Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2008 - IX ZB 240/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 9.558,79 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Mit Beschluss vom 11. Mai 2000 bestellte das Amtsgericht den Rechtsbeschwerdeführer zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners. Am 1. Dezember 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Rechtsbeschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt.
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- DerRechtsbeschwerdeführerbeantragte, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 18.836,08 € festzusetzen. Als Berechnungsgrundlage setzte er 70.000 € an, wobei er den Wert der mit Aus- und Absonderungsrech- ten belasteten Gegenstände einbezog. Er beantragte, die Regelvergütung um Zuschläge von 25 % für die Betriebsfortführung, 5 % für die schwere Erreichbarkeit des Schuldners und 25 % wegen eines versuchten außergerichtlichen Vergleichs zu erhöhen, also auf 80 % der Regelvergütung des Insolvenzverwalters festzusetzen.
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- Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 6. Dezember 2005 die Vergütung auf insgesamt 9.277,29 € festgesetzt. Es ist von einer Berechnungsgrundlage von 70.000 € ausgegangen und hat einen Zuschlag von insgesamt 45 % zuerkannt, diesen aber nicht auf den für den vorläufigen Insolvenzverwalter geltenden Regelbruchteil von 25 % aufgeschlagen, was 70 % ergeben hätte, sondern aus der Regelvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters von 25 % berechnet.
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- Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 20. November 2006 als im Ergebnis unbegründet zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der vorläufige Insolvenzverwalter seinen Vergütungsantrag in vollem Umfang weiter.
II.
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- Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
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- Die 1. Rechtsbeschwerde macht geltend, die Rechtssache sei von grundsätzlicher Bedeutung, weil nach der Entscheidung des Beschwerdegerichts am 29. Dezember 2006 die Zweite Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung in Kraft getreten sei. Abweichend von der vom Landgericht zugrunde gelegten Rechtsprechung des Senats in BGHZ 165, 266 zur Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters seien infolge der Änderung des § 11 InsVV die mit Aus- und Absonderungsrechten belasteten Gegenstände in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter mit ihnen in erheblicher Weise befasst habe. Diese Regelung habe Rückwirkung für alle nicht rechtskräftig abgeschlossenen Festsetzungsverfahren , also auch im vorliegenden Fall. Deshalb sei die Frage erheblich , ob sich derartige Gegenstände bei der Berechnungsgrundlage oder durch einen Zuschlag auswirkten. Das Landgericht habe sich nicht mit der Frage befasst, ob sich der Rechtsbeschwerdeführer in erheblichem Umfang mit Aus- und Absonderungsrechten befasst habe. Dies könne aber aufgrund des Vorbringens des Rechtsbeschwerdeführers angenommen werden.
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- 2. Die aufgeworfene Frage ist nicht entscheidungserheblich.
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- a) Für die Frage, ob Gegenstände, die mit Aus- und Absonderungsrechten belastet sind, bei der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu berücksichtigen sind, hat der Senat entschieden, dass auch nach der ersten Änderung der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung solche Gegenstände nur berücksichtigt werden, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang damit beschäftigt hat (BGHZ 165, 266, 271 f; 168, 321, 324 Rn. 6 ff). Hieran hat sich durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung nichts geändert. Nur wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit diesen Gegenständen befasst hat, sollen sie hiernach bei der Berechnungsgrundlage berücksichtigt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV n.F.). Hat er sich nicht in erheblichem Umfang damit befasst, können sie auch nach der Neufassung dieser Vorschrift keine Berücksichtigung finden (BGH, Beschl. v. 11. Oktober 2007 - IX ZB 15/07, ZIP 2007, 2226, 2227 Rn. 5 ff; Vill in Festschrift Gero Fischer, 547, 557 f).
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- b) Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde im Ergebnis für unbegründet angesehen, weil es die Berechnungsgrundlage mit lediglich 19.000 € festgesetzt hat. Auch bei Zubilligung der beantragten 80 % der Regelvergütung des Insolvenzverwalters ergebe sich damit eine geringere Vergütung als vom Amtsgericht festgesetzt.
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- Das mit Absonderungsrechten belastete Vermögen hat es nicht in die Berechnungsgrundlage einbezogen, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 InsVV nicht vorlagen. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht.
- 11
- Das Beschwerdegericht hat auf die genannte Rechtsprechung des Senats abgestellt, wonach ein Zuschlag zu gewähren ist, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter durch die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten in erheblichem Maße, also über das gewöhnliche Maß hinaus in Anspruch genommen worden ist. Es hat jedoch festgestellt, dass hierzu im Vergütungsantrag ausreichender Sachvortrag fehlt.
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- Dies ist zutreffend. Der von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Sachvortrag in dem Antrag auf Festsetzung der Vergütung vom 18. Oktober 2005 lässt eine erhebliche Befassung (vgl. zur Abgrenzung BGH, Beschl. v.
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- Im Zeitpunkt der Antragstellung war zwar die Senatsentscheidung vom 14. Dezember 2005 (BGHZ 165, 266) noch nicht ergangen. Der Rechtsbeschwerdeführer hätte aber auch nach der von ihm zugrunde gelegten früheren Rechtsprechung des Senats zu einer erheblichen Befassung vortragen müssen, weil andernfalls die Vergütung bei Einbeziehung der mit Aus- und Absonderungsrechten belasteten Gegenstände in die Berechnungsgrundlage entsprechend zu kürzen gewesen wäre (BGHZ 146, 165, 177).
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- Dass das Beschwerdegericht einen Hinweis hätte erteilen müssen, wird von der Rechtsbeschwerde nicht gerügt. Es wird auch nicht vorgetragen, was der Rechtsbeschwerdeführer ergänzend hätte vorbringen können.
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- Es c) kann deshalb weiterhin offen bleiben, ob die seit dem 29. Dezember 2006 geltende Zweite Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung Rückwirkung entfalten kann für Verfahren, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1. Januar 2004 eröffnet worden sind (vgl. hierzu Vill in Festschrift Gero Fischer, 547, 565).
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 06.12.2005 - 7 IN 43/00 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 20.11.2006 - 3 T 51/06 -
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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.
(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Das Gericht kann insbesondere
- 1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten; - 1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden; - 2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind; - 3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; - 4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten; - 5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, werden dem Vermögen nach Satz 1 hinzugerechnet, sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst. Sie bleiben unberücksichtigt, sofern der Schuldner die Gegenstände lediglich auf Grund eines Besitzüberlassungsvertrages in Besitz hat.
(2) Wird die Festsetzung der Vergütung beantragt, bevor die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Gegenstände veräußert wurden, ist das Insolvenzgericht spätestens mit Vorlage der Schlussrechnung auf eine Abweichung des tatsächlichen Werts von dem der Vergütung zugrunde liegenden Wert hinzuweisen, sofern die Wertdifferenz 20 vom Hundert bezogen auf die Gesamtheit dieser Gegenstände übersteigt.
(3) Art, Dauer und der Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters sind bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.
(4) Hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen beauftragt zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, so erhält er gesondert eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.
(1) Die Vergütung des Insolvenzverwalters wird nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet, auf die sich die Schlußrechnung bezieht. Wird das Verfahren nach Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben oder durch Einstellung vorzeitig beendet, so ist die Vergütung nach dem Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zu berechnen.
(2) Die maßgebliche Masse ist im einzelnen wie folgt zu bestimmen:
- 1.
Massegegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet sind, werden berücksichtigt, wenn sie durch den Verwalter verwertet werden. Der Mehrbetrag der Vergütung, der auf diese Gegenstände entfällt, darf jedoch 50 vom Hundert des Betrages nicht übersteigen, der für die Kosten ihrer Feststellung in die Masse geflossen ist. Im übrigen werden die mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstände nur insoweit berücksichtigt, als aus ihnen der Masse ein Überschuß zusteht. - 2.
Werden Aus- und Absonderungsrechte abgefunden, so wird die aus der Masse hierfür gewährte Leistung vom Sachwert der Gegenstände abgezogen, auf die sich diese Rechte erstreckten. - 3.
Steht einer Forderung eine Gegenforderung gegenüber, so wird lediglich der Überschuß berücksichtigt, der sich bei einer Verrechnung ergibt. - 4.
Die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten werden nicht abgesetzt. Es gelten jedoch folgende Ausnahmen: - a)
Beträge, die der Verwalter nach § 5 als Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde erhält, werden abgezogen. - b)
Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, so ist nur der Überschuß zu berücksichtigen, der sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergibt.
- 5.
Ein Vorschuß, der von einer anderen Person als dem Schuldner zur Durchführung des Verfahrens geleistet worden ist, und ein Zuschuß, den ein Dritter zur Erfüllung eines Insolvenzplans oder zum Zweck der Erteilung der Restschuldbefreiung vor Ablauf der Abtretungsfrist geleistet hat, bleiben außer Betracht.