Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2007 - 5 StR 335/07

bei uns veröffentlicht am30.08.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 335/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 30. August 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2007 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bautzen vom 6. März 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO
mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstreckung
der Gesamtfreiheitsstrafe und der Maßregel nicht zur Bewährung
ausgesetzt worden ist.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen
, dass im Fall IV. 2. der Urteilsgründe die Verurteilung
wegen tateinheitlich begangener zweifacher Bedrohung entfällt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1 Das Landgericht hat den 51 Jahre alten, schwerbehinderten Angeklagten
wegen Beleidigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit
zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung und versuchter Nötigung, sowie
wegen Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion und wegen unerlaubten Umgangs
mit explosionsgefährlichen Stoffen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
einem Jahr und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision
des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie sich gegen die Ver-
sagung der Aussetzung wendet; im Übrigen ist sie – abgesehen von der gebotenen
geringfügigen Schuldspruchkorrektur – aus den Gründen der Antragsschrift
des Generalbundesanwalts unbegründet.
2 1. Nach den Feststellungen schrieb der bereits mehrfach, u. a. wegen
Beleidigungsdelikten verurteilte Angeklagte zunächst einen Brief an das Landessozialgericht
Chemnitz, in dem er den Landrat beleidigte. Kurz darauf
sandte er einen weiteren Brief an den Leiter des Kreissozialamtes in Bautzen
, in dem er diesen sowie dessen Mitarbeiter ebenfalls beleidigte und
drohte, zwei Sachbearbeiterinnen „umzulegen“, falls sie seine staatlichen
Unterstützungsleistungen kürzen sollten. Bei einer Durchsuchung seiner
Wohnung am 1. Juni 2006 fand man dort fünf zu Sprengsätzen umgebaute
Haarspraydosen, die der Angeklagte bei der von ihm erwarteten Räumung
seiner Wohnung zur Explosion bringen wollte. Außerdem hatte er umgebaute
und dadurch nicht zugelassene Silvesterraketen in seinem Besitz.
3 Die sachverständig beratene Strafkammer hat sich rechtsfehlerfrei die
Überzeugung verschafft, dass der Angeklagte an einer paranoiden und dissozialen
Persönlichkeitsstörung leidet und deswegen bei den Taten in seiner
Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
4 2. Die Erörterungen zur Ablehnung der Aussetzung sowohl der Gesamtfreiheitsstrafe
als auch der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
5 Bei der Ablehnung der Aussetzung der Strafe, die – angesichts der
Feststellungen und Einzelstrafhöhen nicht nachvollziehbar – allein auf das
Fehlen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB gestützt ist, mangelt es
an jeglichen prognostischen Erwägungen. Diese stellt das Landgericht ausschließlich
im Rahmen der Prüfung des § 67 Abs. 1 StGB an. Es kommt zu
dem Ergebnis, eine Heimunterbringung verspreche keinen Erfolg, da der Angeklagte
sich bereits zweimal in einem Heim aufgehalten, aber letztlich die
Heime wieder verlassen habe. Auch jetzt sei nicht zu erwarten, dass er sich
in einem Heim integrieren würde, vielmehr sei mit neuen Problemen zu rechnen.
6 Diese Feststellungen tragen die Ablehnung der Aussetzung nicht. Das
Landgericht hat sich wegen der zwei gescheiterten Heimunterbringungen
vorschnell an einer Aussetzung mit der Weisung der Heimunterbringung gehindert
gesehen. Dabei hat es nicht erörtert, ob die bisherigen Heimplätze
allein auf die schwere körperliche Behinderung des Angeklagten zugeschnitten
waren und nicht auf seine psychischen Belange – was angesichts der
Feststellungen nahe liegt –, so dass dem Scheitern einer solchen Unterbringung
kaum Aussagekraft für die Unterbringung in einer für die Behandlung
auch seiner Persönlichkeitsstörung geeigneten Einrichtung zukommt. Das
Urteil enthält auch keine Ausführungen dazu, welchen Erfolg die zur Urteilsverkündung
bereits zehn Monate andauernde vorläufige Unterbringung des
Angeklagten hatte, welche Therapie gegebenenfalls dort angewandt wurde
und welche Folgerungen hieraus für die Frage zu ziehen sind, ob die Vollstreckung
von Strafe und Maßregel zur Bewährung ausgesetzt werden kann
(vgl. BGHR StGB § 67b Abs. 1 besondere Umstände 5).
7 Dass eine Behandlung des Störungsbildes des Angeklagten nicht unmöglich
ist, wird belegt durch die Feststellung, der Angeklagte sei während
eines Klinikaufenthaltes zu Beginn des Jahres 2000 mit Medikamenten behandelt
worden, so dass eine Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen
gewesen sei (UA S. 5). Auch hiermit setzt sich das Landgericht nicht auseinander.
So bleibt ungeklärt, ob der Angeklagte trotz fehlender Krankheitseinsicht
dennoch mit einer entsprechenden Behandlung und Unterbringung in
einer für ihn geeigneten Einrichtung einverstanden wäre. Dies könnte – anders
als die bisherigen Maßnahmen auf freiwilliger Basis – durch engmaschige
Weisungen überwacht werden, so dass die von ihm ausgehende Gefahr
weiterer Taten deutlich abgeschwächt werden könnte. Im Hinblick auf
mögliche Weisungen gemäß § 67b Abs. 2, § 68b StGB bedarf es vor der allerdings
besonders zügig durchzuführenden neuen Hauptverhandlung einer
sorgfältigen organisatorischen Vorbereitung.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 56 Strafaussetzung


(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

Strafgesetzbuch - StGB | § 67 Reihenfolge der Vollstreckung


(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vol

Strafgesetzbuch - StGB | § 68b Weisungen


(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen, 1. den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,2. sich nicht an

Strafgesetzbuch - StGB | § 67b Aussetzung zugleich mit der Anordnung


(1) Ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt an, so setzt es zugleich deren Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßrege

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5 StR 335/07 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 30. August 2007 in der Strafsache gegen wegen Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2007 beschlossen : Auf die Revision des Angeklagte
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5 StR 335/07 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 30. August 2007 in der Strafsache gegen wegen Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2007 beschlossen : Auf die Revision des Angeklagte

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt an, so setzt es zugleich deren Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann. Die Aussetzung unterbleibt, wenn der Täter noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, die gleichzeitig mit der Maßregel verhängt und nicht zur Bewährung ausgesetzt wird.

(2) Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.