Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2004 - 5 StR 339/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) im Ausspruch der Einzelstrafen in den Fällen II.1b), 2b) und 7 der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch der Gesamtstrafen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Der Generalbundesanwalt hat folgendes ausgeführt: „In den Fällen II.1b), 2b) und 7 hält die Verurteilung des Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in der Qualifikation der §§ 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB rechtlicher Prüfung nicht stand.
Danach wurden bei den Taten II.1b) und 2b) durch die Angeklagten jeweils ungeladene Pistolen verwendet; zur Tat II.7 ist auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen, daß die verwendeten Pistolen geladen waren. Eine Waffe im Sinne des mit dem 6. Strafrechtsreformgesetz neu gefaßten Tatbestands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muß jedoch objektiv gefährlich und geeignet sein, erhebliche Verletzungen beim Tatopfer zu verursachen. Die erhöhte Strafandrohung beim Verwenden einer Waffe nach dieser Vorschrift rechtfertigt sich aus der Gefahr der Realisierung dieser objektiven Gefährlichkeit im Falle der Eskalation. In den genannten Fällen konnten die Angeklagten die Pistolen anders als zur Drohung nicht einsetzen. Das Schießen war ihnen objektiv unmöglich. Auch als Schlagwerkzeug wurden sie nicht eingesetzt. Damit erfüllt das bloße Drohen mit einer objektiv nicht gefährlichen Schußwaffe nicht die Voraussetzungen, die an das Merkmal des Verwendens einer Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluß vom 25. März 2004 – 4 StR 64/04; BGH NStZ 2000, 156, 157 m.w.N.; BGH, Beschluß vom 4. August 1998 – 5 StR 362/98).
Dieser Rechtsfehler, der die Anwendung einer den Schuldspruch berührenden Rechtsnorm betrifft, bedingt hier ausnahmsweise nicht die Aufhebung des Schuldspruchs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. August 2001 – 3 StR 271/01 und 15. Januar 2004 – 3 StR 487/03); denn die vom Landgericht festgestellte Drohung erfüllt die Qualifikation des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB (vgl. BGHSt 44, 103, 105 ff.; BGH, Beschluß vom 11. November 2003 – 3 StR 394/03); und es kann ausgeschlossen werden, daß ein neuer Tatrichter ergänzende, dem Angeklagten nachteilige Feststellungen wird treffen können.“ Dem folgt der Senat.
Die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils hat der Senat gemäß § 357 StPO auf die Mitangeklagten J und V erstreckt, weil die An- nahme der weitergehenden Qualifikation sie in gleicher Weise betraf. Die Nichtrevidenten sind zur Anwendung des § 357 StPO über ihre bisherigen Verteidiger angehört worden und haben ihr nicht widersprochen.
Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.