Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Juni 2005 - IV ZR 221/04

bei uns veröffentlicht am15.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 221/04
vom
15. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die
Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 23. September 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:


Der Nichtzulassungsbeschwerde ist zuzugeben, daß d as Berufungsgericht die Vorschriften zur formellen Beweiskraft (§§ 415 ff, 439 ff ZPO) verkannt und insbesondere die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 419 ZPO nicht berücksichtigt hat (BGH, Urteile vom 15. November 1979 - III ZR 93/78 - MDR 1980, 385 unter 1 b; vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - RuS 1987, 239 unter IV; vom 25. Mai 1987 - II ZR 297/86 - WM 1987, 1234 unter 2 a; vom 4. Juni 1987 - III ZR 139/86 - BGHR ZPO § 416 Beweiskraft 1 unter 1 a; vom 20. Juni 1991 - VII ZR 11/91 - WM 1991, 2008 unter II 2 a; vom 15. April 1994 - V ZR 175/92 - WM 1994, 1342 unter II 2). Selbst bei Vorliegen eines Mangels im Sinne des § 419 ZPO wird der Urkunde im übrigen nicht schlechthin jede Beweiskraft genommen. Es wird lediglich die Geltung der Beweisregeln der §§ 415 bis 418 ZPO ausgeschlossen und zugleich der Grundsatz der freien Be-

weiswürdigung wiederhergestellt (Urteile vom 25. März 1987 aaO unter IV; vom 20. Juni 1991 aaO). Eine formell richtige Urkunde hat jedenfalls im Verhältnis der Parteien zueinander materiell die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (BGH, Urteil vom 4. Mai 1987 - II ZR 227/86 - WM 1987, 938 unter 2).
Auf diesen Rechtsfehlern beruht das angefochtene U rteil jedoch nicht. Dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe ist zu entnehmen , daß das Berufungsgericht auch die materielle Richtigkeit der Urkunde geprüft und sich - unabhängig von Fragen der formellen oder materiellen Beweiskraft - die Überzeugung verschafft hat, daß das in der Urkunde benannte Rechtsgeschäft nicht zustande gekommen und der Beklagten ein Darlehen nicht begeben worden ist.
Für eine Auslegung als Schuldanerkenntnis der Bekl agten gibt die Urkunde nichts her. Ein etwaiger bereicherungsrechtlicher Ausgleich hätte zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter H. stattzufinden (vgl. BGHZ 137, 89, 95).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Streitwert: 25.532,35 €
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 415 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Erklärungen


(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 416 Beweiskraft von Privaturkunden


Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 419 Beweiskraft mangelbehafteter Urkunden


Inwiefern Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern, entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 439 Erklärung über Echtheit von Privaturkunden


(1) Über die Echtheit einer Privaturkunde hat sich der Gegner des Beweisführers nach der Vorschrift des § 138 zu erklären. (2) Befindet sich unter der Urkunde eine Namensunterschrift, so ist die Erklärung auf die Echtheit der Unterschrift zu rich

Referenzen

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

Inwiefern Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern, entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

Inwiefern Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern, entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung.