Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2010 - IX ZB 128/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§§ 7, 6, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 2
- 1. Das Beschwerdegericht ist bei der Beurteilung des Umstands, dass der Schuldner im Verzeichnis seines Vermögens eine beim Landgericht Münster eingeklagte Forderung nicht angegeben hat, nicht von der Rechtsprechung des Senats abgewichen, nach der es nicht Aufgabe des Schuldners sein kann, seine Aktiva zu bewerten und für die Gläubiger vermeintlich uninteressante Positionen auszusparen (etwa BGH, Beschl. v. 2. Juli 2009 - IX ZB 63/08, WM 2009, 1518, 1519 Rn. 10; v. 15. April 2010 - IX ZB 175/09, NZI 2010, 530, 531 Rn. 10; je m.w.N.). Die angeführte Senatsrechtsprechung betrifft den objektiven Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO. Sie schließt es nicht aus, Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit des Schuldners zu verneinen, wenn dieser irrtümlich angenommen hat, eine Forderung habe rechtlich oder wirtschaftlich überhaupt nicht zu seinem Vermögen gehört, weil sie nur aus prozesstaktischen Gründen von seiner Ehefrau an ihn abgetreten worden sei. In diesem Zusammenhang hat das Beschwerdegericht auch nicht verkannt, dass die Versagungsgründe nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO nicht ausschließlich bei vorsätzlichem Handeln, sondern auch im Falle grober Fahrlässigkeit erfüllt sein können.
- 3
- 2. Ob die Ausführungen des Beschwerdegerichts zum Vorliegen der objektiven Voraussetzungen eines Versagungsgrunds bezüglich des Vorwurfs, der Schuldner habe nicht rechtzeitig mitgeteilt, dass er bei seiner Ehefrau arbeitete, im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats stehen, ist nicht entscheidungserheblich. Denn das Beschwerdegericht hat ohne einen die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründenden Rechtsfehler die subjektiven Voraussetzungen einer Versagung der Restschuldbefreiung verneint. Zu einem qualifizierten Verschulden des Vertreters des Schuldners hat die Beteiligte zu 1 nichts vorgetragen. Das Beschwerdegericht brauchte sich deshalb entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht mit der Frage einer Zurechnung (§ 85 Abs. 2 ZPO) zu befassen.
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Freiburg, Entscheidung vom 17.02.2009 - 8 IN 139/06 -
LG Freiburg, Entscheidung vom 27.05.2009 - 3 T 138/09 -
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Annotations
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn
- 1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, - 2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden, - 3.
(weggefallen) - 4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat, - 5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, - 6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, - 7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.
(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.