Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2009 - IX ZB 83/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 34 Alt. 1 InsO) ist unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Grundsatzfrage, ob in dem Fall, dass der Schuldner vor Stellung des Insolvenzantrags seine ursprünglich ausgeübte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit endgültig aufgegeben und seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat, das Insolvenzgericht des Ortes der ursprünglichen Tätigkeit des Schuldners gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO für das Insolvenzverfahren örtlich (und international) zuständig ist, wenn das Unternehmen immer noch im Handelsregister eingetragen und glaubhaft gemacht ist, dass weitere Abwicklungsmaßnahmen mit Außenwirkung zur Vollbeendigung der wirtschaftlichen Tätig- keit erforderlich sind, stellt sich nicht. Abwicklungsmaßnahmen mit Außenwirkung gibt es nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts und der eigenen Darstellung des Schuldners seit Erstellung der Bilanz für das Jahr 2005 im Jahr 2007 nicht mehr. Allein die noch ausstehende Schuldentilgung stellt keine Abwicklungsmaßnahme dar. Andernfalls wäre für jedes Insolvenzverfahren, bei dem im Inland ansässige Gläubiger Forderungen anmelden können, auch ein inländisches Insolvenzgericht zuständig. Denn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt der Schuldner gerade deswegen, weil er zur Schuldentilgung nicht in der Lage ist, diese mithin aussteht. Einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zu der tatrichterlich zu beurteilenden Frage, unter welchen Voraussetzungen Abwicklungsmaßnahmen mit Außenwirkung gegeben sind, bedarf es nicht.
- 2
- Verletzung Eine des verfassungsrechtlichen Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, die nach Auffassung des Schuldners in dem Verlust der Restschuldbefreiungsmöglichkeit nach deutschem Recht infolge der Verlegung seines Wohnsitzes ins Ausland zu sehen sein soll, ist nicht gegeben. Die Ver- lagerung des Wohnsitzes des Schuldners in die Schweiz beruht auf dessen eigener Entscheidung. Von einer weiteren Begründung wird nach § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Hechingen, Entscheidung vom 04.02.2009 - IN 11/09 -
LG Hechingen, Entscheidung vom 19.03.2009 - 3 T 16/09 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.
(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.