Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2016 - IX ZB 76/15

bei uns veröffentlicht am14.01.2016
vorgehend
Amtsgericht Neumünster, 32 C 1319/14, 18.03.2015
Landgericht Kiel, 1 S 193/15, 18.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 76/15
vom
14. Januar 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:140116BIXZB76.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Grupp und Dr. Schoppmeyer
am 14. Januar 2016
beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die als Gegenvorstellung auszulegende Eingabe der Beklagten vom 12. Dezember 2015 gibt keinen Anlass zur Änderung des angegriffenen Beschlusses. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, da sie nicht - wie gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO erforderlich - durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht wurde. Diese Bestimmungen verstoßen weder gegen deutsches Verfassungsrecht (BVerfGE 106, 216, 219 ff; BVerfG NJW 2008, 1293, 1294) noch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (vgl. EGMR, Urteil vom 22. März 2007, 59519/00, Staroszczyk/Polen, NJW 2008, 2317). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in der zitierten Entscheidung eine Regelung des polnischen Zivilprozessrechts gebilligt, nach der eine an einem zivilgerichtlichen Verfahren beteiligte Partei bei der Abfassung ihrer Revision gegen ein Urteil eines zweitinstanzlichen Gerichts durch einen Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand vertreten sein müsse und die von der Partei selbst und ohne Rechtsvertretung abgefasste Revision vom Gericht verworfen werde, und ausdrücklich ausgeführt, ein solches Erfordernis könne für sich genommen nicht als Verstoß gegen die Anforderungen von Art. 6 EMRK angesehen werden (EGMR, aaO Rn. 130). Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise für das Rechtsbeschwerdeverfahren , das der Gesetzgeber bewusst revisionsähnlich ausgestaltet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. März 2002 - IX ZB 18/02, WM 2002, 1512, 1513).
Kayser Gehrlein Vill
Grupp Schoppmeyer

Vorinstanzen:
AG Neumünster, Entscheidung vom 18.03.2015 - 32 C 1319/14 -
LG Kiel, Entscheidung vom 18.09.2015 - 1 S 193/15 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78 Anwaltsprozess


(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

Referenzen

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.