Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2016 - I ZR 37/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Gründe:
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- I. Die M. Immobilien International GmbH (im Folgenden: Zedentin) ist Immobilienmaklerin. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der Zedentin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Maklerprovision geltend.
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- Die Zedentin bot dem Unternehmen "L. Hotels", zu Händen von Herrn R. , am 11. Februar 2013 ein in München gelegenes, mit einem Hotel bebautes Grundstück zum Kauf an und übersandte ein Exposé, in dem sie darauf hinwies, dass der Käufer ihr eine Maklerprovision in Höhe von 3% vom Kaufpreis zuzüglich Mehrwertsteuer schulde. Das Unternehmen "L. Hotels" teilte am selben Tag mit, dass an dem Kaufangebot kein Interesse beste- he. Am 12. Februar 2013 rief der Geschäftsführer der Zedentin Herrn P. an und übersandte diesem im Anschluss daran ein Kurzexposé zu dem Objekt, das ebenfalls einen Hinweis auf die Käuferprovision enthielt. Herr R. und Herr P. sind Geschäftsführer der Beklagten.
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- Die Zedentin erhielt daraufhin einen "Letter of interest" vom 24. Februar 2013. In dem Schreiben heißt es: … hiermit bestätigen wir Ihnen, dass wir am Erwerb des Objekts …. interes- siert sind. Unverbindlich bieten wir Ihnen einen Kaufpreis von 19,5 Millionen EURO an. Bei einer ersten Ortsbegehung möchten wir Informationen hinsichtlich der folgenden Punkte erhalten: … Mit freundlichen Grüßen Su. Management GmbH & Co KG D. R. Geschäftsführer L. Hotels Europa Da. P. Geschäftsführer S. Str. 4 G. GmbH
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- Das Schreiben trägt allein die Unterschrift von Herrn P. . Am 26. Februar 2013 fand ein Termin zur Besichtigung des Objekts statt, an dem Herr P. und der Geschäftsführer der Zedentin teilnahmen. Es schlossen sich Verhandlungen über den Erwerb des Objekts an. Dabei wurde die Zedentin umfangreich tätig.
- 5
- Mit notariellem Kaufvertrag vom 5. August 2013 erwarb die Beklagte das Objekt. Der Kaufpreis betrug nach Gewährung eines Nachlasses 19,235 Mio. €. Die Zedentin übersandte der Beklagten eine Rechnung über eine aus diesem Kaufpreis errechnete Maklerprovision von 3% zuzüglich Mehrwertsteuer in Hö- he von 686.689,50 €, die die Beklagte nicht bezahlte.
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- Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat nach vorangegangenem Hinweisbeschluss (OLG München, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 7 U 2730/15, juris) mit Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (OLG München , Beschluss vom 25. Januar 2016 - 7 U 2730/15, juris). Mit der angestrebten Revision möchte die Klägerin ihren Klageantrag weiterverfolgen.
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- II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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- 1. Ohne Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, die Revision sei zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen, weil das Berufungsgericht von dem Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 1978 (II ZR 160/77, WM 1978, 1151) abgewichen sei.
- 9
- a) In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass derjenige, der im Rechtsverkehr nicht im eigenen Namen, sondern für eine von ihm vertretene Gesellschaft Erklärungen abgibt, ohne diese Gesellschaft näher zu bezeichnen, im Namen derjenigen Gesellschaft handelt, die nach den objektiven Umständen als Vertragspartner in Betracht kommt. Für den Fall, dass es nicht möglich ist, zwischen mehreren vertretenen Gesellschaften zu unterscheiden , werden alle verpflichtet (BGH, WM 1978, 1151).
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- b) Hiervon ist das Berufungsgericht nicht in zulassungsrelevanter Weise abgewichen.
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- aa) Dies gilt schon deshalb, weil es sich bei den vorstehend wiedergegebenen Erwägungen des Bundesgerichtshofs nicht um die Entscheidung tragende Gründe gehandelt hat.
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- (1) Die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordert eine Zulassung dann, wenn die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung , mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288,
293).
- 13
- (2) Die von der Beschwerde geltend gemachte Abweichung betrifft einen nicht tragenden Rechtssatz. In dem Verfahren, das der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 1978 zugrunde lag, wurde derjenige, der für mehrere Unternehmen vertretungsberechtigt war, selbst aus dem von ihm abgeschlossenen Geschäft in Anspruch genommen. In jenem Verfahren war allein zu entscheiden, ob der Vertreter aus dem von ihm abgeschlossenen Geschäft in Anspruch genommen werden kann. Der II. Zivilsenat hat eine persönliche Haftung des Vertreters verneint, weil die von der dortigen Klägerin gelieferten und berechneten Waren nicht für den beklagten Vertreter, sondern für ein von ihm vertretenes Unternehmen bestellt worden seien. Die Frage, welches der von dem Vertreter vertretenen Unternehmen als Vertragspartner in Betracht kam, bedurfte in jenem Rechtsstreit keiner Entscheidung.
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- bb) Jedenfalls würden die nicht tragenden Entscheidungsgründe der Entscheidung des II. Zivilsenats bei einer Anwendung im Streitfall nicht zu einer anderen als der vom Berufungsgericht getroffenen Entscheidung führen.
- 15
- (1) Das Berufungsgericht hat angenommen, aus der vorstehend genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs könne nicht hergeleitet werden, die Beklagte sei neben anderen Gesellschaften Partei des Maklervertrags geworden. Im dortigen Fall sei ein Kaufvertrag unstreitig zustande gekommen und durchgeführt worden. Im Streitfall sei demgegenüber nur festzustellen, dass der Hotelkaufvertrag durchgeführt worden sei. Die Parteien stritten darum, dass die Zedentin möglicherweise typische Maklerleistungen erbracht habe, ohne zu erkennen, dass sie keinen Maklervertrag abgeschlossen habe, weder mit der Beklagten noch mit einer anderen Gesellschaft. Es sei möglich, dass die Zedentin Maklerleistungen erbracht und Herr P. diese entgegengenommen habe. Die Zedentin könne sich jedoch nicht auf einen Maklervertrag stützen. Diese Ausführungen sind zwar nicht frei von Rechtsfehlern. Im Ergebnis trifft jedoch die Annahme des Berufungsgerichts zu, dass die Zedentin und die Beklagte keinen Maklervertrag geschlossen haben.
- 16
- (2) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist davon auszugehen , dass Herr P. einen Maklervertrag mit der Zedentin geschlossen hat.
- 17
- Eine Provisionsabrede nach § 652 BGB kann stillschweigend durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Hieran sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings strenge Anforderungen zu stellen. So ist in der Entgegennahme von Maklerdiensten nicht in jedem Falle und nicht ohne Weiteres der Abschluss eines Maklervertrags zu erblicken (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 - III ZR 57/06, NJW-RR 2007, 400 Rn. 12; Urteil vom 3. Mai 2012 - III ZR 62/11, NJW 2012, 2268 Rn. 10; Urteil vom 17. Dezember 2015 - I ZR 172/14, NJW 2016, 2317 Rn. 13). Der Makler muss eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er Makler des Käufers sein will, um auszuschließen , dass der Kaufinteressent ihn für den Makler des Verkäufers halten könnte. Das geeignete Mittel hierzu ist ein ausdrückliches Provisionsverlangen (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361, 362; BGH, NJW 2012, 2268 Rn. 10; NJW 2016, 2317 Rn. 13). Ein Kaufinteressent , der in Kenntnis eines eindeutigen Provisionsverlangens, beispielsweise in einem ihm übersandten Objektnachweis oder Exposé, die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrags annehmen will (ständige Rspr.; vgl. BGH, NJW 2012, 2268 Rn. 10).
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- Im Streitfall hat die Zedentin Herrn P. per E-Mail am 12. Februar 2013 ein Exposé übersandt, aus dem sich ergab, dass sie eine Provision erwartet. In Kenntnis dieses Provisionsverlangens haben Herr R. und Herr P. eine Interessenbekundung vom 24. Februar 2013 verfasst, die jedenfalls von Herrn P. unterschrieben worden ist. In diesem Schreiben wird die Zedentin aufgefordert, Maklerleistungen zu erbringen, indem sie zur Organisation einer Besichtigung des Objekts und zur Übermittlung weiterer Informationen aufgefordert wird. Damit ist ein Maklervertrag zustande gekommen, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat. Entgegen der Annahme des Beru- fungsgerichts hindert eine Unklarheit über die Person des Vertragspartners des Maklers das Zustandekommen des Maklervertrags nicht.
- 19
- (3) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte Partei des mit dem Schreiben vom 24. Februar 2013 zustande gekommenen Maklervertrags geworden ist. Nach dem Inhalt der Interessenbekundung ist davon auszugehen, dass Herr P. kein eigenes Interesse an Dienstleistungen der Zedentin hatte. Das Schreiben vom 24. Februar 2013 hat er im Namen der S. Str. 4 G. GmbH unterschrieben. Das Landgericht hat in Erwägung gezogen, dass neben Herrn P. und der S. Str. 4 G. GmbH die Su. Management GmbH & Co. KG Vertragspartnerin der Zedentin geworden sein könnte. Dies muss im Streitfall nicht entschieden werden. Das Schreiben vom 24. Februar 2013 kann jedenfalls deshalb nicht zu einer Provisionspflicht der Beklagten führen, weil sie in diesem Schreiben weder erwähnt noch missverständlich bezeichnet wird. Insofern ist der Streitfall nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der der Entscheidung des II. Zivilsenats vom 22. Mai 1978 zugrunde lag.
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- 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.06.2015 - 10 HKO 11562/14 -
OLG München, Entscheidung vom 25.01.2016 - 7 U 2730/15 -
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Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder für die Vermittlung eines Vertrags einen Maklerlohn verspricht, ist zur Entrichtung des Lohnes nur verpflichtet, wenn der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers zustande kommt. Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Maklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eintritt.
(2) Aufwendungen sind dem Makler nur zu ersetzen, wenn es vereinbart ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag nicht zustande kommt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)