Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2013 - II ZB 16/12

bei uns veröffentlicht am19.11.2013
vorgehend
Landgericht Oldenburg (Oldenburg), 2 O 3030/10, 09.12.2011
Oberlandesgericht Oldenburg, 6 U 35/12, 29.05.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 16/12
vom
19. November 2013
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Prof. Dr. Strohn, die
Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. Mai 2012 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 2.796,50 €

Gründe:


1
I. Die Beklagten haben gegen das Urteil des Landgerichts, durch das sie verurteilt worden sind, an die Klägerin weitere 2.796,50 € zu zahlen, fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist wurde bis zum 13.  April 2012, einem Freitag, verlängert. Am Morgen des 16.  April 2012 wurde die Berufungsbegründung in dem Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts vorgefunden und erhielt, weil sie sich nach Darstellung des zuständigen Justizwachtmeisters N. oberhalb der um Mitternacht des 13. April 2012 fallenden Klappe befand, den Eingangsstempel vom 16.  April 2012 mit dem Zusatz „Nachtbriefkasten“. Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten behauptet hingegen, die Berufungsbegründung am 13. April 2012 vor Mitternacht in den Nachtbriefkasten eingeworfen zu haben.
2
Die Berufungsbegründung sei, so seine Schilderung in der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme, im Laufe des Vormittags des 13. April 2012 geschrieben worden und habe erst fertig vorgelegen, als die „Fristentour“ schon weg gewesen sei.Üblicherweise würden Schriftsätze von Auszubildenden seines Büros im Rahmen dieser „Fristentour“ zu den Gerichten gebracht, wo man sich den Empfang bestätigen lasse. Er, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, habe an diesem Tag um 14.00 Uhr zu Hause sein müssen. Nachdem er den Schriftsatz gegen 13.00 Uhr unterschrieben gehabt habe, habe er ihn selbst auf dem Heimweg mit dem Auto zum Oberlandesgericht gebracht.
3
Das Berufungsgericht ist nach Anhörung des Justizwachtmeisters N. als weiteren Zeugen als Ergebnis der Beweisaufnahme von einem non liquet ausgegangen und hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen sowie den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
5
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten seien in sich widerspruchsfrei und an sich nachvollziehbar. Ihnen stünde jedoch die nicht minder glaubhafte Aussage des Zeugen N. entgegen, der am 16. April 2012 den Nachtbriefkasten gelehrt und die Eingänge mit Stempeln versehen habe. Dieser habe bekundet, die Klappe des Nachtbriefkastens sei an dem betreffenden Wochenende ordnungsgemäß gefallen. Man könne die vor Freitag 24.00 Uhr und die danach eingegangene Post gut daran unterscheiden, dass sich bei der ab Sonnabend eingegangenen Post die Nordwest-Zeitung befinde. Dementspre- chend lege er die Post von Freitag und die von Sonnabend und Sonntag auf zwei getrennte Stapel; die Post ab Samstag auf die Nordwest-Zeitung. Diese Stapel lägen auch nicht nebeneinander, sondern ein beträchtliches Stück voneinander entfernt, um eine Vermischung zu vermeiden. Wenn einmal ein Brief herunterfalle, lasse sich dieser grundsätzlich gut wieder zuordnen, weil die Stapel nicht nebeneinander lägen und der Stapel mit der späteren Post gut an der Tageszeitung zu erkennen sei. Er könne sich nicht daran erinnern, dass am Morgen des 16. April 2012 ein Briefumschlag von einem der Stapel gefallen sei. Der von ihm abgezeichnete Eingangsstempel vom 16. April 2012 besage, dass der Berufungsbegründungsschriftsatz oberhalb der Klappe gelegen habe. Anfragen von anderen Senaten hinsichtlich etwaiger Funktionsstörungen des Nachtbriefkastens habe es nicht gegeben.
6
Aufgrund der beiden Aussagen, so das Berufungsgericht, könne es sich nicht die Überzeugung bilden, dass der Eingangsstempel unrichtig und der Schriftsatz tatsächlich bereits am 13. April 2012 eingelegt worden sei. Das unklare Beweisergebnis gehe zu Lasten der Beklagten. Ein Wiedereinsetzungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht.
7
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten den ihnen obliegenden Beweis , dass die Berufungsbegründung noch vor Ablauf der verlängerten Frist am 13. April 2012 bei Gericht eingegangen sei, nicht geführt.
8
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht keine zu hohen Anforderungen an den nach § 418 Abs. 2 ZPO von den Beklagten zu erbringenden Gegenbeweis gestellt. Der Eingangsstempel vom 16. April 2012 erbringt, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgeht, gem. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis für einen (verspäteten) Einwurf des Schriftsatzes in den Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts. Der Beweis einer Unrichtigkeit der darin bezeugten Tatsachen ist zwar zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO) und hieran dürfen nach ständiger Rechtsprechung wegen der Beweisnot des Beru- fungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge auch keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BGH, Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603 Rn. 5). Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachbriefkastens sowie in das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06, NJW 2007, 3069 Rn. 12; Urteil vom 17.  Februar 2012 - V ZR 254/10, NJW-RR 2012, 701 Rn. 7). Allerdings bleibt es auch im Rahmen des bei der Prüfung nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu beachtenden Freibeweisverfahrens dabei, dass der dem Rechtsmittelführer obliegende Beweis für die rechtzeitige Begründung des Rechtsmittels zur vollen, den Anforderungen des § 286 ZPO genügenden Überzeugung des Gerichts geführt sein muss (BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 - VII ZB 35/11, NJW-RR 2012, 509 Rn. 9 mwN). An die Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst. Hiernach etwa verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Rechtsmittelführers (BGH, Beschluss vom 17. April 2012 - XI ZB 4/11, juris Rn. 18).
9
b) Danach ist es auch bei vollständiger Überprüfung durch den erkennenden Senat nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht nach Ausschöpfung der vorhandenen Beweismittel sich durch die als in jeder Hinsicht glaubhaft angesehene Aussage des für die Leerung des Nachtbriefkastens zuständigen Justizangestellten, des Zeugen N. , gehindert sieht, den als in sich widerspruchsfrei und an sich nachvollziehbar bezeichneten Angaben des als Zeugen vernommenen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu folgen (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603).
10
Die Rechtsbeschwerde zeigt keine Rechtsfehler in der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts auf, sondern versucht lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen. Dass sich der Zeuge N. nicht mehr an den konkreten Schriftsatz erinnern konnte, ist verständlich und schmälert den Beweiswert seiner Aussage entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht. Ebenso wenig reicht es aus, wenn der Zeuge auf Nachfrage eingeräumt hat, es könne immer einmal passieren, dass ein Fehler vorkomme. Allein die kaum jemals völlig auszuschließende Möglichkeit, dass ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, reicht zur Führung des Gegenbeweises nicht aus (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06, NJW 2007, 3069 Rn. 12 mwN). Letztlich ist es auch nicht von entscheidender Bedeutung, dass der Nachtbriefkasten in der Vergangenheit defekt gewesen war. Anhaltspunkte für einen Defekt am 13. April 2012 hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.
11
c) Diesem Ergebnis steht das Urteil des V. Zivilsenats vom 17. Februar 2012 (V ZR 254/10, NJW-RR 2012, 701) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung ist der Beweis der Unrichtigkeit des Eingangsstempels auch dann erbracht , wenn unerklärlich bleibt, wie dieser auf den Schriftsatz gelangt ist, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass ein Schriftstück zu einem anderen Zeitpunkt als aus dem Eingangsstempel ersichtlich bei Gericht eingegangen ist. In diesem Fall muss der Berufungsführer nicht beweisen, wie es trotz rechtzeitigen Einwurfs der Berufungsbegründung dazu gekommen ist, dass diese den Eingangsstempel eines späteren Tages trägt. Die Überzeugung, dass der Berufungsbegründungsschriftsatz entgegen dem Eingangsstempel an einem früheren Tag bei Gericht eingegangen ist, konnte sich das Berufungsgericht nach der Beweisaufnahme im vorliegenden Fall gerade nicht bilden.
12
3. Das Berufungsgericht hat den in zulässiger Weise (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603 Rn. 6) vorsorglich gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gleichfalls rechtsfehlerfrei abgelehnt, weil die Beklagten nicht glaubhaft gemacht haben, dass sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert waren. Da seine Würdigung der Ergebnisse der Beweisaufnahme aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagten ein ihnen nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten nicht ausgeräumt haben.
Bergmann Strohn Reichart
Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 09.12.2011 - 2 O 3030/10 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 29.05.2012 - 6 U 35/12 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

12
a) Richtig ist zwar, dass der Eingangsstempel des Landgerichts gemäß § 418 Abs. 1 ZPO Beweis für den Zeitpunkt des Eingangs eines Schriftsatzes bei Gericht erbringt. Nach § 418 Abs. 2 ZPO ist jedoch ein Beweis der Unrichtigkeit der darin bezeugten Tatsachen - zur vollen Überzeugung des Gerichts - zulässig. Allein die kaum jemals völlig auszuschließende Möglichkeit, dass ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, reicht zur Führung dieses Beweises jedoch nicht aus. Andererseits dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei an den Gegenbeweis nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1992 - XII ZB 100/92 - BGHR-ZPO § 519 Abs. 2 Satz 2 Fristablauf 1; Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04 - NJW-RR 2005, 75; Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04 - VersR 2005, 1750, 1751; Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06 - NJW 2007, 603). Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachtbriefkastens sowie das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04 - aaO). Dem entspricht es nur zum Teil, dass das Berufungsgericht eine formlose dienstliche Äußerung lediglich mittelbar eingeholt hat, nicht aber die für die Leerung des Nachtbriefkastens zuständigen Personen selbst näher zur Bearbeitung der Post vor und nach Feiertagen im Einzelnen befragt hat. Das wird es nachzuholen haben. Dabei wird zu beachten sein, dass - wie bei jeder Beweisaufnahme - den Parteien des Rechtsstreits Gelegenheit zur Kenntnisnahme und zur eigenen Würdigung zu geben ist (vgl. §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 357 Abs. 1, 358 ZPO; Art. 103 Abs. 1 GG).

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

18
a) Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gilt, auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Begründung geht, der so genannte Freibeweis. Danach ist das Gericht weder von einem Beweisantritt der Parteien abhängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt. Im Rahmen des Freibeweises können deshalb grundsätzlich auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden. Eine eidesstattliche Versicherung reicht allerdings für sich genommen regelmäßig nicht zum Nachweis der Fristwahrung aus, da sie lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, für die schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs genügt. Die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung muss indessen - wie auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden; an die Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst (BGH, Beschlüsse vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 8 ff. mwN und vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501). Hiernach etwa verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Rechtsmittelführers, der zu beweisen hat, dass er die Berufung rechtzeitig begründet hat (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, NJW 2003, 3487; Senatsbeschluss vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12).
12
a) Richtig ist zwar, dass der Eingangsstempel des Landgerichts gemäß § 418 Abs. 1 ZPO Beweis für den Zeitpunkt des Eingangs eines Schriftsatzes bei Gericht erbringt. Nach § 418 Abs. 2 ZPO ist jedoch ein Beweis der Unrichtigkeit der darin bezeugten Tatsachen - zur vollen Überzeugung des Gerichts - zulässig. Allein die kaum jemals völlig auszuschließende Möglichkeit, dass ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, reicht zur Führung dieses Beweises jedoch nicht aus. Andererseits dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei an den Gegenbeweis nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1992 - XII ZB 100/92 - BGHR-ZPO § 519 Abs. 2 Satz 2 Fristablauf 1; Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04 - NJW-RR 2005, 75; Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04 - VersR 2005, 1750, 1751; Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06 - NJW 2007, 603). Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachtbriefkastens sowie das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04 - aaO). Dem entspricht es nur zum Teil, dass das Berufungsgericht eine formlose dienstliche Äußerung lediglich mittelbar eingeholt hat, nicht aber die für die Leerung des Nachtbriefkastens zuständigen Personen selbst näher zur Bearbeitung der Post vor und nach Feiertagen im Einzelnen befragt hat. Das wird es nachzuholen haben. Dabei wird zu beachten sein, dass - wie bei jeder Beweisaufnahme - den Parteien des Rechtsstreits Gelegenheit zur Kenntnisnahme und zur eigenen Würdigung zu geben ist (vgl. §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 357 Abs. 1, 358 ZPO; Art. 103 Abs. 1 GG).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 254/10 Verkündet am:
17. Februar 2012
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ein Schriftstück zu einem anderen
Zeitpunkt als aus dem Eingangstempel ersichtlich bei Gericht eingegangen ist, ist der
Beweis der Unrichtigkeit des Eingangsstempels auch dann erbracht, wenn unerklärlich
bleibt, wie dieser auf den Schriftsatz gelangt ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 17. Februar 2012 - V ZR 254/10 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann
und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 10. November 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagten legten gegen ein Urteil des Landgerichts, durch das sie verurteilt worden sind, 40.000 € an die Klägerin zu zahlen, fristgerecht Berufung ein. Die Berufungsbegründungsfrist wurde bis zum 13. Juli 2010 verlängert.
2
Am Morgen des 14. Juli 2010 wurde die Berufungsbegründung in dem Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts vorgefunden und erhielt, weil sie sich nach Darstellung des zuständigen Wachtmeisters hinter der um Mitternacht fallenden Klappe befand, den Eingangsstempel 14. Juli 2010.
3
Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten behauptet hingegen, die Berufungsbegründung vor Mitternacht in den Nachtbriefkasten eingeworfen zu haben. Er habe sich in seiner - unstreitig etwa 5 Gehminuten von dem Oberlandesgericht gelegenen - Kanzlei noch um 23:15 Uhr mit seinem Kollegen darüber unterhalten, dass er die Berufungsbegründung nun ausdrucken und einreichen wolle. Der Ausdruck der Statistik der Anwaltssoftware zeige , dass die Endversion der Berufungsbegründung gegen 23:30 Uhr ausgedruckt worden sei. Sodann sei er zum Oberlandesgericht gegangen und habe den Schriftsatz eingeworfen. Kurz nach dem Einwurf habe die Uhr seines Mobiltelefons 23:52 oder 23:53 Uhr gezeigt. Er habe dann den Entschluss gefasst, seine Geldkarte aufzuladen, was ausweislich des Kontoausdrucks um 0:02 Uhr erfolgt sei. Die Wegstrecke vom Oberlandesgericht zur Bank könne nicht in zwei Minuten zurückgelegt werden.
4
Das Oberlandesgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Bevollmächtigten der Beklagten und des für die Leerung des Nachtbriefkastens zuständigen Wachtmeisters. Ferner hat der Berichterstatter die Funktionsfähigkeit der Klappe überprüft, indem er die Uhr auf 23:57 Uhr vorstellen ließ und beobachtete, dass die Klappe um 0:00 Uhr fiel. Das Oberlandesgericht hat die Berufung durch Urteil als unzulässig verworfen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, es habe sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugen können, dass die Berufungsbegründung noch am 13. Juli 2010 in den Nachtbriefkasten eingeworfen worden sei. Zwar habe der Bevollmächtigte der Beklagten seine Darstellung der Geschehnisse in der Zeugenvernehmung bestätigt, ohne dass sich Widersprüche zu seiner eidesstattlichen Versicherung ergeben hätten. Auch im Übrigen habe der Senat konkrete Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht feststellen können. Das Ausdrucksdatum der Berufungsbegründung sei ebenso belegt wie eine Aufbuchung auf die Geldkarte des Bevollmächtigten um 0:02 Uhr. Dessen Kollege habe zudem das Gespräch mit ihm gegen 23:15 Uhr bestätigt. Auf der anderen Seite sei kein ernstlich in Betracht zu ziehender Geschehensablauf denkbar, der dazu hätte führen können, dass ein am 13. Juli 2010 in den Nachtbriefkasten eingeworfener Schriftsatz in das Fach für Einwürfe nach 24:00 Uhr hätte geraten können. Der Wachtmeister habe sich an den Schriftsatz genau erinnert, was nachvollziehbar sei, weil sich nur selten Schriftsätze in dem Fach für nach 24:00 Uhr eingeworfene Post befänden. Auch habe der Senat persönlich Kenntnis von der Zuverlässigkeit des Wachtmeisters. Die Möglichkeit eines menschlichen Fehlers bzw. einer Verwechselung sei daher mit absoluter Sicherheit auszuschließen. Ferner stehe die Funktionsfähigkeit des Nachtbriefkastens außer Frage. Bei der versuchsweisen Überprüfung habe sich gezeigt, dass der Hebel genau um 0:00 Uhr auslöste und die Klappe betätigte. Es sei damit ausgeschlossen, dass die Klappe am 13. Juli 2010 zu einem früheren Zeitpunkt ausgelöst habe. Eine auffällige Häufung von Streitigkeiten um Fristenwahrung im Zusammenhang mit dem Nachtbriefkasten gebe es nicht. Die Berufungsbegründung sei auch nicht so dick gewesen, dass sie steckengeblie- ben sein könne. Das Fehlen eines ernstlich in Betracht zu ziehenden Geschehensablaufs , der den Widerspruch zur Aussage des Bevollmächtigten der Beklagten erklären könne, führe zu nicht überwindbaren Zweifeln des Senats, die zu Lasten der Beklagtenseite gingen; dies sei das Ergebnis der bestehenden Beweislast. Dem hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag sei nicht stattzugeben , denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sowohl die Sekretariatsuhr, das Mobiltelefon des Anwalts als auch das System der Bank eine falsche Uhrzeit angezeigt hätten.

II.

6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand; die Revision ist begründet. Da die Klägerin im Verhandlungstermin nicht vertreten war, ist das durch Versäumnisurteil auszusprechen, welches jedoch inhaltlich auf einer Sachprüfung beruht (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
7
1. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, wird die rechtzeitige Vornahme einer Prozesshandlung im Regelfall durch den Eingangsstempel des Gerichts auf dem entsprechenden Schriftsatz nachgewiesen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis ist zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO); notwendig ist die volle Überzeugung des Gerichts von dem rechtzeitigen Eingang des Schriftsatzes. Wegen der Beweisnot des Berufungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge dürfen die Anforderungen an den Gegenbeweis allerdings nicht überspannt werden. Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachbriefkastens sowie in das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501 Rn. 11; Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 jeweils mwN). Dieser Verpflichtung ist das Berufungsgericht durch die Vernehmung des für die Leerung des Nachbriefkastens zuständigen Wachtmeisters sowie dadurch nachgekommen , dass es sich über die Funktionsweise des Nachtbriefkastens informiert und einen Probelauf durchgeführt hat.
8
2. Unzutreffend ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, das Fehlen einer plausiblen Erklärung, wie der Eingangsstempel vom 14. Juli 2010 auf die Berufungsbegründung gelangt sei, gehe infolge bestehender Beweislast zu Lasten der Beklagten. Dies verkennt, welchen Beweis die Beklagten zu erbringen haben.
9
a) Der Eingangsstempel beweist, dass das Schriftstück zu einem bestimmten Zeitpunkt bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873). Der nach § 418 Abs. 2 ZPO zu führende Gegenbeweis geht folglich dahin, dass das Schriftstück zu einem anderen Zeitpunkt in den Herrschaftsbereich des Gerichts gelangt ist. Diesen Beweis haben die Beklagten erbracht, wenn die Darstellung ihres Bevollmächtigten , er habe die Berufungsbegründung um 23:52 oder 23:53 Uhr in den Nachbriefkasten eingelegt, wie von dem Berufungsgericht angenommen, in den Details plausibel und widerspruchsfrei ist und konkrete Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Bevollmächtigten nicht bestehen.
10
b) Nicht beweisen müssen die Beklagten hingegen, wie es trotz rechtzeitigen Einwurfs der Berufungsbegründung dazu gekommen ist, dass diese den Eingangsstempel des Folgetages trägt. Dass eine ernstlich in Betracht zu ziehende Erklärung hierfür fehlt, führt deshalb nicht dazu, dass der von ihnen zu erbringende Beweis misslungen ist. Bedeutung gewinnt dieser Aspekt nur im Rahmen der Beweiswürdigung. Erscheint ein Fehler im Verantwortungsbereich des Gerichts als unwahrscheinlich, kann dies im Einzelfall die Glaubhaftigkeit einer Aussage des Inhalts in Zweifel ziehen, ein Schriftsatz sei rechtzeitig in den Gerichtsbriefkasten eingelegt worden, und damit zur Folge haben, dass sich das Gericht nicht die erforderliche Überzeugung von deren Richtigkeit verschaffen kann. Auf Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Bevollmächtigten der Beklagten oder an dessen Glaubwürdigkeit ist das Berufungsurteil jedoch nicht gestützt worden.

III.

11
Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben; es ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei der erforderlichen erneuten Würdigung, ob die Beklagten den Gegenbeweis im Sinne des § 418 Abs. 2 ZPO erbracht haben, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass ein Fehler im Verantwortungsbereich des Gerichts nicht mit Sicherheit auszuschließen ist.
12
Die von dem Berichterstatter im Oktober 2010 vorgenommene Prüfung des Nachtbriefkastens, bei der die Klappe um 0:00 Uhr auslöste, stellt nur ein Indiz für die Funktionsfähigkeit der Einrichtung zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt dar, lässt aber nicht den sicheren Schluss darauf zu, dass die Klappe am 13. Juli 2010 nicht vor Mitternacht ausgelöst worden ist. In welchem Zustand sich der Nachtbriefkasten zu dieser Zeit befand, ist heute nicht mehr feststellbar. Ohnehin kann die Möglichkeit, dass ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht richtig funktionierte, in aller Regel nicht völlig ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873; Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06, NJW 2007, 3069 Rn. 12). Das gilt hier auch deshalb, weil der für das Auslösen der Klappe verantwortliche Zeitmesser nach der Armbanduhr des Wachtmeisters gestellt und normalerweise nur in unregelmäßigen Monatsabständen überprüft wird.
13
Zu beachten ist ferner, dass die Annahme, ein Fehler des Wachtmeisters bei der Überprüfung und Leerung des Nachtbriefkastens und bei dem Aufbringen des Eingangsstempels sei mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen, allgemeinen Erfahrungssätzen widerspräche und damit rechtsfehlerhaft wäre. Auch wenn ein Zeuge dem Gericht als überaus zuverlässig bekannt und seine Aussage in jeder Hinsicht glaubhaft ist, lässt sich niemals völlig ausschließen, dass sich ein aus der Erinnerung wiedergegebener Vorgang anders als geschildert zugetragen hat. Diese Möglichkeit darf das Berufungsgericht deshalb bei der Würdigung, ob die Glaubhaftigkeit der Aussage des Bevollmächtigten der Beklagten oder dessen Glaubwürdigkeit durch die Aussage des Wachtmeisters in Zweifel gezogen wird, nicht außer Betracht lassen. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 09.04.2010 - 14 O 410/08 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 10.11.2010 - 13 U 95/10 -

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.