Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - IX ZB 128/08

bei uns veröffentlicht am07.07.2011
vorgehend
Amtsgericht Wuppertal, 145 IN 319/07, 24.01.2008
Landgericht Wuppertal, 6 T 199/08, 21.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 128/08
vom
7. Juli 2011
in dem Insolvenzverfahren
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- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Kayser, die Richter Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin
Möhring
am 7. Juli 2011

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 17. Februar 2011 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Soweit die Anhörungsrüge einen Gehörsverstoß darin sieht, dass der Senat die behauptete Gehörsverletzung durch das Beschwerdegericht nicht behoben habe, ist sie unzulässig. Denn sie macht eine „neue und eigenständige” Gehörsverletzung im Rechtsbeschwerdeverfahren insoweit nicht geltend. Eine Anhörungsrüge kann mit Erfolg nicht darauf gestützt werden, dass dem Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Überprüfung des in der Vorinstanz erfolgten Gehörsverstoßes ein Rechtsfehler unterlaufen sei (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - I ZR 47/06, NJW 2008, 2126 - Rn. 2 ff; vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923 f Rn. 5).
2
2. Soweit mit der Anhörungsrüge beanstandet wird, der Senat habe selbst gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, ist sie unbegründet. Der Senat hat das rechtliche Gehör des Schuldners nicht verletzt. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1kdh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1kdh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE205568901&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1kdh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE218059201&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1kdh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE080005082&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1kdh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE080005082&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1kdh/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE080005082&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1krw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=13&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE274599701&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1krw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=13&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE274599701&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1krw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=13&numberofresults=84&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 -
3
Das als übergangen gerügte Vorbringen hat der Senat vollinhaltlich zur Kenntnis genommen, ohne daraus die von dem Erinnerungsführer befürworteten Schlussfolgerungen herzuleiten. Art. 103 Abs. 1 GG gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit dem Vorbringen einer Partei in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hält (BVerfGE 80, 269, 286). Aus dem Prozessgrundrecht folgt auch keine Pflicht der Gerichte, der von einer Partei vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BVerfGE 87, 1, 33; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008 - IX ZR 62/07, DStRE 2009, 328, Rn. 5).
4
Auch ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f). Der Senat hat in der Beratung am 17. Februar 2011 das Vorbringen der Schuldnerin in vollem Umfang darauf geprüft, ob ein Zulässigkeitsgrund im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO dargelegt ist. Er hat unter diesem Gesichtspunkt die Darlegung für nicht durchgreifend erachtet und hat insoweit seinem die Rechtsbeschwerde verwerfenden Beschluss eine kurze Begründung beigefügt.
5
Die Anhörungsrüge wiederholt im Wesentlichen lediglich den Vortrag, der sich schon aus der Begründung der Rechtsbeschwerde ergibt. Eine nochmalige Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen, das der Senat schon in dem Beschluss vom 17. Februar 2011 beschieden hat, erübrigt sich. Neu wird in der Anhörungsrüge beanstandet, das Beschwerdegericht habe bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass der Schuldner sich am 3. Februar 2008 aus einem Nebenwohnsitz nach England abgemeldet habe. Diesen Umstand konnte das Beschwerdegericht jedoch nicht berücksichtigen, wie sich auch aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt, weil der Rechtsbeschwerdeführer dies erst im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragen hat.
Kayser Raebel Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 24.01.2008 - 145 IN 319/07 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 21.04.2008 - 6 T 199/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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2
1. Nach dem Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 (BVerfGE 107, 359 ff.) ist nur für jede "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch eine gerichtliche Entscheidung eine einmalige gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten. Sollte dem Rechtsmittelgericht im Zuge der Überprüfung, ob Art. 103 Abs. 1 GG in dem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren beachtet worden ist, ein Fehler unterlaufen, kann hierauf keine Anhörungsrüge gestützt werden. Denn die einmalige gerichtliche Überprüfung ist in diesem Fall erfolgt (BVerfGE 107, 359 Rdn. 48, 50).
5
Das Rechtsstaatsprinzip verlangt es, für jede "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch eine gerichtliche Entscheidung die einmalige Möglichkeit gerichtlicher Kontrolle zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 107, 395, 410 f.). Ist ein Rechtsmittel gegen die auf der gerügten Verletzung beruhende Entscheidung gegeben, das zur Überprüfung dieser Verletzung führen kann, so ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG hinreichend Rechnung getragen (vgl. BVerfGE, aaO). Ein zusätzlicher Rechtsbehelf - die Anhörungsrüge - ist danach nur erforderlich, wenn die "neue und eigenständige" Verletzung in der letzten von der Prozessordnung vorgesehenen Instanz gerügt wird (vgl. BVerfGE, aaO). Wird im Zivilprozess die erstmalige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Berufungsgericht gerügt, so ist der danach erforderliche Rechtsbehelf mit der Revision gemäß §§ 542 ff. ZPO gegeben. Wurde die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO), so ist - im Rahmen ihrer allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen - die Nichtzulassungsbeschwerde ge- geben. Auch diese stellt einen zureichenden Rechtsbehelf dar, weil auch sie zur Überprüfung der behaupteten Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Berufungsgericht führen kann. Zwar ist die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in § 543 Abs. 2 ZPO nicht als Zulassungsgrund genannt, jedoch geht der Bundesgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG stets einen Verfahrensfehler darstellt , der für einen Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - NJW 2003, 3205, 3206; Beschluss vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03 - NJW 2004, 2222, 2223 m.w.N.; Beschluss vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - NJW 2005, 1950; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 543 Rn. 15a; Vorbem. vor § 542 Rn. 7; Stackmann, NJW 2007, 9, 12 f.). Der Rechtsbehelf des § 321a ZPO ist zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen Maßes an Rechtsschutz deshalb nur dann erforderlich, wenn sich die Anhörungsrüge gegen eine "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch den Bundesgerichtshof selbst richtet. Andernfalls, ist die Anhörungsrüge als Rechtsbehelf nicht geboten und infolgedessen unzulässig.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

5
b) Bei dieser Sachlage ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG genügt. Das Prozessgrundrecht gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit Vorbringen einer Partei in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hält (BVerfGE 80, 269, 286). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt auch keine Pflicht der Gerichte, der von einer Partei vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BVerfGE 87, 1, 33).

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.