Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - 5 StR 74/18
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. April 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 44 Satz 1, § 46 Abs. 1 StPO beschlossen:
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das genannte Urteil ihn betreffend aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Anrechnung von Arbeitsleistungen unterblieben ist. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht tätige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Gründe:
- 1
- Die nach gewährter Wiedereinsetzung zulässig erhobene Revision hat lediglich im tenorierten Umfang Erfolg. Das Landgericht hat in die verhängte vierjährige Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten aus einer früheren Verurteilung einbezogen. Deren Vollstreckung war zur Bewährung ausgesetzt worden; es war dem Angeklagten auferlegt worden, Arbeitsstunden zu erbringen. Dem angegriffenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob und in welchem Umfang der Angeklagte diese Auflage erfüllt hat. Der Senat vermag daher nicht zu prüfen, ob das Landgericht eine im Wege der Vollstreckungslösung vorzunehmende Anrechnung nach § 58 Abs. 2 Satz 2, § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB hätte in Betracht ziehen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2012 – 4 StR 188/12). Nur insofern bedarf es ergänzender tatgerichtlicher Feststellungen.
Berger Mosbacher
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.
(2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56f Abs. 3 entsprechend.
(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person
- 1.
in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat, - 2.
gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß sie erneut Straftaten begehen wird, oder - 3.
gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,
- 1.
weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, insbesondere die verurteilte Person einer Bewährungshelferin oder einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder - 2.
die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
(3) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.
BUNDESGERICHTSHOF
a) eine Entscheidung über die Anrechnung von Leistungen, die im Rahmen der für die einbezogene Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Witten vom 9. November 2010 gewährten Strafaussetzung zur Bewährung erbracht worden sind, unterblieben ist,
b) das in dem oben bezeichneten Urteil verhängte Fahrverbot aufrechterhalten und
c) der Verfall eines Geldbetrages von 180.000 Euro angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Die Revision des Angeklagten Leone hat mit der allgemeinen Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg.
- 2
- Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Zuschrift Folgendes ausgeführt : "Das Landgericht hat im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung unter anderem eine Strafe aus einer Verurteilung des Amtsgerichts Witten vom 9. November 2010 (Az.: 9 Ds 53 Js 591/10 - 318/10) einbezogen. Durch das genannte Urteil war gegen den Angeklagten eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verhängt worden. Ihm war nach § 56b StGB auferlegt worden, 800 Euro an den Kinderschutzbund zu zahlen, wovon er nach den Urteilsfeststellungen 600 Euro geleistet hatte (UA S. 7). Durch die Einbeziehung dieser Sache in die Gesamtstrafe nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB ist die ursprünglich gewährte Strafaussetzung zur Bewährung entfallen, so dass gemäß §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 56f Abs. 3 Satz 2, 56b StGB über die Anrechnung der erbrachten Leistungen zu entscheiden war. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe zu bewirken (BGHSt 36, 378 f.; Senat 4 StR 118/08). Dass das Landgericht diesen Umstand bei der Gesamtstrafenbemessung strafmildernd berücksichtigt hat (UA S. 22), reicht nicht aus.
Verbotsfrist mit Rechtskraft des Urteils am 9. November 2010 begonnen hatte (§ 44 Abs. 2 Satz 1 StGB).
Die Verfallsentscheidung muss aufgehoben werden, weil das Landgericht nicht erörtert hat, ob und ggf. in welchem Umfang § 73 c StGB der Verfallsanordnung entgegensteht. Gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB kann die Anordnung unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der Entscheidung im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist. Die Höhe des Verfallsbetrags und die Feststellung des Landgerichts, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt seiner Festnahme über kein wesentliches Geld- oder Sachvermögen verfügte (UA S. 22), legen nahe, dass die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB hier vorliegen (vgl. BGH 1 StR 75/11 Rn. 22). Dass das Landgericht die Härtefallregelung bedacht und das ihm eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat, kann dem Urteil nicht entnommen werden."
- 3
- Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
Schmitt Quentin