Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2009 - IX ZB 178/08

published on 17/12/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2009 - IX ZB 178/08
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Amtsgericht Göttingen, 74 IN 11/01, 30/04/2008
Landgericht Göttingen, 10 T 68/08, 23/06/2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 178/08
vom
17. Dezember 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 17. Dezember 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 23. Juni 2008 - 10 T 68/08 - wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
weitere Der Beteiligte zu 1 (fortan: Insolvenzverwalter) wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 1. April 2001 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. GmbH & Co KG in G. bestellt. Mit Beschluss vom 10. November 2005 ernannte das Insolvenzgericht den weiteren Beteiligten zu 2 zum Sonderinsolvenzverwalter (fortan: Sonderverwalter) zur Prüfung der Frage, ob gegen den Insolvenzverwalter Schadensersatzansprüche zu Gunsten der Masse geltend zu machen sind. Der Aufgabenkreis des Sonderverwalters wurde mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 29. Mai 2007 und vom 11. Februar 2008 (Übertragung der Kassenführung bzgl. der von ihm eingezogenen Beträge) näher konkretisiert. Auf Anregung des Sonderverwalters erweiterte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 22. April 2008 dessen Befugnisse dahingehend, dass der Insolvenzverwalter im Umfang der Befugnisse des Sonderverwalters von Verwaltungs- und Verwertungshandlungen ausgeschlossen wird. Ferner ordnete das Amtsgericht in diesem Beschluss an, die Übertragung der Kassenführung im Beschluss vom 11. Februar 2008 beziehe sich auch auf die an den Insolvenzverwalter bereits gezahlten Mietüberschüsse aus der Vermietung des Betriebgrundstücks der Schuldnerin.
2
Mit Schreiben vom 29. April 2008 zeigte der Sonderverwalter erhebliche Beanstandungen in der Kassenführung des Insolvenzverwalters auf. Hierauf hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 30. April 2008 dem Insolvenzverwalter die Kassenführung entzogen und sie auf den Sonderverwalter übertragen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters hat das Landgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2008 als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich der Insolvenzverwalter gegen diesen Beschluss.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen, § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
4
1. Gemäß § 574 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt grundsätzlich voraus, dass bereits die sofortige Beschwerde statthaft war (BGH, Beschl. v. 25. Juni 2009 - IX ZB 161/08, WM 2009, 553 m.w.N.). Das war hier nicht der Fall.
5
2. Der Rechtsbehelf, den der Insolvenzverwalter gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt hat, war als sofortige Beschwerde unstatthaft. Das Landgericht hat sie daher im angegriffenen Beschluss zutreffend als unzulässig verworfen. Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung dies ausdrücklich vorsieht (§ 6 InsO). Diese Voraussetzung liegt bei der hier angegriffenen Entscheidung nicht vor.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dem Insolvenzverwalter gegen die Bestellung eines Sonderverwalters kein eigenständiges Beschwerderecht zu. Insbesondere das Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer alsbaldigen Klärung der gegen den Insolvenzverwalter erhobenen Vorwürfe sowie an einer zügigen Abwicklung des Insolvenzverfahrens (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, ZVI 2004, 15, 17) gebietet es von der Einräumung eines gesonderten Beschwerderechts abzusehen (BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007 - IX ZB 45/05, ZIP 2007, 547, 548 Rn. 10; vgl. ferner Beschl. v. 25. Januar 2007 - IX ZB 240/05, ZIP 2007, 548, 550 Rn. 26). Diese Rechtsprechung ist auf überwiegende Zustimmung im Schrifttum gestoßen (FKInsO /Kind, 5. Aufl. § 56 Rn. 38; HmbKomm-InsO/Frind, 3. Aufl., § 56 Rn. 42; Braun-InsO/Kind, 3. Aufl. § 56 Rn. 11; Frege, Der Sonderinsolvenzverwalter, Rn. 253; Hess EWiR 2007, 373 f; ferner HK-InsO/Kayser, 5. Aufl. § 92 Rn. 46; kritisch Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 56 Rn. 3; differenzierend Jaeger /Gerhardt, InsO § 56 Rn. 81). Hieran ist festzuhalten. Diese Grundsätze gelten auch für den hier vorliegenden Fall, dass der Wirkungskreis des Sonder- verwalters im Hinblick auf seine bisherige Tätigkeit und seine durchgeführten Ermittlungen einer weiteren Konkretisierung bedarf. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde liegt hierin keine gegen den Insolvenzverwalter gerichtete Sanktion, sondern sie dient ausschließlich der vorstehend angeführten zügigen Abwicklung des Insolvenzverfahrens.
7
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Kayser Gehrlein Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Göttingen, Entscheidung vom 30.04.2008 - 74 IN 11/01 -
LG Göttingen, Entscheidung vom 23.06.2008 - 10 T 68/08 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Annotations

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.