Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2007 - II ZR 263/06

published on 15/10/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2007 - II ZR 263/06
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Landgericht Hamburg, 413 O 8/05, 15/09/2005
Hanseatisches Oberlandesgericht, 11 U 4/06, 31/10/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 263/06
vom
15. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Umgehung der Kapitalaufbringung durch Hin- und Herzahlen liegt auch dann
vor, wenn die Einlagezahlung - wie von vornherein beabsichtigt - "in Raten" (hier:
2 Teilbeträge im Abstand von 1 bzw. 2,5 Monaten) an den Inferenten zurückfließt.

b) In den Fällen des Hin- und Herzahlens tilgt eine - grundsätzlich zulässige - nachträgliche
Zahlung die fortbestehende Einlageschuld nur dann, wenn sich diese
spätere Leistung eindeutig der Einlageverbindlichkeit objektiv zuordnen lässt.
BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2007 - II ZR 263/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Oktober 2007
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision gemäß § 552 a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Gründe:

1
Die Revision der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg, und die Voraussetzungen für deren Zulassung liegen nicht vor (§ 552 a ZPO).
2
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts mit Recht - bis auf die Höhe des Zinssatzes der Nebenforderung - zurückgewiesen, ohne dass ein entscheidungserheblicher Zulassungsgrund i.S. des § 543 ZPO vorgelegen hätte.
3
1. Der Kläger kann als Insolvenzverwalter von der Beklagten (nochmalige ) Leistung der von ihr übernommenen Stammeinlage in Höhe von 12.500,00 € verlangen, weil sie mit dem entsprechenden Teil der Einzahlung vom 14. März 2001 nicht - wie für eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung erforderlich - zur freien Verfügung der Geschäftsleitung der Schuldnerin geleistet und damit ihre Einlageschuld nicht wirksam getilgt hat.
4
a) Das Berufungsgericht hat aufgrund rechtsbedenkenfreier tatrichterlicher Würdigung die nahe liegende - und damit revisionsrechtlich hinzunehmen- de - Überzeugung gewonnen, dass die bereits am 12. April 2001 vorgenommene Rücküberweisung von 10.000,00 DM und die weitere Überweisung von 15.000,00 DM am 31. Mai 2001, die sie selbst im Rahmen der eidesstattlich versicherten Angaben gegenüber dem Insolvenzgericht als "Rückzahlung" bezeichnet hat, zu ihren Lasten die - nicht widerlegte - Vermutung einer vorabgesprochenen objektiven Umgehung der Kapitalaufbringung durch Hin- und Herzahlen des Einlagebetrages begründen. Mit Recht hat das Berufungsgericht dabei im Rahmen seiner Würdigung der Gesamtumstände für die verstrichenen Zeiträume von 29 Tagen hinsichtlich der ersten Rückzahlung bzw. 2,5 Monaten hinsichtlich der zweiten Rückzahlung den erforderlichen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der ursprünglichen Einzahlung auf das Stammkapital als aussagekräftiges Indiz für die Umgehung der Kapitalaufbringung bejaht. Hinsichtlich des erstgenannten Zeitraums von knapp einem Monat entspricht dies - wie die Revision selbst nicht verkennt - der Senatsrechtsprechung in einer vergleichbaren Konstellation (BGHZ 166, 8, 12, Tz. 13 - "Cash-Pool"), in der zwischen Hin- und Rückfluss der Einlagemittel ebenfalls eine Zeitdistanz von knapp einem Monat lag. Angesichts dessen hält es sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung, wenn das Berufungsgericht den erforderlichen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang auch für die Rückzahlung des zweiten Teilbetrages von 15.000,00 DM circa eineinhalb Monate nach der ersten Zahlung als gegeben angesehen hat; denn es handelte sich danach faktisch um eine "fortgesetzte", von vornherein beabsichtigte Rückführung der gesamten Einlagezahlung "in Raten".
5
b) Revisionsrechtlich einwandfrei hat das Berufungsgericht die späteren Deutungsversuche der Beklagten hinsichtlich ihrer unmissverständlichen, in Gegenwart ihres anwaltlichen Vertreters vor dem Insolvenzgericht abgegebenen Erklärungen über die "Rückzahlung" der Einlage zurückgewiesen. In diesem Zusammenhang geht die Tatsache, dass das Firmenkonto der Insolvenz- schuldnerin mit Billigung der Beklagten in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als deren Geschäftsführerin auch zu undurchsichtigen Geldtransaktionen ihres Ehemannes von einer ihm gehörenden schwedischen Firma benutzt wurde, zu ihren Lasten.
6
c) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Berufungsgericht auch eine nachträgliche Tilgungswirkung der von der Beklagten behaupteten eigenen Einzahlungen vom 4. Mai 2001 in Höhe von 12.000,00 DM und vom 28. August 2001 in Höhe von 3.000,00 DM revisionsrechtlich einwandfrei verneint, weil mit jenen Zahlungen weder eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung der Beklagten in Bezug auf eine "Wiedereinzahlung" der in Raten zurückgezahlten Stammeinlage verbunden noch eine derartige Zweckbestimmung in sonstiger Weise objektiv erkennbar war. Nach der Senatsrechtsprechung ist zwar - worauf die Revision im Ansatz zutreffend hinweist - die nachträgliche Erfüllung der Einlageverbindlichkeit durch eine spätere Leistung auch in den Fällen des Hin- und Herzahlens möglich (vgl. nur BGHZ 165, 113); das setzt jedoch - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - voraus, dass spätere Zuflüsse sich eindeutig der fortbestehenden Einlageverbindlichkeit objektiv zuordnen lassen. Entsprechendes gilt nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts erst recht für die Einzahlungen des Ehemannes der Beklagten vom 16. Mai 2001 über 60.000,00 DM, vom 13. Juli 2001 über 50.000,00 DM und vom 1. August 2001 über 50.000,00 DM auf das Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin , bei denen ein (objektiver) Zusammenhang mit einer etwaigen nachträglichen Erfüllung der Einlageschuld der Beklagten schon im Ansatz nicht erkennbar ist.
7
2. Angesichts dessen hat die Rechtssache als typische Einzelfallentscheidung - trotz ihrer Zulassung durch das Berufungsgericht - keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Berufungsgericht hat denn auch selbst den (angeblichen) Anlass für seine Zulassungsentscheidung nur - vorsichtig einschränkend - dahingehend umschrieben, dass die (generelle) "Frage nach dem höchstzulässigen Zeitraum, innerhalb dessen die Rückzahlung der Stammeinlage an einen einlagepflichtigen Gesellschafter einer GmbH zum Wegfall der Tilgungswirkung der ursprünglich geleisteten Einzahlung der Stammeinlage führe, bislang höchstrichterlich nicht entschieden sei und der vorliegende Fall Veranlassung dafür geben könnte, die hierfür maßgeblichen Kriterien im Rahmen einer Grundsatzentscheidung näher zu umschreiben". Eine Beantwortung dieser Frage ist jedoch - mangels Entscheidungsrelevanz für die vorliegende besondere Fallgestaltung - nicht veranlasst. Goette Kurzwelly Strohn Reichart Drescher Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.09.2005 - 413 O 8/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.10.2006 - 11 U 4/06 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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published on 22/03/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 12/08 Verkündet am: 22. März 2010 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR
published on 06/03/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 56/10 Verkündet am: 6. März 2012 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
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(1) Der Anmeldung müssen beigefügt sein:

1.
der Gesellschaftsvertrag und im Fall des § 2 Abs. 2 die Vollmachten der Vertreter, welche den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet haben, oder eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunden,
2.
die Legitimation der Geschäftsführer, sofern dieselben nicht im Gesellschaftsvertrag bestellt sind,
3.
eine von den Anmeldenden unterschriebene oder mit den qualifizierten elektronischen Signaturen der Anmeldenden versehene Liste der Gesellschafter nach den Vorgaben des § 40,
4.
im Fall des § 5 Abs. 4 die Verträge, die den Festsetzungen zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, und der Sachgründungsbericht,
5.
wenn Sacheinlagen vereinbart sind, Unterlagen darüber, daß der Wert der Sacheinlagen den Nennbetrag der dafür übernommenen Geschäftsanteile erreicht.
6.
(weggefallen)

(2) In der Anmeldung ist die Versicherung abzugeben, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 bezeichneten Leistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. Das Gericht kann bei erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Versicherung Nachweise wie insbesondere die Vorlage von Einzahlungsbelegen eines in der Europäischen Union niedergelassenen Finanzinstituts oder Zahlungsdienstleisters verlangen.

(3) In der Anmeldung haben die Geschäftsführer zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und 4 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Belehrung nach § 53 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes kann schriftlich vorgenommen werden; sie kann auch durch einen Notar oder einen im Ausland bestellten Notar, durch einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten erfolgen.

(4) In der Anmeldung sind ferner anzugeben:

1.
eine inländische Geschäftsanschrift,
2.
Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer.

(5) Für die Einreichung von Unterlagen nach diesem Gesetz gilt § 12 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.