Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2019 - 5 StR 351/18

bei uns veröffentlicht am06.02.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 351/18
vom
6. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
hier: Anhörungsrüge
ECLI:DE:BGH:2019:060219B5STR351.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2019 beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Beschluss des Senats vom 6. November 2018 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Der Senat hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 26. Februar 2018 durch Beschluss vom 6. November 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Hiergegen hat er am 22. November 2018 die Anhörungsrüge erhoben.
2
1. Zur Begründung trägt sein Verteidiger im Wesentlichen Folgendes vor:
3
Am 15. November 2018 habe der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer telefonisch mitgeteilt, dass ihm – dem Verteidiger des Beschwerdeführers – eine Ausfertigung des Urteils übermittelt worden sei, die nicht mit dem Original übereinstimme. Das Urteil sei deshalb am 20. November 2018 neu zugestellt worden.
4
Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die ursprünglich zugestellte Abschrift vom Urteil abweiche, meint der Beschwerdeführer, dass das Verfahren gemäß § 33a StPO in die Lage zurückzuversetzen sei, die vor dem Erlass der Entscheidung des Senats bestanden habe, um ihm eine Revisionsbegründung anhand der richtigen Urteilsgründe zu ermöglichen. Eine solche wer- de er bis zum 20. Dezember 2018 einreichen. Zur Glaubhaftmachung hat er einen Vermerk des Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer vom 14. November 2018 sowie die ihm ursprünglich zugestellte Urteilsausfertigung vorgelegt.
5
Weiteres hat der Beschwerdeführer bislang nicht vorgetragen. Insbesondere hat er nicht näher dargelegt, inwieweit die ursprünglich zugestellte Urteilsausfertigung konkret von den Urteilsgründen abweicht. Entgegen seiner Ankündigung hat er auch keine weiteren Beanstandungen gegen das Urteil vorgebracht.
6
2. Der Senat hat Bedenken, ob die nur nach § 356a StPO statthafte Rüge (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 16. Mai 2006 – 4 StR 110/05, NStZ 2007, 236) zulässig erhoben ist. Sie ist jedenfalls unbegründet, weil der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör im Revisionsverfahren nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist. Der Senat hat auf die erhobene Sachrüge die ihm vollständig vorliegenden Urteilsgründe umfassend geprüft.
Sander Schneider Berger
Eschelbach Köhler

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 356a Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung


Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der

Strafprozeßordnung - StPO | § 33a Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Nichtgewährung rechtlichen Gehörs


Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2006 - 4 StR 110/05

bei uns veröffentlicht am 16.05.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 110/05 vom 16. Mai 2006 in der Strafsache gegen wegen Untreue u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Mai 2006 beschlossen: Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats vom 21. März 2006

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 110/05
vom
16. Mai 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Mai 2006 beschlossen:
Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats vom 21. März 2006 wird auf Kosten der Verurteilten als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 21. März 2006 gemäß §§ 154 Abs. 2, 206 a StPO hinsichtlich des Vorwurfs der Bedrohung und der Unterschlagung eingestellt. Er hat den Antrag der Verurteilten, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer weiteren Verfahrensrüge zu gewähren, als unzulässig verworfen und das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 12. Juli 2004 auf die Revision der Verurteilten dahin geändert, dass sie wegen Untreue in vier Fällen sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt wird. Die weiter gehende Revision hat der Senat verworfen. Gegen diesen Beschluss hat die Verurteilte mit Schriftsatz ihres Verteidigers Dr. L. vom 12. April 2006, beim Bundesgerichtshof eingegangen am 15. April 2006, "im Wege der Nachholung rechtlichen Gehörs (§ 33 a StPO)" Gegenvorstellung erhoben und beantragt, den Beschluss des Senats und auf die Revision der Verurteilten das Urteil des Landgerichts Cottbus aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.
2
1. Die Gegenvorstellung ist unzulässig. Die an keine Frist gebundene Anhörungsrüge nach § 33 a StPO ist schon ihrem Wortlaut nach als Rechtsbe- helf gegen Revisionsentscheidungen nicht statthaft, denn diese Vorschrift gilt nur subsidiär, d.h. nur dann, wenn gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf statthaft ist. Gegen Revisionsentscheidungen ist als speziellere Regelung nur der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nach dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 356 a StPO statthaft (vgl. BTDrucks. 15/3706, S. 18; Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 33 a Rdn. 1), deren Zulässigkeit vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens entsprechend der Regelung für Wiedereinsetzungsanträge befristet worden ist (vgl. BTDrucks. aaO).
3
Die Verurteilte hat den Rechtsbehelf jedoch nicht innerhalb einer Woche nach Kenntnis von der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angebracht. Diese Frist beginnt gemäß § 356 a Satz 2 StPO mit Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die behauptete Gehörsverletzung ergeben kann. Weil das Revisionsgericht den Zeitpunkt, zu dem der Beteiligte Kenntnis von diesen tatsächlichen Umständen erlangt hat, nicht zuverlässig selbst feststellen kann und dieser häufig von Umständen aus der Sphäre des Betroffenen abhängt, muss er den Zeitpunkt der Kenntniserlangung gemäß § 356 a Satz 3 StPO glaubhaft machen (vgl. BTDrucks. aaO), wobei der Zeitpunkt der Kenntniserlangung binnen der Wochenfrist für die Stellung des Antrages nach § 356 a StPO mitzuteilen ist (vgl. BGH NStZ 2005, 462). Das ist jedoch nicht geschehen.
4
Es liegt auch kein Ausnahmefall derart vor, dass der Senat den Akten die Rechtzeitigkeit der Anhörungsrüge entnehmen kann. Da die Verurteilte geltend macht, für sie sei aus dem Senatsbeschluss vom 21. März 2006 nicht ersichtlich , "ob" sich der Senat mit den mit Schriftsatz ihres Verteidigers Rechtsanwalt P. vom 7. März 2006 erhobenen Bedenken auseinandergesetzt habe, hängt die Rechtzeitigkeit der Antragstellung von dem Zeitpunkt ab, zu dem sie von dem Senatsbeschluss vom 21. März 2006 Kenntnis erlangt hat. Der Senatsbeschluss ist aber ausweislich der Schlussverfügung der Geschäftsstelle am 27. März 2006 an die Verurteilte und ihre Verteidiger abgesandt worden, so dass davon auszugehen ist, dass die Verurteilte noch im März 2006 Kenntnis von der Entscheidung erlangt hat. Mit der Antragsschrift ihres Verteidigers vom 12. April 2006 konnte mithin die Wochenfrist des § 356 a Satz 2 StPO nicht eingehalten werden, zumal sie beim Bundesgerichtshof erst am 15. April 2006 eingegangen ist.
5
2. Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.
6
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung zum Nachteil der Verurteilten weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen diese nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen der Verurteilten übergangen.
7
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 28. Juli 2005 zu den bis dahin von ihren Verteidigern mit Schriftsätzen vom 28. Dezember 2004 und 16. März 2005 erhobenen Rügen umfassend Stellung genommen. Soweit der Senat die Verurteilung wegen Untreue in vier Fällen sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung bestätigt hat, bedurfte es daher im Hinblick auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts keiner ausführlichen Begründung seiner Entscheidung (vgl. BVerfG NStZ 2002, 487, 488; BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 7). Soweit der Generalbundesanwalt mit seiner Antragsschrift vom 15. Februar 2006 in Abänderung seines früheren Antrags hinsicht- lich der Verurteilung wegen Unterschlagung die Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO und die Festsetzung der niedrigst möglichen Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat beantragt hat, ist er zwar auf den von dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S. mit Schriftsatz vom 21. September 2005 gestellten Wiedereinsetzungsantrag zur Nachholung einer Verfahrensrüge nicht näher eingegangen. Insoweit hat der Senat aber in seinem Beschluss vom 21. März 2006 im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen der Wiedereinsetzungsantrag unzulässig ist und die nicht rechtzeitig erhobene Verfahrensrüge zudem den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügt.
8
Zu den Stellungnahmen des Generalbundesanwalts hat sich die Verurteilte mit Schriftsätzen ihres Verteidigers Rechtsanwalt P. vom 12. August 2005 und vom 7. März 2006 geäußert. Auch der letztere Schriftsatz lag dem Senat bei seiner Entscheidung über die Revision vor und war Gegenstand der Beratung.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann