 123, 264, 265 f; vom 24. Oktober 2011 - IX ZR 244/09, NZI 2011, 937 Rn. 6).

5
2. Ist der Rechtsstreit durch die übereinstimmenden Erklärungen erledigt, ist über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Revision Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (BGH, Beschluss vom 18. November 2010 - I ZR 86/09, ZUM 2011, 340 Rn. 8). Danach waren der Beklagten die Kosten des gesamten Rechtsstreits aufzuerlegen. Denn die Revision des Klägers hätte Erfolg gehabt; auf die Revision des Klägers hätten die angefochtenen Entscheidungen aufgehoben werden müssen, insoweit sie die Klage abgewiesen haben, und wäre die Beklagte zu verurteilen gewesen, an den Kläger auch die weiter geltend gemachten 12.250 € nebst Zinsen zu zahlen (§ 169 VVG). In seinem Urteil vom 1. Dezember 2011 (IX ZR 79/11, NJW 2012, 678 Rn. 29), das nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangen ist, hat der Senat entschieden, dass ein Insolvenzverwalter oder Treuhänder eine Kapitallebensversicherung kündigen kann, auch wenn der Schuldner mit dem Versicherer den Ausschluss des Kündigungsrechts vereinbart hat, wenn die Lebensversicherung pfändbar ist und in die Insolvenzmasse fällt.
Dass die streitgegenständlichen Versicherungen in die Insolvenzmasse gefallen sind, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.12.2010 - 7 O 201/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.11.2011 - 6 U 7/11 -
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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

(1) Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben,
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published on 24/10/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 244/09 vom 24. Oktober 2011 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring am 24. Ok
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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen.

(2) Der Rückkaufswert ist nur insoweit zu zahlen, als dieser die Leistung bei einem Versicherungsfall zum Zeitpunkt der Kündigung nicht übersteigt. Der danach nicht gezahlte Teil des Rückkaufswertes ist für eine prämienfreie Versicherung zu verwenden. Im Fall des Rücktrittes oder der Anfechtung ist der volle Rückkaufswert zu zahlen.

(3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichtsrechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. Der Rückkaufswert und das Ausmaß, in dem er garantiert ist, sind dem Versicherungsnehmer vor Abgabe von dessen Vertragserklärung mitzuteilen; das Nähere regelt die Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 2. Hat der Versicherer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, kann er für die Berechnung des Rückkaufswertes an Stelle des Deckungskapitals den in diesem Staat vergleichbaren anderen Bezugswert zu Grunde legen.

(4) Bei fondsgebundenen Versicherungen und anderen Versicherungen, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen, ist der Rückkaufswert nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung zu berechnen, soweit nicht der Versicherer eine bestimmte Leistung garantiert; im Übrigen gilt Absatz 3. Die Grundsätze der Berechnung sind im Vertrag anzugeben.

(5) Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten ist unwirksam.

(6) Der Versicherer kann den nach Absatz 3 berechneten Betrag angemessen herabsetzen, soweit dies erforderlich ist, um eine Gefährdung der Belange der Versicherungsnehmer, insbesondere durch eine Gefährdung der dauernden Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Verpflichtungen, auszuschließen. Die Herabsetzung ist jeweils auf ein Jahr befristet.

(7) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer zusätzlich zu dem nach den Absätzen 3 bis 6 berechneten Betrag die diesem bereits zugeteilten Überschussanteile, soweit sie nicht bereits in dem Betrag nach den Absätzen 3 bis 6 enthalten sind, sowie den nach den jeweiligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Fall der Kündigung vorgesehenen Schlussüberschussanteil zu zahlen; § 153 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.