Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 5 StR 693/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. Februar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
a) dahin geändert, dass der Angeklagte des Raubes und der räuberischen Erpressung schuldig ist und für den Einziehungsbetrag gesamtschuldnerisch haftet,
b) aufgehoben in den Aussprüchen über die für die Tat II.3 festgesetzte Freiheitsstrafe, welche entfällt, und über die Gesamtstrafe.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Gesamtstrafe sowie die Kosten des Rechtsmittels an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes und räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt sowie die Einziehung von Wertersatz von Taterträgen in Höhe von 1.000 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt die aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolge und ist im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
- 2
- 1. Die Annahme des Landgerichts, die Taten II.2 und 3 stünden zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB), hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 3
- a) Nach den Feststellungen zur Tat II.2 drohten der Angeklagte sowie zwei Mittäter dem Geschädigten R. am Nachmittag des 24. Juli 2017 körperliche Gewalt an und brachten ihn auf diese Weise unter Hinweis auf ei- ne vermeintlich zu bezahlende „Strafe“ von 1.000 € plangemäß dazu, sie in Telefonfachgeschäfte zu „begleiten“, dort auf seinen Namen Verträge abzu- schließen und ihnen die erlangten zwei Mobiltelefone ohne Gegenleistung auszuhändigen. Im Anschluss an die mehrere Stunden dauernde Unterneh- mung „begleitete“ einer der Mittäter den Geschädigten in die von ihm genutzte Wohnung und kündigte an, am folgenden Tag mit dem Angeklagten wiederzukommen ; der Geschädigte wisse dann schon, was er zu tun habe.
- 4
- So geschah es (Tat II.3). Der Angeklagte und der Mittäter, der am Vortag das erneute Erscheinen avisiert hatte, forderten den noch verängstigten Geschädigten auf, die „Strafe“ weiter zu begleichen. Gemeinsam mit ihnen suchte er daher wiederum einige Geschäfte auf, wobei er aufgrund eines abgeschlossenen Vertrages ein Mobiltelefon erhielt und an den Angeklagten sowie den Mittäter weitergab. Diese verkauften alle Geräte in einem hierauf spezialisierten An- und Verkaufsgeschäft für insgesamt 900 €.
- 5
- b) Bei dem zu II.2 und 3 festgestellten Vorgehen des Angeklagten handelt es sich rechtlich um eine Tat (§ 52 StGB). Zwar brachte er den Geschädigten an zwei Tagen dazu, ihm auf die beschriebene Weise Mobiltelefone auszuhändigen. Dem lag aber ein einheitlicher Tatplan zugrunde, dem folgend der Geschädigte allein durch die anfangs geäußerte Drohung mit körperlicher Gewalt zu seiner „Mitwirkung“ veranlasst wurde. Damit stellte sich das von einem der Mittäter am Ende des ersten Abschnitts für den Folgetag in Aussicht gestellte Geschehen lediglich als Tatfortsetzung dar.
- 6
- 2. Der Senat hat infolgedessen den Schuldspruch neu gefasst. Die für die Tat II.3 verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten entfällt. Die Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für die Tat II.2 hat Bestand. Auch wenn die für sich genommen rechtsfehlerfreie Gesamtfreiheitsstrafe dem Senat moderat erscheint, kann er nicht völlig ausschließen, dass das Landgericht sie ohne den Rechtsfehler niedriger festgesetzt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO). Die zugrundeliegenden Feststellungen können bestehen bleiben und gegebenenfalls durch ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
- 7
- 3. Die Höhe des vom Landgericht angeordneten Einziehungsbetrages unterliegt schon deswegen keinen Bedenken, weil sie unterhalb der Summe der vom Angeklagten erlangten Werte liegt (durch die Tat II.1 150 € nebst sechs Gramm Marihuana, im Übrigen mindestens 900 €). Jedoch war der Maßnahmenausspruch dahin zu ergänzen, dass der Angeklagte insofern gesamtschuldnerisch haftet (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 5 StR 624/17, NStZ-RR 2018, 240).
Berger Köhler
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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.