Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2009 - IX ZB 107/09

bei uns veröffentlicht am08.10.2009
vorgehend
Amtsgericht Münster, 80 IK 43/04, 09.05.2008
Landgericht Münster, 5 T 822/08, 24.03.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 107/09
vom
8. Oktober 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Pape
am 8. Oktober 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 24. März 2009 wird auf Kosten des Gläubigers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 296 Abs. 3 Satz 1 InsO) ist unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Grundsatzfrage, welche Anforderungen an einen Versagungsantrag eines Gläubigers in der Wohlverhaltensphase nach § 295 Abs. 1 Nr. 1, § 296 Abs. 1 InsO zu stellen sind, ist bereits durch mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geklärt. Der Senat entscheidet in ständiger Rechtsprechung, ein zulässiger Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung während der Laufzeit der Abtretungserklärung setze voraus, dass der Insolvenzgläubiger nicht nur die Obliegenheitsverletzung des Schuldners , sondern auch eine darauf beruhende Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger glaubhaft macht (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 50/05, NZI 2006, 413 Rn. 5; v. 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06, ZInsO 2007, 322; v. 12. Juni 2008 - IX ZB 91/06, VuR 2008, 434). Die Anforderungen, die das Beschwerdegericht an die Darlegungslast des Gläubigers gestellt hat, sind zwar möglicherweise zu weitgehend. Andererseits sind jedoch Versagungsanträge, die auf bloßen Spekulationen beruhen und keinen glaubhaft gemachten Sachverhalt erkennen lassen, unzulässig. Die Pflicht des Insolvenzgerichts zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen setzt erst ein, wenn ein zulässiger Versagungsantrag vorliegt. Von einer weiteren Begründung wird nach § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Raebel Vill
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Münster, Entscheidung vom 09.05.2008 - 80 IK 43/04 -
LG Münster, Entscheidung vom 24.03.2009 - 5 T 822/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 296 Verstoß gegen Obliegenheiten


(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dad

Insolvenzordnung - InsO | § 295 Obliegenheiten des Schuldners


Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist1.eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbar

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Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2007 - IX ZB 88/06

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 91/06 vom 25. August 2008 in dem Insolvenzverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Fischer und Dr. Pape am 25.

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.

(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.

(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 88/06
vom
8. Februar 2007
in dem Restschuldbefreiungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Insolvenzgericht darf die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung
nicht von Amts wegen auf andere als die vom Antragsteller geltend gemachten
Versagungsgründe stützen.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06 - LG Stade
AG Tostedt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Cierniak
am 8. Februar 2007

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Schuldnerin werden der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 26. April 2006 und der Beschluss des Amtsgerichts Tostedt vom 29. September 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss vom 16. März 2004 ist der Schuldnerin unter der Voraussetzung , dass sie während der Laufzeit der Abtretungserklärung (Wohlverhaltensperiode ) die Obliegenheiten gemäß § 295 InsO erfüllt, die Restschuldbefreiung angekündigt worden. Zugleich ist ihr mitgeteilt worden, während der Wohlverhaltensperiode, die, gerechnet ab dem 1. Juli 2002, sechs Jahre betra- ge, gingen die pfändbaren Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge nach Maßgabe der Abtretungserklärung auf den Treuhänder über. Mit Beschluss vom 31. März 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin aufgehoben.
2
Unter dem 8. Juli 2005 haben die weiteren Beteiligten als Insolvenzgläubiger beantragt, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung gemäß § 296 InsO zu versagen. Zur Begründung haben sie darauf hingewiesen, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin "ihre Einnahmen ordnungsgemäß an den Treuhänder abgetreten" habe. Sie sei im April 2005 als Maklerin aufgetreten und habe insoweit 2.100 € vereinnahmt. Diese Einnahmen habe sie dem Treuhänder gewiss nicht offenbart. Der dazu angehörte Treuhänder hat mitgeteilt, er habe von der Schuldnerin bislang keinerlei Auskünfte über ihre Einkommensverhältnisse erhalten; eine Obliegenheitsverletzung liege auch insoweit vor, als die Schuldnerin eine Änderung ihrer Anschrift nicht angegeben habe.
3
Unter Bezugnahme auf den Bericht des Treuhänders hat das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung versagt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 26. April 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Schuldnerin habe dem Treuhänder ihren Wohnsitzwechsel nicht angezeigt. Darin liege eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.


4
Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 6, 7, 289 Abs. 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es ist auch in der Sache begründet.
5
1. Nach § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 InsO rechtfertigt ein Verstoß gegen eine der in § 295 InsO aufgeführten Obliegenheiten die Versagung der Restschuldbefreiung nur, wenn dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird. Deren Schlechterstellung muss konkret messbar sein; eine bloße Gefährdung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger reicht nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 50/05, NZI 2006, 413). Weder das Amtsgericht noch das Landgericht als Beschwerdegericht haben Feststellungen dazu getroffen, dass die Schuldnerin durch die vom Tatrichter angenommene Obliegenheitsverletzung (Unterlassung der unverzüglichen Anzeige des Wechsels ihres Wohnsitzes) die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt habe.
6
2. Darüber hinaus setzt die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 InsO einen entsprechenden Antrag eines Insolvenzgläubigers voraus. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Antragsteller hatten ihren Versagungsantrag nicht auf den vom Beschwerdegericht angenommenen Versagungsgrund gestützt. Sie hatten vielmehr allein darauf abgehoben , die Schuldnerin habe nicht alle Einkünfte dem Treuhänder angezeigt. Dass sie den Antrag später erweitert hätten, ist nicht ersichtlich.
7
Etwas Derartiges ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schriftsatz der weiteren Beteiligten vom 4. Oktober 2005. Dieser ist erst nach Erlass der erst- instanzlichen Entscheidung eingegangen. Ob die Erweiterung des Antrags in der Beschwerdeinstanz überhaupt noch möglich gewesen wäre, kann dahinstehen. Jedenfalls enthält der Schriftsatz keine ausdrückliche Erweiterung des Antrags. Es heißt darin nur, "aus dem Schreiben des Insolvenzverwalters … (ergebe sich), dass die Schuldnerin ihren Obliegenheiten nicht nachgekommen" sei. "Insofern … (sei) die Restschuldbefreiung zu versagen". Eine Auslegung dieser Äußerungen im Sinne einer Antragserweiterung verbietet sich, weil der Antrag in seinem erweiterten Teil unzulässig wäre. Ein zulässiger Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung während der Laufzeit der Abtretungserklärung setzt voraus, dass der Insolvenzgläubiger nicht nur die Obliegenheitsverletzung des Schuldners, sondern auch eine darauf beruhende Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger glaubhaft macht (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 aaO). Dazu enthält der Schriftsatz der weiteren Beteiligten nichts. Dass diese einen unzulässigen Antrag stellen wollten, ist nicht anzunehmen.
8
Von Amts wegen darf das Gericht das Versagungsverfahren nicht auf andere Versagungsgründe erstrecken (MünchKomm-InsO/Stephan, § 296 Rn. 4; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 296 Rn. 3; FK-InsO/Ahrens, 4. Aufl. § 296 Rn. 17; HK-InsO/Landfermann, 4. Aufl. § 296 Rn. 8; a.A. Kübler/Prütting/Wenzel, § 296 Rn. 7). Das Verfahren auf Versagung der Restschuldbefreiung unterliegt der Gläubigerautonomie. Der Treuhänder hat kein eigenes Antragsrecht. Es ist deswegen unerheblich, dass dieser im vorliegenden Fall das Insolvenzgericht auf die Nichtanzeige des Wohnungswechsels als - vermeintlich - weiteren Versagungsgrund aufmerksam gemacht hat, solange dies von keinem Gläubiger in zulässiger Form aufgegriffen wird.

III.


9
Beschwerdeentscheidung Die ist somit aufzuheben, desgleichen die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts. Die Sache ist an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO; wegen der Möglichkeit der Zurückverweisung in die erste Instanz vgl. BGHZ 160, 176, 185; BGH, Beschl. v. 4. November 2004 - IX ZB 70/03, NZI 2005, 45, 46), weil in beiden Vorinstanzen nicht über den von den weiteren Beteiligten gestellten Antrag, wegen der unterlassenen Offenlegung und Abführung von Einnahmen die Restschuldbefreiung zu versagen, entschieden worden ist. Das Amtsgericht hat zwar in seiner Entscheidung auch darauf hingewiesen, die Schuldnerin sei gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verpflichtet, keine von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge und kein von der Nummer 2 erfasstes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen entsprechende Auskünfte zu erteilen. Indes hat das Amtsgericht hinzugefügt, die Schuldnerin habe das Unterlassen der Umzugsmitteilung selbst eingeräumt und die weiteren Beteiligten hätten "aus diesem Grunde" zu Recht eine Versagung der Restschuldbefreiung beantragt. Daraus lässt sich entnehmen, dass es die Versagung lediglich auf das Unterlassen der Umzugsmitteilung hat stützen wollen.

10
An dem in der ersten Instanz fortzusetzenden Verfahren sind die Antragsteller zu beteiligen, was das Beschwerdegericht unterlassen hat.
Fischer Ganter Raebel
Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
AG Tostedt, Entscheidung vom 29.09.2005 - 19 IN 77/02 -
LG Stade, Entscheidung vom 26.04.2006 - 7 T 205/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 91/06
vom
25. August 2008
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Fischer und Dr. Pape
am 25. August 2008

beschlossen:
Auf die Gegenvorstellung der Gläubigerin wird der Beschwerdewert in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 12. Juli 2008 auf 1.200,00 € festgesetzt.

Gründe:


1
Der Senat hat die mit dem Ziel der Versagung der Restschuldbefreiung erhobene Rechtsbeschwerde der Gläubigerin als unzulässig verworfen und den Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß seiner ständigen Rechtsprechung auf den Regelstreitwert von 5.000 € bestimmt. Hierbei ist übersehen worden, dass die Forderung der Gläubigerin nur 3.050,89 € beträgt und damit unter dem in Ansatz gebrachten Gegenstandswert liegt. Gegen die Höhe des Streitwertes hat die Gläubigerin Gegenvorstellung erhoben.
2
Diese Gegenvorstellung gibt Anlass zu einer Änderung der Streitwertfestsetzung gemäß §§ 23, 63 Abs. 3 GKG.
3
Gegenstandswert Der für das einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung betreffende Verfahren ist gemäß § 23 Abs. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach dem objektiven wirtschaftlichen Interesse desjenigen zu bemessen, der den jeweiligen Antrag stellt oder das entsprechende Rechtsmittel verfolgt (BGH, Beschl. v. 23. Januar 2003 - IX ZB 227/02, ZInsO 2003, 217). Maßgeblich dabei ist nicht der Nennbetrag der dem verfahrensbeteiligten Gläubiger verbleibenden Forderung, sondern deren wirtschaftlicher Wert, bei dem auch die Erfolgsaussichten einer künftigen Beitreibung zu berücksichtigen sind. Bestehen wie im Streitfall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, wie sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners entwickeln werden und ob bzw. in welchem Umfang er in Zukunft wieder in der Lage sein wird, Zahlungen zu leisten, ist der für die Gerichtsgebühren maßgebende Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde in Restschuldbefreiungsverfahren auf 1.200,00 € festzusetzen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Wert der Forderung des Gläubigers, der den Versagungsantrag gestellt hat, unter dem vom Senat üblicherweise angenommenen Regelgegenstandswert liegt.
Ganter Raebel Kayser Fischer Pape Vorinstanzen:
AG Bremen, Entscheidung vom 29.11.2004 - 40 IK 396/01 U -
LG Bremen, Entscheidung vom 29.05.2006 - 4 T 2/05 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.