Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2011 - IX ZR 108/11

published on 21/07/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2011 - IX ZR 108/11
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Landgericht München I, 25 O 3950/09, 22/03/2010
Oberlandesgericht München, 5 U 2763/10, 25/01/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 108/11
vom
21. Juli 2011
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 21. Juli 2011

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 2011 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 67.303,27 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
2
1. Zu Unrecht leitet der Kläger einen Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG) daraus her, dass das Berufungsgericht die Anfechtung des Sicherungsvertrages vom 16. März 2002 nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) untersucht hat.
3
a) Jede Anfechtungsklage hat den Gegenstand der Anfechtung und ohne die Notwendigkeit der Nennung einer Gesetzesbestimmung die Tatsachen zu bezeichnen, aus denen die Anfechtungsberechtigung hergeleitet wird (BGH, Urteil vom 19. März 1992 - IX ZR 166/91, BGHZ 117, 374, 380 f). Der Kläger hat die Vereinbarung vom 16. März 2002 erstinstanzlich ausdrücklich lediglich nach Maßgabe der §§ 129, 131 Abs. 1 InsO angefochten. Seinem weiteren Tatsachenvortrag ließ sich mangels näherer Ausführungen zu einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und dessen Kenntnis bei dem Beklagten nicht entnehmen, dass auch eine Vorsatzanfechtung in Betracht kommt. Mithin ging auch die Bezugnahme in der Berufungsbegründung ins Leere.
4
b) Überdies steht der Beachtlichkeit der Rüge entgegen, dass der Kläger den vermeintlichen Gehörsverstoß nicht im Berufungsrechtszug beanstandet hat. Bereits das Landgericht hat eine - nach dem Vorbringen des Klägers - erstinstanzlich beanspruchte Vorsatzanfechtung nicht geprüft. Mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität wäre der Kläger gehalten gewesen , den darin liegenden Gehörsverstoß in Bezug auf die Vereinbarung vom 16. März 2002 im Rahmen der von ihm eingelegten Berufung zu beanstanden (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - IX ZB 225/09, WM 2010, 1722 Rn. 7, 8). Da er dies versäumt hat, ist die Rüge nicht zu berücksichtigen.
5
2. Soweit sich der Kläger im Blick auf die Sicherungsvereinbarung vom 29. März 2004 auf eine Vorsatzanfechtung stützt, ist die geltend gemachte Rüge einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG schon nicht entscheidungserheblich.
6
Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, eine Anfechtung dieser Vereinbarung habe mangels einer Gläubigerbenachteiligung keinen Erfolg, weil auf ihrer Grundlage keine Leistungen/Erlöse an den Beklagten geflossen seien. Diese Würdigung wird von der Beschwerde nicht in erheblicher Weise angegriffen : Ihre Auffassung, die Vereinbarung vom 16. März 2002 unterliege ihrerseits der Vorsatzanfechtung, erweist sich bereits - wie unter 1. ausgeführt - als unzu- treffend, ist jedoch auch davon abgesehen nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Wenn die Vereinbarung vom 16. März 2002 anfechtbar war, sind auf ihrer Grundlage dem Beklagten gewährte Leistungen zu erstatten. Sind an den Beklagten Leistungen nur nach Maßgabe der Vereinbarung vom 16. März 2002 erbracht worden, geht die Anfechtung der Vereinbarung vom 29. März 2004 mangels eines Ursachenzusammenhangs zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ins Leere.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.03.2010 - 25 O 3950/09 -
OLG München, Entscheidung vom 25.01.2011 - 5 U 2763/10 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

4 Referenzen - Gesetze

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechts

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 06/05/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 225/09 vom 6. Mai 2010 in dem Restschuldbefreiungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2, § 295 Eine Rechtsbeschwerde ist nicht wegen des Verfahr
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.