Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 11/04 Verkündet am:
19. Januar 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
LOTTO

a) Der Begriff „Lotto“ stellt eine beschreibende Angabe eines Glücksspiels dar,
auch wenn sich die Bedeutung des Begriffs für Teile des Verkehrs inzwischen
auf eine bestimmte Art eines Glücksspiels (z.B. „6 aus 49“) eingeengt hat.

b) Ein Begriff, der ein Produkt der Gattung nach glatt beschreibt, ist nur dann
als Marke im Verkehr durchgesetzt i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG, wenn ein weit
überwiegender Teil der angesprochenen Verkehrskreise darin einen Hinweis
auf die betriebliche Herkunft des Produkts erblickt.
BGH, Beschl. v. 19. Januar 2006 – I ZB 11/04 – Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 32. Senats (MarkenBeschwerdesenats ) des Bundespatentgerichts vom 31. März 2004 wird auf Kosten der Markeninhaberinnen zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Für die im Deutschen Lottoblock zusammengeschlossenen sechzehn Lotteriegesellschaften ist mit Zeitrang vom 2. September 1996 die Wortmarke LOTTO für folgende Waren und Dienstleistungen als durchgesetzte Marke eingetragen (die auf einer späteren Einschränkung der Anmeldung beruhenden, nachfolgend in kursiver Schrift wiedergegebenen Angaben sind bei der Veröffentlichung der Marke versehentlich weggelassen worden): Druckereierzeugnisse, nämlich Spielkarten, Zeitschriften, Zeitungen, Poster, Fotografien (im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung); Lotteriespiele, Gegenstände für die Durchführung von Lotterien, nämlich Glücksspieltrommeln und -ziehgeräte; elektrische oder elektronische Spiele; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und anderen Geldund Glücksspielen; Verteilung von Lotterielosen und sonstigen Teilnahmeunterlagen ; Beratung in wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Hinsicht von Lotterie- und anderen Geld- und Glücksspielern; wirtschaftliche und/oder organisatorische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen im Wege der Telekommunikation , insbesondere über Internet; Organisation und Durchführung von Rundfunk-, Fernseh- und sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen ; Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten (im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotte- rien und deren Durchführung); Beratung in technischer Hinsicht von Lotterie- und anderen Glücksspielern; Sachmittel zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, nämlich Chipkarten und Magnetkarten; technische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; Beratung in finanzieller Hinsicht von Lotterie- und anderen Geld- und Glücksspielern ; finanzielle Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.
2
Die Antragstellerin hat die Löschung der eingetragenen Marke beantragt. Mit Beschluss vom 23. August 2002 hat die Markenabteilung des Deutschen Patentund Markenamtes unter Zurückweisung des weitergehenden Löschungsantrags angeordnet, dass die Marke teilweise zu löschen sei, und zwar für Druckereierzeugnisse, nämlich Spielkarten, Zeitschriften, Zeitungen, Poster, Fotografien (im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung); Gegenstände für die Durchführung von Lotterien, nämlich Glücksspieltrommeln und -ziehgeräte; elektrische oder elektronische Spiele; Beratung in wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Hinsicht von Lotterie- und anderen Geld- und Glücksspielern; Beratung in finanzieller Hinsicht von Lotterie- und anderen Geld- und Glücksspielern; Beratung in technischer Hinsicht von Lotterieund anderen Glücksspielern; Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen im Wege der Telekommunikation, insbesondere über Internet; Durchführung von Rundfunk-, Fernseh- und sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen.
3
Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Markeninhaberinnen als auch die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde der Markeninhaberinnen hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen; auf die Beschwerde der Antragstellerin hat es unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde die Löschung der eingetragenen Marke für weitere Waren und Dienstleistungen angeordnet (BPatG GRUR 2004, 685), und zwar für die Ware „Lotteriespiele“ sowie für die Dienstleistungen Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und anderen Geldund Glücksspielen; Verteilung von Lotterielosen und sonstigen Teilnahmeunterlagen ; Organisation von Rundfunk- und Fernseh- und sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen , Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten (im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung).
4
Hiergegen richtet sich die vom Bundespatentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Markeninhaberinnen, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung des Löschungsantrags weiterverfolgen. Die Antragstellerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
5
II. Hinsichtlich der oben genannten Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, hat das Bundespatentgericht einen Löschungsgrund bejaht. Zur Begründung hat es – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung – ausgeführt:
6
Die Antragstellerin könne sich allerdings nicht auf den Löschungsgrund des § 50 Abs. 1 i.V. mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG stützen; denn es könne nicht festgestellt werden, dass der Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle. Auch wenn „Lotto“ für die meisten beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine im Vordergrund stehende Sachangabe sei, stehe damit doch nicht fest, dass sie nur als solche aufgefasst werde. Die Eintragung eines von Haus aus nicht unterscheidungskräftigen Zeichens führe nicht zwangsläufig zur Löschung; denn die Unterscheidungskraft könne auch von den tatsächlichen Marktverhältnissen beeinflusst sein. Im Hinblick auf den starken Marktauftritt der Markeninhaberinnen sei nicht auszuschließen, dass ein noch maßgeblicher Teil der angesprochenen Verbraucher „Lotto“ für eine Marke der Markeninhaberinnen hielten.
7
Dagegen sei der auf § 50 Abs. 1 i.V. mit § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gestützte Löschungsantrag hinsichtlich der oben genannten Waren und Dienstleistungen begründet. Das Wort „Lotto“ diene dazu, Lottospiele und ihre Veranstaltung – darunter auch das bekannte Lotto „6 aus 49“ der Markeninhaberinnen – ihrer Gattung nach zu bezeichnen. Lottospielen sei gemeinsam, dass sie nur durch Glück zu gewinnen seien. Der Einsatz von (Spiel-)Geld sei meist zugunsten des Veranstalters verloren. Die Bezeichnung sei auch zur Beschreibung der in Rede stehenden Produkte geeignet, auch wenn möglicherweise nur die Markeninhaberinnen berechtigt seien, Lottospiele zu veranstalten. Die Eintragung einer Produktmerkmalsbezeichnung könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass ein „Freihaltebedürfnis“ fehle.
8
Dieses Eintragungshindernis sei nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden. Für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen seien die angesprochenen Verkehrskreise alle Verbraucher, zumindest ab dem Alter von achtzehn Jahren. Zu berücksichtigen seien alle Kreise, in denen die Marke Verwendung finden oder Auswirkungen zeitigen solle. Dies sei im Streitfall grundsätzlich die allgemeine Öffentlichkeit, wie sich auch an den Angeboten der Markeninhaberinnen zeige, die sich an sämtliche Endverbraucher richteten. Ausgenommen seien lediglich die Verkehrskreise, die Glücksspiele kategorisch ablehnten.
9
Die Erlangung der Verkehrsdurchsetzung setze nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG voraus, dass die Bezeichnung infolge ihrer Benutzung in den beteiligten Kreisen Unterscheidungskraft erworben habe. Hierfür genüge nicht, dass dem Zeichen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Die Benutzung des Zeichens müsse vielmehr derart nachhaltig sein, dass es für mehr als 50% der beteiligten Kreise zur Marke mutiert sei. Handele es sich um eine Bezeichnung , die als beschreibende Angabe sehr bekannt sei und weit verbreitet benutzt werde, könne ein Wandel zur Marke nur eintreten, wenn nachgewiesen sei, dass die Bezeichnung aufgrund der Benutzung als Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkannt werde. Für den Nachweis der Benutzung als Marke genüge es nicht, wenn über 50% der beteiligten Kreise das Zeichen seinem Inhaber zuordneten. Denn hieraus ergebe sich noch nicht zwingend das Verständnis , dass es sich um eine Marke handele. Jedenfalls immer dann, wenn der Anmelder oder Markeninhaber eine Monopolstellung innehabe und/oder es um die Eintragung einer „dominanten“ Produktmerkmalsbezeichnung gehe, seien die angesprochenen Verkehrskreise zusätzlich danach zu fragen, ob sie sich vorstellen könnten, dass auch ein anderer Anbieter die fragliche Bezeichnung verwende. Im Streitfall könne nur dann von einer Verkehrsdurchsetzung ausgegangen werden, wenn die Verbraucher bei einem anderen Veranstalter von Lotteriespielen eine andere Bezeichnung als „Lotto“ erwarteten.
10
Nach den im Verfahren vorgelegten Verkehrsbefragungen sei dieser Nachweis von den Markeninhaberinnen nicht erbracht. Das GfK-Gutachten berücksichtige nur die am Spiel interessierten Kreise. Soweit sich die Zahlen auf alle Befragten bezögen, sei zwar 73% das Wort „Lotto“ im Zusammenhang mit der Veranstaltung und Organisation von Lotterien geläufig, wobei aber nicht deutlich werde, in welcher Eigenschaft – als Produktbezeichnung oder als Marke – der Verkehr den Begriff kenne. Das INRA-Gutachten vom August 2002 berücksichtige nur 24% der Befragten als beteiligte Kreise. Auch dieses Gutachten belege keine Verkehrsdurchsetzung in dem erforderlichen Sinne.
11
III. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Mit Recht hat das Bundespatentgericht angenommen, dass der Marke „Lotto“ für die in Rede stehenden Waren und Leistungen jedenfalls das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, das nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden ist (§ 8 Abs. 3 MarkenG).
12
1. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, bei der angegriffenen Marke handele es sich um eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
13
a) Das Bundespatentgericht hat mit Recht angenommen, dass die Anwendung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht davon abhängt, ob in Deutschland nach der derzeitigen Rechtslage andere Anbieter als die Markeninhaberinnen berechtigt sind, öffentliche Glücksspiele zu veranstalten. Denn ein beschreibender Charakter des Begriffs „Lotto“ stellt ein Eintragungshindernis dar, gleichgültig ob mögliche Wettbewerber der Markeninhaberinnen derzeit auf diesen Begriff zur Beschreibung ihres Angebots angewiesen sind oder nicht (vgl. EuGH, Urt. v. 12.2.2004 – C-363/99, Slg. 2004, I-1619 = GRUR 2004, 674 Tz 57 u. 61 – Postkantoor; BGH, Beschl. v. 3.11.2005 – I ZB 14/05 – Casino Bremen, Tz 10).
14
b) Wie das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei und in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Erfahrungswissen festgestellt hat, dient das Wort „Lotto“ dazu , ein bestimmtes Glücksspiel zu bezeichnen. Dabei kann zwischen einer allgemeinen und einer konkreten Bedeutung des Begriffs unterschieden werden. Der allgemeine Begriff „Lotto“ – beispielsweise in zusammengesetzten Wörtern wie Zahlenlotto und Bilderlotto – bezeichnet ein Spiel, dessen Ausgang vor allem vom Glück abhängt. Demgegenüber weist der Begriff bei konkreter Verwendung auf ein Glücksspiel hin, bei dem der Spieler mit einem finanziellen Einsatz auf eine bestimmte Zahl setzt. Auch dieser Form des Lottos ist es eigen, dass das Ergebnis nicht durch Geschick oder Erfahrung beeinflusst werden kann.
15
c) Die Rechtsbeschwerde setzt dieser tatrichterlichen Beurteilung ihre eigene Einschätzung entgegen, wonach „Lotto“ weder ein Synonym für eine bestimmte Art von Glücksspielen sei noch unmittelbar Eigenschaften solcher Glücksspiele umschreibe. Sie stützt sich dabei auf die vorliegenden Verkehrsbefragungen, aus denen sich ergebe, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Begriff „Lotto“ nicht auf ein beliebiges, sondern gerade auf das von den Markeninhaberinnen veranstaltete Glücksspiel bezögen. Wie das Bundespatentgericht deutlich gemacht hat, können die in Rede stehenden Verkehrsbefragungen die Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht belegen. Denn auch wenn Teile des Verkehrs mit dem Begriff „Lotto“ nicht ganz allgemein ein Glücksspiel, sondern konkret das von den Markeninhaberinnen veranstaltete Spiel „6 aus 49“ verbinden, spricht dies nicht gegen den beschreibenden Gehalt des Begriffs. Das Ergebnis der Verkehrsbefragung deutet lediglich darauf hin, dass der Begriff „Lotto“ vor allem für die Teile des Verkehrs, die am Lottospiel interessiert sind – denn auf diese Teile des Verkehrs konzentrieren sich diese Befragungen –, einen noch konkreteren Bedeutungsgehalt hat. Auch wenn mit dem Begriff „Lotto“ ein konkretes Spiel bezeichnet wird, ändert dies nichts an seinem beschreibenden Charakter.
16
2. Im Hinblick auf das – von Haus aus – bestehende Eintragungshindernis, das nur durch Verkehrsdurchsetzung überwunden werden kann, kann offen bleiben , ob die Ansicht des Bundespatentgerichts zutrifft, im Löschungsverfahren könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Begriff „Lotto“ jegliche Unterscheidungskraft fehle. Allerdings sind insofern Zweifel angebracht, als eine glatt beschreibende Angabe, der von Haus aus jede Unterscheidungskraft fehlt, nicht allein durch intensive Benutzung langsam Unterscheidungskraft entwickelt. Vielmehr kann das Fehlen der Unterscheidungskraft allein durch Verkehrsdurchsetzung , nicht durch eine keinen Bedeutungswandel auslösende intensive Benutzung überwunden werden.
17
3. Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass das zunächst bestehende Eintragungshindernis nicht dadurch überwunden worden ist, dass sich die fragliche Marke im Verkehr als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des von den Markeninhaberinnen veranstalteten Lotteriespiels durchgesetzt hat.
18
a) Das Bundespatentgericht hat mit Recht angenommen, dass den Markeninhaberinnen die Berufung auf eine Durchsetzung ihrer Marke nicht schon deswegen verwehrt ist, weil ihnen in der Vergangenheit eine Monopolstellung zukam, so dass sich eine mögliche Verkehrsdurchsetzung ungestört vom Wettbewerb anderer Anbieter bilden konnte (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 – C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz 65 – Philips/Remington; Ströbele in Ströbele/Hacker , Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rdn. 482). Dies ändert indessen nichts daran, dass in einer Situation, in der ein Anbieter aufgrund einer Monopolsituation eine bestimmte Leistung als einziger anbietet, darauf zu achten ist, ob der Verkehr, der die von Haus aus beschreibende Angabe der angebotenen Leistung mit dem Angebot des Monopolisten identifiziert, diese Bezeichnung nunmehr als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der angebotenen Leistung betrachtet. Bieten im Streitfall im Wesentlichen nur die Markeninhaberinnen ein öffentliches Lottospiel an, liegt es nahe, dass der Verkehr den Gattungsbegriff mit diesem Anbieter in Verbindung bringt, ohne darin zugleich einen Herkunftshinweis zu erblicken (vgl. BGHZ 30, 357, 365 – Nährbier).
19
b) Aufgrund der vorliegenden Verkehrsbefragungen ist davon auszugehen, dass sich die beschreibende Angabe „Lotto“ nicht zu einem Hinweis auf die betriebliche Herkunft gewandelt hat.
20
aa) Die Frage, ob eine Marke infolge von Benutzung Unterscheidungskraft i.S. des Art. 3 Abs. 3 MarkenRL oder – was auf dasselbe hinausläuft – nach § 8 Abs. 3 MarkenG Verkehrsdurchsetzung erlangt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beantworten, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die fragliche Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Leistung damit von den Leistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.1999 – C-108/97 u. C-109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Tz 54 – Windsurfing Chiemsee). Dabei kann für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrades nicht von festen Prozentsätzen ausgegangen werden, auch wenn – sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen – die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50% angesetzt werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 1.3.2001 – I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042, 1043 = WRP 2001, 1205 – REICH UND SCHOEN, m.w.N.). Handelt es sich jedoch um einen Begriff, der die fragliche Dienstleistung ihrer Gattung nach glatt beschreibt, kommen eine Verkehrsdurchsetzung und damit ein Bedeutungswandel erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad in Betracht. So ist der Senat für die Durchsetzung des Wortzeichens „Kinder“, das die Abnehmerkreise der in Rede stehenden Süßwaren glatt beschreibt, von der Notwendigkeit einer nahezu einhelligen Verkehrsbekanntheit ausgegangen (BGHZ 156, 112, 125 – Kinder) und hat sich dabei darauf gestützt, dass auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nach der Art der fraglichen Bezeichnung zu unterscheiden ist (EuGH GRUR 1999, 723 Tz 50 – Windsurfing Chiemsee).
21
bb) Da es sich bei „Lotto“ um einen Begriff handelt, der die fragliche Dienstleistung an sich glatt beschreibt, setzt eine Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG einen Durchsetzungsgrad von weit über 50% voraus. Hiervon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.
22
(1) Das Bundespatentgericht hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde zutreffend angenommen, dass für die Frage der Verkehrsdurchsetzung nicht allein auf die am Lottospiel interessierten Kreise abgestellt werden kann. Denn auch diejenigen Teile des Verkehrs, die sich selbst nicht als an Lotteriespielen interessiert bezeichnen würden, kommen als gelegentliche Teilnehmer derartiger Spiele in Betracht. Die Werbung der Veranstalter solcher Spiele richtet sich dementsprechend – wie das Bundespatentgericht festgestellt hat – an alle Verbraucherkreise und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass der angekündigte Vorteil, also die Chance auf einen Geldgewinn, für jedermann von Interesse ist und fast alle Bevölkerungskreise – auch diejenigen, die bislang noch kein Interesse an derartigen Spielen gezeigt haben – der Erwägung zugänglich erscheinen , ihr Glück einmal zu versuchen, um mit einem verhältnismäßig kleinen Einsatz einen großen Gewinn zu erzielen. Daher ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , dass das Bundespatentgericht den Verkehrskreis ebenso wie bei Waren oder Dienstleistungen des Massenkonsums bestimmt und nur diejenigen Teile des Verkehrs ausgenommen hat, die Lotteriespiele für sich kategorisch ablehnen. Bei Waren und Dienstleistungen des Massenkonsums zählt grundsätzlich die Gesamtbevölkerung zu den angesprochenen Verkehrskreisen (BGHZ 30, 357, 372 – Nährbier; BGH, Urt. v. 5.3.1971 – I ZR 101/69, GRUR 1971, 305, 307 = WRP 1971, 320 – Konservenzeichen II; Beschl. v. 19.10.1973 – I ZB 3/72, GRUR 1974, 220, 222 = WRP 1974, 32 – Club-Pilsener).
23
(2) Allerdings hat das Bundespatentgericht ebenso wie die von den Parteien vorgelegten Gutachten den Anteil des Verkehrs, der Lotteriespiele für sich grundsätzlich ablehnt, nicht bestimmt, so dass keine Feststellungen über die Verkehrsdurchsetzung der Marke „LOTTO“ innerhalb der vom Bundespatentgericht als maßgeblich erachteten Verkehrskreise vorliegen. Diese Feststellung ist indessen entbehrlich. Denn selbst der Durchsetzungsgrad, den die von den Parteien vorgelegten Verkehrsbefragungen innerhalb des engeren Verkehrskreises der an Lotteriespielen interessierten Verbraucher ermittelt haben, rechtfertigt die Annahme nicht, dass es sich bei der Streitmarke um ein durchgesetztes Zeichen handelt.
24
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rügen zutreffen, die die Rechtsbeschwerde hinsichtlich der von der Antragstellerin vorgelegten Verkehrsbefragung (NFO Infratest, Januar 2002) erhebt. Denn auch der Durchsetzungsgrad von 58%, der sich aus dem von den Markeninhaberinnen vorgelegten Gutachten (GfK, Au- gust 2001) ergibt, rechtfertigt nicht die Annahme der Verkehrsdurchsetzung. Dabei kann offen bleiben, ob auch für den Bedeutungswandel des Begriffs „Lotto“ – wie im Falle des Begriffs „Kinder“ (BGHZ 156, 112, 125 – Kinder) – eine nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit (als Herkunftshinweis) zu fordern ist. Jedenfalls kommt eine Verkehrsdurchsetzung bei einem Begriff, der die in Rede stehende Ware oder Leistung nach dem ursprünglichen Bedeutungsgehalt glatt beschreibt, erst bei einem Durchsetzungsgrad in Betracht, der erheblich über 50% liegt und im Streitfall auch nach der von den Markeninhaberinnen vorgelegten Verkehrsbefragung nicht erreicht ist.
25
c) Unter diesen Umständen ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , dass das Bundespatentgericht eine Verkehrsdurchsetzung des Begriffs „Lotto“ als Herkunftshinweis verneint hat.
26
IV. Danach ist die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberinnen zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant RiBGH Dr. Schaffert ist in Urlaub und deswegen an der Unterschriftsleistung gehindert. Ullmann
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 31.03.2004 - 32 W(pat) 309/02 -

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(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.

(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

1.
denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
2.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,
3.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sind,
4.
die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen,
5.
die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen,
6.
die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten,
7.
die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten,
8.
die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten,
9.
die nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, und die Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
10.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder von internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Bezeichnungen für Weine dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
11.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Spezialitäten dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
12.
die aus einer im Einklang mit deutschem Recht, mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder mit internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, zu Sortenschutzrechten eingetragenen früheren Sortenbezeichnung bestehen oder diese in ihren wesentlichen Elementen wiedergeben und die sich auf Pflanzensorten derselben Art oder eng verwandter Arten beziehen,
13.
deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder
14.
die bösgläubig angemeldet worden sind.

(3) Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.

(4) Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufgeführten Zeichens enthält. Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist nicht anzuwenden, wenn der Anmelder befugt ist, in der Marke eines der dort aufgeführten Zeichen zu führen, selbst wenn es mit einem anderen der dort aufgeführten Zeichen verwechselt werden kann. Absatz 2 Nr. 7 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit denen, für die das Prüf- oder Gewährzeichen eingeführt ist, weder identisch noch diesen ähnlich sind. Absatz 2 Nr. 8 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 14/05
vom
3. November 2005
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 301 47 349.8
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. November 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 27. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Anmelderin betreibt die einzige öffentliche Spielbank in Bremen. Sie stützt sich dabei auf eine ihr vom Senator für Inneres im Jahr 1978 erteilte und seither mehrfach - zuletzt bis zum 31. Dezember 2012 - verlängerte Zulassung.
2
Mit ihrer am 1. August 2001 eingereichten Anmeldung hat die Anmelderin die Eintragung des Zeichens "Casino Bremen" für im Einzelnen bezeichnete Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 begehrt. Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung außer für die Dienstleistung "Erziehung" wegen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
3
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin hat zur Eintragung der Marke "Casino Bremen" auch für die Dienstleistungen "Unterhaltung" und "sportliche und kulturelle Aktivitäten" geführt. Soweit sie weitergehend auch noch auf die Eintragung der Marke für die Dienstleistung "Betrieb von öffentlichen Spielkasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionen" gerichtet war, ist sie dagegen ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 27.10.2004 - 32 W(pat) 330/02, in juris veröffentlicht).
4
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihren im Beschwerdeverfahren erfolglosen Eintragungsantrag weiter.
5
II. Das Bundespatentgericht hat die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Marke für die Dienstleistung "Betrieb von öffentlichen Spielkasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionen" wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Begriff "Casino Bremen" stelle in Bezug auf die genannte Dienstleistung eine Angabe dar, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft und der Art der Dienstleistung dienen könne. Der Begriff vermittle in unmittelbar verständlicher Weise die Information, es gehe um den Betrieb eines Spielkasinos in der Stadt Bremen. Der Umstand, dass wegen der derzeit gegebenen Monopolstellung der Anmelderin gegenwärtig kein Freihaltebedürfnis bestehe, sei unerheblich. Der Begriff des Freihaltebedürfnisses stelle kein einzelfallbezogenes Korrektiv dar. Außerdem sei der künftige Wegfall der Monopolstellung nicht auszuschließen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der angemeldeten Marke zusätzlich noch jegliche Unterscheidungskraft fehle.
Eine Eintragung kraft Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG komme nicht in Betracht. Dazu reiche der Vortrag der Anmelderin nicht aus.
6
III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
7
1. Auf die vom Beschwerdegericht in seinen Erwägungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob das Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch unter Berücksichtigung einer Monopolstellung der Anmelderin besteht, kommt es für die Entscheidung des Falls nicht an.
8
2. Der Senat ist aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht gehindert, zur Begründung der Zurückweisung der Rechtsbeschwerde auf den vom Bundespatentgericht offen gelassenen Schutzversagungsgrund des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft abzustellen, da dieser Gegenstand der Erörterung der Verfahrensbeteiligten auch im Rechtsbeschwerdeverfahren ist, das Bundespatentgericht die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.1997 - I ZB 7/95, GRUR 1998, 394, 396 - Active Line). Eine Zurückverweisung ist nur im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses geboten (§ 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG).
9
3. Der als Wortmarke angemeldeten Bezeichnung "Casino Bremen" fehlt für die Dienstleistung "Betrieb von öffentlichen Spielkasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionen" jegliche Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die begehrte Dienstleistungsmarke erschöpft sich in der Benennung einer Spielstätte mit dem hierfür üblichen Begriff "Casino" in Bremen. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mangel jeglicher Unterscheidungskraft wegen des Gesamteindrucks der gewählten Bezeichnung als "Kombinationsmarke" entfalle.

10
Für die rechtliche Beurteilung ist in diesem Zusammenhang unmaßgeblich , dass die Anmelderin alleinige Inhaberin einer staatlichen Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Bremen ist. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist von der Person des Anmelders grundsätzlich unabhängig. Dieser kann dann eine Bedeutung zukommen, wenn zur Überwindung des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG der Nachweis zu führen ist, dass sich die Bezeichnung im Verkehr infolge ihrer Benutzung als Marke für die angemeldete Ware oder Dienstleistung durchgesetzt hat. Diesen Nachweis hat die Anmelderin aber nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht geführt.
11
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Anmelderin (§ 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) zurückzuweisen.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 27.10.2004 - 32 W(pat) 330/02 -

(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.

(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

1.
denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
2.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,
3.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sind,
4.
die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen,
5.
die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen,
6.
die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten,
7.
die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten,
8.
die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten,
9.
die nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, und die Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
10.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder von internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Bezeichnungen für Weine dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
11.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Spezialitäten dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
12.
die aus einer im Einklang mit deutschem Recht, mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder mit internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, zu Sortenschutzrechten eingetragenen früheren Sortenbezeichnung bestehen oder diese in ihren wesentlichen Elementen wiedergeben und die sich auf Pflanzensorten derselben Art oder eng verwandter Arten beziehen,
13.
deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder
14.
die bösgläubig angemeldet worden sind.

(3) Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.

(4) Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufgeführten Zeichens enthält. Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist nicht anzuwenden, wenn der Anmelder befugt ist, in der Marke eines der dort aufgeführten Zeichen zu führen, selbst wenn es mit einem anderen der dort aufgeführten Zeichen verwechselt werden kann. Absatz 2 Nr. 7 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit denen, für die das Prüf- oder Gewährzeichen eingeführt ist, weder identisch noch diesen ähnlich sind. Absatz 2 Nr. 8 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 54/98 Verkündet am:
1. März 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 395 20 076.8
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
REICH UND SCHOEN

a) Zur Unterscheidungskraft und zum Freihaltebedürfnis der Wortfolge "REICH
UND SCHOEN" für die Dienstleistungen Fernsehunterhaltung, Rundfunk-,
Fernseh- und Videofilmproduktion sowie Film- und Videoverleih, Betrieb von
Tonstudios und Veröffentlichung und Vermietung von Büchern.

b) Die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG
müssen für diejenigen Waren und Dienstleistungen nachgewiesen werden,
auf die sich die Anmeldung bezieht.
BGH, Beschl. v. 1. März 2001 - I ZB 54/98 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 20. Mai 1998 aufgehoben, soweit die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen "Filmverleih; Betrieb von Tonstudios; Videoverleih; Veröffentlichung und Vermietung von Büchern" zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 16. Mai 1995 eingereichten Anmeldung die Eintragung der Wortfolge
"REICH UND SCHOEN"
für die Dienstleistungen
"Fernsehunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Film- und Fernsehproduktion; Filmverleih; Betrieb von Tonstudios; Videofilmproduktion; Videoverleih; Veröffentlichung und Vermietung von Büchern".
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:
Der Eintragung der Wortfolge "REICH UND SCHOEN" stehe ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Nachweisbar sei ihre Verwendung in verschiedenen Zusammenhängen auch für die Zeit vor dem Start der gleichnamigen Fernsehserie. Ein gegenwärtiger beschreibender Gebrauch durch Wettbewerber der Anmelderin für die in Rede stehenden Dienstleistungen oder für andere Produktionen sei jedoch nicht festzustellen. Es sei aber ein "zukünftiges Freihaltebedürfnis" anzuerkennen. Denn die Wortfolge biete sich als beschreibende Angabe für die einschlägigen Dienstleistungen unmittelbar und in naheliegender Weise an. Sie stelle verkürzt und schlagwortartig eine Sachaussage inhaltlicher Art dar. Die Wortfolge beschreibe unmittelbar , erschöpfend und ohne Notwendigkeit weiterer Schlußfolgerungen den Inhalt von Werken und auf solche Werke bezogene Dienstleistungen dahin, daß sie sich mit den Reichen und Schönen beschäftigten. Zugleich preise die Wortfolge die Werke und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen werblich als besonders interessant an.
Der Wortfolge "REICH UND SCHOEN" fehle für Waren und Dienstleistungen , die ein Werk zum Gegenstand hätten, das Reichtum und Schönheit behandele, jegliche Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Wenn an einer beschreibenden Angabe ein Freihaltebedürfnis bestehe, sei an die Prüfung der Unterscheidungskraft ein strenger Maßstab anzulegen, dem die angemeldete Marke nicht gerecht werde. Eine verständliche inhaltsbeschreibende Wortfolge ohne phantasievolle Originalität könne sich als Werktitel eignen, werde vom Verkehr aber nicht als Kennzeichnung der Herkunft von Waren oder Dienstleistungen aufgefaßt.
Die für die Wortfolge "REICH UND SCHOEN" bestehenden Eintragungshindernisse seien nicht aufgrund Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3
MarkenG überwunden. Die hierzu erforderlichen Bekanntheitswerte erreiche die gleichnamige Fernsehserie auch nicht annähernd.
III. Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit das Bundespatentgericht für die Dienstleistungen "Filmverleih; Betrieb von Tonstudios ; Videoverleih; Veröffentlichung und Vermietung von Büchern" vom Vorliegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG ausgegangen ist. Die weitergehende Rechtsbeschwerde hat dagegen keinen Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen , daß die Wortfolge "REICH UND SCHOEN" die allgemeinen Anforderungen an die Markenfähigkeit erfüllt, d.h., daß sie abstrakt unterscheidungskräftig i.S. von § 3 Abs. 1 MarkenG ist. Denn Werktitel können unter der Geltung des Markengesetzes nicht generell vom Markenschutz ausgeschlossen werden. Ob ein Titel einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft oder nur auf den Inhalt enthält, ist eine Frage des Einzelfalls, die bei der Prüfung zu beantworten ist, ob die angemeldete Marke (konkret) unterscheidungskräftig i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist (vgl. im einzelnen BGH, Beschl. v. 17.2.2000 - I ZB 33/97, GRUR 2000, 882 = WRP 2000, 1140 - Bücher für eine bessere Welt, m.w.N.).
2. Der Beurteilung des Bundespatentgerichts, der Wortfolge "REICH UND SCHOEN" fehle für die Dienstleistungen "Filmverleih; Betrieb von Tonstudios ; Videoverleih; Veröffentlichung und Vermietung von Büchern" jede Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, kann nicht zugestimmt werden.

a) Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl; Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns). Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922, 924 Tz. 28 - Canon; BGH, Beschl. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95, GRUR 1999, 245, 246 = WRP 1999, 196 - LIBERO; GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß der Marke die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH, Beschl. v. 11.5.2000 - I ZB 22/98, GRUR 2001, 162, 163 = WRP 2001, 35 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
An das Vorliegen der Unterscheidungskraft darf nicht wegen eines möglichen Freihaltungsinteresses ein strenger Prüfungsmaßstab angelegt werden. Ist ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben, besteht kein Grund, erhöhte Anforderungen an die Unterscheidungskraft i.S. von § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu stellen. Liegen dagegen die Voraussetzungen des absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vor, läßt es schon der Eintragungsanspruch nach § 33 Abs. 2 MarkenG nicht zu, von erhöhten Anforderungen an die Unterscheidungskraft auszugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 34/98, WRP 2001, 692, 693 = MarkenR 2001, 209 - Test it., m.w.N.).

b) Den Anforderungen an die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die Wortfolge "REICH UND SCHOEN" für die Dienstleistungen "Filmverleih; Betrieb von Tonstudios; Videoverleih; Veröffentlichung und Vermietung von Büchern".
Die angemeldete Marke ist kurz und prägnant. Entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts weist sie keine beschreibende Aussage über die vorstehend angeführten Dienstleistungen auf. Nach der Lebenserfahrung werden die inländischen Verkehrskreise in der Wortfolge "REICH UND SCHOEN" keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt für die eingangs genannten Dienstleistungen sehen. Denn der Verkehr wird, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht, nicht annehmen, derartig gekennzeichnete Dienstleistungen bezögen sich ausschließlich auf Werke, die sich mit Reichen und Schönen beschäftigten. Für eine solche thematische Beschränkung der hier in Frage stehenden Dienstleistungen (Film- oder Videoverleih , Betrieb eines Tonstudios, Veröffentlichung oder Vermietung von Büchern ) hat das Bundespatentgericht keine Feststellungen getroffen und ist auch sonst nichts ersichtlich.
Dagegen fehlt der Wortfolge "REICH UND SCHOEN", wie das Bundespatentgericht mit Recht angenommen hat, jegliche Unterscheidungskraft für
die Dienstleistungen "Fernsehunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunkund Fernsehprogrammen; Film- und Fernsehproduktion; Videofilmproduktion". Auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabes ist das Bundespatentgericht zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Wortfolge für diese Dienstleistungen auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der Werke beschränkt, die Gegenstand dieser Dienstleistungen sind. Den titelartig zusammengefaßten Aussageinhalt wird der Verkehr wegen der Nähe der Dienstleistungen "Fernsehunterhaltung, Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen , Fernseh-, Film- und Videofilmproduktion" zum Werktitel und des mit ihm bezeichneten Inhalts der Produktionen unmittelbar und ohne weitere Überlegungen auf die betreffenden Dienstleistungen selbst beziehen, für die die Eintragung erfolgen soll.
3. Die Annahme des Bundespatentgerichts, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei gegeben, hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand, soweit die Anmeldung der Marke "REICH UND SCHOEN" für die Dienstleistungen "Filmverleih; Betrieb von Tonstudios; Videoverleih; Veröffentlichung und Vermietung von Büchern" erfolgt ist.

a) Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen , die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die wörtlich aus Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung der Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, wenn aber eine solche Verwendung jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - Rs. C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723, 726 Tz. 37 =
WRP 1999, 629 - Chiemsee; BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt, m.w.N.; BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it.).

b) Das Bundespatentgericht hat hierzu festgestellt, die Wortfolge beschreibe die mit ihr gekennzeichneten Werke, die sich mit Reichen und Schönen beschäftigten, und die mit ihrer Herstellung und Verwertung verbundenen Dienstleistungen unmittelbar und erschöpfend. Dem kann für die angeführten Dienstleistungen (Filmverleih; Betrieb von Tonstudios; Videoverleih; Veröffentlichung und Vermietung von Büchern) nicht zugestimmt werden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wird der Verkehr in der Wortfolge "REICH UND SCHOEN" keine im Vordergrund stehende Sachaussage über den Inhalt der Werke sehen, die Gegenstand dieser Dienstleistungen sind, sondern von einer vom Werkinhalt losgelösten Kennzeichnung ausgehen (vgl. hierzu Abschn. III 2 b), die sich nicht in einer werblichen Anpreisung erschöpft (vgl. BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it.). Weitergehende Feststellungen, die ein zukünftiges Freihaltebedürfnis begründen könnten, hat das Bundespatentgericht nicht getroffen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
4. Das Bundespatentgericht hat eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke infolge einer Benutzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG nicht festgestellt. Es ist davon ausgegangen, daß, gemessen an der Zahl aller potentiellen Fernsehteilnehmer, Video- und Buchkonsumenten, die Bekanntheit der Marke den von der Anmelderin angegebenen Marktanteil von 22 % für die Fernsehsendereihe deutlich unterschreiten wird.
Diese Ausführungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist für die Feststellung des Durchsetzungsgrades nicht von festen Prozentsätzen auszugehen. Jedoch
kann, sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen , die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.1989 - I ZB 20/88, GRUR 1990, 360, 361 - Apropos Film II; vgl. auch Fezer, Markenrecht , 2. Aufl., § 8 Rdn. 431; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rdn. 197 ff.). Daß dieser Durchsetzungsgrad in den hier maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreisen erreicht wird, wird von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Auch die Anzahl der von der Rechtsbeschwerde mit 2.000 angegebenen Serienbeiträge läßt nicht den Schluß zu, mehr als 50 % der beteiligten Verkehrskreise sei die Wortfolge bekannt. Hinzu kommt, daß die Verkehrsdurchsetzung gerade für die Dienstleistungen nachgewiesen werden muß, auf die sich die Eintragung bezieht (vgl. Fezer aaO § 8 Rdn. 424; Althammer /Ströbele aaO § 8 Rdn. 185; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 8 Rdn. 137).
IV. Danach war der angefochtene Beschluß unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsbeschwerde teilweise aufzuheben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.

(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

1.
denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
2.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,
3.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sind,
4.
die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen,
5.
die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen,
6.
die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten,
7.
die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten,
8.
die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten,
9.
die nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, und die Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
10.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder von internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Bezeichnungen für Weine dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
11.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Spezialitäten dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
12.
die aus einer im Einklang mit deutschem Recht, mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder mit internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, zu Sortenschutzrechten eingetragenen früheren Sortenbezeichnung bestehen oder diese in ihren wesentlichen Elementen wiedergeben und die sich auf Pflanzensorten derselben Art oder eng verwandter Arten beziehen,
13.
deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder
14.
die bösgläubig angemeldet worden sind.

(3) Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.

(4) Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufgeführten Zeichens enthält. Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist nicht anzuwenden, wenn der Anmelder befugt ist, in der Marke eines der dort aufgeführten Zeichen zu führen, selbst wenn es mit einem anderen der dort aufgeführten Zeichen verwechselt werden kann. Absatz 2 Nr. 7 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit denen, für die das Prüf- oder Gewährzeichen eingeführt ist, weder identisch noch diesen ähnlich sind. Absatz 2 Nr. 8 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.

(1) Sind an dem Verfahren mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren, einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Bestimmung kann auch getroffen werden, wenn der Beteiligte die Rechtsbeschwerde, die Anmeldung der Marke, den Widerspruch oder den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit ganz oder teilweise zurücknimmt oder wenn die Eintragung der Marke wegen Verzichts oder wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer ganz oder teilweise im Register gelöscht wird. Soweit eine Bestimmung über die Kosten nicht getroffen wird, trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst.

(2) Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(3) Dem Präsidenten oder der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er oder sie die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(4) Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) entsprechend.