Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2012 - 4 StR 188/12

published on 28/08/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2012 - 4 StR 188/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 188/12
vom
28. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. August 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 11. Januar 2012 aufgehoben, soweit
a) eine Entscheidung über die Anrechnung von Leistungen, die im Rahmen der für die einbezogene Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Witten vom 9. November 2010 gewährten Strafaussetzung zur Bewährung erbracht worden sind, unterblieben ist,
b) das in dem oben bezeichneten Urteil verhängte Fahrverbot aufrechterhalten und
c) der Verfall eines Geldbetrages von 180.000 Euro angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Die Revision des Angeklagten Leone hat mit der allgemeinen Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg.
2
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Zuschrift Folgendes ausgeführt : "Das Landgericht hat im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung unter anderem eine Strafe aus einer Verurteilung des Amtsgerichts Witten vom 9. November 2010 (Az.: 9 Ds 53 Js 591/10 - 318/10) einbezogen. Durch das genannte Urteil war gegen den Angeklagten eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verhängt worden. Ihm war nach § 56b StGB auferlegt worden, 800 Euro an den Kinderschutzbund zu zahlen, wovon er nach den Urteilsfeststellungen 600 Euro geleistet hatte (UA S. 7). Durch die Einbeziehung dieser Sache in die Gesamtstrafe nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB ist die ursprünglich gewährte Strafaussetzung zur Bewährung entfallen, so dass gemäß §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 56f Abs. 3 Satz 2, 56b StGB über die Anrechnung der erbrachten Leistungen zu entscheiden war. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe zu bewirken (BGHSt 36, 378 f.; Senat 4 StR 118/08). Dass das Landgericht diesen Umstand bei der Gesamtstrafenbemessung strafmildernd berücksichtigt hat (UA S. 22), reicht nicht aus.
Das Landgericht hat zudem übersehen, dass die im oben bezeichneten Urteil des Amtsgerichts Witten vom 9. November 2010 verhängte Nebenstrafe nicht aufrechtzuerhalten war. Maßnahmen, auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung dann nicht aufrechtzuerhalten, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für ihre (weitere) Vollstreckung entfallen sind (Senat 4 StR 552/10 Rn. 2). Im vorliegenden Fall war das dreimonatige Fahrverbot bereits tatsächlich erledigt. Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte zum Zeitpunkt seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Witten nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis, so dass die
Verbotsfrist mit Rechtskraft des Urteils am 9. November 2010 begonnen hatte (§ 44 Abs. 2 Satz 1 StGB).
Die Verfallsentscheidung muss aufgehoben werden, weil das Landgericht nicht erörtert hat, ob und ggf. in welchem Umfang § 73 c StGB der Verfallsanordnung entgegensteht. Gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB kann die Anordnung unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der Entscheidung im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist. Die Höhe des Verfallsbetrags und die Feststellung des Landgerichts, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt seiner Festnahme über kein wesentliches Geld- oder Sachvermögen verfügte (UA S. 22), legen nahe, dass die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB hier vorliegen (vgl. BGH 1 StR 75/11 Rn. 22). Dass das Landgericht die Härtefallregelung bedacht und das ihm eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat, kann dem Urteil nicht entnommen werden."
3
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Schmitt Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht kann dem Verurteilten Auflagen erteilen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Dabei dürfen an den Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(2) Das Gericht kann dem Verurteilten auferlegen,

1.
nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen, wenn dies im Hinblick auf die Tat und die Persönlichkeit des Täters angebracht ist,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen oder
4.
einen Geldbetrag zugunsten der Staatskasse zu zahlen.
Eine Auflage nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 soll das Gericht nur erteilen, soweit die Erfüllung der Auflage einer Wiedergutmachung des Schadens nicht entgegensteht.

(3) Erbietet sich der Verurteilte zu angemessenen Leistungen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, so sieht das Gericht in der Regel von Auflagen vorläufig ab, wenn die Erfüllung des Anerbietens zu erwarten ist.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.

(2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56f Abs. 3 entsprechend.

(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.

(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.

(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.