Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2002 - II ZB 2/01

bei uns veröffentlicht am21.01.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 2/01
vom
21. Januar 2002
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Januar 2002
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze
, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

beschlossen:
Die außerordentliche Beschwerde des Klägers gegen den seinen Antrag auf Prozeßkostenhilfe für die Berufungsinstanz zurückweisenden Beschluß des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 6. Oktober 2000 und den Nichtabhilfebeschluß desselben Gerichts vom 15. November 2000 wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


Der Kläger hat als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen einer GmbH die Beklagten als deren Gesellschafter auf Nachzahlung ausstehender Stammeinlagen in Höhe von 27.500,00 DM und 22.500,00 DM mit der Klage in Anspruch genommen. Gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, diese mit Schriftsatz vom 26. Mai 2000 begründet und mit weiterem Schriftsatz vom selben Tage Prozeßkostenhilfe für die Berufungsinstanz beantragt. In der Berufungsverhandlung vom 5. Juli 2000 haben sich die Parteien - nach Erörterung der Sach- und Rechts-
lage - auf Zahlung eines von den Beklagten gesamtschuldnerisch zu erbringenden Betrages von 20.000,00 DM unter gegenseitiger Kostenaufhebung verglichen. Den Antrag des Klägers auf Prozeûkostenhilfe hat das Berufungsgericht - nach einem bereits anläûlich der Erörterung in der Berufungsverhandlung erfolgten entsprechenden Hinweis - durch Beschluû vom 6. Oktober 2000 mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger sei nach dem Erkenntnisstand zum maûgeblichen Zeitpunkt der Antragsbescheidung in der Lage, aus dem der verwalteten Vermögensmasse zuzurechnenden titulierten Vergleichsbetrag den Teil der Kosten des Berufungsverfahrens zu bestreiten, für den unter Berücksichtigung des Zeitpunkts seiner Antragstellung allenfalls hätte Prozeûkostenhilfe gewährt werden können. Dagegen hat der Kläger Gegenvorstellung erhoben, die er für den Fall ihrer abschlägigen Bescheidung als auûerordentliche Beschwerde an den Bundesgerichtshof behandelt wissen will. Das Oberlandesgericht hat der Gegenvorstellung durch Beschluû vom 15. November 2000 nicht abgeholfen und die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte ist - abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - eine Beschwerde nicht zulässig (§ 567 Abs. 4 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung ausnahmsweise eine im Gesetz nicht vorgesehene "auûerordentliche Beschwerde" zuläût, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Hierzu müûte die angefochtene Entscheidung "greifbar gesetzwidrig", d.h. mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar sein, weil sie jeder Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (vgl. Sen.Beschl. v. 7. Juli 1997 - II ZB 7/97, ZIP 1997, 1553 f.
m.w.N.). Dafür fehlen nach Aktenlage zureichende Anhaltspunkte. Soweit das Oberlandesgericht annimmt, dem Kläger sei die Aufbringung der im vorliegenden Fall noch relevanten Kosten des Berufungsverfahrens aus der verwalteten Vermögensmasse möglich (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), geht es offensichtlich davon aus, daû bezüglich des Einsatzes und der Verwertung des Vermögens auch im Rahmen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mindestens die Anforderungen des § 115 ZPO anzulegen sind (vgl. Musielak/Fischer, ZPO 2. Aufl. § 116 Rdn. 4 m.N.). Dabei hat zwar nach wohl überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum die Forderung, zu deren Durchsetzung Prozeûkostenhilfe begehrt wird, im Rahmen der Vermögensprüfung grundsätzlich auûer Betracht zu bleiben (vgl. Kalthoener/Büttner, Prozeûkostenhilfe und Beratungshilfe Rdn. 234 m.N.), jedoch wird nach teilweise vertretener Auffassung auch die zugesprochene Klageforderung dem in zumutbarer Weise einzusetzenden
Vermögen zugerechnet (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1999, 996, 997 m.N.). Dem hat sich offenbar das Berufungsgericht mit der Erwägung angeschlossen, daû sich mit der Titulierung der Forderung von 20.000,00 DM durch den gerichtlichen Vergleich der entsprechende Zufluû zu dem vom Kläger verwalteten Vermögen abgezeichnet hat. Das ist im Hinblick auf nachträgliche Änderungsmöglichkeiten des Gerichts (§ 120 Abs. 4 ZPO) immerhin konsequent. Damit aber erweist sich die angefochtene Entscheidung jedenfalls nicht als mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2002 - II ZB 2/01

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2002 - II ZB 2/01

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2002 - II ZB 2/01 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 120 Festsetzung von Zahlungen


(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Be

Zivilprozessordnung - ZPO | § 116 Partei kraft Amtes; juristische Person; parteifähige Vereinigung


Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag 1. eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten a

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2002 - II ZB 2/01 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2002 - II ZB 2/01.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2004 - II ZB 8/04

bei uns veröffentlicht am 19.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 8/04 vom 19. Juli 2004 in dem Beschwerdeverfahren Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Stroh

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2004 - II ZB 7/04

bei uns veröffentlicht am 19.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 7/04 vom 19. Juli 2004 in dem Beschwerdeverfahren Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Stroh

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2004 - II ZB 6/04

bei uns veröffentlicht am 19.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 6/04 vom 19. Juli 2004 in dem Beschwerdeverfahren Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Stroh

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2006 - II ZR 64/06

bei uns veröffentlicht am 03.07.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 64/06 vom 3. Juli 2006 in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein un

Referenzen

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag

1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen;
2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
§ 114 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 ist anzuwenden. Können die Kosten nur zum Teil oder nur in Teilbeträgen aufgebracht werden, so sind die entsprechenden Beträge zu zahlen.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.

(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.

(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,

1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken;
2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.

(4) (weggefallen)