Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 58/04
vom
22. Dezember 2004
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Dezember 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 7. Juli 2004 - 2 S 1769/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Streitwert: 2.448,64 €.

Gründe:


I.


Der Beklagte verteidigt sich gegen eine Arzthonorarford erung der Kläger und verfolgt im Wege der Widerklage einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Ersatz materieller Schäden. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 5. März 2004 zugestellt worden. Mit am 23. März 2004 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom 19. März 2004 hat er Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegt. Nachdem bis zum 5. Mai 2004 keine Berufungsbegründung eingegangen war, hat das Landgericht unter dem 12. Mai 2004 angefragt, ob die Berufung zurückgenommen werde. Mit am 27. Mai 2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Prozeßbe-
vollmächtigte die Berufung begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Berufungsbegründungsfrist beantragt.
Zur Begründung dieses Antrags hat er vorgetragen, er h abe auf der am 5. März 2004 zugestellten Kopie des Urteils vermerkt: "Berufung: 05. 04. 2004, Begründung: 05. 05. 2004". Weiterhin habe er seine Anwaltsgehilfin, die über eine 22-jährige einschlägige Berufungserfahrung verfüge und der bislang keine Fehler bei der Notierung von Fristen unterlaufen seien, angewiesen, diese Termine im Fristenkalender einzutragen. Die Anweisung habe er im Rahmen eines Banddiktats wiederholt. Die Angestellte habe für die Einlegung der Berufung im Fristenkalender den 5. April 2004 und eine Vorfrist auf den 19. März 2004 notiert. Als Ende der Berufungsbegründungfrist habe sie irrtümlich im Kalender und in der Handakte den 5. Juni 2004 eingetragen. Ferner habe sie eine Vorfrist auf den 24. Mai 2004 notiert. Die ordnungsgemäße Führung des Fristenkalenders überprüfe er fast täglich stichprobenmäßig. Dabei habe es bisher niemals Anlaß zu Beanstandungen gegeben.
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzun g in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, aber aus anderen Grün den nicht zulässig. Weder wirft die Rechtssache entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch ist eine Entscheidung des Rechtsbe-
schwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO).
1. Der Beklagte meint, es stelle sich die rechtsgrundsätzliche Frage, ob nach der Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO ein Prozeßbevollmächtigter seine Handakten, die ihm zur Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, auch auf die ordnungsgemäße Notierung der Berufungsbegründungsfrist hin überprüfen muß. Diese Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig. Sie ist, wie sich aus dem Beschluß des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2004 (XII ZB 243/03 - FamRZ 2004, 1183 f) ergibt, bereits geklärt. Der in dieser Sache erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des XII. Zivilsenats an.
Danach ist die von der Rechtsbeschwerde gestellte Frage au ch weiterhin nach den zur anwaltlichen Fristenkontrolle entwickelten Grundsätzen zu beantworten. Der Prozeßbevollmächtigte muß alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Fristen zur Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels gewahrt werden (ständige Rechtsprechung des BGH, z.B.: Beschluß vom 21. April 2004 aaO, S. 1183; Beschluß vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 12; jew. m.w.N.). Hierzu gehört insbesondere die Pflicht, allgemein die Anbringung von Erledigungsvermerken über die erfolgte Notierung von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen anzuordnen und nach diesen Vermerken zu forschen, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt werden (BGH, Beschlüsse vom 21. April 2004 aaO, S. 1183 f; vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632 und vom 22. September 1971 - V ZB
7/71 - NJW 1971, 2269; jew. m.w.N.). Diese Überwachungspflicht beschränkt sich, wenn die Handakten zwecks Fertigung der Berufungsschrift präsentiert werden, nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist zutreffend notiert ist. Sie erstreckt sich vielmehr auch auf die ordnungsgemäße Notierung der Berufungsbegründungsfrist (BGH, Beschluß vom 21. April 2004 aaO, S. 1184). Die Berufungsbegründungsfrist beginnt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Ihr Ablauf steht daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits fest. Mit der anwaltlichen Verpflichtung, alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, wäre es deshalb unvereinbar, wenn der Anwalt bei der im Zusammenhang mit der Aktenvorlage zwecks Fertigung der Berufungsschrift ohnehin gebotenen Prüfung der Fristnotierung die bereits feststehende Berufungsbegründungsfrist ausnehmen dürfte (BGH, Beschluß vom 21. April 2004 aaO).
2. Die Rechtsbeschwerde ist entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig. Er ist durch den angefochtenen Beschluß nicht in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Nach den vorstehenden Ausführungen wird dem Beklagten der Zugang zum Rechtsmittelverfahren nicht zu Unrecht abgeschnitten. Sein Prozeßbevollmächtigter hätte anläßlich der Vorlage der Handakte zwecks Fertigung der Berufungsschrift vom 19. März 2004 auch prüfen müssen, ob seine Kanzleiangestellte die Berufungsbegründungsfrist zutreffend notiert hatte. Hätte er
dieser Pflicht genügt, wären der Irrtum rechtzeitig entdeckt und die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist vermieden worden. Das Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten muß sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 243/03
vom
21. April 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 2. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. September 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 72.264 €

Gründe:


I.

Die Antragstellerin hat gegen das ihr Zugewinnausgleichsbegehren teilweise abweisende Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - vom 29. April 2003, das ihr am 27. Mai 2003 zugestellt worden ist, am 27. Juni 2003 Berufung eingelegt. Die Berufung hat sie - nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts - am 27. August 2003 begründet. Zugleich hat sie mit einem am selben Tag eingegangenen Schriftsatz vom 26. August 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Sie hat vorgetragen, in der Kanzlei ihres Prozeßbevollmächtigten sei die Überwachung von Notfristen so organisiert, daß von dem Empfangsbekenntnis
eine Kopie gefertigt werde, die mit dem Urteil zusammengeheftet werde, und auf dieser Kopie die Berufungs- wie auch die Berufungsbegründungsfrist vermerkt würden. Die Fristen würden sodann nebst Vorfristen in einem besonderen Fristenkalender eingetragen; außerdem würde die Eintragung im Fristenkalender in den Handakten vermerkt. Im vorliegenden Fall habe die geschulte, zuverlässige und durch regelmäßige Kontrollen überwachte Kanzleiangestellte G., der die Eintragung und Kontrolle der Fristen obliege, versehentlich nur die Berufungsfrist sowie die entsprechende Vorfrist notiert. Üblicherweise weise der Prozeßbevollmächtigte Frau G. auch noch bei dem Diktat der Berufung selbst an, die Eintragung der Vorfrist und der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender zu überprüfen. Auch dies habe Frau G., obwohl sie die Berufung selbst geschrieben habe, nicht erledigt. Dies habe dazu geführt, daß der Prozeßbevollmächtigte die Akte weder zur Vorfrist noch am Tage des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist erhalten habe. Die Kanzleiangestellte G. hat die Richtigkeit dieses Vortrags eidesstattlich versichert. Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, aber nicht zulässig. Die Rechtssache wirft entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf; sie ist auch nicht geeignet, der Fortbildung des Rechts zu dienen (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit Nr. 2 ZPO).
1. Der Frage, ob ein Prozeßbevollmächtigter seine Handakten, die ihm zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, auf die Erledigung der Notierung auch der Berufungsbegründungsfrist hin überprüfen muß, kommt - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich vielmehr aus den zur anwaltlichen Fristenkontrolle entwickelten Grundsätzen: Danach muß der Prozeßbevollmächtigte alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gewahrt wird (st.Rspr., etwa BGH Beschluß vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 12). Er hat insbesondere allgemein die Anbringung von Erledigungsvermerken über die Notierung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist anzuordnen und nach diesen Erledigungsvermerken zu forschen , wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt werden (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 22. September 1971 - V ZB 7/71 - NJW 1971, 2269 und vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632 m.w.N.). Diese Kontrollpflicht beschränkt sich, wenn Handakten im Zusammenhang mit der Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist notiert ist; sie erstreckt sich vielmehr auch auf die Erledigung der Notierung der Berufungsbegründungsfrist. Die Berufungsbegründungsfrist beginnt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Ihr Ablauf steht daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits fest. Mit der anwaltlichen Verpflichtung , alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, wäre es deshalb nicht zu vereinbaren, wollte sich der Anwalt bei der - im Zusammenhang mit der Aktenvorlage zwecks Fertigung der Berufungsschrift - gebotenen Prüfung der Fristennotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die - ebenfalls bereits feststehende - Berufungsbegründungsfrist aussparen.
2. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Die angefochtene Entscheidung steht zu dem von der Rechtsbeschwerde angeführten Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 22. September 1971 (aaO) nicht in Widerspruch. Wie der Bundesgerichtshof in diesem Beschluß dargelegt hat, trifft einen Prozeßbevollmächtigten zwar keine allgemeine Pflicht, bei jeder, aus irgendeinem Grunde veranlaßten Aktenvorlage (im entschiedenen Fall ging es um eine Aktenvorlage zwecks Bearbeitung einer Kostenerinnerung ) die Erledigung von Fristnotierungen nachzuprüfen. Dies gilt, wie der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung ebenfalls klargestellt hat, jedoch nicht für Fälle, in denen die Aktenvorlage an den Prozeßbevollmächtigten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung - hier im Zusammenhang mit der Einlegung der Berufung - erfolgt; in diesen Fällen bewendet es vielmehr bei der unter 1. dargestellten Kontrollpflicht (Senatsbeschluß vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 139 ZPO), auf die sich die Rechtsbeschwerde beruft, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat darzutun, daß ihren Prozeßbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kein - ihr zurechenbares (§ 85 Abs. 2 ZPO) - Verschulden trifft. Ein solches Verschulden wäre hier allenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin die Fristnotierungen anhand der Erledigungsvermerke in den ihm zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegten Handakten überprüft hätte, wenn er dabei das Fehlen eines die Berufungsbegründungsfrist betreffenden Erledigungsvermerks bemerkt hätte und wenn er deshalb seine Kanzleiangestellte angewiesen hätte, die Eintragung dieser Frist einschließlich einer Vorfrist im Fristenkalender zu überprüfen. Dies hat die Antragstellerin jedoch nicht dargetan. Aus ihrem Wiedereinset-
zungsantrag ergibt sich lediglich, daß ihr Prozeßbevollmächtigter "üblicherweise" seine Mitarbeiterin auch noch bei dem Diktat der Berufung selbst anweise, die Eintragung der Vorfrist und der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender zu überprüfen. Dieser Darlegung ist weder zu entnehmen, daß der Prozeßbevollmächtigte seiner Kontrollpflicht überhaupt nachgekommen ist, noch daß ihm dabei das Fehlen eines die Berufungsbegründungsfrist betreffenden Erledigungsvermerks aufgefallen ist und ihn zu einer konkreten Prüfungsanweisung an die Kanzleikraft veranlaßt hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.