Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2012 - 5 StR 407/12

bei uns veröffentlicht am13.12.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Zu den Anforderungen an die Annahme einer faktischen Geschäftsführerstellung
gegenüber einem abhängigen Unternehmen.
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 – 5 StR 407/12
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit es ihn betrifft; die Feststellungen hierzu – mit Ausnahme derjenigen zum Verhältnis des Angeklagten zur Gesellschafterin der A GmbH – bleiben bestehen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung hat es von der Gesamtfreiheitsstrafe drei Monate als vollstreckt erkannt. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts errichtete der Angeklag- te die „S. Unternehmensgruppe“, deren Geschäftsgegenstanddie Sanierung und Vermarktung von Immobilien war. Im Tatzeitraum war er Geschäftsführer der V. A. GmbH, die als Komplementärin in verschiedenen und für jedes Bauvorhaben gesondert gegründeten Kommanditgesellschaften (nachfolgend: Bauherren-KG’s) fungierte. Die Bauherren-KG’s beauftragten als Generalübernehmer für Sanierungsarbeiten die A. GmbH, deren bestellte Geschäftsführerin im Tatzeitrum die Mitangeklagte Ne. war. Gesellschafterin der A. GmbH war die C. GmbH mit im Tatzeitraum wechselnden Alleingesellschaftern.
3
Zur Durchführung der Bauvorhaben beauftragte die A. GmbH ihrerseits Generalunternehmer und verschiedene Subunternehmer, wobei sie faktisch als „Schutzschild vor den Bauherren-KG’s“ (UA S. 8) agierte, um die Ansprüche der unbezahlten oder nur zum Teil bezahlten Leistungserbringer abzufangen. Sie erteilte teilweise Aufträge, ohne dass die Absicht bestand, diese vollständig zu bezahlen. Überdies veranlasste die A. GmbH kleine und unerfahrene Handwerksunternehmen dazu, trotz Ausbleibens ihrer Bezahlung weitere Leistungen zu erbringen. Die Bauherren-KG’s finanzierten die Vorhaben durch Darlehen, die auf der Grundlage von Abschlagsrechnungen der A. GmbH direkt an die Generalübernehmerin ausgezahlt wurden. Von diesen Beträgen überwies die Mitangeklagte Ne. auf Veranlassung des Angeklagten und einem gemeinsamen Tatplan entsprechend größere Summen aufgrund rechtsgrundloser Stornierungen der Abschlagsrechnungen direkt an die Bauherren-KG’s. Den Angeklagten war dabei bewusst, dass der stornierte Betrag nicht ausgeglichen werden würde und die Stornierung deshalb einen Verzicht auf die Forderung bedeutete. Durch die so veranlassten Stornierungen geriet die A. GmbH selbst zunehmend in Liquiditätsschwierigkeiten und konnte Handwerksleistungen nicht mehr bezahlen; letztlich führten sechs Stornierungen bzw. Rücküberweisungen der Abschlagsbeträge im Zeitraum vom 13. April 2004 bis 23. August 2005 über einen Betrag von insgesamt mehr als 820.000 € (Taten 1 bis 6, UA S. 11) zur Insolvenz der A. GmbH, was die Angeklagten zumindest billigend in Kauf nahmen.
4
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der A. GmbH war und seine Vermögensbetreuungspflicht ihr gegenüber verletzt habe, indem er die Mitangeklagte Ne. zu den rechtsgrundlosen Stornierungen (Taten 1 bis 6) angewiesen habe. Er habe „im Einverständnis mit dem jeweiligen Gesellschafter die Stellung des Geschäftsführers tatsächlich eingenommen, indem er den wesentlichen Teil der klassischen Kernbereiche der Unternehmung bestimmt habe“; seine tat- sächliche Verfügungsmacht habe sich daraus ergeben, dass die Mitangeklagte Ne. – wie er gewusst habe – seinen Anweisungen stets loyal gefolgt sei (vgl. UA S. 59).
5
2. Die Verurteilung wegen Untreue hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Angeklagte gegenüber der A. GmbH vermögensbetreuungspflichtig nach § 266 Abs. 1 StGB war.
6
Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann neben Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft auch ein sogenanntes „tatsächliches Treueverhältnis" sein. Ein solches „tat- sächliches Treueverhältnis“ kann dadurch begründet sein, dass der Betreffende die organschaftlichen Aufgaben eines Geschäftsführers übernommen und diese ausgeführt hat (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 40, 42; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 61, 65). Daneben kann aus einer tatsächlichen Übernahme eines nicht ganz unbedeutenden Pflichtenkreises – ohne dass eine faktische Organstellung vorliegen muss – eine Vermö- gensbetreuungspflicht auch dadurch begründet werden, dass der Betreffende diese Interessen wahrnimmt und der Vermögensinhaber auf die pflichtgemäßeWahrnehmung vertrauen darf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1999 – 3StR 188/99, NStZ 1999, 558). Dass eine der beiden vorgenannten Voraussetzungen hier vorliegt, belegen die Feststellungen indes nicht.
7
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als Geschäftsführer auch derjenige anzuerkennen, der die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter ohne förmliche Bestellung faktisch übernommen hat, tatsächlich ausübt und gegenüber dem formellen Geschäftsführer eine überragende Stellung einnimmt oder zumindest das deutliche Übergewicht hat (vgl. BGH, Urteile vom 24. Juni 1952 – 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 37 f., vom 22. September 1982 – 3 StR 287/82, BGHSt 31, 118, 122, und vom 10. Mai 2000 – 3 StR 101/00, BGHSt 46, 62, 64 f.).
8
Den Urteilsgründen lässt sich zwar entnehmen, dass der Angeklagte tatsächlich einen erheblichen Einfluss gegenüber der bestellten Geschäftsführerin der A. GmbH hatte, die nahezu keine eigenständigen Entscheidungen getroffen hat. Dies reicht aber für sich genommen nicht aus, um eine faktische Organstellung zu begründen. Im vorliegenden Fall fehlten dem Angeklagten nämlich die für eine organschaftliche Stellung typischen Befugnisse. Die Feststellungen ergeben nicht, dass er etwa eine Bankvollmacht hatte, oder im Außenverhältnis Pflichten übernahm, die typischerweise mit der Stellung eines Organs verbunden sind (wie etwa gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Finanzbehörden). Sind dem Betreffenden solche Kompetenzen nicht übertragen, spricht dies indiziell gegen die Annahme einer faktischen Geschäftsführung, weil sie zu den Essentialien einer Organstellung zählen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2005 – II ZR 113/03, ZIP 2005, 1414).
9
Die Urteilsgründe legen nicht dar, dass dem Angeklagten entsprechende auf das Außenverhältnis bezogene Befugnisse jedenfalls faktisch übertragen wurden. Die insoweit pauschale Feststellung, der Angeklagte ha- be „im Einvernehmen mit der Gesellschafter-GmbHvon Anfang an die Stellung des Geschäftsführers“ eingenommen (UA S. 12), wird nicht näher begründet. Die Urteilsgründe ergeben zwar, dass der Angeklagte die Geschäftsführerin der A. GmbH eingestellt hat (UA S. 3, 54) und die Gesellschafterin keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der A. GmbH genommen , sondern die Mitangeklagte Ne. zu Fragen der Geschäftsfüh- rung auf den Angeklagten verwiesen hat (UA S. 52). Die Feststellungen verhalten sich indes nicht dazu, in welchem Verhältnis der Angeklagte zu der Gesellschafterin der A. GmbH stand und aus welchen Gründen und in welchem Umfang ihm eine derartige Machtposition – möglicherweise auch gegenüber der Gesellschafterin – eingeräumt worden sein soll. Dies wäre auch deshalb erörterungsbedürftig gewesen, weil das Landgericht die Anweisungen des Angeklagten zu den rechtgrundlosen Stornierungen als pflichtwidrig gewertet hat, für die kein Einverständnis der Gesellschafterseite bestanden hat (vgl. UA S. 52).
10
Allerdings hat die Rechtsprechung es im Einzelfall auch ausreichen lassen, wenn der faktische Geschäftsführer den förmlich bestellten Geschäftsführer anweisen kann und er durch ihn die Geschäftspolitik des Unternehmens tatsächlich bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember1997 – 4 StR 323/97, StV 1998, 416; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Februar 2002 – IIZR 196/00, BGHZ 150, 61). Beruht die Macht des Dritten allein darauf, dass er sich gegenüber dem formellen Geschäftsführer in den wesentlichen unternehmerischen Fragen durchsetzen kann, bedarf das Verhältnis zur Gesellschafterebene vertiefter Betrachtung. Diesem Erfordernis werden die Urteilsgründe gleichfalls nicht gerecht. Dass ein außenstehender Dritter, der weder Mitgesellschafter noch Angestellter ist, sondern vielmehr auf der Seite des – wenngleich wirtschaftlich einflussreichen – Auftraggebers steht, über seine wirtschaftliche Macht als Auftraggeber hinaus ermächtigt ist, die Geschäfte seines Vertragspartners zu führen und damit auch verpflichtet ist, dessen Vermögensinteressen zu schützen, erklärt sich aufgrund der bloß faktischen Einflussnahme nicht selbst. Vielmehr wird in solchen Fällen der Abhängigkeit des Geschäftspartners die übermächtige Vertragsgegenseite häufig die Geschäftstätigkeit des abhängigen Geschäftspartners bestimmen können. Dies genügt aber nicht für die Annahme einer „faktischen Geschäfts- führung“, auch weil ansonsten der Angeklagte gegenläufigen Vermögens- pflichten, nämlich für den Vertragspartner und das eigene Unternehmen, ausgesetzt wäre. Derjenige, der im Rahmen von schuldrechtlichen Bezie- hungen jedoch eigene Interessen im Wirtschaftsleben verfolgt, kann nicht die Vermögensinteressen der anderen Vertragspartei wahrnehmen. Deshalb sollen grundsätzlich auch nur fremdnützig typisierte Schuldverhältnisse mit Geschäftsbesorgungscharakter Treuepflichten begründen können (vgl. LK-Schünemann, aaO Rn. 75 f.; Fischer, aaO Rn. 38 und vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 StR 73/03; BGHSt 49, 147, 155, und Beschluss vom 2. April 2008 – 5 StR 354/07, BGHSt 52, 182, 186 f.).
11
Um vorliegend bewerten zu können, dass der Angeklagte im „Einver- nehmen“ mit der Gesellschafterin die Geschäfte für die A. GmbH faktisch geführt hat, hätte es einer eingehenden Darlegung der Hintergründe sowie der Art und des Umfanges dieses „Einvernehmens“ bedurft. Maßgeblichist, dass der Angeklagte in die Gesellschafterebene hinein über ein solches Machtpotential verfügt, das ihn in die Lage versetzt, die Unternehmensentscheidungen zu determinieren. Eine solche weitgehende Beherrschung wird regelmäßig gegeben sein, wenn die Gesellschafterin der A. GmbH für ihn handelt. Dies setzt grundsätzlich entweder eine persönliche Abhängigkeit oder aber ein aus anderen Gründen einverständliches Zusammenwirken mit ihr voraus, die es rechtfertigen, die A. GmbH als gleichsam abhängige und unselbständige Strohmannfirma für das Unternehmen des Angeklagten zu sehen. Nur dann kann dem Angeklagten auch eine weitere Vermögensbetreuungspflicht auferlegt werden (vgl. zu den Pflichtenstellungen im faktischen GmbH-Konzern: BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 25). Ob eine entsprechende Abhängigkeit der Gesellschafterin der A. GmbH oder ein Zusammenwirken mit ihr vorlag, bleibt indes unerörtert und kann ohne nähere Kenntnis der Beziehungen des Angeklagten zur Gesellschafterebene der A. GmbH nicht beurteilt werden.
12
b) Unabhängig davon, ob dem Angeklagten aufgrund der Reichweite seiner Einflussnahme tatsächlich eine faktische Organstellung innerhalb der A. GmbH zukam, genügen die bisher getroffenen Feststellungen auch im Übrigen nicht zur Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht. Zwar knüpft der Treubruchtatbestand des § 266 Abs. 1 StGB nicht an die formale Position als Geschäftsführer, sondern an die tatsächliche Verfügungsmacht über ein bestimmtes Vermögen an, wenn damit ein schützenswertes Vertrauen in die pflichtgemäße Wahrnehmung der Vermögensinteressen verbunden ist (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96 aaO, und vom 14. Juli1999 – 3 StR 188/99, NStZ 1999, 558, Fischer aaO Rn. 33). Feststellungen dazu, ob und inwieweit dem Angeklagten das Vermögen der A. GmbH von Sei- ten ihrer Gesellschafterin unterhalb der Geschäftsführerebene „anvertraut“ worden ist und eine Vermögensbetreuungspflicht besteht, hat das Landgericht indes nicht getroffen. Es kann aus den bereits unter a) angeführten Gründen nicht beurteilt werden, ob dem Angeklagten von Gesellschafterebene faktisch eine weitgehende Betriebsführung eingeräumt worden ist oder ob lediglich in einer Vielzahl von Einzelentscheidungen seiner wirtschaftlichen Machtstellung als Organ des praktisch einzigen Geschäftspartners jeweils nachgegeben wurde.
13
3. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer tatgerichtlicher Sachaufklärung und Prüfung. Die Feststellungen – mit Ausnahme derjenigen zum Verhältnis des Angeklagten zur Gesellschafterin der A. GmbH – können bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, soweit sie den aufrechterhaltenen nicht widersprechen.
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Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 113/03 Verkündet am:
27. Juni 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für die deliktische Haftung (hier: § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB) einer
Person als faktischer Geschäftsführer einer GmbH ist es erforderlich, daß der
Betreffende nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschikke
der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung
hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die
Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich
in die Hand genommen hat (i. Anschl. an Senat, BGHZ 150, 61).
BGH, Urteil vom 27. Juni 2005 - II ZR 113/03 - OLG Frankfurt a. Main
LG Frankfurt a. Main
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Prof. Dr. Gehrlein und
Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. März 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dieser verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger führt im Auftrag der I. in Deutschland den sog. Banksettlement Plan (BSP) durch; im Rahmen dieses vereinheitlichten Systems zur Vereinfachung von Verkauf, Abrechnung und Verwaltung von Flugpassagen zwischen den der I. angehörenden Luftverkehrsgesellschaften und den Verkaufsagenturen oblag dem Kläger u.a. der turnusmäßig einmal im Monat stattfindende Einzug der von den Agenturen aus den Ticketverkäufen vereinnahmten Gelder. Nach den Agenturverträgen waren sämtliche derartigen Einnahmen
"Eigentum und Besitz der Fluggesellschaft" und "dem Agenten für oder im Namen der Fluggesellschaft solange zur Verwahrung anvertraut, bis über sie eine zufriedenstellende Rechenschaft abgelegt worden ist und eine Abrechnung stattgefunden hat". Die I. hatte einen solchen Agenturvertrag über den Verkauf von Flugtickets auch mit der B. GmbH (nachfolgend: B. GmbH) abgeschlossen. Deren Geschäftsführer und zugleich Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 24,5 % war der Beklagte zu 2; ihre Mehrheitsgesellschafterin mit einem Geschäftsanteil von 51 % war die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH), deren Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Beklagte zu 1 war.
Im Herbst 1993 geriet die B. GmbH in finanzielle Schwierigkeiten, die dazu führten, daß sie abredewidrig die für die I. und deren Mitglieder vereinnahmten Gelder aus Ticketverkäufen zur Deckung ihrer laufenden - die Einnahmen übersteigenden - Ausgaben verwendete; dies verdeckte sie dadurch, daß sie jeweils im Abrechnungszeitpunkt am 15. des Monats anstelle der verbrauchten Einnahmen der abzurechnenden Periode auf ihrem Konto bereits vereinnahmte Gelder des folgenden Abrechnungszeitraums für die turnusmäßige Abbuchung des Klägers bereitstellte. Nach einem Krisengespräch vom 14. Oktober 1993 zwischen den beiden Beklagten und weiteren Hinweisen des Steuerberaters über die immer prekärer werdende finanzielle Lage der B. GmbH erklärte der Beklagte zu 2 zwar zunächst dem Beklagten zu 1 gegenüber die Niederlegung seines Amtes, wurde jedoch in der Folgezeit weiterhin als Geschäftsführer für die B. GmbH tätig. Trotz einer vom Beklagten zu 1 Ende Dezember 1993 zum Zwecke der Abwendung der Überschuldung abgegebenen Rangrücktrittserklärung für Forderungen gegen die B. GmbH sah sich der Beklagte zu 2 am 21. Januar 1994 gezwungen, für die Gesellschaft Konkursan-
trag zu stellen. Daraufhin stellte die I. unter dem 24. Januar 1994 bei der B. GmbH ihre Tickets sicher und entzog ihr die I.-Verkaufslizenz. Auf Betreiben des Beklagten zu 1 wurde auf einer Gesellschafterversammlung der B. GmbH am 26. Januar 1994 die - später von der Mitgesellschafterin Y. mit Erfolg angefochtene - Abberufung des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer und die Bestellung des Beklagten zu 1 zum neuen Geschäftsführer beschlossen. Nachdem der Beklagte zu 1 Ende Januar 1994 die Schließung des Büros der B. GmbH veranlaßt hatte, nahm er am 1. Februar 1994 den Konkursantrag zurück. Am 14. Februar 1994 buchte der Kläger die Forderung aus den Ticketverkäufen für den letzten Abrechnungszeitraum (Januar 1994) in Höhe von 330.295,92 DM vom Konto der B. GmbH ab, jedoch erfolgte bereits eine Woche später die Rückbuchung mangels Deckung des Kontos. Am 21. Februar 1994 wurde schließlich der Beklagte zu 2 wirksam als Geschäftsführer der B. GmbH abberufen und der Beklagte zu 1 zu ihrem neuen Geschäftsführer bestellt.
Der Kläger nimmt wegen der - bislang unbeglichen gebliebenen - Forderung für Januar 1994 beide Beklagten als Gesamtschuldner aus dem Gesichtspunkt einer - angeblich nebentäterschaftlich begangenen - Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB auf Schadensersatz in Anspruch; dabei macht er in bezug auf den Beklagten zu 1 geltend, dieser sei als faktischer Geschäftsführer der B. GmbH - neben dem Beklagten zu 2 als ihrem satzungsmäßigen Vertreter - für die Veruntreuung der vereinnahmten Treuhandgelder verantwortlich. Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 2 stattgegeben, sie jedoch hinsichtlich des Beklagten zu 1 abgewiesen, weil die Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführung nicht vorgelegen hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zu 2 zurückgewiesen , hingegen auf die Berufung des Klägers auch den Beklagten zu 1 antrags-
gemäß verurteilt und im übrigen die Revision insgesamt nicht zugelassen. Ein dagegen gerichtetes Prozeßkostenhilfegesuch des Beklagten zu 2 hat der Senat - bestandskräftig - zurückgewiesen, während er auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zu 1 dessen Revision zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten zu 1 ist begründet und führt - soweit dieser verurteilt worden ist - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat in bezug auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 ausgeführt:
Der Beklagte zu 1 hafte dem Kläger gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2 auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung, weil er spätestens seit Oktober 1993 bis zu seiner Bestellung am 21. Februar 1994 als faktischer Geschäftsführer der B. GmbH anzusehen sei und daher als Nebentäter i.S. des § 266 StGB für die Veruntreuung der der Gesellschaft treuhänderisch anvertrauten Einnahmen aus dem Verkauf der I.-Tickets verantwortlich sei. Seine Stellung als faktischer Geschäftsführer ergebe sich daraus, daß er als Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der F. GmbH, die als Mehrheitsgesellschafterin die B. GmbH beherrscht habe, selbst dominierenden Einfluß auf die Geschäftsführung der B. GmbH ausgeübt habe; denn er habe "letztlich das Sagen" im Gesamtkonzern gehabt. Faktisch habe er als Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin den Beklagten zu 2 als den satzungsmäßig bestellten Vertreter der B. GmbH entmachtet, weil dieser ihn nach dem Krisengespräch vom 14. Oktober 1993 bei allen wesentlichen Geschäftsmaßnahmen , insbesondere Geldbewegungen über 5.000,00 DM, habe
informieren müssen; darüber hinaus habe der Beklagte zu 1 später sogar eine andere Person als kommissarischen Geschäftsführer in der B. GmbH eingesetzt. Im übrigen habe sich die B.er Gesellschaft bei den zentralen wirtschaftlichen Entscheidungen wie Preiskalkulation, Werbung und Abrechnung nach den Vorgaben der vom Beklagten zu 1 beherrschten F.er Muttergesellschaft richten müssen, die auch Abbuchungsvollmachten für die Konten der B. GmbH gehabt habe und daher ihre Forderungen intern leicht habe durchsetzen können.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die vom Berufungsgericht aufgeführten Einzelheiten bezüglich des Verhaltens und der Stellung des Beklagten zu 1 nicht die Voraussetzungen erfüllen, unter denen von einem "faktischen Organ" gesprochen werden kann.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, daß der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; BGHZ 104, 44, 48).
Das hat das Berufungsgericht verkannt. Denn seinen Feststellungen lassen sich lediglich (interne) Einwirkungen und Weisungen des Beklagten zu 1 als Konzernherr "auf" die Geschäftsführung der - von der F. GmbH be-
herrschten - B. GmbH, nicht hingegen ein - darüber hinaus erforderliches - maßgebliches eigenes Handeln des Beklagten zu 1 mit Außenwirkung für die B. GmbH entnehmen.
So stellen die vom Berufungsgericht besonders hervorgehobenen Maßnahmen , wie die dem Beklagten zu 2 auferlegte Pflicht zur Berichterstattung bei wesentlichen Geschäftsmaßnahmen und Geldbewegungen, die angebliche spätere Entmachtung des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer der B. GmbH, ferner die zentrale Steuerung der Werbung, der Preiskalkulation und -festsetzung sowie des Abrechnungssystems der B. GmbH und der weiteren abhängigen Gesellschaften durch die F. GmbH, lediglich gesellschaftsoder konzerninterne Einwirkungen des als Geschäftsführer der Konzernspitze handelnden Beklagten zu 1 dar, die nicht zugleich auch dessen Stellung als faktischer Geschäftsführer bei der Tochtergesellschaft begründen; das gilt selbst dann, wenn durch die Intensität der Einwirkungen der Beklagte zu 2 als deren satzungsmäßiger Geschäftsleiter zu einem "reinen" Befehlsempfänger "degradiert" worden sein sollte (vgl. Senat, BGHZ 150, 61, 69).
Nichts anderes gilt für die Feststellung des Berufungsgerichts, die F. GmbH habe für die Konten der B. GmbH Abbuchungsvollmachten gehabt und habe daher ihre Forderungen intern leicht durchsetzen können. Auch eine solche Abrechnungsmöglichkeit verdeutlicht schon nach der eigenen Wertung des Berufungsgerichts allenfalls, "daß es sich bei der B. GmbH um eine von der F. GmbH und damit - mittelbar - vom Beklagten zu 1 abhängige Tochterfiliale gehandelt hat". Zwar mag es sein, daß - wie die Revisionserwiderung geltend macht - das Gebrauchmachen von solchen Abbuchungsvollmachten auch bestimmte Außenwirkungen im Verhältnis zur kontoführenden Bank zeitigt; indessen hat das Berufungsgericht nach dem Ergebnis
der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme keine sicheren Feststellungen dazu treffen können, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die F. GmbH (ungerechtfertigt) zu Lasten der B. GmbH Abbuchungen von deren Konten vorgenommen hat. Daß etwa gerade der Beklagte zu 1 persönlich derartige Abbuchungen "per Hand" - noch dazu in einem die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans der B.er GmbH nachhaltig prägenden Maße - getätigt hat, steht ebensowenig fest.
2. Da mithin ein täterschaftliches Verhalten des Beklagten zu 1 i.S. des § 266 StGB bereits deshalb ausscheidet, weil er auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kein faktischer Geschäftsführer der B. GmbH war, kommt es für den Erfolg der Revision nicht mehr darauf an, ob zudem - wie der Kläger rügt - eine selbständige Tathandlung oder Unterlassung des Beklagten zu 1 im Sinne des Untreuetatbestandes sowie der für § 266 StGB mindestens erforderliche bedingte Vorsatz nicht hinreichend festgestellt worden sind.
III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht im Endergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO).
Zwar ist nach dem Zusammenhang der bisherigen Feststellungen anstelle einer selbständigen nebentäterschaftlichen Untreuehandlung des Beklagten zu 1 dessen Teilnahme als Anstifter oder Gehilfe an der vom Beklagten zu 2 als satzungsmäßigem Geschäftsführer der B. GmbH täterschaftlich begangenen Untreue und damit seine gesamtschuldnerische Verantwortlichkeit für den daraus resultierenden Schaden gemäß § 830 BGB ernsthaft zu erwägen. Jedoch fehlen derzeit ausreichende Feststellungen, um die Verurteilung des Beklagten zu 1 aus diesem - offensichtlich weder von den Parteien noch vom Tatrichter in Betracht gezogenen - anderen rechtlichen Gesichtspunkt aufrechterhalten zu können.
IV. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es unter dem Aspekt einer etwaigen Teilnahme des Beklagten zu 1 an der vom Beklagten zu 2 täterschaftlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 830 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB) - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - die erforderlichen, evtl. auch die den Einwänden der Revision nachgehenden, weiteren Feststellungen treffen kann.
Goette Kurzwelly Münke
Gehrlein Reichart
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
1. Investitionsbeihilfen begründen grundsätzlich keine Vermögensbetreuungspflicht
im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, es sei denn,
der Empfänger hat zugleich über den Subventionszweck hinausgehende
Vermögensinteressen des Subventionsgebers zu
beachten.
2. In einem Konzern verletzen die Vorstandsmitglieder der beherrschenden
Aktiengesellschaft jedenfalls dann ihre Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber einer abhängigen GmbH, wenn
deren Vermögenswerte in einem solchen Umfang ungesichert
im Konzern angelegt werden, daß im Fall ihres Verlustes die
Erfüllung von Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft oder
deren Existenz gefährdet wäre.
3. Zur Bestimmung des Schuldumfangs bei Untreue durch existenzgefährdenden
Eingriff.
BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - LG Bremen
5 StR 73/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 13. Mai 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 6. und 13. Mai 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Prof. Dr. W ,
Rechtsanwalt Dr. G
als Verteidiger des Angeklagten Dr. H ,
Rechtsanwalt Prof. Dr. S
als Verteidiger des Angeklagten Sc ,
Rechtsanwalt J
als Verteidiger des Angeklagten Sm ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 13. Mai 2004 für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. Dezember 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
III. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die drei Angeklagten jeweils wegen gemein- schaftlicher Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren – vom Generalbundesanwalt vertretenen und zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten – Revisionen mit der Sachrüge allein den Rechtsfolgenausspruch. Alle Rechtsmittel haben Erfolg.

A.


Das Landgericht hat jeweils ein Vergehen der Untreue darin gesehen, daß die Angeklagten als Mitglieder des Vorstands der B V V - AG (BVV AG) Gelder ihrer beiden ostdeutschen Tochtergesellschaften in den – dann später in Konkurs gefallenen – Konzernverbund überführt haben.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts war die B V AG (BV AG) ein Werftenverbund mit dem Schwerpunkt Schiffbau. Im Jahr 1992 erfolgte eine Umstrukturierung, in deren Gefolge die B V AG ihre operativen Funktionen aufgab und in die B V V AG umfirmierte. Der Angeklagte Dr. H war von 1987 bis zum 15. November 1995 zunächst Vorsitzender des Vorstands der BV AG sowie dann der BVV AG. Der Angeklagte Sc war als Mitglied des Vorstands der BVV AG ab Ende 1993 für das Ressort Controlling, der Angeklagte Sm ab August 1993 als Mitglied des Vorstands der BVV AG für den Bereich Schiffbau und später (ab September 1995) auch für den Bereich Finanzen zuständig.
Ab 1991 verhandelte die BV AG mit der Treuhandanstalt über den Erwerb ostdeutscher Werften. Tatsächlich ging es um zwei Werften aus dem D M - und Sch . Nach der Privatisierung der ostdeutschen Werftindustrie sollten aus dem ehemaligen Kombinat die M W in Wismar (MTW) und die V in Stralsund (VWS) herausgelöst und an die BV AG veräußert werden. Eigner der beiden Werften war letztlich – über ein zwischengeschaltetes Konstrukt von Beteiligungsgesellschaften – die Treuhandanstalt, der als einer dem Bundesminister der Finanzen unterstellten Anstalt des öffentlichen Rechts die Aufgabe zukam, die ostdeutschen Betriebe zu privatisieren.
Der Angeklagte Dr. H war von Anfang an in die Verhandlungen mit der Treuhandanstalt einbezogen. Die Treuhandanstalt verfolgte bei den Privatisierungsverhandlungen das Ziel, Arbeitsplätze zu sichern und an den Standorten moderne konkurrenzfähige Werften entstehen zu lassen. Nachdem sich weitere Interessenten zurückgezogen hatten, wurden die Verhandlungen über einen Erwerb mit der BV AG intensiviert, wobei auch eine Reihe externer Berater hinzugezogen wurde. Am 11. August 1992 kam es dann zum Verkauf der MTW, am 18. Februar 1993 zum Verkauf der VWS. Beide Ostwerften waren zu diesem Zeitpunkt jeweils als GmbH im Handelsregister eingetragen.
Mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11. August 1992 (KAV) wurden die Geschäftsanteile der MTW an die BV AG übertragen. Als Erwerberin übernahm die BV AG dabei eine Garantie, 3110 Arbeitsplätze bis 31. Dezember 1995 zu sichern (§ 9.2 KAV) und bis dahin die Werft nicht stillzulegen (§ 10 KAV). Darüber hinaus sollten näher beschriebene Investitionen im Umfang von etwa 560 Mio. DM in das Anlagevermögen erfolgen (§ 8 KAV), wobei Modifikationen der geplanten Vorhaben bei Einhaltung der Wertgrenze zulässig sein sollten. Die Treuhandanstalt verpflich-
tete sich in dem Vertrag außer zum Ausgleich von Altkrediten auch zur Zahlung eines Gesamtausgleichsbetrages in Höhe von 680 Mio. DM. In dem Gesamtausgleichsbetrag war ein Investitionszuschuß in Höhe von 340 Mio. DM enthalten. Weiterhin sollten durch den – in drei Raten bis Ende 1993 zu erbringenden – Gesamtausgleichsbetrag drohende Verluste aus laufenden Geschäften (nicht kostendeckende Schiffbauverträge), die Kosten für einen als erforderlich angesehenen Personalabbau (Sozialpläne) und für weitere erwartete Einbußen abgegolten werden (§ 5 KAV).
Mit notariell beurkundetem Kauf- und Übertragungsvertrag (KÜV) vom 18. Februar 1993 erwarben zwei Gesellschaften, an denen die – mittlerweile umfirmierte – BVV AG maßgeblich beteiligt war, die Geschäftsanteile der VWS. Auch in diesem Vertrag übernahmen die Erwerber die Garantie für den Erhalt von mindestens 2200 Arbeitsplätzen (§ 11 KÜV) und sicherten den Bestand der Werft bis Ende 1997 zu (§ 12.3 KÜV). Die Käufer verpflichteten sich zu Investitionen bis 2005 in Höhe von insgesamt 640 Mio. DM in das Anlagevermögen (§ 10.1 KÜV). Daneben sah dieser Vertrag – anders als der KAV – eine Verpflichtung der Käufer vor, die Volkswerft als eigenes Profitcenter zu führen und die der Volkswerft zugedachten Beihilfen ausschließlich für diese zu verwenden (§ 12.2 KÜV). Die Treuhandanstalt verpflichtete sich in der Vereinbarung zu einer Entschuldung von Altkrediten und zur Zahlung eines Gesamtausgleichsbetrages in Höhe von 585 Mio. DM. Neben einer Kompensation für drohende Verluste aus laufenden Geschäften und personellen Umstrukturierungen enthielt dieser Betrag auch einen Investitionszuschuß in Höhe von 380 Mio. DM (§ 4 KÜV). Weiterhin begründete der Vertrag auch Einstandspflichten der Treuhandanstalt für Forderungen gegen andere ehemals kombinatsabhängige Unternehmenseinheiten. Im Laufe des Jahres 1994 erwarb die H H , eine Tochter der BVV AG, 89 % der Anteile an der VWS; 11 % der Anteile hielt die Stadt Stralsund.
Beide Verträge (KAV und KÜV) sahen einen Genehmigungsvorbehalt im Hinblick auf die Zustimmung der Europäischen Kommission vor. Diese legte Wert darauf, daß keine sogenannten Spill over Effekte eintreten würden , sich also die Beihilfeleistungen der Treuhandanstalt nicht zugleich als Subventionen für die im Westen gelegenen Betriebsstätten der BVV AG auswirken würden. Um dem Anliegen der Kommission Rechnung zu tragen, einigte man sich darauf, daß vierteljährlich entsprechende „Spill over Berichte“ zu fertigen seien, die zudem von einem Wirtschaftsprüfer einmal jährlich testiert werden mußten. In der Folgezeit wurden entsprechende Berichte dann auch durch die beiden Ostwerften vorgelegt.
Die BVV AG befand sich – bedingt durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Schiffbau – seit 1992 ständig in einer angespannten finanziellen Situation. Um die Liquiditätsstruktur innerhalb des Konzerns zu optimieren, war ein zentrales Cash-Management-System in der Planung. Dadurch sollten zunächst Finanzüberhänge innerhalb des Konzerns genutzt und so die Aufnahme von Bankkrediten reduziert werden. Aufgrund eines Vorstandsbeschlusses im Herbst 1992 wurde ein zentrales automatisches CashManagement für sämtliche Tochtergesellschaften eingeführt. Dieses richtete die BVV AG aufgrund eines auch mit der Commerzbank als Hausbank geschlossenen Vertrages im Herbst 1993 zunächst nur unter den westdeutschen Tochterunternehmen ein, während die MTW und VWS nicht einbezogen waren. Danach wurde bei der BVV AG ein Zielkonto gebildet, auf das von den Konten der Tochterunternehmen Guthaben automatisch abgebucht wurden. Gleichzeitig erfolgte von dem Zielkonto ein Ausgleich entsprechender Debetsalden der Tochterunternehmen.
Die beiden Ostwerften verfügten auch aufgrund der erhaltenen Leistungen über erhebliche Liquiditätsreserven. Zunächst wurden freie Gelder der MTW als Festgeldanlage an den Treasury der BVV AG ausgereicht. Die
Treuhandanstalt, die von der Anlage dieser Gelder im Treasury Kenntnis er- langt hatte, stimmte der Ausleihung der Gelder unter der Bedingung zu, daß ihre jederzeitige Rückzahlbarkeit gesichert sein mußte. Die Gelder wurden zum 31. März 1994 vereinbarungsgemäß zurückgeführt. Gleiches gilt auch für eine – wesentlich geringere – Anlage der VWS im Treasury.
Das Jahr 1993 hatte den höchsten Verlust der Konzerngeschichte erbracht ; die Banken kürzten die Kreditlinien. Im Verlauf des Jahres 1994 wurde die Liquidität im Konzern zunehmend schwächer. Bereits am 5. April 1994 überwies die MTW 70 Mio. DM, am 8. April 1994 weitere 40 Mio. DM als Festgeld an die BVV AG. Nach der Freigabe eines erheblichen Betrages durch die EU-Kommission legte die MTW im Mai 1994 zusätzlich 220 Mio. DM bei der BVV AG an.
Nachdem sich eine zunächst ins Auge gefaßte Kapitalerhöhung nicht realisieren ließ, beschloß der Vorstand in seiner Sitzung Mitte Juli 1994 ein Sanierungskonzept, das auch die Veräußerung von Firmenanteilen vorsah. Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Finanzplanung sollten nun die bislang hiervon ausgenommenen Ostwerften in das automatische CashManagement -System einbezogen werden. Nach internen Unstimmigkeiten innerhalb der Konzernführung wies schließlich der Vorstand der BVV AG die MTW an, sich an dem Cash-Management-System zu beteiligen. Daraufhin kam es im September 1994 zu einer Vereinbarung, welche die MTW verpflichtete , freie Mittel auf das bei der Commerzbank geführte Konto zu übertragen , über das automatisch eine Saldenkonzentration innerhalb des Konzerns bewirkt wurde. Von Seiten der VWS wurde zunächst hinhaltender Widerstand gegen eine Einbeziehung in das Cash-Management-System geleistet. Aufgrund einer Gesellschafterweisung trat schließlich auch die VWS dem Cash-Management-System bei.
Nach anfänglichen Erfolgen bei der finanziellen Konsolidierung des Gesamtkonzerns gab es im Verlauf des Jahres 1995 weitere Rückschläge wegen Forderungsausfällen und der nicht kostendeckenden Fertigstellung von Schiffbauvorhaben. Die Sanierungsvorhaben scheiterten ebenso wie die in Aussicht genommene Veräußerung von steuerlichen Verlustvorträgen in der Gesamthöhe von etwa 3 Mrd. DM. Den Angeklagten war die sich verschärfende wirtschaftliche Situation und insbesondere die dramatische Liquiditätslage bekannt. Dies war Gegenstand einer Vorstandssitzung am 7. August 1995, die – unter Einbeziehung des Aufsichtsrats – in der Folgezeit zu Bemühungen führte, weitere Kredite zu erlangen. Ende August 1995 kam es zur Vereinbarung eines Konsortialkredits in Höhe von insgesamt 300 Mio. DM, an dem mehrere Banken beteiligt waren. Als Sicherheiten wurden die wesentlichen im Konzern noch vorhandenen freien Vermögenswerte verpfändet. Die VWS nahm dabei auf Geheiß der Konzernmutter aus dem Gesamtkredit ein Teildarlehen in Höhe von 68 Mio. DM auf.
In seiner Sitzung im September 1995 billigte der Aufsichtsrat die Kreditaufnahme. Zugleich entband er auf dessen Anerbieten den Angeklagten Dr. H von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender, wobei dieser das Amt kommissarisch weiterführen sollte, bis ein Nachfolger gefunden sei.
Trotz des Konsortialkredits kam es im Herbst 1995 zu einer weiteren Verschlechterung der Liquiditätssituation der BVV AG. Diese wurde unter anderem auch durch negative Meldungen in den Medien über die Finanzsituation des Gesamtkonzerns ausgelöst, weil nunmehr etliche Zulieferer nur noch gegen Vorkasse lieferten. Noch im Oktober 1995 wurden von der EUKommission aus dem Gesamtausgleichsbetrag 194 Mio. DM freigegeben, die auf Konten der MTW ausgezahlt wurden und sofort in das CashManagement -System einflossen. Zugleich nahm die MTW auf Veranlassung
der Konzernleitung einen sogenannten Bauzeitenkredit in Höhe von 80 Mio. DM auf.
Der Aufsichtsrat beschloß aufgrund der anhaltenden schwierigen finanziellen Situation in seiner Sitzung vom 15. November 1995 die sofortige Entbindung des Angeklagten Dr. H von seinen Pflichten als Vorstandsvorsitzender und übertrug zugleich diese Funktion dem Angeklagten Sm . Ende 1995 kam es durch die Commerzbank und das Land Bremen zu einer neuerlichen Kreditvergabe von über 384 Mio. DM. Im Dezember 1995 traten erneut Liquiditätslücken auf. Schließlich verschärfte sich die Situation im Januar 1996 drastisch. Eine Sanierung kam nicht mehr zustande. Am 21. Februar 1996 wurde für die BVV AG ein Vergleichsantrag gestellt. Am 1. Mai 1996 kam es durch das Amtsgericht Bremen zur Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens.
Im Februar 1996 waren Gelder der Ostwerften in erheblichem Umfang im Gesamtkonzern angelegt oder – als Transferleistungen im CashManagement -System – von anderen Tochterunternehmen beansprucht. So flossen bei der MTW insgesamt etwa 590 Mio. DM auf diese Weise ab; bei der VWS, die bis zum 31. Dezember 1995 nur noch das Cash-ManagementSystem bediente und keine Festgeldanlagen mehr unterhielt, betrug dieser Betrag etwa 260 Mio. DM. Anfang 1996 schieden die beiden Ostwerften aus dem Cash-Management-System aus. Bemühungen der aus der Treuhandanstalt hervorgegangenen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), die Festgeldanlagen zurückzuerlangen, scheiterten ebenso wie die Versuche, die Einlagen im Cash-Management-System nachträglich besichern zu lassen. Die Ausfälle von MTW und VWS wurden im Konkurs der BVV AG zur Konkurstabelle anerkannt.

II.


Das Landgericht hat in dem Verhalten der Angeklagten jeweils eine Untreue zum Nachteil der beiden Ostwerften gesehen. Nach Auffassung des Landgerichts traf die Angeklagten als Organe der Muttergesellschaft (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich des Vermögens der beiden Tochtergesellschaften. Aus dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Regelungen, die durch massive Unterstützungsleistungen der Treuhandanstalt geprägt seien, ergebe sich, daß die Angeklagten als Organe der Muttergesellschaft sämtliche Vermögenswerte der Ostwerften in diesen Unternehmen hätten belassen müssen. Indem den Ostwerften die finanziellen Mittel durch die Anlage im Treasury entzogen worden seien, hätten die Angeklagten gegen diese Pflicht verstoßen. Dabei soll es nach Meinung des Landgerichts nicht darauf ankommen, ob diese Finanzmittel aus den Gesamtausgleichsbeträgen oder dem übrigen Vermögen der Werften stammen. Die Pflichtverletzung der Angeklagten sei darin zu sehen, daß Vermögenswerte der Ostwerften ungesichert angelegt worden seien. Spätestens ab 30. Juni 1994 seien die Gelder der Ostwerften nicht mehr gesichert gewesen. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt liege ein Nachteil im Sinne einer schadensgleichen Vermögensgefährdung vor. Diese Gefährdung habe sich bis zum Konkurs der Muttergesellschaft weiter vertieft, in dem die Tochtergesellschaften nur noch auf eine Konkursquote in Höhe von 5 % hoffen könnten.
Hilfsweise stützt das Landgericht seine Verurteilung auf die Vermögensbetreuungspflicht des beherrschenden Unternehmens. Es nimmt dabei Bezug auf ein im Laufe der Hauptverhandlung ergangenes Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urt. vom 17. September 2001 – II ZR 178/99), der in dem Zivilverfahren – nur MTW betreffend – eine Haftung von Vorstandsmitgliedern nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 266 StGB unter dem
Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs dem Grunde nach für möglich erachtet hat (teilweise abgedruckt in BGHZ 149, 10 ff.).
Das Landgericht hat bei sämtlichen Angeklagten für jede der beiden Taten zu Lasten der MTW und der VWS eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Aus diesen Einzelstrafen hat es jeweils aufgrund des sehr engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe bei sämtlichen Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt.

B.


Die Revisionen der Angeklagten führen zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die auf den Strafausspruch beschränkten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben ebenfalls Erfolg.

I.


Das landgerichtliche Urteil ist auf die Sachrügen der Angeklagten aufzuheben , weil die getroffenen Feststellungen die Verurteilungen wegen Untreue nicht tragen. Die Annahme der Strafkammer, die Verträge über den Kauf der Ostwerften begründeten eine Vermögensbetreuungspflicht der Angeklagten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Eine Vermögensbetreuungspflicht setzt voraus, daß die Angeklagten als Organe der BVV AG aufgrund der jeweiligen Verträge über den Unternehmenskauf der Ostwerften (KAV und KÜV) zur Wahrung von deren Vermögensinteressen verpflichtet waren. Das Landgericht ist durch Ausle-
gung der beiden Verträge zu der Auffassung gelangt, diese begründeten ein Verbot, Vermögenswerte der Ostwerften an die Muttergesellschaft zu übertragen. Dieses Ergebnis hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Seine durch Würdigung der vorhandenen Beweismittel gewonnene Überzeugung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es kann eine solche Entscheidung nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft oder Verstöße gegen Denk- oder Erfahrungssätze aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGH NStZ 2001, 491, 492; 2002, 48). Die Auslegung von Verträgen ist ein wertender Akt, weil sie unterschiedliche Aspekte in einer richterlichen Feststellung zusammenführt. Deshalb gelten die vorgenannten Grundsätze ebenso für die Würdigung von Erklärungen, Verträgen oder Urkunden durch den Tatrichter. Auch insoweit beschränkt sich die revisionsrichterliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprachund Denkgesetze, Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2003, 1821; vgl. auch BGHSt 37, 55, 61; 21, 371, 372).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich folgendes: Das Landgericht berücksichtigt weder zureichend die Rechtslage innerhalb des Konzerns noch entspricht das Ergebnis der allgemein anerkannten Auslegungsregel einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung, durch die eine Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen ist (vgl. BGHZ 131, 136, 138).
aa) Das Landgericht hat sich insbesondere nicht ausreichend mit den gesellschaftsrechtlichen Grundlagen auseinandergesetzt. Der Alleingesellschafter oder einverständlich handelnde Gesellschafter sind nämlich grund-
sätzlich berechtigt, auch formlos der Tochtergesellschaft Vermögenswerte zu entziehen. Die Gesellschaft hat gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf Gewährleistung ihres Bestands. Die Gesellschafter können die Existenz der Gesellschaft – sei es im Rahmen einer freiwilligen Liquidation, sei es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens – beenden (BGHZ 151, 181,

186).


Dieses prägende Prinzip, daß es der Konzernmutter – unter noch zu erörternden Einschränkungen – jedenfalls im Grundsatz möglich sein muß, der Gesellschaft Vermögenswerte zu entziehen, hat der Tatrichter bei seiner Auslegung nicht hinreichend bedacht. Ungeachtet der Frage, ob eine vom Landgericht angenommene umfassende Bindung sämtlicher Vermögenswerte der Ostwerften überhaupt zulässig sein könnte, hat es dabei ersichtlich übersehen, daß es sich bei der Auslegung der Verträge vom aufgezeigten gesetzlichen Leitbild entfernt hat.
bb) Daneben läßt die Auslegung des Landgerichts vertragliche Einzelabreden außer Betracht. Beide Veräußerungsverträge enthielten Regelungen über ein Gewinnbezugsrecht, das mit Wirksamkeit der Anteilsabtretung ab 1. Januar 1992 (§ 2.2 KAV) bzw. ab 1. Januar 1993 (§ 1.4 und § 1.5 KÜV) der Käuferin zustehen sollte. Ein solches ausdrücklich vereinbartes Gewinnbezugsrecht ist mit dem vom Landgericht angenommenen Grundgedanken, sämtliche Vermögenswerte der Ostwerften sollten auch dort verbleiben, nicht vereinbar. Das den Erwerbern zustehende Gewinnbezugsrecht weist vielmehr darauf hin, daß ihnen – und letztlich damit der BVV AG als Konzernmutter – die notwendige unternehmerische Freiheit zugestanden werden sollte, die für die reale Wahrnehmung einer Gewinnchance erforderlich war. Der notwendige wirtschaftliche Entscheidungsspielraum umfaßte dabei auch das Finanzmanagement des Gesamtkonzerns, das – jedenfalls idealty-
pisch – für sämtliche Beteiligte zunächst nur Zins- bzw. Liquiditätsvorteile hätte erbringen können.
Hierfür sprechen im übrigen auch weitere – vom Landgericht nicht erörterte – Vertragsbestimmungen in den beiden Erwerbsverträgen. Die Veräußerung der beiden Ostwerften an einen relativ großen Konzern, dessen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich des Schiffbaus lag, erfolgte auch vor dem Hintergrund, Synergieeffekte zu nutzen. Dieser Gesichtspunkt, formuliert als Verpflichtung der BVV AG, alle Synergieeffekte zu nutzen, kommt in beiden Verträgen (§ 10.1 KAV; § 12.1 KÜV) eindeutig zum Ausdruck. Daß vom Willen der Vertragsparteien dabei auch Geldanlagen umfaßt waren, zeigt im übrigen die nachfolgende Entwicklung. Die BvS hatte Kenntnis sowohl von den Geldanlagen als auch von der späteren Einbeziehung der Ostwerften in das Cash-Management-System. Sie hatte hiergegen nur unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Gefährdung der Anlagen Bedenken, nicht jedoch gegen den Transfer der Gelder an sich. Nur hierauf kann es aber für die Frage der Vertragsauslegung ankommen. Wenn die BvS prinzipiell eine Verlagerung von Vermögenswerten für zulässig hielt, dann spricht dies dafür, daß durch den Vertrag eine solche Praxis nicht generell ausgeschlossen sein sollte; denn die Praxis der Vertragsdurchführung bildet ein gewichtiges Kriterium für die Auslegung des Vertrages (vgl. BGH NJW 2003, 1821, 1822; NJW 1988, 2878, 2879 m.w.N.).
cc) Das Landgericht mißt im Rahmen der Vertragsauslegung den von den Erwerbern übernommenen Pflichten einen nicht mehr interessengerechten Bedeutungsgehalt zu. Sämtliche von der BVV AG bzw. ihren zwischengeschalteten Töchtern übernommenen Sonderpflichten (Fortführungspflicht , Arbeitsplatzgarantie und Investitionsverpflichtung) sind umsetzbar, ohne daß damit eine völlige Bindung des Vermögens der Ostwerften verbunden sein müßte. Zwar sind diese Sonderpflichten vorrangig, weil Konzernin-
teressen niemals geeignet sein können, die Verletzung vertraglicher Pflichten im Außenverhältnis zu rechtfertigen. Dies erschöpft jedoch die im Rahmen der Vertragsauslegung zu beachtende Bewertung der gegenseitigen Interessen nicht. Ein vom Landgericht angenommenes Verbot des Transfers von Vermögenswerten der Ostwerften ist nämlich keine zwangsläufige Notwendigkeit , um die Erfüllung dieser Pflichten sicherzustellen. Auch hier gilt vielmehr , daß der jeweilige Vertragspartner eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er diese Pflichten erfüllt. Eine Vertragsauslegung, die das Interesse auch der Erwerberseite angemessen berücksichtigt, dürfte deshalb die unternehmerische Freiheit des Erwerbers nicht weiter einschränken, als dies durch die Art der vertraglichen Pflichten unumgänglich ist.
dd) Schließlich führen auch die Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Vorlage der „Spill over Berichte“ nicht zu einer anderen Betrachtung. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob diese Abreden – weil sie jedenfalls von Seiten der BVV AG ohne Anerkennung einer Rechtspflicht jeweils erstellt wurden – überhaupt geeignet waren, die vertraglichen Vereinbarungen zu modifizieren. Die „Spill over Berichte“ bezogen sich nämlich allein auf die von der Treuhandanstalt bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin BvS erbrachten Leistungen, die im Ergebnis Subventionen waren. Selbst wenn man insoweit von einer vertraglichen Verpflichtung ausginge, diese Leistungen nur zugunsten der Ostwerften zu verwenden, könnte dies nicht die wesentlich weitergehende Vermögensbindung, von der das Landgericht ausgeht, rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind nämlich – allein schon durch die betragsmäßige Festlegung – Subventionsleistungen und sonstige Vermögenswerte der Ostwerften ohne weiteres trennbar. Wieso dann für die letztgenannten Vermögenswerte ebenfalls ein unbedingtes Transferverbot gelten soll, ist nicht nachvollziehbar. Dies zeigt im übrigen auch die vertragliche Regelung des § 12.2 KÜV. Diese Vorschrift schreibt lediglich fest, daß die Investitionsbeihilfen ausschließlich für die VWS ver-
wendet werden müssen. Diese vertragliche Regelung, die vor dem Hintergrund der zu diesem Zeitpunkt schon bekannten Bedenken der Europäischen Kommission zu möglichen Spill over Effekten zu sehen ist, legt vielmehr den Gegenschluß nahe, daß andere Vermögenswerte an die in den alten Bundesländern gelegenen Konzernteile überführt werden durften.

b) Das Landgericht kann sich für seine Rechtsauffassung nicht auf das Urteil des 3. Strafsenats vom 20. Mai 1996 (NJW 1997, 66 ff.) stützen. Zwar liegt auch jener Entscheidung ein Vertrag über die Veräußerung eines Treuhandunternehmens zugrunde. Der Bundesgerichtshof findet dort jedoch eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB nicht in einer Auslegung des (vergleichbaren) Erwerbsvertrages, sondern in der dominierenden Stellung des Alleingesellschafters, der faktisch das erworbene Unternehmen gelenkt hat.

c) Da sich die vom Landgericht angenommene Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Ostwerften nicht aus den Verträgen herleiten läßt, entfällt die Grundlage für den Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB: Das Landgericht hat die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes (§ 266 Abs. 1 StGB) aus der vertraglichen Pflichtenbindung hergeleitet. Wenn diese Pflichtenbindung unzutreffend definiert ist, dann setzt sich dieser Mangel zwingend fort in der Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die letztlich eine gesteigerte Pflichtenbindung aus dem Vertragsverhältnis darstellt (vgl. BGHSt 28, 20, 23 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 23).
2. Eine Treupflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann auch anderweitig aus den Regelungen der Erwerbsverträge nicht hergeleitet werden. Die dort zugesicherten Gesamtausgleichsbeträge (680 Mio. DM
KAV; 585 Mio. DM – KÜV) stellen gleichfalls kein Treugut im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB dar. Hinsichtlich der im KAV oder KÜV vereinbarten Gesamtausgleichsbeträge ist nach den unterschiedlichen Leistungsarten zu differenzieren, die jeweils in einem einheitlichen Gesamtbetrag zusammengefaßt sind.

a) Soweit Teilbeträge einen Ausgleich für drohende Verluste aus vereinigungsbedingten Verlustgeschäften oder Aufwendungen aus Sozialplänen darstellen sollen, kommen die hierfür angesetzten anteiligen Beträge als Treugut nicht in Betracht. Insoweit bilden diese Beträge einen Ausgleich für bereits eingetretene oder bevorstehende Vermögenseinbußen. Mit ihrer Zahlung sollten die Ostwerften auf einen ausgeglichenen Anfangsstatus gebracht werden, um jedenfalls nicht verschuldet auf den Erwerber überzugehen. Daraus wird auch deutlich, daß damit kein Raum für einen treuhänderischen Umgang der Empfänger mit diesen Geldern bestand. Mit dem Eingang der Zahlung war der eingetretene oder bereits bilanziell eingestellte Verlust rechnerisch ausgeglichen. Eine irgendwie geartete Sonderverpflichtung an diesen ins allgemeine Firmenvermögen eingeflossenen Zahlungen ist nicht erkennbar.

b) Eine privatrechtliche Bindung besteht unzweifelhaft hinsichtlich der Anteile in dem Gesamtausgleichsbetrag, die als Investitionsbeihilfen ausgewiesen sind. Beide Verträge enthalten feste Höchstbeträge für einen Investitionszuschuß (340 Mio. DM – § 5 I.1.h KAV; 380 Mio. DM – § 4.2.6 KÜV). Diese Zusicherungen waren jeweils an eine Investitionsverpflichtung ins Anlagevermögen gekoppelt, die in den Anlagen zu beiden Verträgen näher spezifiziert war. Ihrem Charakter nach waren diese Investitionsbeihilfen Subventionen , die auszuzahlen waren, soweit die Ostwerften die in den Vertragsanlagen beschriebenen Leistungen erbracht hatten. Die Käufer verpflichteten sich dabei in den Erwerbsverträgen, die Werften zu veranlassen,
den aufgeführten Investitionen nachzukommen. Solche Investitionspflichten, die mit Förderleistungen bezuschußt werden, stellen zwar zweifelsfrei vertragliche Pflichten dar. Dies bedeutet indes nicht, daß diese bloß vertraglichen Pflichten notwendig gleichzeitig eine spezifische Treupflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB beinhalten, die darauf gerichtet sein muß, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen.
aa) Der Bundesgerichtshof hat eine solche besondere Pflichtenstellung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB bei Subventionen grundsätzlich verneint. Der Empfänger solcher staatlichen Leistungen nehme durch die Zuwendung noch nicht Vermögensinteressen der öffentlichen Hand wahr. Diesem fehle im allgemeinen eine besondere, enge Beziehung zu den staatlichen Vermögensinteressen. Die Wahrnehmung der Vermögensinteressen der öffentlichen Hand obliege vielmehr den Amtsträgern oder solchen Personen , denen der Staat die Zuteilung übertragen hat (BGH LM StGB § 266 Nr. 16; BGHZ 149, 10, 23). Dem letzten Empfänger der staatlichen Gelder fehle danach diese enge Beziehung zu den staatlichen Vermögensinteressen ; deren Wahrung sei für ihn nicht die wesentliche Verpflichtung, die ihm aus seinem mit dem Staat abgeschlossenen Rechtsgeschäft erwachse, es sei denn, daß besondere Umstände vorlägen (BGH LM aaO).
Zwar erwägt der II. Zivilsenat hinsichtlich der Investitionsbeihilfen dann eine gesteigerte Vermögensbetreuungspflicht, wenn die zweckgerichtete Verwendung der Subventionsmittel die wesentliche Pflicht aus dem mit der öffentlichen Hand geschlossenen Vertrag ist (BGHZ 149, 10, 24). Danach soll im Blick auf die besondere Bedeutung des Fortbestands der Werften hier eine gesteigerte Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB anzunehmen sein. Dies bleibt im Ergebnis jedoch offen, weil nach der vertraglichen Ausgestaltung diese Pflicht nicht die BVV AG betraf, sondern MTW selbst.

bb) Eine Treupflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB liegt bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation nicht vor.
(1) Eine Treupflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs.1 StGB setzt regelmäßig ein Rechtsverhältnis voraus, das auf die Betreuung fremder Vermögensangelegenheiten gerichtet ist (vgl. BGH NJW 1983, 461; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11, 14, 16). Eine solche Treuebeziehung wird sich prinzipiell bei fremdnützigen Schuldverhältnissen ergeben. Deshalb wird die Treupflicht auch als „fremdnützig typisiertes Schuldverhältnis“ verstanden (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 23a). Es wird sogar verlangt, daß die Treupflicht eine Art Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (vgl. BGH GA 1977, 18,

19).


Anders ist es beim Subventionsempfänger. Dieser wird nicht fremdnützig tätig. Vielmehr wird nach der Zielsetzung der Subventionsleistung die eigene Wertschöpfung des Empfängers gefördert. Insoweit nimmt er kein fremdes, sondern letztlich ein eigenes Geschäft wahr. Damit unterscheidet sich der Subventionsempfänger grundlegend von der Person des über die Subventionsgewährung entscheidenden Amtsträgers. Dieser steht nach ständiger Rechtsprechung in einem Treueverhältnis, weil er über die Mittelvergabe als staatliche Aufgabe entscheidet. Deshalb nimmt er – anders als der Empfänger der Subvention – eine fremde Aufgabe wahr (BGH NJW 2003, 2179; 2001, 2411).
(2) Die vorliegende Sachverhaltsgestaltung legt es auch nicht nahe, einen besonderen Ausnahmefall anzunehmen, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einzelfall eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB begründen könnte. Da sich die Treupflicht
grundsätzlich auf ein fremdes Geschäft bezieht, kommt bei dem Subventionsempfänger die Annahme einer Treupflicht ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn er zugleich Vermögensinteressen seines Treugebers zu beachten hat (vgl. BGH GA 1977, 18, 19). Dies kann dann der Fall sein, wenn der Subventionsgeber an dem subventionierten Objekt eigene finanzielle Interessen verfolgt, etwa im Sinne einer Beteiligung an dort zu erwartenden Einnahmen.
Das vom II. Zivilsenat in der genannten Entscheidung in den Vordergrund gestellte Wesentlichkeitselement liefe letztlich darauf hinaus, eine Subvention nach ihrer Größenordnung und wirtschaftlichen Bedeutung zu beurteilen. Inwieweit ein Subventionsziel aus sozial-, kultur- oder wirtschaftspolitischen Gründen mehr oder weniger bedeutsam ist, erscheint jedoch für die Frage von untergeordneter Bedeutung, ob die Subventionsgewährung fremdnützige Elemente aufweist.
Im vorliegenden Fall sind solche Gesichtspunkte auch nicht ersichtlich. Die Förderung der Ostwerften erfolgte allein aus wirtschafts- und strukturpolitischen Überlegungen, was sich schon daraus ergibt, daß die Gewinnbezugsrechte ausschließlich den Anteilserwerbern zustehen sollten. Ein Interesse an konkreten Investitionsmaßnahmen ist gleichfalls nicht erkennbar. Zwar sahen § 8.1 KAV und § 10.1 KÜV konkrete Investitionsmaßnahmen vor. Mit diesen verfolgte die Treuhand aber keine über den allgemeinen Vertragszweck – die Herstellung der Lebensfähigkeit der Werften – hinausgehende Ziele. Den Unternehmen war es vielmehr sogar ausdrücklich gestattet, die in der Anlage vorgesehenen Maßnahmen im Einzelfall auszutauschen und durch wertmäßig gleichartige zu ersetzen (§ 10.1 KÜV; § 8.1 KAV).
(3) Eine Strafbarkeitslücke entsteht hierdurch nicht. Die zweckwidrige Verwendung einer Subvention ist pönalisiert durch die Strafbestimmung des
§ 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Zwar ist diese Vorschrift erst durch das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EG-Finanzschutzgesetz – EGFinSchG) vom 10. September 1998 (BGBl II 2322) am 22. September 1998 in Kraft getreten und erfaßt mithin die hier zu beurteilenden Tathandlungen nicht mehr. Die Gesetzesnovellierung offenbart jedoch, daß der Gesetzgeber – vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – eine zweckwidrige Verwendung von Subventionsleistungen grundsätzlich nicht als Untreue gemäß § 266 StGB angesehen hat. Anderenfalls hätte es einer Neuregelung nicht bedurft (vgl. BT-Drucks. 13/10425, S. 6).
3. Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts kommt allerdings in Betracht, daß eine Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB unter dem Gesichtspunkt eines existenzgefährdenden Eingriffs gegeben sein könnte.

a) Den Angeklagten als Organen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der Alleingesellschafterin BVV AG kann nämlich gegenüber dem beherrschten Unternehmen insoweit eine Treupflicht zukommen, als sie dem beherrschten Unternehmen nicht Vermögenswerte in einem Umfang entziehen durften, welcher die Existenzfähigkeit des Unternehmens gefährdete.
aa) Allerdings können der Gesellschaft mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter grundsätzlich Vermögenswerte entzogen werden, weil die Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf ihren ungeschmälerten Bestand hat. Deshalb sind solche Verfügungen, die in Übereinstimmung mit dem Vermögensinhaber erfolgen, grundsätzlich nicht pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGHZ 151, 181, 186 f.; BGH wistra 2003, 344, 346 f.; NJW 2003, 2996, 2998). In der zivil- wie auch
strafgerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, daß es Fallkonstellationen gibt, in denen der Geschäftsführer als der für das Vermögen einer Gesellschaft Treupflichtige seine Pflichten nach § 266 Abs. 1 StGB auch dann verletzt, wenn er mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter handelt. Insoweit gibt es einen Bereich, der einer Dispositionsmöglichkeit der Gesellschafter entzogen ist, weil Interessen anderer oder öffentliche Interessen berührt sind.
Der Zweck einer Kapitalgesellschaft erschöpft sich nämlich nicht in einer bloßen Vermögensanlage für die Gesellschafter. Jedenfalls wenn die Gesellschaft eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen hat, handelt sie unter eigener Rechtspersönlichkeit als Wirtschaftssubjekt im Geschäftsverkehr und wird Träger von Rechten und Pflichten. Dies läßt gleichzeitig Schutzerfordernisse entstehen, die sicherstellen, daß die Gesellschaft die Essentialien einhält, die für das Funktionieren des Wirtschaftskreislaufs unerläßlich sind und auf die der Rechtsverkehr vertrauen können muß. Dementsprechend hat die Rechtsprechung eine Vermögensverfügung dann gegenüber der Gesellschaft als treuwidrig und wirkungslos angesehen, wenn die Verfügung geeignet ist, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2003, 2996, 2998; 1997, 66, 68 f.; jeweils m.w.N.). Gleiches gilt, wenn durch die Vermögensverfügung eine konkrete und unmittelbare Existenzgefährdung einträte, weil der GmbH ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre (BGH aaO; vgl. BGH wistra 2003, 344, 346 f.).
bb) Eine entsprechende Pflicht, die Gesellschaft nicht existenzbedrohend zu beeinträchtigen, trifft nicht nur den Geschäftsführer als das vertretungsberechtigte Organ, sondern in gleicher Weise den beherrschenden Alleingesellschafter (vgl. BGHZ 149, 10, 17 f.). Den Gesellschaftern steht innerhalb wie außerhalb der Liquidation nur der Zugriff auf den zur Erfüllung
der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuß zu. Das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen, für das Recht der Kapitalgesellschaft jedoch grundlegenden Voraussetzung, daß das Gesellschaftsvermögen das zur Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft zum Zweck der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muß und damit der – im Recht der GmbH im übrigen sehr weitgehenden – Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist (BGHZ 151, 181, 186 f.). Es ist ihnen nicht erlaubt, der Gesellschaft Vermögen zu entziehen , das sie für die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt.
cc) Aufgrund dieser Pflichtenstellung der Alleingesellschafterin hat der II. Zivilsenat in dem parallelen Zivilverfahren eine gegen die Gesellschafterin persönlich gerichtete Ausfallhaftung unter dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs bejaht (vgl. BGHZ 149, 10, 17 f.). Als Alleingesellschafterin treffe die BVV AG nämlich die Pflicht, das Vermögen von MTW insoweit zu betreuen, als sie bei ihren Dispositionen über Vermögenswerte der MTW durch angemessene Rücksichtnahme auf deren Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung ihrer Fähigkeit, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen , darauf zu achten hatte, daß sie die Existenz der MTW nicht gefährdete (BGH aaO). Dabei lehnt sich der II. Zivilsenat an die strafrechtliche Judikatur (BGHSt 35, 333 = NJW 1989, 112) an, die zu den – oben aufgezeigten – Grenzen der Verfügungsbefugnis des Gesellschafters entwickelt wurde. Aus zivilrechtlicher Sicht begründet diese Rechtsprechung eine Ausfallhaftung des in diesem Sinne rechtswidrig handelnden Alleingesellschafters gegenüber dem Gläubiger der Gesellschaft; sie greift dabei aber auf die anerkannten Grenzen der Verfügungsbefugnis des Alleingesellschafters zurück. Dies verdeutlichen auch die später ergangenen Entscheidungen (BGHZ 150, 61 ff.; 151, 181 ff.), in denen das Rechtsinstitut des existenzvernichtenden Eingriffs weiter entwickelt wurde (vgl. Benecke BB 2003, 1190 ff.).
Soweit dabei in der strafgerichtlichen Entscheidungspraxis der Begriff des existenzgefährdenden Eingriffs verwandt wird (vgl. BGH wistra 2003, 344, 346; NJW 2003, 2996, 2998), bedeutet dies keinen wesentlichen Unterschied in den Anwendungsvoraussetzungen. Die terminologische Abweichung erklärt sich vielmehr daraus, daß für den strafrechtlichen Schadensoder Nachteilsbegriff die schadensgleiche Gefährdung ausreicht (vgl. BGHSt 44, 376, 384 ff. m.w.N.), während im Zivilrecht der Gefährdungsgedanke in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt. Hat sich die Gefahr nämlich letztlich dann doch nicht verwirklicht, besteht zivilrechtlich kein ausgleichsfähiger Schaden.
dd) Jedenfalls bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation kann die den Alleingesellschafter gegenüber der Gesellschaft obliegende Pflicht, ihr das zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten erforderliche Kapital zu belassen , auch eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellen. Der Senat kann dabei offenlassen, ob allein die gebotene Rücksichtnahme des Alleingesellschafters auf das Eigeninteresse der GmbH schon für die Erfüllung des Treuebruchtatbestandes ausreichen kann (so BGHZ 149, 10, 17 f.). Insoweit könnte fraglich sein, inwieweit diese Pflicht schon die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen betrifft oder nicht vielmehr nur die Schranke eigener Dispositionsfreiheit aufzeigt.
Der vorliegende Fall weist nämlich folgende Besonderheit auf, die jedenfalls eine Vermögensbetreuungspflicht begründete. Die Vermögenswerte der Ostwerften befanden sich innerhalb des Konzerns. Diese standen entweder als Festgeldanlagen dem Konzern bzw. seinen Tochtergesellschaften zur Verfügung oder waren in das Cash-Management-System einbezogen, was materiell die Gewährung eines Darlehens bedeutete (vgl. Burgard, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, 2002, S. 48 f.). Damit befanden sich die Gelder in der ausschließlichen Einflußsphäre des Konzerns. Insoweit war
die BVV AG, die als Alleingesellschafterin über die Gelder nur in den oben gesteckten Schranken verfügen durfte, rechtlich gehalten, eine andauernde Sicherung der Gelder zu gewährleisten.
Jedenfalls in dieser Sachverhaltsgestaltung kommt die besondere, auf die Wahrung fremder Vermögensinteressen gerichtete Betreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zum Ausdruck. Zwar ist die Errichtung eines entsprechenden Cash-Management-Systems nicht an sich pflichtwidrig. Werden automatisch ohne Rücksicht auf bestehende Verbindlichkeiten Gelder in dieses System eingespeist, löst dies dann gesteigerte Sicherungspflichten aus, wenn auf diese Weise Vermögenswerte das Unternehmen verlassen und innerhalb des Konzerns transferiert werden (vgl. Vetter, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, S. 94 f.). Erreicht der Vermögenstransfer ein solches Ausmaß, daß die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten des einlegenden Konzernmitglieds im Falle eines Verlusts der Gelder gefährdet wäre, dann trifft die Muttergesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht , die Rückzahlung der Gelder – etwa durch ausreichende Besicherung – zu gewährleisten. Sie hat dann die wirtschaftlichen Eigeninteressen ihrer Tochtergesellschaft (und deren Gläubiger) zu wahren. Diese Pflicht der Konzernmutter wird den Angeklagten nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB als Mitgliedern des Organs der Muttergesellschaft zugerechnet. Sie haften deshalb strafrechtlich, soweit die von ihnen geleitete Konzernmutter eine ordnungsgemäße Sicherung der Einzahlungen der Tochtergesellschaften VWS und MTW unterlassen hat.

b) Etwaige Untreuehandlungen in Gestalt von jeweils existenzgefährdenden Eingriffen in das Vermögen der Tochtergesellschaften sind von der Anklage erfaßt. Diese schildert im Anklagesatz die tatsächlichen Voraussetzungen der Tatbestandsverwirklichung in dieser Form. Sie weist zudem in der rechtlichen Würdigung ausdrücklich auf diesen Begründungsansatz hin.
Insofern scheidet im vorliegenden Fall ein Freispruch aus. Zwar hat das Landgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, ob unter diesem Gesichtspunkt eine Strafbarkeit wegen Untreue gegeben wäre. Dies hätte jedoch seiner Kognitionspflicht unterlegen, zumal das Landgericht die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen hat.

c) Es kann hier dahinstehen, ob die bislang getroffenen Feststellungen eine Untreuehandlung unter dem Gesichtspunkt des existenzgefährdenden Eingriffs tragen könnten. Dem Senat ist bei der hier gegebenen Verfahrenskonstellation jedenfalls eine Durchentscheidung zum Schuldspruch verschlossen. Dies ergibt sich aus einer von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge , mit der die Verletzung der Hinweispflicht nach § 265 StPO gerügt wird.
aa) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde: Im Blick auf die mittlerweile ergangene Entscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2001 in dem parallel geführten Zivilverfahren haben die Verteidiger der drei Angeklagten einen rechtlichen Hinweis für den Fall erbeten, daß das Landgericht die Vermögensbetreuungspflicht nicht ausschließlich aus den Erwerbsverträgen ableiten sollte, und für diesen Fall weitere Ausführungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht angekündigt. Dem ging eine Erklärung des Vorsitzenden voraus, wonach als selbständige Grundlage einer möglichen Vermögensbetreuungspflicht nur die Privatisierungsverträge und deren Auslegung untersucht würden; die gesellschafterliche Treupflicht und die tatsächliche Ausübung der Leitungsmacht im faktischen Konzern seien dagegen nicht geprüft worden.
bb) Gegen die Hinweispflicht hat das Landgericht – entgegen der Auffassung der Revisionen der Angeklagten – im vorliegenden Fall nicht verstoßen , weil es die Vermögensbetreuungspflicht tragend allein auf die Er-
werbsverträge gestützt hat. Der vom Landgericht gesetzte Vertrauenstatbestand muß indes im Revisionsverfahren fortwirken. Den Angeklagten, die entsprechendes Verteidigungsvorbringen mit Rücksicht auf den gerichtlichen Hinweis unterlassen haben, ist die Möglichkeit zu erhalten, sich zu dem Vorwurf eines existenzgefährdenden Eingriffs gegenüber den Tochterunternehmen in einer neuen Hauptverhandlung umfassend zu verteidigen. Der neue Tatrichter wird dabei festzustellen haben, ob und gegebenenfalls wann die von den Ostwerften angelegten Gelder konkret in einem Maße gefährdet waren , daß von einem Nachteil im Sinne des § 266 StGB auszugehen ist. Zugleich wird zu klären sein, inwieweit die Angeklagten von der Gefährdung der Anlagen Kenntnis erlangt hatten.

d) Der neue Tatrichter wird weiterhin in den Blick zu nehmen haben, daß die BVV AG bei der VWS zwar – durch eine hundertprozentige Tochter – die unternehmerische Führung übernehmen sollte (Ziff. 3 der Präambel des KÜV) aber niemals – anders bei MTW – selbst 100 % der Anteile der VWS hielt. Nach den Urteilsfeststellungen war die Stadt Stralsund Inhaberin einer Minderheitsbeteiligung in Höhe von 11 % des Stammkapitals (UA S. 154, 488). Deshalb wird in einer neuen Hauptverhandlung zweierlei zu beachten sein:
aa) Zunächst ist zu klären, ob die Minderheitsgesellschafterin überhaupt informiert wurde und ob gegebenenfalls zwischen den Gesellschaftern Einverständnis hergestellt wurde. Sollte eine entsprechende Billigung der Festgeldanlagen oder der Einbeziehung der freien Gelder in das CashManagement -System bestanden haben, ergeben sich keine Unterschiede zu dem vorstehend Ausgeführten (vgl. BGH ZIP 2002, 848, 850). Für die einverständlich handelnden Gesellschafter gelten nämlich dieselben Grundsätze wie für den Alleingesellschafter (vgl. BGHZ 151, 181, 186).
bb) Läßt sich kein Einverständnis mit der Stadt Stralsund feststellen, entfiele grundsätzlich jede Befugnis der Muttergesellschaft, auf Vermögen der Tochtergesellschaft ohne gesellschaftsrechtliche Legitimation zuzugreifen. Unter dieser Prämisse sind die Vermögenstransfers zu beurteilen. Anlagen in dem Cash-Management-System sind deshalb nur zulässig, wenn dies aufgrund der Interessenlage des Tochterunternehmens aus unternehmerischen Gründen jedenfalls noch als vertretbar erscheint. Kann dies aufgrund fehlender Sicherheiten bei den einzelnen Anlagen trotz einer möglicherweise adäquaten Verzinsung nicht angenommen werden, liegt gegebenenfalls schon in der Veranlassung zur Kapitaleinlage eine Anstiftung zur Untreue. Dies wird insbesondere für die Kreditaufnahme der VWS in Höhe von 68 Mio. DM im Zusammenhang mit dem Konsortialkredit über 300 Mio. DM vom September 1995 gelten. Insofern läßt sich nach den bisherigen Feststellungen aus der Sicht der VWS kein wirtschaftlich nachvollziehbares Motiv für eine Kreditaufnahme in dieser Größenordnung erkennen.
Als Mehrheitsgesellschafterin hatte die BVV AG gegenüber der VWS als ihrer Tochtergesellschaft gleichermaßen eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der im Cash-Management-System angelegten Gelder. Insoweit liegt – wie oben ausgeführt – eine pflichtwidrige Handlung vor, wenn die angelegten Gelder unmittelbar und konkret gefährdet sind und für die Begleichung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht mehr zur Verfügung stehen.

e) Sollte der neue Tatrichter unter den oben genannten Voraussetzungen zu dem Ergebnis gelangen, daß existenzgefährdende Eingriffe zu Lasten der Tochtergesellschaften erfolgt sind und den Angeklagten dies auch bewußt war, so liegt die Annahme einer mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft nahe (vgl. BGHSt 40, 218, 236 ff.; 45, 270, 296 ff.; BGH NJW 2004, 375, 378, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Die Ange-
klagten haben nach den bisherigen Feststellungen aufgrund ihrer Leitungs- macht im Konzern sowohl die Festanlagen größerer Gelder als auch insbesondere das Cash-Management-System in den wesentlichen Grundsätzen installiert, wobei die maßgeblichen Entscheidungen im Vorstand getroffen oder dort jedenfalls zustimmend zur Kenntnis genommen wurden. Dies würde eine gemeinsame (mittäterschaftliche) strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten als Mitglieder des Organs der Konzernmutter begründen (vgl. BGHSt 37, 106, 123 ff.; 48, 77, 89 ff.), ohne daß es darauf ankäme, ob sie von den einzelnen Kapitaltransfers Kenntnis erlangt haben. Sämtliche Einlagen der beiden Ostwerften, die auf der Grundlage des von den Angeklagten zu verantwortenden Systems in den Konzernverbund überführt worden wären, würden dadurch zu einer einheitlichen Handlung zusammengefaßt. Dann wären – auch wenn beide Ostwerften geschädigt sein sollten – die Angeklagten wegen eines einzigen Vergehens der Untreue zu bestrafen.
Für die Abgrenzung, ob die Angeklagten sich wegen Tuns oder Unterlassens strafbar gemacht haben, kann es von Bedeutung sein, ab wann eine schadensgleiche Gefährdung der Einlagen vorgelegen hat und die Angeklagten dies auch erkannt haben. Bestand zum Zeitpunkt der von den Angeklagten vorgenommenen maßgeblichen Weichenstellungen noch keine entsprechende Gefährdungslage, sondern trat diese erst später ein, kann dies für ein Unterlassen im Sinne des § 13 StGB sprechen. Denn dann läge der Unrechtsschwerpunkt darauf, daß die Angeklagten keine Sicherungsmaßnahmen ergriffen oder notfalls den Kapitaltransfer insgesamt nicht abgebrochen hätten.

II.


Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben gleichfalls Erfolg.
Der Senat besorgt, daß das Landgericht betreffend alle drei Angeklagte Gesichtspunkte der Findung der schuldangemessenen Strafe mit solchen der Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung vermengt hat. Anlaß zu dieser Besorgnis gibt – neben der außergewöhnlich straffen Zusammenführung zweier Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren – insbesondere die Erwägung, es erscheine „vertretbar, bei allen Angeklagten auf Freiheitsstrafen zu erkennen, die noch eine Strafaussetzung zur Bewährung ermöglichten“. Der Tatrichter hat zunächst die schuldangemessene Strafe zu finden; erst wenn sich ergibt, daß die der Schuld entsprechende Strafe innerhalb der Grenzen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB liegt, ist Raum für die Prüfung, ob auch die sonstigen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung gegeben sind (BGHSt 29, 319, 321; 32, 60, 65; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 29; BGH NStZ 2001, 311; Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 815; Häger in LK 11. Aufl. vor § 38 Rdn. 38). Da nicht auszuschließen ist, daß schon die verhängten Einzelstrafen in der vorgenannten Weise beeinflußt sind, hebt der Senat – auch auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft – die Strafaussprüche umfassend auf.

III.


Der neue Tatrichter wird für den Fall eines Schuldspruches im Hinblick auf die Bestimmung der Schadenshöhe folgendes zu bedenken haben:
1. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs begründet der Fall eines existenzvernichtenden Eingriffs in dem beschriebenen Sinne eine Ausfallhaftung des Gesellschafters gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft. Maßgebliche Erwägung ist dabei, daß durch einen entsprechenden Eingriff das Haftungsprivileg des Gesellschafters (§ 13
Abs. 2 GmbHG) entfällt, weil er die Rechtsform der GmbH mißbraucht hat. Die Notwendigkeit der Trennung des Vermögens der Gesellschaft von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter und die strikte Bindung des ersteren zur – vorrangigen – Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger besteht während der gesamten Lebensdauer der GmbH. Beide – Absonderung und Zweckbindung – sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, daß die Gesellschafter die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in Anspruch nehmen können (BGHZ 151, 181, 186 f.). Wer der Gesellschaft erst Vermögen entzieht und die Gläubiger dann auf dieses Vermögen verweisen will, setzt sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten. Er muß deshalb für die ungedeckten Schulden der Gesellschaft einstehen und kann vom Gläubiger direkt in Anspruch genommen werden. Als ein auf richterrechtlicher Lückenschließung beruhender Haftungsdurchgriff ist er aber subsidiär gegenüber dem im Gesellschaftsrecht vorgesehenen gesetzlichen Ausgleichssystem der §§ 30, 31 GmbHG (Röhricht, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, S. 27 ff.). Ob dieser Anspruch dann in seinem Umfang den gesamten Betrag erfaßt, den der Gesellschafter der Gesellschaft entzogen hat, oder ob er sich auf den Anteil beschränkt, den der Gesellschafter nicht hätte entnehmen dürfen, ist in der gesellschaftsrechtlichen Diskussion umstritten (vgl. Vetter ZIP 2003, 601, 603 ff. m.w.N.). Für die strafrechtliche Beurteilung kann dies freilich dahinstehen.
2. Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze sind nämlich nur dem Grunde nach auf das Strafrecht übertragbar, nicht jedoch was die Bestimmung des Schuldumfangs anbelangt. Das Rechtsinstitut einer Ausfallhaftung ist wegen seiner andersartigen Zielrichtung nicht ohne weiteres geeignet, Anhaltspunkte für die Bestimmung des strafrechtlich relevanten Schadens zu liefern. Der durch die Verletzung des Untreuetatbestands begründete Unrechtsgehalt muß danach bestimmt werden, welche Vermögenseinbuße der Täter dem geschützten Vermögen pflichtwidrig zugefügt hat. Dies kann nur
im Rahmen einer wertenden Betrachtung erfolgen. Da der Entzug von Ver- mögenswerten nicht schlechthin, sondern nur insoweit pflichtwidrig ist, als die Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet ist, kann sich der Nachteil im Sinne des Untreuetatbestandes nach § 266 StGB auch nur darauf beziehen. Der neue Tatrichter wird deshalb festzustellen haben, welcher Anteil des den Ostgesellschaften letztlich verloren gegangenen Vermögens für die Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten benötigt worden wäre.
Harms Häger Raum Brause Schaal
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Vermögensbetreuungspflicht des Vermieters für Kautionen
bei Wohnraum- und Gewerberaummiete (im Anschluss an
BGHSt 41, 224).
BGH, Beschluss vom 2. April 2008 – 5 StR 354/07
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 2. April 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. April 2008

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Februar 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat – neben Teileinstellung und -freispruch – den Angeklagten G. S. wegen Untreue in 201 Fällen – unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt sowie gegen ihn ein Berufsverbot für vier Jahre ausgesprochen. Gegen seine Ehefrau E. S. und seinen Sohn M. S. hat das Landgericht wegen Beihilfe zur Untreue Geldstrafen in Höhe von 150 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen verhängt. Gegen dieses Urteil wenden sich sämtliche Angeklagten mit ihren Revisionen, die jeweils mit der Sachrüge im vollen Umfang Erfolg haben. Der Generalbundesanwalt hat – ohne Begründung – Terminsantrag gestellt und zur Sache keine Ausführungen gemacht (vgl. zur gleichwohl zulässigen Verfahrensweise nach § 349 Abs. 4 StPO Hanack in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 349 Rdn. 37; Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 349 Rdn. 30).

I.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Der Angeklagte G. S. war faktischer Geschäftsführer der W. Q. GmbH, der Komplementärin der KG, sowie der Sa. GmbH, die Komplementärin der Sa. KG war. An beiden Unternehmen hielten Familienmitglieder die Mehrzahl der Geschäftsanteile, nämlich unter anderem seine mitangeklagte Ehefrau E. (bei der ) und sein mitangeklagter Sohn M. (bei der Sa. ). Die Angeklagten E. und M. S. waren auch jeweils Geschäftsführer des Unternehmens, an dem sie eine Mehrheitsbeteiligung innehatten.
4
Sowohl die KG als auch die Sa. KG vermieteten ihnen gehörende Wohn- und Gewerbeimmobilien. Entsprechend der mietvertraglichen Regelungen waren die Mieter zur Stellung von Kautionen verpflichtet. Die Kautionen wurden meist in bar übergeben oder per Überweisung an die beiden Gesellschaften geleistet. Der Angeklagte G. S. , der in beiden Unternehmen alle wesentlichen Entscheidungen traf, zahlte die Kautionen jeweils auf ein Girokonto bei der Sparkasse zwischen August 1994 und März 1997 ein. Beide Konten waren – für jede der beiden Gesellschaften separat – seit August 1993 in eine Kontokorrentvereinbarung einbezogen, was dazu führte, dass zwischen sämtlichen Konten ein täglicher Ausgleich stattfand. Damit konnten auf einigen Konten entstandene Negativsalden durch Guthaben auf anderen Konten der Gesellschaft, unter anderem auch durch das Kautionskonto, ausgeglichen werden. Die eingezahlten Kautionen wurden auf diese Weise in das allgemeine Umlaufvermögen der beiden Unternehmen überführt und standen für die Deckung sämtlicher Verbindlichkeiten zur Verfügung. Es kam ebenfalls zu Transaktionen zwischen der KG und der Sa. KG. Insgesamt hat der Angeklagte G. S. Kautionen in einer Höhe von mindestens 500.000 DM vereinnahmt. Über das Vermögen der KG wurde später das Insolvenzverfahren eröffnet. Die einzelnen Mieter konnten bis heute ihre Kautionsansprüche nicht realisieren , weil der Insolvenzverwalter das noch vorhandene Guthaben in Höhe von 260.000 DM hinterlegt und bislang nicht an die Mieter als Gläubiger der Kautionen ausbezahlt hatte.
5
2. Das Landgericht hat bereits die Einzahlungen der Kautionen auf die beiden Girokonten als jeweils selbständige Untreuehandlungen gewürdigt. Damit habe der Angeklagte G. S. als faktischer Geschäftsführer seine treuhänderische Pflicht gegenüber den Mietern verletzt, die Kautionen so anzulegen, dass sie vor einem Zugriff der Gläubiger der jeweils vermietenden Gesellschaft geschützt seien. Dies gelte nicht nur für die Wohnraummiete , für die eine solche Pflicht ausdrücklich geregelt sei (§ 550b Abs. 2 BGB a.F. – jetzt § 551 Abs. 3 BGB), sondern ebenso für die Vermietung von Gewerberaum. Die Einzahlung der Gelder auf das Girokonto habe in jedem Falle eine schadensgleiche Vermögensgefährdung begründet, zumal die eingezahlten Kautionen die Liquiditätslage der Gesellschaften abgesichert hätten.
6
Die Angeklagten E. und M. S. hätten Beihilfe zur Untreue geleistet, weil sie durch ihre Strohmanntätigkeit dem Angeklagten G. S. die einzelnen Taten erst ermöglichten.

II.


7
Die Revisionen aller drei Angeklagten führen zur umfassenden Aufhebung der landgerichtlichen Verurteilungen.
8
1. Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte G. S. habe mit der Einzahlung der von den Mietern geschuldeten Kautionen auf das Girokonto bei der Sparkasse jeweils eine selbständige Untreuehandlung begangen, begegnet durchgreifenden Bedenken.
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a) Allerdings hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß angenommen, dass durch die gesetzliche Regelung des § 550b Abs. 2 BGB a.F. (nunmehr § 551 Abs. 3 BGB) zugleich eine auf Gesetz beruhende Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB begründet wurde. Wie der Bundesgerichtshof bereits in seinem Beschluss vom 23. August 1995 (BGHSt 41, 224) ausgeführt hat, stellt diese gesetzliche Regelung einen Ausgleich zwischen dem Sicherungsbedürfnis des Vermieters auf der einen und dem Schutzbedürfnis des Mieters auf der anderen Seite her; sie schützt dabei insbesondere den Rückzahlungsanspruch des Mieters im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Vermieters vor dem Zugriff von dessen Gläubigern. Deshalb habe der Gesetzgeber die Mietkaution in Anlehnung an die Vorschriften über die Anlage von Einnahmen des Wohnungsverwalters (§ 27 Abs. 4 WEG) oder über den Umgang mit Mündelgeldern (§§ 1806, 1807 BGB) im Rahmen der Wohnungsmiete als Treuhandverhältnis ausgestaltet (BGHSt 41, 224, 228 unter Bezugnahme auf BT-Drucks 9/2079, S. 10). Auch wenn der dem Vermieter insoweit verbleibende Ermessensspielraum relativ eng gezogen sei, entstehe mit der Entgegennahme der Kautionsleistung eine Vermögensbetreuungspflicht , die für den Vermieter durch die mietrechtlich vorgesehene Verwendung dieser Gelder begründet werde (BGHSt aaO S. 229; Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 113; kritisch hierzu: Dierlamm in MK-StGB 2006 § 266 Rdn. 11; Samson/Günther in SK-StGB 39. Lfg. § 266 Rdn. 29).
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An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest, wobei es keiner Vertiefung bedarf, ob die in der Literatur kritisierte Anknüpfung der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB an eine vertragliche Nebenpflicht aufrechtzuerhalten ist (Sowada JR 1997, 28; Dierlamm aaO). Der Senat hat vielmehr deutlich gemacht, dass sich die Vermögensbetreuungspflicht aus den Sonderregeln für die Wohnraummiete (§ 550b Abs. 2 BGB a.F.) ergibt (BGHSt 41, 224, 227 f.), also keine durch Rechtsgeschäft, sondern eine durch Gesetz begründete Vermögensbetreuungspflicht darstellt. Mit der Anlage der Gelder unter Verstoß gegen die gesetzliche Regelung des § 550b Abs. 2 BGB a.F. hat der Angeklagte G. S. deshalb pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gehandelt.
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b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts entsteht eine solche Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nur bei der Wohnraummiete. Das Landgericht hat eine Erstreckung auf gewerbliche Mietverhältnisse damit begründet, dass aus der Sicht dieser Mieter ebenfalls eine Sicherung der eingebrachten Kautionen erforderlich sei, weil auch die gewerblichen Mieter nicht unerhebliche Risiken eingingen. Die gewerblichen Mieter müssten deshalb gleichermaßen am strafrechtlichen Schutz des § 266 Abs. 1 StGB teilnehmen. Dieser Ansatz des Landgerichts begegnet in zweifacher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.
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aa) Eine durch Gesetz begründete Vermögensbetreuungspflicht in Bezug auf die Mietkaution scheidet bei der Gewerberaummiete aus. Die gesetzlichen Regelungen über die Anlage von Mietkautionen beziehen sich allein auf Mietverhältnisse über Wohnraum. Dies ergibt sich aus der Überschrift des Untertitels 2: „Mietverhältnisse über Wohnraum“ und aus § 549 Abs. 1 BGB, der insoweit den spezialgesetzlichen Charakter der Regelungen über Wohnraummietverhältnisse klarstellt. Dies bedeutet aber auch, dass selbst eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 551 Abs. 3 BGB auf gewerbliche Mietverhältnisse ausscheidet. Da der Gesetzgeber die Regelung bewusst nicht als allgemeine mietvertragliche Regelung ausgestaltet, sondern auf Mietverträge über Wohnraum beschränkt hat, fehlt eine Lücke, die im Wege einer Analogie geschlossen werden könnte. Der Senat kann es daher dahinstehen lassen, ob im Blick auf das strafrechtliche Analogieverbot (§ 1 StGB) überhaupt eine derartige – über den Wortsinn hinausgehende – Auslegung mittelbar strafrechtsbegründender zivilrechtlicher Normen zulässig ist (vgl. Dannecker in LK 12. Aufl. § 1 Rdn. 262). Es liegt bei der Gewerberaummiete mithin keine gesetzlich begründete Vermögensbetreuungspflicht im Hinblick auf die Kaution vor. Schon deshalb geht die Erwägung des Landgerichts, auch der gewerbliche Mieter verdiene den Schutz des § 266 StGB, ins Leere.
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bb) Eine anderweitige Entstehung einer Vermögensbetreuungspflicht ist nicht ersichtlich. Zwar ist eine mietvertragliche Regelung denkbar, die eine entsprechende Anlagepflicht der eingezahlten Kautionen vorsieht. In diesem Fall läge eine rechtsgeschäftliche Begründung einer entsprechenden Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor. Dass eine derartige Vereinbarung erfolgt ist, hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt. Sie liegt auch nicht nahe, zumal die Verträge durch die Vermieterseite vorformuliert gewesen sein dürften.
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Hingegen begründet die bloße Vereinbarung einer Kaution als solche keine Vermögensbetreuungspflicht. Es ist schon zweifelfhaft, ob für die Kaution bei der Gewerberaummiete vergleichbare Regelungen gelten, der Vermieter also überhaupt zu einer abgesonderten und verzinslichen Anlage der Kautionssumme verpflichtet ist. Solches ist schon deshalb fraglich, weil der Gesetzgeber dieses ausdrücklich nur für die Wohnraummiete angeordnet hat. Zudem würde es der unterschiedlichen Interessenlage bei der Gewerberaummiete widersprechen, wenn dort ohne weiteres gleiche Pflichten bestünden. Für die Gewerberaummiete gilt nämlich das Primat der freien Vereinbarung (Palandt/Weidenkaff, BGB 67. Aufl. Einf. v. § 535 Rdn. 122).
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Für die strafrechtliche Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Untreue kann die Frage der Behandlung einer Kaution im Rahmen eines Gewerberaummietverhältnisses aber letztlich offen bleiben. Selbst wenn sich aus der Kautionsvereinbarung nämlich entsprechende Nebenpflichten ergeben sollten (so zur abgesonderten Anlage der Kaution – OLG Nürnberg MDR 2006, 1100 –; zu deren Verzinsung – BGH NJW 1994, 3287), führt dies nicht zur Annahme einer durch Rechtsgeschäft begründeten Vermögensbetreuungspflicht. Allgemeine schuldrechtliche Pflichten aus einem Vertragsverhältnis genügen für sich genommen nicht (BGHSt 33, 244, 249; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11, 14, 16; vgl. auch Fischer , StGB 55. Aufl. § 266 Rdn. 29). Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn es sich um Rücksichtnahme- oder Sorgfaltspflichten zugunsten des Vertragspartners handelt (Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 23; vgl. auch BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht

9).


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Vertragliche Pflichten müssen, um eine Vermögensbetreuungspflicht begründen zu können, im besonderen Maße den Interessen des Vertragspartners dienen und gerade deshalb vereinbart worden sein. Die vereinbarte Regelung muss – als rechtsgeschäftlich eingegangene Vermögensbetreuungspflicht – mithin zugunsten des geschützten Vertragspartners Elemente einer Geschäftsbesorgung aufweisen (Lenckner/Perron aaO Rdn. 27; vgl. auch BGHSt 28, 20, 23 f.). Das bedeutet, dass sich die Vertragspartner nicht nur über die Zahlung einer Kaution an sich, sondern auch über deren besondere Anlageform geeinigt haben müssen. Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses eine besondere Sicherung nicht ausdrücklich und bringen dadurch nicht zum Ausdruck, dass der Vermieter im Hinblick auf die Kaution treuhänderische Pflichten zu übernehmen habe, kann deshalb nicht von der Annahme einer rechtsgeschäftlichen Vermögensbetreuungspflicht ausgegangen werden.
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Treffen den Empfänger der Kaution keine besonderen, ihm vertraglich auferlegten Sicherungspflichten, ist die Einzahlung einer Kaution nicht anders zu beurteilen, als wenn der Mieter für einen künftigen Sicherungsfall vorleistet. Insoweit besteht an sich immer ein Sicherungsbedürfnis, das der vorleistende Mieter aber durch eine entsprechende Fassung der Vereinbarung minimieren könnte. Einem gewerblichen Mieter ist die Durchsetzung einer entsprechenden vertraglichen Absicherung auch abzuverlangen. Ein gewisses Sicherungsbedürfnis wohnt im Übrigen letztlich jeder Vorleistung inne. Dieses dem Leistenden verbleibende Restrisiko reicht jedoch grundsätzlich nicht aus, den Empfänger der Vorleistung mit einer Vermögens- betreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zu belasten (BGHSt 28, 20, 23 f.). Gerade im Rahmen von Austauschverhältnissen bedarf es deshalb – sofern eine gesetzliche Bestimmung fehlt – einer ausdrücklichen Vereinbarung , die den Vertragsschließenden insoweit zu einer besonderen Vermögensfürsorge zugunsten des anderen Vertragspartners verpflichtet. Andernfalls erschöpft sich der Verstoß in einer Verletzung der Pflicht, sich vertragsgemäß zu verhalten. Dies begründet aber als solches noch keine Untreue (BGHSt 22, 190, 191; 33, 244, 250).
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2. Da in den Gewerberaummietfällen nach den Feststellungen keine besonderen Kautionsvereinbarungen in dem oben dargestellten Sinne abgeschlossen wurden, führt dies dazu, dass nur in den Fällen, in denen ein Mietverhältnis über Wohnraum begründet worden ist, hinsichtlich der eingezahlten Kautionen eine Vermögensbetreuungspflicht hat entstehen können. Da sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, in welchem der 201 Einzelfälle es sich jeweils um Wohn- oder Gewerberaummiete handelte, kann das Urteil gegen den Angeklagten G. S. schon deshalb insgesamt keinen Bestand haben. Es lässt sich nämlich für keinen der ausgeurteilten 201 Fälle ausschließen, dass es sich insoweit nicht um ein Gewerbemietverhältnis gehandelt haben könnte. Im Gegenteil spricht in mehreren Fällen für Gewerberaummietverhältnisse, dass eine juristische Person als Mieter auftritt oder die Höhe der Kaution dies nahelegt. Im Fall 169 der Urteilsgründe hat dies das Landgericht ausdrücklich festgestellt. Die unterbliebene Zuordnung, ob es sich um Wohnraummietverhältnisse handelt, bedingt auch die umfassende Aufhebung der zugrunde liegenden Feststellungen.
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3. Die Verurteilungen der Angeklagten E. und M. S. wegen Beihilfe zur Untreue haben auch deswegen keinen Bestand, weil durchgreifende Bedenken gegen die Annahme eines Gehilfenvorsatzes bestehen.
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a) Das Landgericht leitet einen Gehilfenvorsatz daraus ab, dass beide Angeklagte jeweils dem Angeklagten G. S. die von ihnen als formelle Geschäftsführer geführten Unternehmen in dem Bewusstsein überlassen hätten, dass es zu einer strafrechtlich erheblichen Schädigung der Mieter dieser Gesellschaften kommen könnte. Die Einzelheiten der Taten hätten sie als Gehilfen nicht wissen müssen. Die billigende Inkaufnahme einer Nachteilszufügung zu Lasten der Mieter begründet das Landgericht damit, dass beide Angeklagte von der Vorverurteilung des Angeklagten G. S. durch das Landgericht Berlin vom 5. März 1992 Kenntnis gehabt hätten. Der Angeklagte G. S. wurde dort wegen Untreue, Meineides und versuchten Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
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b) Im Ansatz zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennen und in dem Bewusstsein handeln muss, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. Einzelheiten der Haupttat braucht er dabei jedoch nicht zu kennen (BGHSt 46, 107, 109; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7, 9). Die hierzu bislang getroffenen Feststellungen tragen jedoch bezüglich der Angeklagten E. und M. S. nicht ohne weiteres eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Beihilfe zur Untreue.
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Zwar ist die Würdigung der Beweise grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat seine Schlussfolgerungen, die nur möglich, aber nicht zwingend sein müssen, grundsätzlich hinzunehmen (BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 21). Eine Grenze findet dies jedoch dort, wo sich die tatrichterliche Würdigung in Vermutungen erschöpft, die nicht durch entsprechende Tatsachen belegt sind. Entfernt sich der Tatrichter in seinen Schlussfolgerungen so sehr von einer festen Tatsachengrundlage, dass sie nur noch einen Verdacht, nicht dagegen die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugung zu begründen vermögen, liegt hierin ein Verstoß gegen § 261 StPO (BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26; Vermutung 1, 7).
Allein das Vorhandensein einer – im Übrigen nicht einmal tatsächlich sehr ähnlich gelagerten – einschlägigen Vorverurteilung, deren Vollstreckung zudem wegen der positiven Sozialprognose des Angeklagten G. S. zur Bewährung ausgesetzt wurde, rechtfertigt einen solchen Schluss nicht ohne weiteres. Ohne entsprechende nähere Anhaltspunkte ist die Feststellung des Landgerichts nicht tragfähig, die Angeklagten E. und M. S. hätten mit einer vorsätzlichen Nachteilszufügung der Mieter durch den Angeklagten G. S. gerechnet. Es hätte zumindest der Kenntnis bestimmter Vorkommnisse bedurft, die für E. und M. S. einen entsprechenden konkreten Verdacht hätten begründen können. Ohne weitere Aufklärung zu dem Wissensstand dieser Angeklagten bleibt die Annahme des Landgerichts spekulativ, zumal es sich nicht ernsthaft mit der Möglichkeit auseinandersetzt, dass die beiden Angeklagten von entsprechenden strafbaren Handlungen des faktischen Geschäftsführers G. S. keine Kenntnis hatten, sondern letztlich dem Ehemann bzw. Vater vertrauten. Insoweit hätte es einer weitergehenden und tieferen Erörterung bedurft.
23
c) Die Schuldsprüche gegen die Angeklagten E. und M. S. sind deshalb aufzuheben. Dies führt bezüglich dieser Angeklagten zu einer umfassenden Aufhebung der Feststellungen, weil sich insoweit der Rechtsfehler im Hinblick auf die Haupttat auch zu ihren Lasten auswirkt.

III.


24
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
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1. Bei den Kautionen für Wohnraummiete bewirkt die Einzahlung der Kaution auf das Girokonto noch nicht ohne weiteres eine (vollendete) Untreue im Sinne des § 266 StGB. Die pflichtwidrige Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht indiziert hier nämlich – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht die Feststellung eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB.
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a) Die Strafbarkeit wegen Untreue setzt voraus, dass ein Vermögensnachteil entstanden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB bereits dann eingetreten sein, wenn eine schadensgleiche Vermögensgefährdung gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Gefährdung nach wirtschaftlicher Betrachtung bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage bedeutet (BGHSt 44, 376, 384; 48, 354, 357).
27
Eine solche schadensgleiche Vermögensgefährdung entsteht allerdings nicht bereits, wenn die Kaution nicht vom sonstigen Betriebsvermögen abgesondert, sondern auf ein „allgemeines“ Konto eingezahlt wird. Insoweit ist die Sachverhaltskonstellation nicht anders zu beurteilen als allgemein die unterlassene Einzahlung von Fremdgeldern auf einem Anderkonto, obwohl eine Rechtspflicht zu einer abgesonderten Anlage dieser Gelder besteht. Nach der ständigen Rechtsprechung führt ein solches Verhalten nicht zu einem Nachteil im Sinne des § 266 StGB, soweit der Betreffende jederzeit bereit und fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren (BGHSt 15, 342; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 56). Hierzu fehlen bislang Feststellungen. Zwar stünde die auf dem Girokonto eingezahlte Kaution grundsätzlich dem Zugriff von Privatgläubigern des Vermieters offen; damit waren diese Guthaben gefährdet. Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung begründet diese bloße abstrakte Möglichkeit jedoch noch nicht. Die Gefahr eines endgültigen Verlusts eines Vermögensbestandteils muss vielmehr so groß sein, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat (BGHSt 51, 165, 177; vgl. auch BGHSt 21, 112 ff.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 32).
28
Im Rahmen der Prüfung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung kommt es deshalb insgesamt auf die Vermögensverhältnisse des Ver- mieters an. Nur soweit aufgrund der Gesamtumstände die naheliegende Gefahr besteht, dass auf dieses „allgemeine“ Konto zugegriffen werden könnte, liegt eine zu einer Minderbewertung führende Vermögensgefährdung vor (vgl. BGHSt 44, 376, 384). Dies setzt – sofern man schon in der Einzahlung auf das allgemeine Konto eine Untreuehandlung sehen wollte – voraus, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine drohende Überschuldung der vermietenden Gesellschaft bestand, die einen Zugriff der Gläubiger erwarten ließ.
29
Eine solche Prüfung wird der neue Tatrichter vorzunehmen haben. Dabei wird auch dem Umstand Beachtung einzuräumen sein, dass der Angeklagte G. S. mit dem Kontoausgleichssystem sämtliche Konten der Gesellschaft miteinander verbunden hat, um so Negativsalden weitgehend zu vermeiden. Dies hat indizielle Wirkung für die wirtschaftliche Gesamtsituation der Gesellschaft, weil ersichtlich ab diesem Zeitpunkt die Kautionen für die Deckung anderweitiger Verbindlichkeiten verwandt wurden und damit ihre Rückzahlbarkeit unmittelbar gefährdet war. Gleiches gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Ausgleich des Hauptkontos Ende 1995 und die Querüberweisungen zwischen und Sa . Ergäbe sich eine entsprechende angespannte Vermögenslage beider Gesellschaften, dann wäre eine Einzahlung auf den Girokonten, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Kontenausgleich bereits institutionalisiert war, regelmäßig mit einer schadensgleichen Vermögensgefährdung verbunden. Dies gilt jedenfalls, solange sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft nicht nachhaltig gebessert haben, wofür allerdings nach den bisherigen Feststellungen kein Anhalt besteht.
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Eine Untreue durch Unterlassen käme in Betracht, falls die einzelne Kaution im Zeitpunkt ihrer Einzahlung noch nicht gefährdet und ihre Rückzahlbarkeit erst später aufgrund der Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse beider Unternehmen nicht mehr gewährleistet gewesen sein sollte. Insoweit würde die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten G. S. zugleich eine Garantenpflicht begründen. Ihm obliegt es nämlich, die eingezahlten Kautionen so zu sichern, dass sie nicht zur Deckung von Verbindlichkeiten der beiden Gesellschaften herangezogen werden können (vgl. BGHSt 49, 147, 164).
31
b) Das Vorliegen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung begründet bei dem Angeklagten G. S. einen Tatvorsatz, wenn er die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände erkannt hat. Zu dem kognitiven Element, nämlich dass er aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaften eine nicht gegebene Rückzahlbarkeit der Mietkaution zumindest für möglich gehalten hatte (vgl. BGHSt 48, 331, 348), muss zusätzlich noch das voluntative Element hinzutreten. Dies bedeutet, dass der Angeklagte G. S. die konkrete Gefahr erkannt und zudem deren Realisierung gebilligt haben muss, sei es auch nur in der Form, dass er sich mit dem Eintritt des ihm unerwünschten Erfolges abfindet (BGHSt 51, 100, 120 f.; vgl. auch BGHSt 48, 331, 347 ff.).
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2. Ließe sich feststellen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der beiden Gesellschaften so angespannt waren, dass die eingezahlten Kautionen schon aus diesem Grund erheblich gefährdet waren, käme auch eine Verurteilung wegen Betrugs nach § 263 StGB in Betracht, wenn dem Angeklagten G. S. hinsichtlich einer sich aus der schlechten Vermögenssituation der Gesellschaften möglicherweise ergebenden schadensgleichen Vermögensgefährdung insoweit Vorsatz nachgewiesen werden könnte (vgl. BGHSt 48, 331, 346 f.). Da dies nicht völlig ausgeschlossen werden kann, scheidet ein Freispruch auch in den Fällen aus, in denen eine Gewerberaummiete unzweifelhaft vorliegt (wie im Fall 169 der Urteilsgründe).
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3. Ein von der Verteidigung behaupteter Verbotsirrtum ist nicht ersichtlich. Die Verteidigung meint, dass jedenfalls erst nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. August 1995 (BGHSt 41, 224) und deren Veröffentlichung den Angeklagten die Kenntnis von der Strafbarkeit ihres Verhaltens vorgeworfen werden könne.
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Die Verteidigung belegt mit der von ihr dargestellten Fehlvorstellung der Angeklagten – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – noch keinen Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Ein Verbotsirrtum nach dieser Vorschrift kommt nur in Betracht, wenn dem Täter die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs braucht der Täter die Strafbarkeit seines Vorgehens nicht zu kennen; es genügt, dass er wusste oder hätte erkennen können, Unrecht zu tun (BGHSt 15, 377, 383; BGH NStZ 1996, 236, 237; wistra 1986, 218). Der Unrechtsgehalt wird hier aber bereits durch den Verstoß gegen die gesetzlich normierten Pflichten zur Anlage einer Kaution vermittelt (§ 550b BGB a.F. = § 551 Abs. 3 BGB). Hiergegen verstieß der Angeklagte G. S. . Die Annahme, er habe diese Vorschrift des Mietrechts zumindest ihrem Inhalt nach nicht gekannt, liegt bei ihm ebenso fern wie bei den Mitangeklagten E. und M. S. . Es ist deshalb schon kein Irrtum im Sinne des § 17 StGB gegeben, sondern allenfalls eine unbeachtliche falsche rechtliche Einordnung (vgl. BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). Selbst wenn die Angeklagten die Kautionsregelung für den Bereich der Wohnraummiete nicht gekannt haben sollten, wäre ein solcher Irrtum, der die Normen ihres unmittelbaren beruflichen Bereichs betraf, ohne weiteres vermeidbar gewesen.
35
4. Zur Bestimmung des Schuldumfangs bedarf es der Feststellung des tatsächlich eingetretenen Schadens (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 27). Hierbei kommt einem bloßen Gefährdungsschaden nicht das gleiche Gewicht zu wie dem endgültig eingetretenen Nachteil (Fischer, StGB 55. Aufl. § 266 Rdn. 82). Dies erfordert grundsätzlich, dass der Tatrichter Feststellungen zu dem Ausfall trifft, der dem einzelnen Mieter entstanden ist. Dafür kann der Tatrichter gehalten sein, für die einzelne Kaution mögliche Gegenansprüche des Vermieters zu berechnen, die durch die Kaution gesichert werden sollen. Ein Schaden scheidet bei der im Rahmen der Untreue gebotenen gesamtbilanzierenden Betrachtung (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 55) nämlich dann aus, wenn der durch den Kautionsverlust geschä- digte Mieter seinerseits von Ersatzansprüchen gegenüber dem Vermieter frei wird.
36
Lässt sich die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens nicht ermitteln , kann der Tatrichter auf den Gefährdungsschaden abstellen. Belässt er es dabei, muss er dann allerdings zugunsten des Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung davon ausgehen, dass tatsächlich kein endgültiger Schaden eingetreten ist.
37
5. Der neue Tatrichter wird die Frage einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung umfassend zu prüfen haben. Die Ausführungen des Landgerichts hierzu begegnen Bedenken. Es reicht nicht aus, in den Urteilsgründen lediglich auf die bisher verstrichene Verfahrensdauer zu verweisen (hier: mehr als neun Jahre). Der Tatrichter ist vielmehr verpflichtet, das Maß der eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zu bestimmen (BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 17, 20, 21) und hierfür eine Kompensation festzulegen (BGH, Beschluss vom 13. Februar 2008 – 2 StR 356/07). Nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 17. Januar 2008 (NJW 2008, 860 ff. zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen) hat die Kompensation nunmehr grundsätzlich in der Form zu erfolgen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt. Dabei wird der neue Tatrichter den im angefochtenen Urteil vorgenommenen Strafabschlag berücksichtigen können. Gegen die vom 3. Strafsenat erwogene Möglichkeit einer Erhöhung der bisher verhängten Strafe (BGH, Beschluss vom 18. Januar 2008 – 3 StR 388/07) hätte der Senat indes dogmatische Bedenken. Für den Fall, dass nach dem Ergebnis der neuen Hauptverhandlung ein Schuldspruch gegen die Angeklagten E. und M. S. noch in Betracht kommen sollte, wird eine Einstellung des Verfahrens, jedenfalls aber eine Sanktion unterhalb einer Geldstrafe in Betracht zu ziehen sein. Die grundsätzlich übliche Kompensation schließt nämlich nicht aus, in besonders krassen Fällen der Verfahrensverzögerung das Verfahren wegen eines dann eingetretenen Verfahrenshindernisses abzubrechen (BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung
2) oder nach §§ 153 ff. StPO einzustellen. Weiterhin kann auch das Absehen von Strafe oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt geboten sein (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 21), wenn allein eine vollstreckungsrechtliche Anrechnung nicht mehr ausreicht.
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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.