Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 192/01
vom
3. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting und Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 3. Juli 2002

beschlossen:
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 255,65 DM) festgesetzt.

Gründe:


1. Der Kläger hat einen Anspruch auf ein Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteils im Wege der Stufenklage geltend gemacht. Das Landgericht hat die Stufenklage wegen Verjährung des Leistungsanspruchs insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht , weil es den Anspruch nicht für verjährt hält, das Urteil des Landgerichts aufgehoben, den Beklagten zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses verurteilt und die Sache wegen der Anträge auf eidesstattliche Versicherung und Zahlung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Beschwer des Beklagten hat das Oberlandesgericht auf 63.750 DM festgesetzt , d.h. den Betrag, den der Kläger als Ergebnis seiner in letzter

Stufe angekündigten Zahlungsklage erwartet. Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben und nach seinen Schlußanträgen zweiter Instanz zu entscheiden, d.h. die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen. In der Sache verteidigt der Beklagte das Urteil des Landgerichts. Der Senat hat die Revision nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine grundsätzliche Bedeutung und im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Nach Ansicht der Prozeßbevollmächtigten beider Parteien kommt es für den gemäß §§ 14, 18 GKG zu bestimmenden Streitwert des Revisionsverfahrens nicht nur darauf an, daß der Beklagte vom Oberlandesgericht zur Auskunft verurteilt worden ist. Vielmehr trete hier die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht wegen der beiden weiteren, vom Landgericht zunächst abgewiesenen Stufen hinzu. Auch insoweit sei der Beklagte durch das in vollem Umfang angegriffene Berufungsurteil beschwert. Der in letzter Stufe angekündigte Zahlungsanspruch sei hier auch in zweiter und dritter Instanz Prozeßgegenstand gewesen.
3. Dem ist nicht zu folgen. Zwar enthält die Zurückverweisung in die untere Instanz im allgemeinen eine Beschwer für eine Partei, die ein endgültiges, ihr günstiges Sachurteil erstrebt hatte. Bei der Stufenklage ist aber eine besondere Rechtslage gegeben: Wenn das Verfahren ohne Grundurteil wegen der weiteren Stufen lediglich zurückverwiesen wird, hat das Berufungsgericht eine sachliche Entscheidung über die weiteren Stufen und insbesondere über den Zahlungsanspruch nicht getroffen. Es liegt nicht anders, als wenn das Berufungsgericht von einer Zurückver-

weisung abgesehen (§ 540 ZPO a.F.) und durch Teilurteil über den in erster Linie gestellten Auskunftsanspruch entschieden hätte (BGH, Beschluß vom 23. März 1970 - VII ZR 137/68 - NJW 1970, 1083; Schneider /Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rdn. 4289).
Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof der Sache nach in einer weiteren Entscheidung bestätigt (Beschluß vom 15. Februar 2000 - X ZR 127/99 - NJW 2000, 1724 unter II 2 b). In jenem Fall war die Stufenklage erst in zweiter Instanz erhoben worden; das Berufungsgericht hatte nur zur Auskunft verurteilt und den Rechtsstreit wegen des Zahlungsanspruchs zurückverwiesen. Die Beschwer des Beklagten richtet sich allein nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen , also seinem mit der Auskunft verbundenen Aufwand. Seine Verurteilung zur Auskunft ist nicht präjudiziell für den Zahlungsanspruch. Insbesondere können auch nach dieser Entscheidung die im allgemeinen für die Beschwer durch Zurückverweisung geltenden Regeln nicht auf die Stufenklage übertragen werden, für die besondere Gesichtspunkte gelten.
Es wäre nicht gerechtfertigt, den hier zu beurteilenden Fall, in dem das Berufungsgericht ebenfalls nur zur Auskunft verurteilt und im übrigen zurückverwiesen hat, deshalb anders zu behandeln, weil das Landgericht die Stufenklage zuvor insgesamt abgewiesen hatte. Dadurch war der Kläger zwar in Höhe ihres vollen Streitwerts beschwert worden (vgl. BGH, Beschluß vom 12. März 1992 - I ZR 296/91 - NJW-RR 1992, 1021; Beschluß vom 1. Oktober 2001 - II ZR 217/01 - NJW 2002, 71). Für den Streitwert des Revisionsverfahrens kommt es indessen auf die Beschwer des Beklagten durch das Berufungsurteil an (BGH, Beschluß vom

23. März 1970 aaO). Das Interesse des Beklagten, mit Hilfe der Revision die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, geht über den unmittelbaren Gegenstand der angegriffenen Entscheidung hinaus und muß daher hier außer Betracht bleiben. Dem Beklagten stehen nach einer Verurteilung zur Zahlung die dann eröffneten Rechtsmittel zu (BGHZ 128, 85, 89 ff.).
4. Der Senat hat die Parteien bereits darauf hingewiesen, daß er den Aufwand des Beklagten für die Erteilung der Auskunft durch Vorlage eines von ihm anzufertigenden Nachlaßverzeichnisses auf 500 DM, also 255,65 ! " #$ % & ' ( ' ) ) *+ ' #, - # . ) ) &
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2002 - IV ZR 192/01

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2002 - IV ZR 192/01

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2002 - IV ZR 192/01 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 14 Ausnahmen von der Abhängigmachung


Die §§ 12 und 13 gelten nicht,1.soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,2.wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder3.wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft g

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 18 Fortdauer der Vorschusspflicht


Die Verpflichtung zur Zahlung eines Vorschusses bleibt bestehen, auch wenn die Kosten des Verfahrens einem anderen auferlegt oder von einem anderen übernommen sind. § 31 Absatz 2 gilt entsprechend.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2002 - IV ZR 192/01 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2002 - IV ZR 192/01 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2001 - II ZR 217/01

bei uns veröffentlicht am 01.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 217/01 vom 1. Oktober 2001 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 3, 254, 546 Abs. 1 Satz 1 Wird nicht nur ein Auskunftsbegehren, sondern eine Stufenklage insgesamt abgewiesen

Referenzen

Die §§ 12 und 13 gelten nicht,

1.
soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,
2.
wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder
3.
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft gemacht wird, dass
a)
dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder
b)
eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.

Die Verpflichtung zur Zahlung eines Vorschusses bleibt bestehen, auch wenn die Kosten des Verfahrens einem anderen auferlegt oder von einem anderen übernommen sind. § 31 Absatz 2 gilt entsprechend.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 217/01
vom
1. Oktober 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird nicht nur ein Auskunftsbegehren, sondern eine Stufenklage insgesamt
abgewiesen, bemißt sich die Beschwer des Klägers nicht nur nach einem
Bruchteil des Wertes des Hauptanspruchs.
BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2001 - II ZR 217/01 - OLG Nürnberg
LG Ansbach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Oktober 2001
durch die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Kraemer
und die Richterin Münke

beschlossen:
Die Beschwer der Klägerin durch das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. Mai 2001 übersteigt 60.000,00 DM.

Gründe:


I. Die Klägerin ist Miteigentümerin eines Grundstücks, das nach Darstellung des Beklagten einer aus ihm und der Mutter der Prozeßparteien bestehenden BGB-Gesellschaft zur Vermietung überlassen sein soll. Mit ihrer Stufenklage begehrt die Klägerin von dem Beklagten aus abgetretenem Recht ihrer Mutter Auskunft über die Mieteinnahmen seit Anfang 1989 sowie Zahlung danach zu beziffernder Beträge. Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren durch Teilurteil stattgegeben; auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Stufenklage insgesamt abgewiesen und die Beschwer der Klägerin auf 1/5 des gemäß § 3 ZPO geschätzten Zahlungsanspruchs von 139.000,00 DM, mithin auf 27.800,00 DM festgesetzt. Die Klägerin beantragt Heraufsetzung ihrer Beschwer auf 139.000,00 DM.

II. Der mit der Einlegung der Revision bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht durch einen gemäû § 8 Abs. 1 EGZPO postulationsfähigen Anwalt gestellte Antrag ist zulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Juli 1989 - XI ZR 90/89, NJW 1989, 3226) und begründet. Das Berufungsgericht verkennt zwar nicht, daû die Beschwer des Klägers bei Abweisung einer Auskunftsklage sich nach anderen Grundsätzen bemiût als die Beschwer des zur Auskunft verurteilten Beklagten (vgl. BGH GS BGHZ 128, 85, 89). Es übersieht aber, daû für die Beschwer einer Partei u.a. auf den rechtskraftfähigen Inhalt der ihr nachteiligen Entscheidung abzustellen ist (vgl. z.B. Musielak/Ball, ZPO 2. Aufl. § 546 Rdn. 7 mit Rdn. 13, 15 vor § 511) und deshalb bei dem unterlegenen Auskunftskläger der Ansatz eines Bruchteils des durch die Auskunft vorzubereitenden Leistungsanspruchs nur dann zutrifft, wenn sich die Abweisung auf den Auskunftsanspruch beschränkt (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 31. März 1993 - XII ZR 67/92, FamRZ 1993, 1189 m.N.; BGHZ 128, 85, 89), weil dadurch die Realisierung des Hauptanspruchs zwar aus tatsächlichen Gründen in Frage gestellt (BGHZ 128, 85, 90), dieser aber nicht rechtskraftfähig aberkannt wird.
Anders ist es dagegen, wenn - wie hier - eine Stufenklage wegen Fehlens einer materiell-rechtlichen Grundlage für die mit ihr verfolgten Ansprüche insgesamt abgewiesen wird.
Hesselberger Goette Kurzwelly
Kraemer Münke