Bundesgerichtshof Beschluss, 02. März 2006 - IX ZB 23/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Das Landgericht Colmar hat den Schuldner am 9. Oktober 2003 zur Zahlung einer Geldsumme an die Gläubigerin verurteilt. Auf deren Antrag hat der Vorsitzende der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz die Entscheidung für vollstreckbar erklärt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben.
- 2
- Nach fristgerechter Einlegung der Rechtsbeschwerde beantragt der Schuldner, das Verfahren auszusetzen, hilfsweise anzuordnen, dass die Zwangsvollstreckung nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf. Er macht geltend: Er verfüge nicht über die Mittel, den Urteilsbetrag zu zahlen oder rechtzeitig ein entsprechendes Darlehen zu erhalten. Er müsste die eides- stattliche Versicherung, zu deren Abgabe er auf den 9. März 2006 geladen worden sei, leisten. Dies hätte zur Folge, dass private und geschäftliche Kredite in erheblicher Höhe sofort fällig gestellt würden und er als Geschäftsführer nicht mehr tragbar wäre.
II.
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- Die Anträge des Schuldners sind unzulässig.
- 4
- Der Schuldner hat das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht glaubhaft gemacht. Er kann sowohl mit der in erster Linie beantragten Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 46 Abs. 1 EuGVVO als auch mit dem Hilfsantrag nach § 22 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 AVAG nur erreichen, dass die Gläubigerin auf eine Sicherungsvollstreckung beschränkt ist. Das folgt für § 22 Abs. 2 und 3 AVAG bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, gilt aber auch für die Aussetzung des Verfahrens (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht 8. Aufl. Art. 46 EuGVVO Rn. 6; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 2. Aufl. Art. 46 EuGVVO Rn. 2; Stadler IPrax 1995, 220, 222 zu Art. 38 EuGVÜ).
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- Der Schuldner hat sein Interesse an einer Eilentscheidung des Senats damit begründet, dass er auf Betreiben der Gläubigerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen worden sei. Hierzu wäre er aber auch dann verpflichtet, wenn der Senat einem seiner Anträge stattgeben würde. Denn auch im Rahmen einer Sicherungsvollstreckung ist der Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet (vgl. zu § 720a ZPO OLG Hamburg MDR 1999, 255; OLG Frankfurt am Main Rpfleger 1996, 468; OLG Kob- lenz MDR 1991, 63 f; OLG München MDR 1991, 64; KG MDR 1989, 745; OLG Hamm MDR 1982, 416; OLG Düsseldorf NJW 1980, 2717; OLG Stuttgart NJW 1980, 1698; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 22. Aufl. § 807 Rn. 5; Schuschke/- Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 3. Aufl. § 720a Rn. 6; MünchKomm-ZPO/Krüger, 2. Aufl. § 720a Rn. 4; Zöller/Stöber, 25. Aufl. § 720a Rn. 7; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 64. Aufl. § 720a Rn. 4; Musielak/Lackmann, ZPO 4. Aufl. § 720a Rn. 4; Musielak/Becker, aaO § 807 Rn. 2; a.A. LG Berlin Rpfleger 1989, 206; LG Osnabrück MDR 1989, 463; LG Mainz DGVZ 1987, 61).
- 6
- Dem Wortlaut der Art. 46, 47 EuGVVO und der §§ 18 ff AVAG kann nicht entnommen werden, dass der Gläubiger im Rahmen der danach zulässigen Maßnahmen zur Sicherung nicht auch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erwirken kann. Das Gleiche gilt für die Vorschrift des § 720a ZPO; die dort genannte Beschränkung auf die Pfändung beweglicher Sachen und die Eintragung einer Sicherungs- oder Schiffshypothek besagt nichts über die Zulässigkeit von Nebenmaßnahmen der Zwangsvollstreckung, die ihrerseits erst eine zulässige Vollstreckungsmaßnahme ermöglichen sollen (OLG Düsseldorf aaO).
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- Die Gesetzesmaterialien verhalten sich nicht zu der hier zu entscheidenden Frage (vgl. BT-Drucks. 7/2729 S. 21, 45, 109 f, 7/5250 S. 16, 64 zu § 720a ZPO; 14/4591 S. 22 zu § 22 AVAG 2001; 11/351 S. 26 zu § 24 AVAG 1988; BR-Drucks. 534/99 zu Art. 43, 44 des Vorschlags einer Verordnung [EG] des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen).
- 8
- Abzustellen ist daher auf Sinn und Zweck der Vorschriften, die dem Gläubiger den Zugriff auf das Schuldnervermögen im Wege der Sicherungsvollstreckung eröffnen. Dem Gläubiger soll eine dem Arrest vergleichbare Sicherung verschafft werden, indem er auch vor einer Schmälerung der Haftungsmasse durch den Schuldner geschützt wird (BT-Drucks. 7/2729 S. 21, 45, 109 f, 7/5250 S. 16). Dieser Zweck ist aber nur dann sicher zu erreichen, wenn der Schuldner unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen die eidesstattliche Versicherung abgeben muss. Denn nur auf diesem Wege kann der Gläubiger zuverlässig ermitteln, ob der Schuldner Vermögen besitzt, auf das er im Wege der Sicherungsvollstreckung zugreifen kann (OLG Hamburg aaO; Krüger, aaO). Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist daher eine Maßnahme zur Vorbereitung zulässiger, hier auf Sicherung beschränkter, Vollstreckungszugriffe. Aus vergleichbaren Erwägungen ist - soweit ersichtlich - allgemein anerkannt , dass der dingliche Arrest ein zur Herbeiführung der Offenbarungsversicherung genügender Titel ist (OLG Stuttgart aaO; Stein/Jonas/ Münzberg, aaO; MünchKomm-ZPO/Eickmann, 2. Aufl. § 807 Rn. 3).
- 9
- Vermag somit der Schuldner mit den von ihm beantragten einstweiligen Maßnahmen die anstehende Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht zu verhindern, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis für seine Anträge.
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 04.07.2005 - 15 O 279/05 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 11.01.2006 - 2 U 1283/05 -
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(1) Weist das Beschwerdegericht die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung zurück oder lässt es auf die Beschwerde des Berechtigten die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu, so kann die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortgesetzt werden.
(2) Auf Antrag des Verpflichteten kann das Beschwerdegericht anordnen, dass bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 15) oder bis zur Entscheidung über diese Beschwerde die Zwangsvollstreckung nicht oder nur gegen Sicherheitsleistung über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf. Die Anordnung darf nur erlassen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die weitergehende Vollstreckung dem Verpflichteten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. § 713 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(3) Wird Rechtsbeschwerde eingelegt, so kann der Bundesgerichtshof auf Antrag des Verpflichteten eine Anordnung nach Absatz 2 erlassen. Der Bundesgerichtshof kann auf Antrag des Berechtigten eine nach Absatz 2 erlassene Anordnung des Beschwerdegerichts abändern oder aufheben.
(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und
- 1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder - 2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.
(1) Wird künftiges Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto gepfändet und dem Gläubiger überwiesen, darf der Drittschuldner erst nach Ablauf des Kalendermonats, der auf die jeweilige Gutschrift folgt, an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen; eine Verlängerung des in § 899 Absatz 2 bezeichneten Zeitraums erfolgt dadurch nicht. Auf Antrag des Gläubigers kann das Vollstreckungsgericht eine von Satz 1 erster Halbsatz abweichende Anordnung treffen, wenn sonst unter Würdigung des Schutzbedürfnisses des Schuldners für den Gläubiger eine unzumutbare Härte entstünde.
(2) Guthaben, aus dem bis zum Ablauf der Frist des Absatzes 1 nicht an den Gläubiger geleistet oder das bis zu diesem Zeitpunkt nicht hinterlegt werden darf, ist in dem auf die Gutschrift folgenden Kalendermonat Guthaben im Sinne des § 899 Absatz 1 Satz 1.
(1) Weist das Beschwerdegericht die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung zurück oder lässt es auf die Beschwerde des Berechtigten die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu, so kann die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortgesetzt werden.
(2) Auf Antrag des Verpflichteten kann das Beschwerdegericht anordnen, dass bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 15) oder bis zur Entscheidung über diese Beschwerde die Zwangsvollstreckung nicht oder nur gegen Sicherheitsleistung über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf. Die Anordnung darf nur erlassen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die weitergehende Vollstreckung dem Verpflichteten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. § 713 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(3) Wird Rechtsbeschwerde eingelegt, so kann der Bundesgerichtshof auf Antrag des Verpflichteten eine Anordnung nach Absatz 2 erlassen. Der Bundesgerichtshof kann auf Antrag des Berechtigten eine nach Absatz 2 erlassene Anordnung des Beschwerdegerichts abändern oder aufheben.
(1) Aus einem nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteil, durch das der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist, darf der Gläubiger ohne Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung insoweit betreiben, als
- a)
bewegliches Vermögen gepfändet wird, - b)
im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen eine Sicherungshypothek oder Schiffshypothek eingetragen wird.
(2) Für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen gilt § 930 Abs. 2, 3 entsprechend.
(3) Der Schuldner ist befugt, die Zwangsvollstreckung nach Absatz 1 durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Hauptanspruchs abzuwenden, wegen dessen der Gläubiger vollstrecken kann, wenn nicht der Gläubiger vorher die ihm obliegende Sicherheit geleistet hat.
(1) Weist das Beschwerdegericht die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung zurück oder lässt es auf die Beschwerde des Berechtigten die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu, so kann die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortgesetzt werden.
(2) Auf Antrag des Verpflichteten kann das Beschwerdegericht anordnen, dass bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 15) oder bis zur Entscheidung über diese Beschwerde die Zwangsvollstreckung nicht oder nur gegen Sicherheitsleistung über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf. Die Anordnung darf nur erlassen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die weitergehende Vollstreckung dem Verpflichteten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. § 713 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(3) Wird Rechtsbeschwerde eingelegt, so kann der Bundesgerichtshof auf Antrag des Verpflichteten eine Anordnung nach Absatz 2 erlassen. Der Bundesgerichtshof kann auf Antrag des Berechtigten eine nach Absatz 2 erlassene Anordnung des Beschwerdegerichts abändern oder aufheben.
(1) Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, zu dem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Beschwerdegerichts die Vollstreckungsklausel mit dem Zusatz erteilt hat, dass die Zwangsvollstreckung auf Grund der Anordnung des Gerichts nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf (§ 13 Absatz 4 Satz 3), ist auf Antrag des Berechtigten über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortzusetzen, wenn das Zeugnis des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts vorgelegt wird, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf.
(2) Das Zeugnis ist dem Berechtigten auf seinen Antrag zu erteilen,
- 1.
wenn der Verpflichtete bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 15 Absatz 2) keine Beschwerdeschrift eingereicht hat, - 2.
wenn der Bundesgerichtshof die Anordnung des Beschwerdegerichts nach § 22 Absatz 2 aufgehoben hat (§ 22 Absatz 3 Satz 2) oder - 3.
wenn der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde des Verpflichteten zurückgewiesen hat.