Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - AK 33/19

bei uns veröffentlicht am04.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 33/19
vom
4. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Werbens um Mitglieder für eine ausländische terroristische Vereinigung
u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:040719BAK33.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 4. Juli 2019 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen :
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Celle übertragen.

Gründe:


I.


1
Der - zuvor aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommene - Angeschuldigte wurde am 17. Dezember 2018 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom selben Tag festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht Celle hat den Haftbefehl am 3. Juni 2019 entsprechend der zwischenzeitlich dorthin erhobenen Anklage abgeändert, neu gefasst und dem Angeschuldigten verkündet.
2
Gegenstand des aktuellen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe zwischen März und Juni 2018 in S. sowiean anderen Orten in der Bundesrepublik Deutschland auf seinen öffentlich einsehbaren Profilen eines Internetdienstes sechs im einzelnen aufgeführte Lichtbilder mitsamt ergänzenden Texten veröffentlicht. Dadurch habe er durch dieselbe Handlung für eine terroristische Vereinigung im Ausland - den "Islamischen Staat" (IS) - um Mitglieder und Unterstützer geworben (§ 129a Abs. 1, Abs. 5 Satz 2, § 129b Abs. 1 StGB), öffentlich zu Straftaten aufgefordert (§ 111 Abs. 1 und 2 StGB), Gewaltdarstellungen verbreitet (§ 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Alternative 1 StGB), Kennzeichen eines von einem Betätigungsverbot betroffenen Vereins verwendet (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG) und Straftaten gebilligt (§ 140 Nr. 2 StGB).

II.


3
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
4
1. a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
5
aa) Der IS ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak und das Regime des syrischen Präsidenten Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht der IS als legitimes Mittel des Kampfes an.
6
Die Führung der Vereinigung, die sich mit dem Ausrufen des "Kalifats" im Juni 2014 von "Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien" (ISIG) in IS umbenannte und damit von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm, hat seit 2010 der "Emir" Abu Bakr al-Baghdadi inne. Al-Baghdadi war von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Dem "Kalifen" unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "Kriegsminister" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "ShuraRäte". Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung "Al-Furqan" produziert und über die Medienstelle "al-l’tisam" verbreitet, die dazu einen eigenen TwitterKanal und ein Internetforum nutzt. Das auch von Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem "Prophetensiegel" (einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah - Rasul - Muhammad") auf schwarzem Grund, ergänzt um das islamische Glaubensbekenntnis. Die mehreren Tausend Kämpfer sind dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
7
Die Vereinigung teilte die von ihr besetzten Gebiete in Gouvernements ein und richtete einen Geheimdienstapparat ein; diese Maßnahmen zielten auf das Schaffen totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der syrischen Armee, aber auch von in Gegnerschaft zum IS stehenden Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsbereich des IS in Frage stellen, sahen sich der Verhaftung, Folter und der Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom ISIG bzw. IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht die Vereinigung immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb ihres Machtbereichs Terroranschläge. So hat sie für Anschläge in Europa, etwa in Frankreich, Belgien und Deutschland, die Verantwortung übernommen.
8
bb) Der Angeschuldigte hatte auf einem von ihm genutzten Mobiltelefon das Anwenderprogramm "Google+" installiert und nutzte dieses mit drei verschiedenen Identifikationsnummern jeweils unter dem Namen " O. ". Dort veröffentlichte er bewusst folgende sechs Inhalte, die ohne weitere Zugangsbeschränkung öffentlich einsehbar waren:
9
(1) In der zweiten Märzhälfte 2018 veröffentlichte er eine Collage mit dem Bild eines Armes, der ein Messer zum Stoß erhoben führte und mit dem Messer auf eine Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika zielte. Auf der Messerscheide spiegelte sich ein Ausschnitt des vom IS verwendeten Symbols. In die Collage integriert war in englischer Sprache der Aufruf: "Beantwortet den Ruf und erstecht sie." ("Reply the call and stab them."). Dem fügte der Angeschuldigte auf arabischer Sprache die Anmerkung an: "Wir werden siegen trotz Wunden und Traurigkeit, denn es ist ein Versprechen vom Gott aller Götter."
10
(2) Im April 2018 präsentierte der Angeschuldigte in Bezug auf die damals bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft (WM) in Russland ein Bild, das aus einer Publikation des IS namens "Just Terror" stammte und einen bewaffneten Mann vor Symbolen der WM sowie Russlands zeigte. Die englischsprachige Bildunterschrift lautete: "Mit Gottes Erlaubnis werden es blutige Spiele sein…"
11
(3) Ende März 2018 stellte der Angeschuldigte das Foto eines mit einer Tarnuniform gekleideten Kämpfers ein, der ein auf einem Stativ montiertes Maschinengewehr über eine Mauer hinweg abfeuerte, über die eine schwarze Fahne hinweg hing, auf der ein Teil des islamischen Bekenntnisses zu erkennen ist. Der Angeschuldigte kommentierte das Bild auf Arabisch: "Wir kämpfen, weil wir für unsere Religion und Freiheit kämpfen müssen, bis wir die Eindringlinge vertreiben oder wir sterben. Und wir haben keine andere Wahl, als das zu tun. Wir gehören zu Gott, und zu ihm kehren wir zurück."
12
(4) Anfang Juni 2018 lud er ein Foto von H. auf sein Profil , der am 29. Mai 2018 in L. (B. ) einen Anschlag begangen und dabei zwei Polizistinnen und einen weiteren Menschen getötet hatte; er war sodann bei einem Polizeieinsatz erschossen worden. Der Angeschuldigte ergänzte auf Arabisch: "#Belgien: Bruder Bakr al-Baljiki (der Belgier), Gott möge ihn annehmen, hat vor einiger Zeit im Gefängnis durch einen Prediger zum Islam konvertiert. Er ist derjenige, der den Angriff auf die belgische, kreuzritterische Polizei und auf die kriegführenden Christen in der Stadt L. (B. -Ost) durchgeführt hat."
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(5) Der Angeschuldigte veröffentlichte in der zweiten Märzhälfte 2018 ein Foto, das die Enthauptung eines Menschen mit einem Messer durch einen Uniformierten in einem Zeitpunkt zeigt, in dem der Kopf des Opfers bereits weitgehend vom Körper abgetrennt und der klaffende Hals zu sehen ist. Der Angeschuldigte setzte neben der Abbildung von zwei stilisierten Messern auf Arabisch hinzu: "So pflegten die Gefährten Mohammeds die Kehlen durchzuschneiden als Tat, die sie näher an Gott bringt. 'Und wer sie von euch zu Beschützern nimmt, der gehört wahrlich zu ihnen.'"
14
(6) Rund eine Woche zuvor, ebenfalls im März 2018, fügte der Angeschuldigte ein Foto mit dem verkohlten Oberkörper eines bäuchlings auf Trümmern liegenden Menschen ein. Er bemerkte hierzu auf Arabisch: "Provinz Damaskus. Kadaver der verendeten Soldaten der Armee der Nusairier im Stadteil al-Qadam, südlich von Damaskus."
15
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich hinsichtlich der außereuropäischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" aus den "Strukturerkenntnissen" , die zu dieser Organisation in den entsprechend bezeichneten Sachakten zusammengetragen sind, insbesondere aus islamwissenschaftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. St. und Auswerteberichten des Bundeskriminalamts sowie den dort in Bezug genommenen und dargestellten weiteren Quellen.
16
Die veröffentlichten Beiträge und ihr Inhalt ergeben sich aus den entsprechenden polizeilich gesicherten Profilen sowie den Übersetzungen der fremdsprachigen Passagen. Dass der Angeschuldigte diese Beiträge erstellte und die zugrundeliegenden Zugangs-Identifikationsnummern nutzte, ist - ungeachtet seiner wechselnden, dem zuletzt entgegenstehenden Einlassungen - durch die Ermittlungen im Sinne eines dringenden Verdachts belegt.
17
In einer ersten Beschuldigtenvernehmung am 10. Dezember 2018 zu dem mitgeteilten Vorwurf in Bezug auf Veröffentlichung von Bildern auf dem "Google+"-Profil hat der Angeschuldigte erklärt, die Fotos, die er veröffentlicht habe, die gebe es überall in der Presse zu sehen, die seien nicht verboten. Das eine Enthauptung zeigende Foto kenne er nicht. In der Beschuldigtenvernehmung am 6. Februar 2019 hat er modifizierend angegeben, Sa. , den er in einer Moschee in Ha. kennengelernt habe, habe unter dem Namen " O. " ein Konto eröffnet. In seiner Vernehmung am 20. März 2019 hat er dann mitgeteilt, er habe nichts mit den Veröffentlichungen zu tun, er sei nicht Nutzer des Profils. Er habe sein Tablet und sein Mobiltelefon oft in der Moschee gelassen. Die Sicherungscodes für die Geräte habe er erst am Tag vor deren Sicherstellung angelegt.
18
Diese Einlassungen erscheinen in sich widersprüchlich, bereits aus sich heraus wenig überzeugend und nach dem vorläufigen Beweisergebnis widerlegt.
19
Die Untersuchung des bei dem Angeschuldigten am 12. Juni 2018 sichergestellten Mobiltelefons hat erbracht, dass mit dem Gerät und einer bestimmten Identifikationsnummer unter dem Namen " O. " 31 Dateien bei dem Dienst "Google+" zwischen dem 1. und 8. Juni 2018 hochgeladen wurden. Davon konnten 15 Dateien über den "Google+"-Zugang ermittelt werden, unter anderem die den Attentäter H. betreffende. Bereits wegen einesähnlichen Inhalts und des gleichen Profilnamens " O. " liegt nahe, dass der Angeschuldigte auch die Beiträge unter der Ende Mai 2018 gelöschten anderen Identifikationsnummer einstellte. Hierfür sprechen zudem die Angaben des Zeugen A. , eines früheren Mitbewohners des Angeschuldigten, dass dieser das Profil " O. " bei "Google+" angelegt und - auch für den IS betreffende Inhalte - genutzt habe. Unter der mitgeteilten, im Folgenden gelöschten Identifikationsnummer wurden fünf der sechs genannten Veröffentlichungen geladen. Eine den IS befürwortende Haltung des Angeschuldigten und seine Bezeichnung als " O. " haben andere Zeugen bestätigt.
20
Rückschlüsse zur inneren Tatseite lassen sich aus dem Inhalt der Veröffentlichungen und den sich aus den Ermittlungen ergebenden Erkenntnissen zur Person des Angeschuldigten, auch zu seinen Kenntnissen der englischen Sprache, ziehen.
21
Wegen weiterer Einzelheiten zur vorläufigen Bewertung der Beweisergebnisse wird auf den Haftbefehl des Oberlandesgerichts und die Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft Bezug genommen.
22
c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass sich der Angeschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland strafbar gemacht hat.
23
aa) Die Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem erhobenen Messer (oben unter (1)) ist als Werben um Mitglieder oder Unterstützer für eine der in § 129a Abs. 1 oder 2 StGB bezeichneten terroristischen Vereinigungen zu verstehen.
24
Danach wirbt um Mitglieder, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht, die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern. Die Werbung kann sich dabei in beiden Fällen sowohl an eine konkrete Person als auch an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten richten. Ein Erfolg der Werbung wird nicht vorausgesetzt; auch der erfolglose Versuch, andere als Mitglied oder Unterstützer einer Vereinigung zu gewinnen, wird von der Strafbarkeit erfasst (BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 353; vom 28. Juni 2018 - AK 26 und 27/18, juris Rn. 29). Jedenfalls bedarf es einer Gedankenäußerung, die sich nach dem Verständnis des Adressaten als Werbung zugunsten einer konkreten terroristischen Vereinigung darstellt und über das bloße Werben um Sympathie im Sinne eines befürworteten Eintretens für eine konkrete terroristische Vereinigung hinausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 197/14, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Werben 4 Rn. 11 f. mwN).
25
Nach diesen Maßstäben ist ein Werben anzunehmen. Ein Organisationsbezug ist angesichts der wenigstens ausschnittsweisen Darstellung des vom IS genutzten Symbols gegeben. Durch die eigenen Kommentierungen des Angeschuldigten fügte dieser einen eigenen Beitrag hinzu, der im Kontext als Aufforderung zu verstehen ist, sich den Gewalttätigkeiten des IS entweder mitgliedschaftlich oder unterstützend anzuschließen (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2019 - AK 15/19, StB StB 9/19, juris Rn. 21; vom 28. Juni 2018 - AK 26 und 27/18, juris Rn. 30). Der appellative Charakter ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen englischsprachigen Aufforderung, die in dem individuell beigefügten Text befürwortend aufgegriffen wird ("Wir werden siegen…").
26
bb) Eine Strafbarkeit in Bezug auf den IS als Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist nach § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB eröffnet und deutsches Strafrecht nach § 3 StGB anwendbar, da der Angeschuldigte in Deutschland handelte. Die gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB für die Strafverfolgung erforderliche Ermächtigung hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unter dem 13. Oktober 2015 für den IS in allgemeiner Form neu gefasst und erteilt.
27
cc) Hinter eine Strafbarkeit wegen Werbens tritt eine etwaige Strafbarkeit wegen öffentlichen Verwendens des Kennzeichens eines von einem Be- tätigungsverbot betroffenen Vereins gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VereinsG zurück. Demnach kommt eine Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG lediglich in solchen Fällen in Betracht, in denen die §§ 129a, 129b StGB (und §§ 129, 84, 85, 86a StGB) nicht verwirklicht sind.
28
dd) Weil der wesentliche den Haftbefehl tragende Vorwurf des Werbens für eine terroristische Vereinigung im Ausland im Sinne eines dringenden Tatverdachts mithin belegt ist und dieser die Fortdauer der Untersuchungshaft trägt, bedarf es hier keiner ins Einzelne gehenden Erörterung der weiteren Straftatbestände und Veröffentlichungen.
29
Insoweit bemerkt der Senat lediglich ergänzend:
30
(1) Die im Haftbefehl vorgenommene konkurrenzrechtliche Bewertung, sämtliche dem Angeschuldigten zur Last gelegten Delikte seien tateinheitlich (§ 52 StGB) verwirklicht, erscheint zweifelhaft. Nach den allgemeinen Maßstäben sind unterschiedliche Handlungen grundsätzlich für sich zu betrachten, sofern nicht ausnahmsweise (etwa nach dem jeweils in Betracht kommenden Tatbestand oder nach der Enge des Zusammenhangs) eine Bewertung als Tateinheit geboten ist. Bei mehrfachem Werben liegt in der Regel Tatmehrheit vor (BGH, Beschluss vom 17. August 2017 - AK 34/17, NStZ-RR 2017, 347, 348). Ein enger räumlicher, zeitlicher und sachlicher Zusammenhang, der beispielsweise bei einer einheitlichen Chatkommunikation anzunehmen sein kann (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2019 - AK 21/19, juris Rn. 28; s. auch BGH, Beschluss vom 7. Februar 2019 - AK 1/19, juris Rn. 38), erschließt sich nicht ohne Weiteres.
31
(2) Soweit bei den übrigen Veröffentlichungen eine Strafbarkeit wegen Werbens für eine terroristische Vereinigung im Ausland zu erwägen ist, sind insbesondere ein etwaiger Organisationsbezug der Veröffentlichungen und gegebenenfalls die Abgrenzung zu einem bloß befürwortenden Eintreten für die Vereinigung in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - 3 StR 218/12, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Werben 3 Rn. 5 f.; Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 197/14, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Werben 4 Rn. 12 f.).
32
(3) Sofern ein Verbreiten von Schriften etwa nach § 111 Abs. 1 Variante 3, § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Alternative 1 und § 140 Nr. 2 Variante. 3 StGB in Rede steht, ist bei dem Bereitstellen von Dateien im Internet in Bedacht zu nehmen, ob diese bei einem Nutzer eingegangen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 2012 - 3 StR 314/12, juris Rn. 18; vom 12. November 2013 - 3 StR 322/13, NStZ-RR 2014, 47; Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55, 59).
33
2. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Es ist wahrscheinlicher, dass sich der Angeschuldigte - sollte er auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm stellen wird.
34
Die im Falle einer Verurteilung drohende Freiheitsstrafe stellt einen Fluchtanreiz dar, der durch die konkreten Lebensumstände des im August 2015 als Flüchtling nach Deutschland eingereisten Angeschuldigten verstärkt wird. Er bemühte sich einige Monate vor seiner Verhaftung um ein Visum für Ägypten, wo seine Eltern und eine Schwester leben. In einem Telefonat äußerte er im Juli 2018 die Absicht, Deutschland zu verlassen. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wurde im April 2019 widerrufen. In der ihm im Asylverfahren zugewiesenen Unterkunft hielt er sich häufiger nicht auf, sondern übernachtete in Ham. . Soziale Bindungen in Deutschland, die einer Flucht ins Ausland oder einem Untertauchen entgegenstünden, bestehen nicht.
35
Eine etwaige - im Schriftsatz vom 28. Juni 2019 näher dargelegte - Betreuung durch das Aussteigerprogramm "Islamismus" des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport ändert daran nichts, da sie angesichts des kurzen Zeitraums grundlegende fluchthemmende Gesichtspunkte nicht tragfähig belegt und somit die dargelegte Fluchtgefahr nicht entkräftet. Ob eine Mitarbeit des Angeschuldigten gegebenenfalls lediglich mit Blick auf das Strafverfahren und die Untersuchungshaft taktisch motiviert ist, bedarf somit keiner weiteren Erörterung.
36
Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO erreicht werden.
37
3. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen.
38
Die Auswertung der bei dem Angeschuldigten - teils bereits vor seiner Festnahme - sichergestellten Mobiltelefone hat sich angesichts des Umfangs der gespeicherten Daten und der erforderlichen Hinzuziehung von Dolmetschern über mehrere Monate erstreckt. Er selbst ist auf seinen eigenen Wunsch hin wiederholt im Ermittlungsverfahren vernommen worden. Nach Fertigstellung des polizeilichen Abschlussberichts am 8. Mai 2019 hat die Generalstaatsan- waltschaft Celle unter dem 20. Mai 2019 Anklage erhoben und zugleich die Anfertigung einer Übersetzung der Anklageschrift veranlasst. Die Zustellung der Anklageschrift ist am 23. Mai 2019, dem Tag ihres Eingangs, verfügt und eine Erklärungsfrist von drei Wochen gesetzt worden. Das Oberlandesgericht hat für den Fall der Eröffnung mögliche Hauptverhandlungstermine ab dem 12. August 2019 ins Auge gefasst.
39
Soweit ein Verteidiger in seiner Stellungnahme herausgestellt hat, dass der Vorsitzende des mit der Sache befassten Senats des Oberlandesgerichts die Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers wegen des verhältnismäßig einfach gelagerten Sachverhalts für nicht erforderlich gehalten habe, steht dies der Haftfortdauer nicht entgegen. Die Erforderlichkeit der Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers nach Anklageerhebung bemisst sich nach anderen Maßstäben als die Beurteilung der besonderen Schwierigkeit und des besonderen Umfangs der Ermittlungen im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO.
40
Danach ist das Verfahren insgesamt mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
41
4. Die Untersuchungshaft steht nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Angeschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinter- esse der Allgemeinheit andererseits derzeit nicht zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Schäfer Spaniol Anstötz

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2015 - 3 StR 197/14

bei uns veröffentlicht am 02.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 1 9 7 / 1 4 vom 2. April 2015 in der Strafsache gegen wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - AK 33/19.

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2019 - AK 51/19

bei uns veröffentlicht am 02.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 51/19 vom 2. Oktober 2019 in dem Strafverfahren gegen wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz ECLI:DE:BGH:2019:021019BAK51.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldig

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wird wie ein Anstifter (§ 26) bestraft.

(2) Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Die Strafe darf nicht schwerer sein als die, die für den Fall angedroht ist, daß die Aufforderung Erfolg hat (Absatz 1); § 49 Abs. 1 Nr. 2 ist anzuwenden.

(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

1.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
2.
den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
3.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt,
4.
einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5.
Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. In den Fällen der Nummer 5 gilt § 9 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 oder 3 entsprechend.

(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen, wenn

1.
bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder
2.
der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden.

Wer eine der in § 138 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 5 letzte Alternative oder in § 126 Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten oder eine rechtswidrige Tat nach § 176 Absatz 1 oder nach den §§ 176c und 176d

1.
belohnt, nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden ist, oder
2.
in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) billigt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 9 7 / 1 4
vom
2. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung
im Ausland
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. April 2015,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt aus Berlin,
Rechtsanwalt aus Berlin
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 8. November 2013 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Kammergericht Berlin hat den Angeklagten wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt sowie zu seinen Lasten zwei PCs, einen Laptop, zwei externe Festplatten und einen Memorystick eingezogen. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen begeisterte sich der als Palästinenser im Libanon aufgewachsene Angeklagte mehr und mehr für die terroristische Organisation Al Qaida, die sich nach seiner Auffassung als einzige wirklich für die Sache der Palästinenser einsetzt. Ab dem Jahre 2008 schloss er sich dem Internetforum "Ansar al-Mujahideen" an, einem Netzwerk aus mehreren jihadistischen Websites, das die Unterstützung des gewaltsamen "Jihad" im Sinne der Ideologie von Al Qaida zum Ziel hat und dessen sich auch die Al QaidaMedienorganisationen regelmäßig für ihre Veröffentlichungen bedienen. Unter Nutzung seiner Kenntnisse über computergestützte Filmbearbeitung beteiligte er sich dort zunächst an der Gestaltung der Internetauftritte. Im Jahre 2009 entschloss er sich, Al Qaida durch eigene Medienarbeit zu unterstützen. Hierzu fertigte er mehrere Videobeiträge an und stellte diese im Forum "Ansar alMujahideen" bzw. in dessen Unterforen mittels Links zum Herunterladen bereit "in der Hoffnung, eine möglichst große Zahl von Nutzern zur Teilnahme am Jihad als Mitglied von Al Qaida oder zu deren Unterstützung, insbesondere durch Spenden, zu bewegen."
3
1. Am 12. April 2009 stellte er eine selbst gefertigte Videocollage mit dem Titel "Wir sind Angehörige des Monotheismus, Knechte des Einen" in das offen zugängliche "Forum für islamische Videos und Audios" ein (Fall B. IV. 1. der Urteilsgründe). Sie reiht unter Einblendung des Logos des AnsarNetzwerkes in rascher Folge Kampfszenen aus Filmen über die Kreuzzüge sowie Aufnahmen vom Kampf jihadistischer Gruppen gegen russische Soldaten in Afghanistan, von den Anschlägen des 11. September 2001 und vom Training jihadistischer Gruppierungen in der Gegenwart aneinander. Unterlegt ist die Darstellung mit Aufnahmen Usama Bin Ladens, mit Texten und mit Gesang. Unter anderem singt ein Männerchor: "Für Dich opfern wir unsere Seelen und werden nicht davon ablassen, oh Du Heimat, für Dich und Deinetwegen sind wir bereit, unser Leben zu geben". Im Abspann folgt der Appell "Vergesst nicht, Eure Brüder, die Mujahideen, und alle Muslime mit Eurem Gebet zu unterstützen".
4
2. Am 19. April 2009 stellte er - wiederum unter Verwendung des Logos des Netzwerkes "Ansar al-Mujahideen" - die von ihm bearbeitete Aufzeichnung eines Interviews von J. mit Usama Bin Laden ein (Fall B. IV. 2. der Urteilsgründe ). In dem Interview erklärt Bin Laden die Teilnahme am Jihad angesichts der antiislamischen Aggression des Westens zur Pflicht eines jeden Muslim. Jeder solle hervortreten und Juden und Amerikaner töten. Angefügt sind u.a. Bildsequenzen von den Anschlägen des 11. September 2001. Im Abspann folgt der Aufruf, "unsere Brüder, die Mujahideen, nicht zu vergessen hinsichtlich Eures aufrichtigen Bittgebets und Eurer Geldmittel und Eurer Leben".
5
3. Am 8. Juli 2009 stellte er eine selbst gefertigte Videocollage mit dem Titel "Nur nicht meinen Liebling, Ihr ungläubigen Flegel" in ein offenes Forum ein (Fall B. IV. 3. der Urteilsgründe). Sie befasst sich mit den Veröffentlichungen der sog. Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Tageszeitung im September 2005. Wiedergegeben werden Aufrufe zur Rache für die "Verunglimpfung des Propheten", daneben werden Bildersequenzen mit Sprengstoffanschlägen und kämpfenden Mujahideen gezeigt. In Gesängen wird zum Jihad aufgerufen. Es folgen Bilder von sieben "Märtyrern" aus dem Umfeld von Al Qaida auf dem Totenbett, eine Aufnahme des Attentäters des Anschlags von Al Qaida auf die dänische Botschaft in Islamabad am 2. Juni 2008 sowie die Abschiedserklärung des Selbstmordattentäters auf die US-amerikanische Botschaft in Khost/Afghanistan am 2. Juli 2008, die dieser ausdrücklich als Rache für die "Verhöhnung des Gesandten" verübt hatte. Auch hier folgt im Abspann der Aufruf, "unsere Brüder, die Mujahideen, nicht zu vergessen hinsichtlich Eures aufrichtigen Bittgebets und Eurer Geldmittel und Eurer Leben".
6
4. Schließlich stellte er die bearbeite Fassung eines am 26. August 2009 erschienenen Videofilms über einen Selbstmordanschlag auf eine Polizeistation in Nazran/Inguschetien in das Forum ein (Fall B. IV. 4. der Urteilsgründe). In den Originalfilm eingefügt hatte der Angeklagte u.a. den Ruf "Hier spricht die Stimme des Kaukasus, Du unser Scheich Bin Laden", die Einblendung des Schriftzuges "Scheich der Mujahideen, Usama Bin Laden. Möge ihn Allah beschützen und am Leben erhalten" sowie eine Rede Bin Ladens mit einem Aufruf zur Teilnahme am gewaltsamen Jihad.

II.


7
Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

III.


8
Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg.
9
1. Die Annahme des Kammergerichts, der Angeklagte habe mit der Einstellung der Videobeiträge in die Internet-Foren jeweils um Mitglieder und Unterstützer der ausländischen terroristischen Vereinigung Al Qaida geworben (§ 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB), hält rechtlicher Überprüfung stand.
10
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, StB 3/07, BGHSt 51, 345, 353; vom 19. Juli 2012 - 3 StR 218/12, StV 2013, 303) wirbt im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB um Mitglieder für eine terroristische Vereinigung, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht , die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern. Dies bedeutet eine Umgrenzung des Tatbestandes in zweifacher Hinsicht:
11
Erforderlich ist zunächst eine Gedankenäußerung, die sich nach dem Verständnis des Adressaten als Werbung zugunsten einer konkreten terroristischen Vereinigung darstellt. Ein allgemein gefasster Aufruf, sich an nicht näher gekennzeichneten terroristischen Aktivitäten zu beteiligen, reicht für den hiernach notwendigen Organisationsbezug nicht aus. Auch die Aufforderung, sich dem "Jihad" anzuschließen, genügt für sich genommen nicht, da dieser Begriff nicht allein für den Kampf einer oder mehrerer bestimmter terroristischer Vereinigungen steht, sondern für eine Vielzahl von islamistischen Aktivitäten, selbst wenn diese nicht durch terroristische Vereinigungen unternommen werden. Etwas anderes kann für den Aufruf zum "Jihad" nur gelten, wenn er durch eine Person vorgenommen wird, die eine Vereinigung derartig herausgehoben repräsentiert, dass sich allein daraus ausreichend konkret ergibt, die Aufforderung gelte zu allererst oder zumindest auch zu Gunsten der repräsentierten Vereinigung (BGH aaO).
12
Notwendig ist daneben die Abgrenzung zum bloßen Werben um Sympathie. Nicht ausreichend ist das befürwortende Eintreten für eine konkrete terroristische Vereinigung, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten sowie die Verherrlichung der Ideologie, aus der verschiedene derartige Vereinigungen ihre Tätigkeit legitimieren und die gegebenenfalls auch Einzelpersonen zur Legitimation der Begehung von Straftaten dient (BGH aaO). Dass derartige Äußerungen regelmäßig auch mit der stillschweigenden Erwartung einhergehen werden, beim Adressaten Überlegungen hin zu einem Anschluss an die Vereinigung oder zu deren Unterstützung auszulösen und dieser so neuen Zulauf zu verschaffen, kann hieran nichts ändern. Um die gebotene Abgrenzung zur straflosen bloßen Sympathiewerbung zu gewährleisten, muss vielmehr festgehalten werden am Erfordernis eines sich dem Adressaten - wenn auch nur aus den Gesamtumständen - erschließenden eigenen Inhalts der Erklärung dahin, sie diene gezielt der Gewinnung von Mitgliedern oder Unterstützern zu Gunsten einer konkreten Organisation (BGH aaO).
13
Für die Beurteilung, ob der Äußerung ein in diesem Sinne werbender Charakter zukommt, gelten die allgemein an die Ermittlung des Inhalts einer Erklärung anzulegenden Maßstäbe (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2012 - 3 StR 314/12, StraFo 2013, 123, 125). Die Auslegung von schriftlichen und mündlichen Äußerungen auf ihren tatsächlichen Gehalt ist Sache des Tatrichters (BGH, Urteil vom 15. März 1994 - 1 StR 179/93, BGHSt 40, 97, 101; Beschluss vom 16. Mai 2012 - 3 StR 33/12, NStZ 2012, 564). Kriterien für die Auslegung sind der Wortlaut, der sprachliche Kontext der Äußerung sowie die für die Zuhörer erkennbaren Begleitumstände, unter denen die Äußerung fällt (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 3 StR 446/01, NStZ 2002, 592). Maßgeblich ist das Verständnis des Durchschnittsadressaten (BGH, Urteil vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 19). Schon nach einfach-rechtlichen, im Hinblick auf die wertsetzende Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) insbesondere aber auch nach verfassungsrechtlichen Anforderungen ist dabei zu beachten, dass einer Aussage keine Bedeutung beigelegt werden, die sie objektiv nicht hat, und dass im Falle der Mehrdeutigkeit einer Aussage nicht von der zur Verurteilung führenden Deutung ausgegangen werden darf, ohne dass andere Deutungsmöglichkeiten mit tragfähigen Gründen ausgeschlossen worden sind (BVerfG, Beschlüsse vom 19. April 1990 - 1 BvR 40/86 u.a., BVerfGE 82, 43; vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u.a., BVerfGE 93, 266, 295 f.; vom 29. Juli 1998 - 1 BvR 287/93, NJW 1999, 204, 205; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 3 StR 446/01, NStZ 2002, 592). Lässt eine Sinngebung danach Verstöße gegen Denk- oder Sprachgesetze oder gegen das Gebot umfassender Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände nicht erkennen, so muss sie vom Revisionsgericht als rechtsfehlerfrei hingenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 19).
14
b) Nach diesen Maßstäben ist die Bewertung des Kammergerichts, den festgestellten Inhalten der Veröffentlichungen sei jeweils eine Aufforderung an die Adressaten zu entnehmen, auf der Seite von Al Qaida an Gewaltakten teilzunehmen oder die Vereinigung zu unterstützen, nicht zu beanstanden.
15
aa) Die unter B. IV. 1. der Urteilsgründe beschriebene Collage vermischt in schneller Abfolge Szenen aus Filmen über die Kreuzzüge, Darstellungen von Kampfhandlungen heutiger "Jihadisten" sowie Bilder von den Anschlägen des 11. September 2001 und blendet dabei wiederholt auch Aufnahmen von Usama bin Laden ein. Akustisch begleitet wird das Video von Tonaufnahmen, die das "Märtyrertum" verherrlichen. Der vom Kammergericht aus einer Gesamtschau dieser Umstände gezogene Schluss, der Angeklagte habe dem Adressaten vermitteln wollen, die Teilnahme am gewaltsamen "Jihad" unter Führung von Al Qaida und Usama bin Laden sei die legitime Fortsetzung eines seit den Kreuzzügen andauernden Abwehrkampfs der Muslime gegen Aggressionen der westlichen Welt und damit Pflicht eines jeden Gläubigen, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Dieser Gesamteindruck wird insbesondere mit Blick auf den Adressatenkreis nicht dadurch entscheidend relativiert, dass der Angeklagte im Abspann zu der 6:20 Minuten langen Kollage (lediglich) noch dazu aufforderte, "die Mujahideen und alle Muslime" durch Gebete zu unterstützen.
16
bb) In dem unter B. IV. 2. der Urteilsgründe dargestellten Video fordert Usama Bin Laden zur Teilnahme am "Jihad" und damit - nach dem Gesamtzusammenhang - zu gewaltsamen Aktionen an der Seite von Al Qaida auf. Diesen Aufruf machte sich der Angeklagte erkennbar dadurch zu eigen, dass er seinerseits an die Adressaten mit der Bitte herantrat, die "Brüder" mit Geldmitteln und unter Einsatz ihres Leben zu unterstützen.
17
cc) Entsprechendes gilt im Falle B. IV. 3. der Urteilsgründe. Die Collage stellt Aufrufe zur Rache wegen der Veröffentlichung der MohammedKarikaturen in einen engen Zusammenhang mit terroristischen Aktionen gerade von Al Qaida; auch hier appellierte der Angeklagte an die Adressaten, die "Brüder" mit Geldmitteln und unter Einsatz ihres Leben zu unterstützen.
18
dd) Auch im Falle B. IV. 4. der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte schließlich den wiedergegebenen Aufruf Usama Bin Ladens zur Teilnahme am "Jihad" und damit zu gewaltsamen Aktionen an der Seite von Al Qaida erkennbar zu Eigen gemacht. Seine Einfügungen bezeichnen Usama Bin Laden als "unseren Scheich" sowie als "Scheich der Muhajideen" und betonen so dessen von ihm anerkannte führende Rolle im gewaltsamen "Jihad" ebenso wie dessen Autorität in Glaubensfragen.

19
2. Auch der Strafausspruch hat Bestand.
20
a) Dies gilt auch, soweit das Kammergericht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass dieser nach der Hausdurchsuchung am 28. September 2009 seine jihadistischen Aktivitäten fortsetzte. Auch wenn für die Zeit nach der Begehung der letzten abgeurteilten Tat im August 2009 keine Straftaten des Angeklagten mehr festgestellt wurden, hat der Strafsenat ausreichend dargelegt , dass der Angeklagte sich auch danach nicht, wie die Revision meint, auf seine Information über jihadistische Aktivitäten beschränkte, sondern seinerseits Aktivitäten im Hinblick auf die Fertigung neuer Videofilme über jihadistische Themen entwickelte. Dies durfte der Tatrichter als Nachtatverhalten werten , aus dem sich Rückschlüsse auf die Einstellung des Angeklagten zu seinen Taten ziehen lassen.
21
b) Ebenso wenig unterliegt die straferschwerende Berücksichtigung des Umstandes, dass der Angeklagte nicht davor zurückschreckte, seinen Sohn in seine gewaltverherrlichenden Aktivitäten einzubeziehen und dessen kindliche Entwicklung durch rigide Glaubensvorstellungen "in Art einer Gehirnwäsche" zu beeinflussen, einem Rechtsfehler. Zwar garantiert Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder und umfasst zusammen mit Art. 4 Abs. 1 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02, BVerfGE 108, 282, 301 mwN; Beschluss vom 21. Juli 2009 - 1 BvR 1358/09, NJW 2009, 3151, 3152 mwN), wobei die Grundrechte auch bei der Strafzumessung als Wertmaßstäbe Beachtung verlangen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 1968 - 1 BvR 579/67, BVerfGE 23, 127, 133 f.). Doch ergibt der Zu- sammenhang der Urteilsdarlegungen des Kammergerichts, dass es zu Lasten des Angeklagten nicht die religiöse Erziehung seines Sohnes, sondern dessen Einbeziehung in seine gewaltverherrlichenden Aktivitäten berücksichtigt hat, die vom Erziehungsrecht nicht umfasst sind. Diese Bewertung wird von den Feststellungen auch getragen, wonach der Angeklagte als Arbeitsmaterial für seine jihadistischen Beiträge im Internet auch Bilder seines achtjährigen Sohnes erstellt hat, die diesen mit wollener Gesichtsmaske und einer Gewehrattrappe in der Hand zeigen, die ungefähr seine Größe erreicht (UA S. 45).

IV.


22
Schließlich hält auch die Einziehung zweier näher bezeichneter PC, eines Laptop, zweier externer Festplatten und eines Memorystick der rechtlichen Überprüfung stand. Das Kammergericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Computer nebst Zubehör vorliegend als Tatmittel anzusehen sind und deshalb nach § 74 Abs. 1 Alt. 2 StGB als Einziehungsgegenstand in Betracht kommen (BGH, Beschlüsse vom 28. August 2012 - 4 StR 278/12, BGHR StGB § 74b Abs. 2 Einziehung 1; vom 8. Februar 2012 - 4 StR 657/11, NStZ 2012, 319). Entgegen dem Revisionsvorbringen ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, dass der Strafsenat die Einziehung nicht mit der Auflage, die Festplatten zu löschen, nach § 74b Abs. 2 StGB lediglich vorbehalten hat.
23
Gemäß § 74b Abs. 2 StGB hat das Gericht anzuordnen, dass die Einziehung lediglich vorbehalten bleibt und eine weniger einschneidende Maßnahme zu treffen ist, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. Die Einziehung dient allerdings keinem einzelnen Zweck. Sie verfolgt nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung vielmehr eine mehrspurige Konzeption verschiedener repressiver und präventiver Zwecke und hat damit je nach den Umständen des Falles Straf- und/oder Sicherungscharakter. Soweit im Einzelfall sowohl die Voraussetzungen einer personen- als auch objektbezogenen Einziehung gegeben sind, bestimmt sich der Rechtscharakter der Sanktion nach dem Zweck, dem unter Berücksichtigung der konkreten Umstände das entscheidende Gewicht beizumessen ist (S/S-Eser, 29. Aufl., vor § 73 ff., Rn. 13 ff.). Im Fall der Einziehung nach § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB steht regelmäßig deren Strafcharakter im Vordergrund, da diese hier im Wesentlichen an täterbezogene Merkmale - die Schuld und das Eigentum des Täters - anknüpft, während der eingezogene Gegenstand an sich keine Gefährlichkeit aufweist (S/S-Eser, 29. Aufl., vor § 73 ff., Rn. 14). Das Strafübel ist im Verlust des Eigentums an dem eingezogenen Gegenstand zu sehen. Dieses lässt sich indes nur durch die Einziehung des Gegenstandes erreichen, während denkbare weniger einschneidende Maßnahmen zwar den Sicherungszweck, nicht aber den Strafzweck der Einziehung erfüllen können (S/S-Eser, 29. Aufl., § 74b, Rn. 6; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 74b Rn. 3).
24
So liegt der Fall hier. Das Kammergericht hat die Einziehung auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich entnehmen, dass die Einziehung der Computer samt Zubehör , die dem Angeklagten nicht allein zur Vorbereitung und Begehung der abgeurteilten Taten dienten, sondern ihn umfassend in das Ansar-Netzwerk als einen der wesentlichen Moderatoren einbanden (vgl. UA S. 42 ff.), als Strafsanktion dienen sollte. Dieser Zweck konnte mit weniger einschneidenden Maßnahmen wie der Löschung der Festplatten nicht erreicht werden, zumal sich der Angeklagte von der Durchsuchung in vorliegender Sache nicht davon abhalten ließ, mit neuen Geräten seine Aktivitäten zur Herstellung von Videocollagen und dergleichen wieder aufzunehmen. Im Hinblick auf die her- vorragende Bedeutung der eingezogenen Computer nebst Zubehör für die Begehung der abgeurteilten Taten und des nicht allzu hohen Wertes der - vom Angeklagten bald wieder ersetzten - Geräte stellt es auch keinen Rechtsfehler dar, dass das Kammergericht die Einziehung nicht ausdrücklich mildernd bei der Strafzumessung berücksichtigt hat.
25
Der Einziehung steht auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei Verurteilungen wegen des Herunterladens oder Vorführens kinderpornographischen Materials regelmäßig ein Vorbehalt der Einziehung der verwendeten Computer bei Auflage weniger einschneidender Maßnahmen zu erörtern ist (BGH, Beschlüsse vom 28. November 2008 - 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 70 f.; vom 1. Januar 2012 - 4 StR 612/11; vom 8. Februar 2012 - 4 StR 657/11, NStZ 2012, 319; vom 28. August 2012 - 4 StR 278/12, BGHR StGB § 74b Abs. 2 Einziehung 1), nicht entgegen. Die Entscheidung des 2. Senats, auf die diese Rechtsprechung jeweils verweist (BGH, Beschluss vom 28. November 2008 - 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69 ff.), sah in dem beschlagnahmten Computer einen individualgefährlichen Gegenstand nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB, so dass der Sicherungscharakter der Einziehung im Vordergrund stand, dem gegebenenfalls auch mit weniger einschneidenden Maßnahmen Rechnung getragen werden kann.
Schäfer Pfister Mayer
Gericke Spaniol

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

21
aa) In den Fällen II.1. und 3. der Anklage ergibt sich aus dem Inhalt der Videobotschaften in Zusammenhang mit den Kommentaren des Angeklagten jeweils nach dem Verständnis des Adressatenkreises eine Gedankenäußerung des Inhalts, dass sich die Betrachter einer konkreten terroristischen Vereinigung - dem IS - als Mitglied anschließen und entweder für diesen Selbstmordanschläge begehen oder auf dessen Seite im Jihad gegen die "Ungläubigen" kämpfen sollten (vgl. zu den Anforderungen des Werbens um Unterstützer für eine konkrete Vereinigung BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - 3 StR 218/12, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Werben 3).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

1.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
2.
den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
3.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt,
4.
einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5.
Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. In den Fällen der Nummer 5 gilt § 9 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 oder 3 entsprechend.

(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen, wenn

1.
bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder
2.
der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer als Rädelsführer oder Hintermann im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes den organisatorischen Zusammenhalt

1.
einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder
2.
einer Partei, von der das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei ist,
aufrechterhält, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer sich in einer Partei der in Absatz 1 bezeichneten Art als Mitglied betätigt oder wer ihren organisatorischen Zusammenhalt oder ihre weitere Betätigung unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer einer anderen Sachentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die im Verfahren nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes oder im Verfahren nach § 33 Abs. 2 des Parteiengesetzes erlassen ist, oder einer vollziehbaren Maßnahme zuwiderhandelt, die im Vollzug einer in einem solchen Verfahren ergangenen Sachentscheidung getroffen ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Den in Satz 1 bezeichneten Verfahren steht ein Verfahren nach Artikel 18 des Grundgesetzes gleich.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und der Absätze 2 und 3 Satz 1 kann das Gericht bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen.

(5) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 Satz 1 kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(1) Wer als Rädelsführer oder Hintermann im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes den organisatorischen Zusammenhalt

1.
einer Partei oder Vereinigung, von der im Verfahren nach § 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei ist, oder
2.
einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,
aufrechterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer sich in einer Partei oder Vereinigung der in Absatz 1 bezeichneten Art als Mitglied betätigt oder wer ihren organisatorischen Zusammenhalt oder ihre weitere Betätigung unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) § 84 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 34/17
vom
17. August 2017
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2017:170817BAK34.17.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 17. August 2017 gemäß §§ 121, 122 StPO
beschlossen:
Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 26. Januar 2017 (6 ARs 1/17), neu gefasst durch die Beschlüsse vom 23. März 2017 und 6. Juli 2017, wird aufgehoben.
Der Beschuldigte ist in dieser Sache aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

Gründe:

1
Der Beschuldigte ist aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 26. Januar 2017 (6 ARs 1/17), geändert durch Beschlüsse vom 23. März 2017 und 6. Juli 2017, am 1. Februar 2017 festgenommen worden und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft.

I.

2
Gegenstand des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 26. Januar 2017 ist nach dessen zweimaliger Änderung allein noch der Vorwurf, der Beschuldigte habe den "Islamischen Staat Irak und Großsyrien" (ISIG) und damit eine Vereinigung im Ausland unterstützt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Tot- schlag (§ 212 StGB) oder Kriegsverbrechen zu begehen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 129b Abs. 1 StGB).

II.

3
Die Prüfung, ob die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus fortdauern darf (§§ 121, 122 StPO), führt zur Aufhebung des Haftbefehls, weil der Beschuldigte der ihm vorgeworfenen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung im Sinne des Haftbefehls nach derzeitigem Ermittlungsstand jedenfalls nicht dringend verdächtig im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO ist.
4
1. Soweit dem Beschuldigten Tätigkeiten als Schleuser und Anwerber für den ISIG angelastet werden, umschreibt der Haftbefehl den Vorwurf nicht in ausreichendem Maße und genügt damit nicht den Anforderungen des § 114 Abs. 2 Nr. 2 StPO.
5
a) Nach dieser Vorschrift sind im Haftbefehl die Tat, deren der Beschuldigte dringend verdächtig ist, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften anzuführen. Der strafrechtliche Vorwurf, der die Untersuchungshaft rechtfertigen soll, ist in ähnlicher Weise wie in der Anklageschrift (§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO) zu umschreiben. Dies bedeutet, dass der Tatvorgang als solcher in seiner bedeutsamen konkreten Erscheinungsform mitgeteilt werden muss (LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 114 Rn. 9). Der Haftbefehl muss das ihm zugrundeliegende Geschehen nach Ort und Zeit, Art der Durchführung und sonstigen Umständen so genau bezeichnen, dass ein bestimmter Lebensvorgang erkennbar ist, dem der Beschuldigte den gegen ihn erhobenen Vorwurf einer Straftat entnehmen kann (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 114 Rn. 7 mwN). Zwar kann - soweit in einem frühen Stadium der Ermittlungen eine detaillierte Beschreibung der Taten noch nicht möglich ist - eine zusammenfassende Darstellung im Haftbefehl genügen. Im weiteren Verlauf ist die Tatschilderung dann aber der fortschreitenden Ermittlungslage anzupassen. Stets müssen bei der Umschreibung des historischen Vorgangs auch die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale aufscheinen. Es muss für jedes gesetzliche Tatbestandsmerkmal erkennbar sein, durch welchen Teil des Geschehens es erfüllt ist (vgl. KG, Beschluss vom 10. August 2016 - (5) 121 HEs 8/16 (14/16), juris Rn. 27; LR/Hilger aaO; Meyer-Goßner/Schmitt aaO; KK-Graf, StPO, 7. Aufl., § 114 Rn. 6). Verlangt ist somit die konkrete Beschreibung eines Lebenssachverhalts, der unter einen Straftatbestand subsumiert werden kann. Die Anforderungen an die Tatschilderung richten sich damit auch danach, welche Straftat dem Beschuldigten vorgeworfen wird.
6
Vorliegend wird dem Beschuldigten die Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB angelastet. Unter einem Unterstützen im Sinne dieser Vorschriften ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitgliedes zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenn auch nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitgliedes zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitgliedes hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 350 f.; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117 f.). Auch muss das Wirken des Nichtmitgliedes nicht zu einem von diesem erstrebten Erfolg führen; es genügt, wenn sein Tun für die Organisation objektiv nützlich ist, ohne dass ein messbarer Nutzen für diese eintritt (vgl. BGH, Urteile vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 116; vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244). Erforderlich ist aber immer, dass das Nichtmitglied konkret eine Unterstützungsleistung für die Vereinigung erbringt. Dabei stehen die Handlungen, mit denen der Täter eine terroristische Vereinigung unterstützt, zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit. Denn anders als bei der mitgliedschaftlichen Betätigung an einer Vereinigung nach § 129a Abs. 1 Alternative 2 StGB, bei der wegen ihres Charakters als Organisationsdelikt mehrere Beteiligungsakte jedenfalls dann, wenn sie nicht ihrerseits einen weiteren Straftatbestand erfüllen, zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit verknüpft werden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308 ff.), kommt wegen der unterschiedlichen rechtlichen Struktur bei den Tatbestandsvarianten des Werbens und Unterstützens nach § 129a Abs. 5 StGB eine solche normativ vorgegebene pauschale Zusammenfassung mehrerer unterstützender Einzelakte nicht in Betracht. Bei mehrfachem Werben oder Unterstützen liegt vielmehr in der Regel Tatmehrheit vor (vgl. LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 193).
7
Daraus folgt als Anforderung an die Tatschilderung in diesen Fällen, dass es zur Beschreibung des Tatvorwurfs der Unterstützung einer terroristi- schen Vereinigung im Haftbefehl nicht ausreicht, dem Beschuldigten allgemein eine Tätigkeit etwa als "Rekruteur" anzulasten. Erforderlich ist vielmehr die Darlegung einer oder mehrerer Unterstützungshandlung(en), die - gegebenenfalls jede für sich - so konkret umschrieben sein muss (müssen), dass erkennbar ist, ob sie den Straftatbestand des § 129a Abs. 5 StGB erfüllt (erfüllen). Nur dann kann der Haftbefehl seinen Funktionen gerecht werden, zu denen nicht nur die Information des Beschuldigten zählt. Vielmehr ist es auch Aufgabe des Haftbefehls , dem Haftprüfungsgericht im Rahmen der besonderen Haftprüfung nach den §§ 121 ff. StPO mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal "wegen derselben Tat" eine Kontrolle der Haftzeit zu ermöglichen (vgl. KG, aaO Rn. 8 ff.). Ob die Schwierigkeiten der Ermittlungen gerade wegen des im Haftbefehl enthaltenen Tatvorwurfs eine sechs Monate überdauernde Untersuchungshaft rechtfertigen, kann nur im Blick auf eine individuelle Beschreibung des Tatvorwurfs im Haftbefehl entschieden werden.
8
b) Hieran gemessen genügt der Haftbefehl des Oberlandesgerichts insoweit nicht den Anforderungen des § 114 Abs. 2 Nr. 2 StPO als er auf den dringenden Tatverdacht gestützt ist, der Beschuldigte habe seit August 2015 in Frankfurt am Main und an anderen Orten den ISIG unterstützt, indem er "u. a. als Schleuser und Anwerber für" diese Organisation tätig gewesen sei. Damit wird lediglich allgemein eine "Tätigkeit", nicht aber eine konkrete Handlung umschrieben , mit der der Beschuldigte den ISIG unterstützt haben soll. Die Schilderung einer konkreten Unterstützungshandlung findet sich auch im Folgenden im Haftbefehl nicht. Soweit im Zusammenhang mit der rechtlichen Bewertung des Vorwurfs und der Darlegung der vorläufigen Beweisergebnisse ein Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 22. August 2016 zitiert wird, wonach der Beschuldigte die Reihen des IS in Syrien verlassen habe und sich nun in Deutschland aufhalte, wo er als Rekruteur und Schleuser für den IS tätig sei, wird auch hierin die Beschreibung konkreter einzelner Hand- lungen nicht erkennbar. Damit kann die Untersuchungshaft nicht auf den Vorwurf gestützt werden, der Beschuldigte habe während seines Aufenthaltes im Rhein-Main-Gebiet Aktivitäten entfaltet, um Mitglieder und Unterstützer für den IS zu gewinnen oder nach Deutschland einzuschleusen.
9
2. Dem Haftbefehl kann ansatzweise allenfalls insoweit eine den Anforderungen des § 114 Abs. 2 Nr. 2 StPO genügende Tatschilderung entnommen werden, als er bei der Aufzählung der gegen den Beschuldigten sprechenden Verdachtsgründe unter anderem anführt, dass dieser nach dem Ergebnis der Auswertung seines Mobiltelefons als Urheber gewaltverherrlichender Fotocollagen und aktives Mitglied bzw. Unterstützer einer Medien- und Cybereinheit des IS anzusehen sei. Ob die Unterstützung einer solchen Einheit des IS durch die Herstellung der Fotocollagen im Hinblick auf den eingangs formulierten Vorwurf , der Beschuldigte sei als Schleuser und Rekruteur für den IS tätig, überhaupt Gegenstand des Haftbefehls und ob dieser gegebenenfalls hinreichend konkret beschrieben ist, kann indes dahinstehen. Denn ein dringender Tatverdacht , der Beschuldigte habe eine ausländische terroristische Vereinigung bzw. die hierfür zuständigen Mitglieder durch digitale Bildbearbeitungen und -kompositionen in ihrer Propagandatätigkeit unterstützt, besteht in Anbetracht der sich aus den Sachakten ergebenden Beweislage nicht. Im Einzelnen:
10
a) Die bisherigen Ermittlungsergebnisse belegen zwar den Verdacht, dass der Beschuldigte Internetpräsentationen, mit denen für den IS geworben werden kann, vorbereitet hat. Eine Unterstützung der Vereinigung durch diese Handlungen, die die rechtlichen Voraussetzungen des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB erfüllt, ist jedoch bisher nicht im Sinne eines dringenden Tatverdachts belegt.
11
Die Ermittlungen haben folgendes Ergebnis erbracht: Der Beschuldigte hatte, nachdem er erstmals 2003 nach Deutschland eingereist war und geheira- tet hatte, 2013 Deutschland wieder verlassen, kehrte aber 2015 zurück und lebte hier ohne festen Wohnsitz, wobei er bei unterschiedlichen Kontaktpersonen unterkam. Staatliche Leistungen nahm er nicht in Anspruch. Er verkehrte in islamistischen Kreisen. Insbesondere stand er - wie teilweise schon vor seiner Ausreise aus Deutschland im Jahr 2013 - nach seiner Wiedereinreise mit Personen in Kontakt, gegen die von Seiten der Staatsschutzbehörden wegen islamistischer Umtriebe ermittelt wird. Zu Einzelheiten kann auf den ersten Sachstandsbericht des Hessischen Landeskriminalamtes vom 23. Dezember 2016 verwiesen werden. Dass der Beschuldigte konkret dem IS zumindest befürwortend gegenübersteht, legen - neben dem Inhalt des oben genannten Behördenzeugnisses des Bundesamtes für Verfassungsschutz - die Angaben einer am 10. und 13. Oktober 2016 vernommenen VP des hessischen Landeskriminalamtes nahe, wonach der Beschuldigte beim IS eine "große Rolle" spielen soll und möglicherweise als Rekruteur und/oder Organisator des IS in Deutschland agiere, sowie die Aussagen der Zeugen K. sowie C. , dem gegenüber der Beschuldigte sich zu seinen Beziehungen zum IS bekannt hat. Am 15. August 2016 wurde der Beschuldigte aufgrund eines Auslieferungsersuchens Tunesiens in Haft genommen, wo er in Verdacht steht, an mehreren Terrorakten, unter anderem dem Anschlag auf das Bardo-Museum, beteiligt gewesen zu sein. Allerdings ist die Auslieferung nicht bewilligt und der Beschuldigte am 4. November 2016 aus der Auslieferungshaft entlassen worden.
12
Bei der Auswertung des bei der Festnahme des Beschuldigten im Auslieferungsverfahren sichergestellten Smartphones sind über 9.000 Bilddateien festgestellt worden, von denen eine Vielzahl einen Bezug zum IS aufweisen. Neben Bilddateien von Nachrichtentexten des ISIG bzw. IS auf offiziellen Medienportalen , die bis zur Verhaftung des Beschuldigten im August 2016 datieren und solchen, die Greueltaten des IS zum Gegenstand haben, sind dort auch Bildcollagen gefunden worden, bei denen Bilder um ein Logo des IS gruppiert und mit einem - arabischen - Text versehen sind. Aus dem Umstand, dass sich gleichzeitig noch unbearbeitete Ausgaben der in einer der Collagen verwendeten Bilder auf dem Smartphone befunden haben, die augenscheinlich als "Rohmaterialien" zur Erstellung der Bilder gedient haben, kann geschlossen werden, dass der Beschuldigte selbst der Urheber der Fotocollagen ist. Auch weitere auf dem Smartphone des Beschuldigten gespeicherte Bilddateien - insbesondere Bilder, die mit entsprechenden Programmen bearbeitet und oftmals beschriftet sind, wobei sie teilweise das Logo oder den Namen von Medienportalen des IS aufweisen - können mit der Gestaltung von Internetseiten des IS im Zusammenhang stehen.
13
b) Diese Ermittlungsergebnisse begründen indes nicht den dringenden Verdacht einer Straftat nach § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB.
14
Die oben dargelegte weite Begriffsbestimmung des Unterstützens im Sinne dieser Vorschrift darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht dahin missverstanden werden, dass jedes Handeln eines Nichtmitgliedes im Sinne der Vereinigung als tatbestandsmäßig einzustufen wäre, ohne dass es auf die konkreten Wirkungen seines Tuns ankäme. Insbesondere darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass der Gesetzgeber mit dem 34. Strafrechtsänderungsgesetz (vom 22. August 2002, BGBI. I S. 3390) und dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze (vom 22. Dezember 2003, BGBI. I S. 2836) die Strafbarkeit des propagandistischen Wirkens eines Nichtmitgliedes im Sinne der Vereinigung auf die Fälle des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für die Organisation beschränkt und das lediglich befürwortende Eintreten für eine terroristische Vereinigung, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten straffrei gestellt hat.
Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist zu beachten. Es ist nicht zulässig , sie dadurch zu umgehen, dass propagandistisches Handeln eines Nichtmitgliedes , das sich nicht als Werben um Mitglieder oder Unterstützer für die Vereinigung darstellt, allein wegen der psychologischen Folgen, die es - insbesondere etwa im Falle der Rechtfertigung oder Verherrlichung von Gewalttaten der Organisation - auf die angesprochenen Adressatenkreise haben kann, als Unterstützen der Vereinigung eingestuft wird (BGH, Beschlüsse vom 20. September 2012 - 3 StR 314/12, StraFo 2013, 123, 124; vom 11. Juli 2013 - AK 1314 /13, BGHSt 58, 318, 322 ff.). Ein Unterstützen ist erst dann anzunehmen, wenn das ein bloßes Werben für die Vereinigung darstellende Handeln des Nichtmitgliedes im konkreten Einzelfall über die propagandistische Wirkung seines Tuns hinaus einen objektiv nützlichen Effekt für die mitgliedschaftliche Betätigung eines Angehörigen der Organisation bewirkt. Dies bedeutet, dass ein Außenstehender eine Vereinigung auch mit Tätigkeiten unterstützen kann, die sich der Sache nach als Förderung des Werbens für die Vereinigung durch ein Organisationsmitglied darstellen, auch wenn dessen Verhalten als bloße propagandistische Tätigkeit im Sinne einer reinen Sympathiewerbung anzusehen ist. Demgegenüber unterfällt die um Sympathie oder um Mitglieder oder Unterstützer werbende Tätigkeit eines Nichtmitgliedes dann nicht dem Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB, wenn sie sich allgemein für die Organisation oder ihre Ziele einsetzt, ohne dabei die propagandistische Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds individuell zu fördern (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2013 - AK 13-14/13, BGHSt 58, 318, 322 ff. mwN).
15
c) Hiernach begründet das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen nicht den dringenden Verdacht des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung durch den Beschuldigten. Dass dieser Bildcollagen und andere Bildbearbeitungen für die Einstellung von Dateien in Internetforen herstellte, um möglicher- weise um Sympathie für den IS zu werben, erfüllt den Tatbestand des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB nach dem dargelegten Maßstab nicht. Erforderlich wäre vielmehr, dass er mit seinen der Propaganda dienenden Vorbereitungshandlungen Mitglieder der Vereinigung individuell in ihrer medialen Tätigkeit für den IS gefördert hätte, indem er etwa seine Bilddateien in Absprache mit diesen veröffentlicht oder Mitgliedern der auf die Propagandatätigkeit ausgerichteten Abteilung des IS zu Veröffentlichungszwecken zur Verfügung gestellt hätte. Solche Verdachtsgründe ergeben die bisherigen Ermittlungen - auch unter Berücksichtigung der Vielzahl der Bilddateien, des mutmaßlichen Näheverhältnisses des Beschuldigten zu der Vereinigung und seiner Sympathie für den IS - nicht.
16
3. Weitere Unterstützungshandlungen schildert der Haftbefehl nicht. Der Senat kann deshalb nach dessen Erlass erlangte Ermittlungsergebnisse zu möglichen anderen Taten im Rahmen der von §§ 121, 122 StPO geforderten Prüfung nicht berücksichtigen. Prüfungsgegenstand im Haftprüfungsverfahren ist nur der nach § 122 Abs. 1 StPO vorgelegte Haftbefehl (KK-Schultheis, StPO, 7. Aufl., § 121 Rn. 24). Ergeben die weiteren Ermittlungen zusätzliche Taten des Beschuldigten, die keine Aufnahme in den Haftbefehl gefunden haben , so dürfen sie in einem Haftfortdauerbeschluss gemäß §§ 121, 122 StPO nur berücksichtigt werden, wenn der Haftbefehl angepasst und der erweiterte Haftbefehl gemäß § 115 StPO verkündet worden ist. Somit ist es für die Entscheidung des Senats etwa ohne Belang, ob tatsächlich ein dringender Tatverdacht besteht, dass der Beschuldigte an einem Propagandafilm des IS im Irak mitgewirkt hat.
17
Nach alledem war der Haftbefehl aufzuheben.
Becker Spaniol Berg
28
cc) Durch das ihr zur Last gelegte Verhalten hat die Beschuldigte somit sowohl den Tatbestand des Werbens um Mitglieder einer terroristischen Vereinigung im Ausland als auch denjenigen der Unterstüztung derselben verwirklicht. Wegen des engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit Blick darauf, dass das strafbare Verhalten der Beschuldigten einer einheitlichen Chatkommunikation erwächst, liegt natürliche Handlungseinheit vor, § 52 StGB (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 129 Rn. 139).
38
dd) Im Hinblick auf den engen zeitlichen und mutmaßlich räumlichen Zusammenhang wird im weiteren Verlauf des Verfahrens zu prüfen sein, ob - abweichend von der Würdigung des Ermittlungsrichters, der jeweils Tatmehrheit (§ 53 StGB) angenommen hat - die Fälle 8 und 9 in Tateinheit (§ 52 StGB) stehen; gleiches gilt für die Fälle 11 bis 24 und für die Fälle 26 bis 28. Für die Frage der Haftfortdauer kommt es auf die insoweit zu treffende konkurrenzrechtliche Bewertung indes nicht an.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 218/12
vom
19. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische
Vereinigung im Ausland außerhalb der Europäischen Union
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 19. Juli
2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. März 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben - soweit der Angeklagte in den Fällen I. B. 3. Taten 5, 8, 10, 11, 13, 14, 16 und 19 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, - im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland in 19 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Schuldsprüche in den Fällen I. B. 3. Taten 5, 8, 10, 11, 13, 14, 16 und 19 haben keinen Bestand. Die Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten in diesen Fällen führt zur Aufhebung auch des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
3
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, StB 3/07, BGHSt 51, 345, 353) wirbt im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB um Mitglieder für eine terroristische Vereinigung, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht, die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern. Dies bedeutet eine Umgrenzung des Tatbestandes in zweifacher Hinsicht.
4
a) Erforderlich ist zunächst eine Gedankenäußerung, die sich nach dem Verständnis des Adressaten als Werbung zugunsten einer konkreten terroristischen Vereinigung darstellt. Ein allgemein gefasster Aufruf, sich an nicht näher gekennzeichneten terroristischen Aktivitäten zu beteiligen, reicht für den hiernach notwendigen Organisationsbezug nicht aus. Auch die Aufforderung, sich dem "Jihad" anzuschließen, genügt für sich genommen nicht, da dieser Begriff nicht allein für den Kampf einer oder mehrerer bestimmter terroristischer Vereinigungen steht, sondern für eine Vielzahl von islamistischen Aktivitäten, selbst wenn diese nicht durch terroristische Vereinigungen unternommen werden. Etwas anderes kann für den Aufruf zum "Jihad" nur gelten, wenn er durch eine Person vorgenommen wird, die eine Vereinigung derartig herausgehoben repräsentiert, dass sich allein daraus ausreichend konkret ergibt, die Aufforderung gelte zu allererst oder zumindest auch zu Gunsten der repräsentierten Vereinigung (BGH aaO). Allein der Umstand, dass die "Medienstelle" einer bestimmten terroristischen Vereinigung eine Veröffentlichung in ihr Angebot aufnimmt , verleiht andererseits einem darin enthaltenen allgemeinen Aufruf zur Teilnahme am "Jihad" regelmäßig noch nicht den Erklärungswert, dies solle gerade auf Seiten dieser terroristischen Vereinigung geschehen. Denn solche Angebote umfassen erfahrungsgemäß oft nur schwer überschaubare Mengen propagandistischen und radikalreligiösen Materials.
5
b) Besondere Sorgfalt ist zweitens zu richten auf die Abgrenzung zum bloßen Werben um Sympathie für eine bestimmte terroristische Vereinigung, ohne die der Tatbestand des § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit verlöre. Nicht ausreichend ist danach das befürwortende Eintreten für eine terroristische Vereinigung, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten sowie die Verherrlichung der Ideologie , aus der verschiedene derartige Vereinigungen ihre Tätigkeit legitimieren und die gegebenenfalls auch Einzelpersonen zur Rechtfertigung für die Begehung von Straftaten dient (BGH aaO). Dass derartige Äußerungen regelmäßig auch mit der stillschweigenden Erwartung einhergehen werden, beim Adressaten Überlegungen hin zu einem Anschluss an die Vereinigung oder zu deren Unterstützung auszulösen und dieser so neuen Zulauf zu verschaffen, kann hieran nichts ändern. Will man die gebotene Abgrenzung zur bloßen Sympathiewerbung nicht aufgeben, so muss vielmehr festgehalten werden am Erfordernis eines sich dem Adressaten - wenn auch nur aus den Gesamtumständen - erschließenden eigenen Inhalts der Erklärung dahin, sie diene gezielt der Gewinnung von Mitgliedern oder Unterstützern zu Gunsten einer konkreten Organisation (BGH aaO).
6
2. Nach diesen Maßstäben tragen die Feststellungen in den genannten Fällen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung. Weder der vom Oberlandesgericht mitgeteilte Inhalt der vom Angeklagten auf seiner Website zum Abruf bereitgehalten Veröffentlichungen der Medienstellen der Al Qaida ("As-Sahab") bzw. der IBU ("Jundullah") noch die dargestellten eigenen Kommentare des Angeklagten erlauben hier die Annahme hinreichend konkreter Aufforderungen an die Adressaten, sich mitgliedschaftlich in eine der genannten Organisationen einzugliedern oder die Tätigkeit oder die Bestrebungen gerade einer dieser Organisationen zu unterstützen. Vielmehr belegen die Feststellungen lediglich allgemeine Aufrufe zum "Jihad" oder Rechtfertigungen der Ziele und der Aktivitäten von Al Qaida und IBU. Im Einzelnen:
7
Fall 5: Der von der Medienstelle "Jundullah" verbreitete, in einer nicht mitgeteilten Fremdsprache gehaltene Videobeitrag zeigt Aufnahmen von Operationen der IBU "sowie anderen Muhaschirien und Ansar" gegen die "abtrünnige pakistanische Armee". Unbekannte Sprecher rechtfertigen diese Operationen , glorifizieren den "Märtyrertod" zweier dabei getöteter "Kämpfer" und betonen die "religiöse Pflicht zum Jihad". Als Kommentar fügte der Angeklagte bei: "Leider ist das Video weder auf deutsch noch einer anderen Sprache, die ich euch übersetzen kann. Die Bilder jedoch sprechen für sich."
8
Fall 8: Der von der Medienstelle "Jundullah" anlässlich des Todes von Taher Yoldashew herausgegebene, mit deutscher Tonspur und deutschen Untertiteln versehene Videofilm in arabischer Sprache enthält eine Dokumentation über das Leben Yoldashews und über die Geschichte der IBU. Unbekannte Sprecher fordern zum "Jihad" auf; der Tod eines Anführers dürfe keine Auswirkung auf die Kampfmoral der "Mudjahedin" haben. Anders als bei der Veröf- fentlichung der usbekischen Fassung (Tat 3) fügte der Angeklagte auch keinen für die Unterstützung der IBU werbenden Kommentar bei.
9
Fall 10: Der vom Angeklagten ohne eigene Bemerkungen auf seiner Internetseite eingestellte Videofilm der Medienstelle "As-Sahab" in arabischer Sprache schildert die "Laufbahnen" von fünf "Märtyrern" und deren Aufgaben innerhalb der Al Qaida. Die "Mudjahedin sowie Sympathisanten des globalen Jihad" werden nach den Feststellungen "dazu animiert, ihren Vorbildern in den Reihen von Al Qaida nachzueifern und selbst in den Jihad zu ziehen".
10
Fall 11: Der von der Medienstelle "Jundullah" herausgegebene und von dem gegenüber deutschen Adressaten als Repräsentant der IBU auftretenden C. ( I. ) verfasste Textbeitrag äußert sich zu den Gründen , die C. und seinen Bruder zu dieser Vereinigung geführt haben. Nach den Feststellungen "unterstrichen" wird indes die "Internationalität des Jihad, die die Zusammensetzung der Gruppen ebenso wie das Kampfgebiet nachrangig erscheinen lasse, solange man für die Sache Gottes und die Ummah kämpfe". Von eigenen Kommentaren sah der Angeklagte auch hier ab.
11
Fall 13: Der ohne eigene Stellungnahme des Angeklagten bereitgestellte Videofilm der Medienstelle "Jundullah" zeigt Angriffe der "Mudjahedin" auf die Bundeswehr und die Hinrichtung eines afghanischen Soldaten. Er dient nach den Feststellungen dazu, "die militärische Überlegenheit der Mudjahedin" zu belegen, und soll so "die Soldaten der Bundeswehr und der afghanischen Armee verunsichern". Außerdem verweist ein unbekannter Sprecher auf den "Jihad" als einzigen Weg zur Errettung der Muslime in der Welt.
12
Fall 14: Der von der Medienstelle "Jundullah" veröffentlichte Textbeitrag bezeichnet Deutschland als "Feindesstaat" des Islam und ruft - als Teil des "Jihad" - die deutschsprachigen Adressaten zu Raubüberfällen, Sabotageakten und Morden an Politikern auf. Der Angeklagte versah die Veröffentlichung mit den Kommentaren "Demokratisierung nein Danke", "Schia = Kuffar" und "Jews Rot In Hell!".
13
Fall 16: In dem von der Medienstelle "As-Sahab" herausgegebenen Videofilm "kommen Führungspersönlichkeiten der Al Qaida, unter anderem Usama bin Laden, zu Wort". "Zahlreiche Märtyrer" begründen ihren "Kampf sowohl politisch als auch religiös". Weiter wird von unbekannten Sprechern der "Märtyrertod glorifiziert" und zur "aktiven Teilnahme am Kampf gegen die Feinde des Islam aufgerufen".
14
Fall 19: Das von der Medienstelle "As-Sahab" herausgegebene, vom Angeklagten unkommentiert zur Verfügung gestellte Textdokument enthält Ausführungen eines "AQ-Dawah- und Medienbeauftragten für Pakistan". Er bezeichnet Pakistan und Afghanistan als einheitliche Kriegsfront, kritisiert die pakistanischen "Machthaber" als Verbündete der Feinde des Islam - vornehmlich der USA - und rechtfertigt so die Angriffe auf die pakistanische Armee. In diesem Zusammenhang erklärt er den "Jihad in Pakistan" zur "religiös motivierten Selbstverteidigung" und zur "religiösen Pflicht für jeden Muslim".
15
3. Der Senat schließt nicht aus, dass die vom Angeklagten in diesen Fällen zum Abruf bereitgestellten Veröffentlichungen über die knappen Feststellungen des Oberlandesgerichts hinaus noch weitere Elemente enthalten, die den Tatbestand des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine konkrete terroristische Vereinigung erfüllen. Der neue Tatrichter wird deshalb den Aussagegehalt dieser Veröffentlichungen nochmals eingehend zu überprüfen haben, soweit er nicht von § 154 Abs. 2 StPO Gebrauch macht. Becker Pfister Schäfer Mayer Gericke

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 9 7 / 1 4
vom
2. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung
im Ausland
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. April 2015,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt aus Berlin,
Rechtsanwalt aus Berlin
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 8. November 2013 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Kammergericht Berlin hat den Angeklagten wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt sowie zu seinen Lasten zwei PCs, einen Laptop, zwei externe Festplatten und einen Memorystick eingezogen. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen begeisterte sich der als Palästinenser im Libanon aufgewachsene Angeklagte mehr und mehr für die terroristische Organisation Al Qaida, die sich nach seiner Auffassung als einzige wirklich für die Sache der Palästinenser einsetzt. Ab dem Jahre 2008 schloss er sich dem Internetforum "Ansar al-Mujahideen" an, einem Netzwerk aus mehreren jihadistischen Websites, das die Unterstützung des gewaltsamen "Jihad" im Sinne der Ideologie von Al Qaida zum Ziel hat und dessen sich auch die Al QaidaMedienorganisationen regelmäßig für ihre Veröffentlichungen bedienen. Unter Nutzung seiner Kenntnisse über computergestützte Filmbearbeitung beteiligte er sich dort zunächst an der Gestaltung der Internetauftritte. Im Jahre 2009 entschloss er sich, Al Qaida durch eigene Medienarbeit zu unterstützen. Hierzu fertigte er mehrere Videobeiträge an und stellte diese im Forum "Ansar alMujahideen" bzw. in dessen Unterforen mittels Links zum Herunterladen bereit "in der Hoffnung, eine möglichst große Zahl von Nutzern zur Teilnahme am Jihad als Mitglied von Al Qaida oder zu deren Unterstützung, insbesondere durch Spenden, zu bewegen."
3
1. Am 12. April 2009 stellte er eine selbst gefertigte Videocollage mit dem Titel "Wir sind Angehörige des Monotheismus, Knechte des Einen" in das offen zugängliche "Forum für islamische Videos und Audios" ein (Fall B. IV. 1. der Urteilsgründe). Sie reiht unter Einblendung des Logos des AnsarNetzwerkes in rascher Folge Kampfszenen aus Filmen über die Kreuzzüge sowie Aufnahmen vom Kampf jihadistischer Gruppen gegen russische Soldaten in Afghanistan, von den Anschlägen des 11. September 2001 und vom Training jihadistischer Gruppierungen in der Gegenwart aneinander. Unterlegt ist die Darstellung mit Aufnahmen Usama Bin Ladens, mit Texten und mit Gesang. Unter anderem singt ein Männerchor: "Für Dich opfern wir unsere Seelen und werden nicht davon ablassen, oh Du Heimat, für Dich und Deinetwegen sind wir bereit, unser Leben zu geben". Im Abspann folgt der Appell "Vergesst nicht, Eure Brüder, die Mujahideen, und alle Muslime mit Eurem Gebet zu unterstützen".
4
2. Am 19. April 2009 stellte er - wiederum unter Verwendung des Logos des Netzwerkes "Ansar al-Mujahideen" - die von ihm bearbeitete Aufzeichnung eines Interviews von J. mit Usama Bin Laden ein (Fall B. IV. 2. der Urteilsgründe ). In dem Interview erklärt Bin Laden die Teilnahme am Jihad angesichts der antiislamischen Aggression des Westens zur Pflicht eines jeden Muslim. Jeder solle hervortreten und Juden und Amerikaner töten. Angefügt sind u.a. Bildsequenzen von den Anschlägen des 11. September 2001. Im Abspann folgt der Aufruf, "unsere Brüder, die Mujahideen, nicht zu vergessen hinsichtlich Eures aufrichtigen Bittgebets und Eurer Geldmittel und Eurer Leben".
5
3. Am 8. Juli 2009 stellte er eine selbst gefertigte Videocollage mit dem Titel "Nur nicht meinen Liebling, Ihr ungläubigen Flegel" in ein offenes Forum ein (Fall B. IV. 3. der Urteilsgründe). Sie befasst sich mit den Veröffentlichungen der sog. Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Tageszeitung im September 2005. Wiedergegeben werden Aufrufe zur Rache für die "Verunglimpfung des Propheten", daneben werden Bildersequenzen mit Sprengstoffanschlägen und kämpfenden Mujahideen gezeigt. In Gesängen wird zum Jihad aufgerufen. Es folgen Bilder von sieben "Märtyrern" aus dem Umfeld von Al Qaida auf dem Totenbett, eine Aufnahme des Attentäters des Anschlags von Al Qaida auf die dänische Botschaft in Islamabad am 2. Juni 2008 sowie die Abschiedserklärung des Selbstmordattentäters auf die US-amerikanische Botschaft in Khost/Afghanistan am 2. Juli 2008, die dieser ausdrücklich als Rache für die "Verhöhnung des Gesandten" verübt hatte. Auch hier folgt im Abspann der Aufruf, "unsere Brüder, die Mujahideen, nicht zu vergessen hinsichtlich Eures aufrichtigen Bittgebets und Eurer Geldmittel und Eurer Leben".
6
4. Schließlich stellte er die bearbeite Fassung eines am 26. August 2009 erschienenen Videofilms über einen Selbstmordanschlag auf eine Polizeistation in Nazran/Inguschetien in das Forum ein (Fall B. IV. 4. der Urteilsgründe). In den Originalfilm eingefügt hatte der Angeklagte u.a. den Ruf "Hier spricht die Stimme des Kaukasus, Du unser Scheich Bin Laden", die Einblendung des Schriftzuges "Scheich der Mujahideen, Usama Bin Laden. Möge ihn Allah beschützen und am Leben erhalten" sowie eine Rede Bin Ladens mit einem Aufruf zur Teilnahme am gewaltsamen Jihad.

II.


7
Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

III.


8
Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg.
9
1. Die Annahme des Kammergerichts, der Angeklagte habe mit der Einstellung der Videobeiträge in die Internet-Foren jeweils um Mitglieder und Unterstützer der ausländischen terroristischen Vereinigung Al Qaida geworben (§ 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB), hält rechtlicher Überprüfung stand.
10
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, StB 3/07, BGHSt 51, 345, 353; vom 19. Juli 2012 - 3 StR 218/12, StV 2013, 303) wirbt im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB um Mitglieder für eine terroristische Vereinigung, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht , die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern. Dies bedeutet eine Umgrenzung des Tatbestandes in zweifacher Hinsicht:
11
Erforderlich ist zunächst eine Gedankenäußerung, die sich nach dem Verständnis des Adressaten als Werbung zugunsten einer konkreten terroristischen Vereinigung darstellt. Ein allgemein gefasster Aufruf, sich an nicht näher gekennzeichneten terroristischen Aktivitäten zu beteiligen, reicht für den hiernach notwendigen Organisationsbezug nicht aus. Auch die Aufforderung, sich dem "Jihad" anzuschließen, genügt für sich genommen nicht, da dieser Begriff nicht allein für den Kampf einer oder mehrerer bestimmter terroristischer Vereinigungen steht, sondern für eine Vielzahl von islamistischen Aktivitäten, selbst wenn diese nicht durch terroristische Vereinigungen unternommen werden. Etwas anderes kann für den Aufruf zum "Jihad" nur gelten, wenn er durch eine Person vorgenommen wird, die eine Vereinigung derartig herausgehoben repräsentiert, dass sich allein daraus ausreichend konkret ergibt, die Aufforderung gelte zu allererst oder zumindest auch zu Gunsten der repräsentierten Vereinigung (BGH aaO).
12
Notwendig ist daneben die Abgrenzung zum bloßen Werben um Sympathie. Nicht ausreichend ist das befürwortende Eintreten für eine konkrete terroristische Vereinigung, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten sowie die Verherrlichung der Ideologie, aus der verschiedene derartige Vereinigungen ihre Tätigkeit legitimieren und die gegebenenfalls auch Einzelpersonen zur Legitimation der Begehung von Straftaten dient (BGH aaO). Dass derartige Äußerungen regelmäßig auch mit der stillschweigenden Erwartung einhergehen werden, beim Adressaten Überlegungen hin zu einem Anschluss an die Vereinigung oder zu deren Unterstützung auszulösen und dieser so neuen Zulauf zu verschaffen, kann hieran nichts ändern. Um die gebotene Abgrenzung zur straflosen bloßen Sympathiewerbung zu gewährleisten, muss vielmehr festgehalten werden am Erfordernis eines sich dem Adressaten - wenn auch nur aus den Gesamtumständen - erschließenden eigenen Inhalts der Erklärung dahin, sie diene gezielt der Gewinnung von Mitgliedern oder Unterstützern zu Gunsten einer konkreten Organisation (BGH aaO).
13
Für die Beurteilung, ob der Äußerung ein in diesem Sinne werbender Charakter zukommt, gelten die allgemein an die Ermittlung des Inhalts einer Erklärung anzulegenden Maßstäbe (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2012 - 3 StR 314/12, StraFo 2013, 123, 125). Die Auslegung von schriftlichen und mündlichen Äußerungen auf ihren tatsächlichen Gehalt ist Sache des Tatrichters (BGH, Urteil vom 15. März 1994 - 1 StR 179/93, BGHSt 40, 97, 101; Beschluss vom 16. Mai 2012 - 3 StR 33/12, NStZ 2012, 564). Kriterien für die Auslegung sind der Wortlaut, der sprachliche Kontext der Äußerung sowie die für die Zuhörer erkennbaren Begleitumstände, unter denen die Äußerung fällt (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 3 StR 446/01, NStZ 2002, 592). Maßgeblich ist das Verständnis des Durchschnittsadressaten (BGH, Urteil vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 19). Schon nach einfach-rechtlichen, im Hinblick auf die wertsetzende Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) insbesondere aber auch nach verfassungsrechtlichen Anforderungen ist dabei zu beachten, dass einer Aussage keine Bedeutung beigelegt werden, die sie objektiv nicht hat, und dass im Falle der Mehrdeutigkeit einer Aussage nicht von der zur Verurteilung führenden Deutung ausgegangen werden darf, ohne dass andere Deutungsmöglichkeiten mit tragfähigen Gründen ausgeschlossen worden sind (BVerfG, Beschlüsse vom 19. April 1990 - 1 BvR 40/86 u.a., BVerfGE 82, 43; vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u.a., BVerfGE 93, 266, 295 f.; vom 29. Juli 1998 - 1 BvR 287/93, NJW 1999, 204, 205; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 3 StR 446/01, NStZ 2002, 592). Lässt eine Sinngebung danach Verstöße gegen Denk- oder Sprachgesetze oder gegen das Gebot umfassender Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände nicht erkennen, so muss sie vom Revisionsgericht als rechtsfehlerfrei hingenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 19).
14
b) Nach diesen Maßstäben ist die Bewertung des Kammergerichts, den festgestellten Inhalten der Veröffentlichungen sei jeweils eine Aufforderung an die Adressaten zu entnehmen, auf der Seite von Al Qaida an Gewaltakten teilzunehmen oder die Vereinigung zu unterstützen, nicht zu beanstanden.
15
aa) Die unter B. IV. 1. der Urteilsgründe beschriebene Collage vermischt in schneller Abfolge Szenen aus Filmen über die Kreuzzüge, Darstellungen von Kampfhandlungen heutiger "Jihadisten" sowie Bilder von den Anschlägen des 11. September 2001 und blendet dabei wiederholt auch Aufnahmen von Usama bin Laden ein. Akustisch begleitet wird das Video von Tonaufnahmen, die das "Märtyrertum" verherrlichen. Der vom Kammergericht aus einer Gesamtschau dieser Umstände gezogene Schluss, der Angeklagte habe dem Adressaten vermitteln wollen, die Teilnahme am gewaltsamen "Jihad" unter Führung von Al Qaida und Usama bin Laden sei die legitime Fortsetzung eines seit den Kreuzzügen andauernden Abwehrkampfs der Muslime gegen Aggressionen der westlichen Welt und damit Pflicht eines jeden Gläubigen, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Dieser Gesamteindruck wird insbesondere mit Blick auf den Adressatenkreis nicht dadurch entscheidend relativiert, dass der Angeklagte im Abspann zu der 6:20 Minuten langen Kollage (lediglich) noch dazu aufforderte, "die Mujahideen und alle Muslime" durch Gebete zu unterstützen.
16
bb) In dem unter B. IV. 2. der Urteilsgründe dargestellten Video fordert Usama Bin Laden zur Teilnahme am "Jihad" und damit - nach dem Gesamtzusammenhang - zu gewaltsamen Aktionen an der Seite von Al Qaida auf. Diesen Aufruf machte sich der Angeklagte erkennbar dadurch zu eigen, dass er seinerseits an die Adressaten mit der Bitte herantrat, die "Brüder" mit Geldmitteln und unter Einsatz ihres Leben zu unterstützen.
17
cc) Entsprechendes gilt im Falle B. IV. 3. der Urteilsgründe. Die Collage stellt Aufrufe zur Rache wegen der Veröffentlichung der MohammedKarikaturen in einen engen Zusammenhang mit terroristischen Aktionen gerade von Al Qaida; auch hier appellierte der Angeklagte an die Adressaten, die "Brüder" mit Geldmitteln und unter Einsatz ihres Leben zu unterstützen.
18
dd) Auch im Falle B. IV. 4. der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte schließlich den wiedergegebenen Aufruf Usama Bin Ladens zur Teilnahme am "Jihad" und damit zu gewaltsamen Aktionen an der Seite von Al Qaida erkennbar zu Eigen gemacht. Seine Einfügungen bezeichnen Usama Bin Laden als "unseren Scheich" sowie als "Scheich der Muhajideen" und betonen so dessen von ihm anerkannte führende Rolle im gewaltsamen "Jihad" ebenso wie dessen Autorität in Glaubensfragen.

19
2. Auch der Strafausspruch hat Bestand.
20
a) Dies gilt auch, soweit das Kammergericht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass dieser nach der Hausdurchsuchung am 28. September 2009 seine jihadistischen Aktivitäten fortsetzte. Auch wenn für die Zeit nach der Begehung der letzten abgeurteilten Tat im August 2009 keine Straftaten des Angeklagten mehr festgestellt wurden, hat der Strafsenat ausreichend dargelegt , dass der Angeklagte sich auch danach nicht, wie die Revision meint, auf seine Information über jihadistische Aktivitäten beschränkte, sondern seinerseits Aktivitäten im Hinblick auf die Fertigung neuer Videofilme über jihadistische Themen entwickelte. Dies durfte der Tatrichter als Nachtatverhalten werten , aus dem sich Rückschlüsse auf die Einstellung des Angeklagten zu seinen Taten ziehen lassen.
21
b) Ebenso wenig unterliegt die straferschwerende Berücksichtigung des Umstandes, dass der Angeklagte nicht davor zurückschreckte, seinen Sohn in seine gewaltverherrlichenden Aktivitäten einzubeziehen und dessen kindliche Entwicklung durch rigide Glaubensvorstellungen "in Art einer Gehirnwäsche" zu beeinflussen, einem Rechtsfehler. Zwar garantiert Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder und umfasst zusammen mit Art. 4 Abs. 1 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02, BVerfGE 108, 282, 301 mwN; Beschluss vom 21. Juli 2009 - 1 BvR 1358/09, NJW 2009, 3151, 3152 mwN), wobei die Grundrechte auch bei der Strafzumessung als Wertmaßstäbe Beachtung verlangen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 1968 - 1 BvR 579/67, BVerfGE 23, 127, 133 f.). Doch ergibt der Zu- sammenhang der Urteilsdarlegungen des Kammergerichts, dass es zu Lasten des Angeklagten nicht die religiöse Erziehung seines Sohnes, sondern dessen Einbeziehung in seine gewaltverherrlichenden Aktivitäten berücksichtigt hat, die vom Erziehungsrecht nicht umfasst sind. Diese Bewertung wird von den Feststellungen auch getragen, wonach der Angeklagte als Arbeitsmaterial für seine jihadistischen Beiträge im Internet auch Bilder seines achtjährigen Sohnes erstellt hat, die diesen mit wollener Gesichtsmaske und einer Gewehrattrappe in der Hand zeigen, die ungefähr seine Größe erreicht (UA S. 45).

IV.


22
Schließlich hält auch die Einziehung zweier näher bezeichneter PC, eines Laptop, zweier externer Festplatten und eines Memorystick der rechtlichen Überprüfung stand. Das Kammergericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Computer nebst Zubehör vorliegend als Tatmittel anzusehen sind und deshalb nach § 74 Abs. 1 Alt. 2 StGB als Einziehungsgegenstand in Betracht kommen (BGH, Beschlüsse vom 28. August 2012 - 4 StR 278/12, BGHR StGB § 74b Abs. 2 Einziehung 1; vom 8. Februar 2012 - 4 StR 657/11, NStZ 2012, 319). Entgegen dem Revisionsvorbringen ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, dass der Strafsenat die Einziehung nicht mit der Auflage, die Festplatten zu löschen, nach § 74b Abs. 2 StGB lediglich vorbehalten hat.
23
Gemäß § 74b Abs. 2 StGB hat das Gericht anzuordnen, dass die Einziehung lediglich vorbehalten bleibt und eine weniger einschneidende Maßnahme zu treffen ist, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. Die Einziehung dient allerdings keinem einzelnen Zweck. Sie verfolgt nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung vielmehr eine mehrspurige Konzeption verschiedener repressiver und präventiver Zwecke und hat damit je nach den Umständen des Falles Straf- und/oder Sicherungscharakter. Soweit im Einzelfall sowohl die Voraussetzungen einer personen- als auch objektbezogenen Einziehung gegeben sind, bestimmt sich der Rechtscharakter der Sanktion nach dem Zweck, dem unter Berücksichtigung der konkreten Umstände das entscheidende Gewicht beizumessen ist (S/S-Eser, 29. Aufl., vor § 73 ff., Rn. 13 ff.). Im Fall der Einziehung nach § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB steht regelmäßig deren Strafcharakter im Vordergrund, da diese hier im Wesentlichen an täterbezogene Merkmale - die Schuld und das Eigentum des Täters - anknüpft, während der eingezogene Gegenstand an sich keine Gefährlichkeit aufweist (S/S-Eser, 29. Aufl., vor § 73 ff., Rn. 14). Das Strafübel ist im Verlust des Eigentums an dem eingezogenen Gegenstand zu sehen. Dieses lässt sich indes nur durch die Einziehung des Gegenstandes erreichen, während denkbare weniger einschneidende Maßnahmen zwar den Sicherungszweck, nicht aber den Strafzweck der Einziehung erfüllen können (S/S-Eser, 29. Aufl., § 74b, Rn. 6; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 74b Rn. 3).
24
So liegt der Fall hier. Das Kammergericht hat die Einziehung auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich entnehmen, dass die Einziehung der Computer samt Zubehör , die dem Angeklagten nicht allein zur Vorbereitung und Begehung der abgeurteilten Taten dienten, sondern ihn umfassend in das Ansar-Netzwerk als einen der wesentlichen Moderatoren einbanden (vgl. UA S. 42 ff.), als Strafsanktion dienen sollte. Dieser Zweck konnte mit weniger einschneidenden Maßnahmen wie der Löschung der Festplatten nicht erreicht werden, zumal sich der Angeklagte von der Durchsuchung in vorliegender Sache nicht davon abhalten ließ, mit neuen Geräten seine Aktivitäten zur Herstellung von Videocollagen und dergleichen wieder aufzunehmen. Im Hinblick auf die her- vorragende Bedeutung der eingezogenen Computer nebst Zubehör für die Begehung der abgeurteilten Taten und des nicht allzu hohen Wertes der - vom Angeklagten bald wieder ersetzten - Geräte stellt es auch keinen Rechtsfehler dar, dass das Kammergericht die Einziehung nicht ausdrücklich mildernd bei der Strafzumessung berücksichtigt hat.
25
Der Einziehung steht auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei Verurteilungen wegen des Herunterladens oder Vorführens kinderpornographischen Materials regelmäßig ein Vorbehalt der Einziehung der verwendeten Computer bei Auflage weniger einschneidender Maßnahmen zu erörtern ist (BGH, Beschlüsse vom 28. November 2008 - 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 70 f.; vom 1. Januar 2012 - 4 StR 612/11; vom 8. Februar 2012 - 4 StR 657/11, NStZ 2012, 319; vom 28. August 2012 - 4 StR 278/12, BGHR StGB § 74b Abs. 2 Einziehung 1), nicht entgegen. Die Entscheidung des 2. Senats, auf die diese Rechtsprechung jeweils verweist (BGH, Beschluss vom 28. November 2008 - 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69 ff.), sah in dem beschlagnahmten Computer einen individualgefährlichen Gegenstand nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB, so dass der Sicherungscharakter der Einziehung im Vordergrund stand, dem gegebenenfalls auch mit weniger einschneidenden Maßnahmen Rechnung getragen werden kann.
Schäfer Pfister Mayer
Gericke Spaniol

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

18
a) Mit der Bereitstellung der Videofilme zum Abruf im Internet hat der Angeklagte jedenfalls eine Schrift im Sinne des § 11 Abs. 3 StGB zugänglich gemacht, die grausame Gewalttätigkeiten gegen einen Menschen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt und die das Grausame des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt (Gewaltdarstellung; § 131 Abs. 1 Nr. 2 StGB; vgl. hierzu BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55). Tateinheitlich hierzu (vgl. Fischer , StGB, 59. Aufl., § 131 Rn. 26; § 140 Rn. 12) kommt eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Billigung einer Straftat nach § 140 Nr. 2 StGB in Betracht. Im Unterschied zu § 131 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt allein ein Zugänglichmachen diesen Tatbestand allerdings nicht; das insoweit erforderliche Verbreiten einer Schrift (vgl. BGH, aaO) hat das Oberlandesgericht bisher nicht festgestellt. Der Senat schließt indes nicht aus, dass - was auch zu § 131 Abs. 1 StGB führen würde - in einer neuen Hauptverhandlung jeweils noch Feststellungen zum Zu- griff von Nutzern auf den zum Abruf bereitgestellten Videofilm getroffen werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 322/13
vom
12. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. November 2013
gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 13. Mai 2013 im Schuldspruch dahin geändert , dass der Angeklagte des öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornographischer Schriften in vier Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus einem vorangegangenen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel führt lediglich zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Der Generalbundesanwalt hat zu der von ihm beantragten Schuldspruchänderung in seiner Zuschrift ausgeführt: "Ein (vollendetes) 'Verbreiten' im Sinne des § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist gegeben, wenn eine übertragene Datei auf einem (permanenten) Medium gespeichert oder im Arbeitsspeicher des Rechners angekommen ist (BGHSt 47, 55, 59 [auch generell zum spezifischen Verbreitensbegriff bei einer Datenübertragung im Internet]; Fischer, StGB, 60. Aufl. § 184 Rn 34 mwN), wobei jedoch die letztgenannte Alternative (zumindest) einen Lesezugriff des Adressaten voraussetzt. Feststellungen hierzu hat die Jugendkammer nicht getroffen. Vielmehr beschränken sich die Urteilsausführungen auf die Mitteilung, dass der Angeklagte zum Download das auf dem PC installierte Tauschbörsenprogramm Emule benutzte und dadurch beim Downloaden der Dateien - bewusst und programmgemäß - die heruntergeladenen Dateien auch einer unbestimmten Anzahl weiterer Emule-Benutzer zur Verfügung stellte (UA S. 11). Dazu, dass diese weiteren Emule-Benutzer auf die ihnen zur Verfügung gestellten Dateien zugegriffen hätten, verhält sich das Urteil nicht. Die getroffenen Feststellungen tragen jedoch eine Verurteilung wegen öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornographischen Schriften nach § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB. Ein 'öffentliches Zugänglichmachen' ist nämlich bereits zu bejahen, wenn dem Adressaten die Möglichkeit des Zugriffs eröffnet wird (BGHSt 47, 55, 60; Fischer aaO), was vorliegend durch die Zurverfügungstellung der Dateien gegeben ist. Dass tatsächlich ein (Lese-)Zugriff des Adressaten erfolgt ist, erfordert die Erfüllung des Tatbestands dagegen nicht (BGH aaO). § 265 StPO steht einer Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Taten nicht wirksamer hätte verteidigen können."
4
Dem schließt sich der Senat an.
5
Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt: Da beide Tatbestandsalternativen demselben Strafrahmen des § 184b Abs. 1 StGB unterfallen, kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei rechtlich zutreffender Bewertung der Taten niedrigere Einzel- oder eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.