Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - 5 StR 322/11
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision gegen das vorgenannte Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Es hat zugleich angeordnet, dass drei Monate der Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
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- Während die Einwendungen des Angeklagten gegen den Schuldspruch aus den Gründen der Antragschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO sind, hält die Strafzumessung der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat den Gesichtspunkt nicht bedacht, dass dem Angeklagten durch den vollständigen Vollzug der Strafen aus den Vorverurteilungen eine Gesamtstrafenbildung http://www.juris.de/jportal/portal/t/15s6/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302822010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/15s6/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE100072233&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint - 3 - versagt geblieben ist. Dies hätte einen Härteausgleich nach sich ziehen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2011 – 5 StR 301/11), zumal der Angeklagte sich in dieser Sache bereits einige Zeit in Untersuchungshaft befunden hat. Hinzu kommt, dass das Landgericht auch den Umstand nicht erkennbar gewürdigt hat, dass die Tat im Zeitpunkt der Aburteilung bereits dreieinhalb Jahre zurückgelegen hat und der Angeklagte schon kurze Zeit nach der Tat festgenommen werden konnte. Allein die erfolgte Anrechnung von drei Monaten auf die verhängte Freiheitsstrafe wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung vermag diesen Gesichtspunkt nicht aufzufangen (BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124 Rn. 45 und vom 21. Dezember 1998 – 3 StR 561/98, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13).
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- Diese Wertungsfehler ziehen nicht die Aufhebung von Feststellungen nach sich. Das neue Tatgericht kann allerdings neue Feststellungen treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Ebenso kann die ausgesprochene Anrechnung von drei Monaten auf die verhängte Freiheitsstrafe aufrecht erhalten bleiben. Der Senat hält es für vorzugswürdig, den Härteausgleich gleichfalls im Rahmen der Vollstreckungslösung vorzunehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 5 StR 478/09, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 18, vom 28. September 2010 – 5 StR343/10 und vom 11. April 2011 – 5 StR 100/11).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision gegen das vorgenannte Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer zurückverwiesen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
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- Die Revision des Angeklagten ist hinsichtlich des Schuldspruchs unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Dagegen hält die Strafzumessung rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat zwar erkannt, dass dem Angeklagten wegen der vollständigen Verbüßung der an sich gesamtstrafenfähigen Vorverurteilung ein Härteausgleich zu gewähren war, diesen aber mit nur fünf Monaten nicht rechtsfehlerfrei bemessen.
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- 1. Der Härteausgleich soll die durch die getrennte Aburteilung entstandenen Nachteile ausgleichen (vgl. BGH, Urteil vom 12. August 1998 – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 185 f.). Ziel des Härteausgleichs muss des- halb sein, den Angeklagten so zu stellen, wie er bei einer Gesamtstrafenbildung gestanden hätte. Die hierfür maßgeblichen Umstände zu gewichten und die hiernach angemessene Strafe zu bestimmen, obliegt grundsätzlich dem Tatgericht. Das Revisionsgericht greift – ebenso wie bei der Kontrolle der Gesamtstrafenbildung – nur dann ein, wenn der Umfang des Härteausgleichs nicht mehr ausreichend begründet wurde (BGHSt aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 2. September 1997 – 1 StR 317/97, NStZ 1998, 134).
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- Im vorliegenden Fall war durch die Vollverbüßung eine dem Angeklagten günstige Gesamtstrafenbildung mit Einzelstrafen (dreimal drei Monate, dreimal vier Monate, zweimal fünf Monate und einmal acht Monate), die im Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 27. August 2009 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten zusammengeführt wurden , verwehrt. Im Rahmen einer solchen Gesamtstrafenbildung hätte berücksichtigt werden müssen, dass sämtliche Taten in einem engen zeitlichen und situativen Zusammenhang standen, mithin ein straffer Zusammenzug der Einzelstrafen zu erwarten gewesen wäre. Hinzu kommt, dass gegen den Angeklagten in dieser Sache während der Strafhaft aufgrund eines Haftbefehls Überhaft notiert war, was zur Folge hatte, dass er von Vollzugslockerungen weitgehend ausgeschlossen war. Angesichts dieser Umstände hätte es einer eingehenderen Darlegung bedurft, wenn die Strafkammer nur einen derart geringen Härteausgleich zuerkennen will.
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- Der vorliegende Begründungsmangel erlaubt es, die Feststellungen zur Strafzumessung im Übrigen aufrecht zu erhalten, weil sie hiervon ersichtlich nicht betroffen sind. Dem neuen Tatgericht ist es jedoch gestattet, weitergehende , Feststellungen zu treffen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/15s6/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302822010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/15s6/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302822010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/15s6/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE100072233&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
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- 2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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- Zwar hält er an seiner Rechtsauffassung fest, dass es grundsätzlich vorzugswürdig wäre, den gebotenen Härteausgleich im Rahmen der Vollstreckungslösung durch eine Anrechnung vorzunehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 5 StR 478/09, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 18; vom 28. September 2010 – 5 StR 343/10 und vom 11. April 2011 – 5 StR 100/11). Hier ist dieser Weg indes dadurch erschwert, dass das Landgericht bereits einen Härteausgleich im Wege des Strafabschlags vorgenommen hat und deshalb im Falle einer Umstellung Probleme unter dem Gesichtspunkt des Verschlechterungsverbots auftreten könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 2. April 2008 – 5 StR 62/08, wistra 2008, 266). Es wird deshalb angezeigt sein, die neue Strafe wiederum im Wege des Strafabschlags zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 – 4 StR 441/10, NJW 2011, 868).
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- Das neue Tatgericht wird ferner auch zu erläutern haben, warum das Verfahren gegen den bereits am 13. November 2008 im Besitz des erpressten Handys verhafteten Angeklagten erst im Februar 2011 nach Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem vorgenannten Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin abgeschlossen werden konnte.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten der Revision zu tragen, jedoch wird die Gebühr um ein Viertel ermäßigt. Je ein Viertel der in der Revisionsinstanz entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung (Einzelfreiheitsstrafe sieben Monate), wegen Freiheitsberaubung in zwei Fällen (Einzelfreiheitsstrafen je zwei Monate), wegen unerlaubten Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch in zwei Fällen (Einzelfreiheitsstrafen zwei Monate und ein Monat) und wegen Beleidigung (Einzelfreiheitsstrafe ein Monat) unter Einbeziehung der vom Landgericht Bremen in dessen Urteil vom 9. Oktober 2008 verhängten und zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und von weiteren Vorwürfen freigesprochen. Die Revision des Angeklagten ist hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Indes bedarf das Urteil der Ergänzung um einen Härteausgleich wegen entgangener anderweitiger Gesamtstrafbildung.
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- 1. Die im angefochtenen Urteil ausgeurteilten Taten waren zwischen Ende Februar und dem 26. März 2007 begangen worden. Nachdem eine Gesamtstrafenbildung mit der zunächst eine Zäsur begründenden Nachverurteilung durch Strafbefehl des Amtsgerichts Bremen vom 2. August 2007 zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro wegen vollständiger Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage vor der hier erfolgten Verurteilung nicht mehr möglich gewesen ist, hat das Landgericht folgerichtig, in der Sache zutreffend und unvermeidbar mit der nächsten noch nicht erledigten Strafe – der wegen eines am 14. Februar 2008 begangenen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung durch Urteil des Landgerichts Bremen vom 9. Oktober 2008 verhängten zweijährigen, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe – die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Zu deren Begründung hat das Landgericht ausgeführt: „Andererseits war nicht zu übersehen, dass die Aussetzung der Vollstreckung der zweijährigen Freiheitsstrafe zur Bewährung zwar somit keinen Bestand mehr haben konnte, die jetzt erforderliche Gesamtstrafenbildung dem Angeklagten wiederum aber insoweit zugute kommt, als bei Einbeziehung allein der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 02.08.2007 die dann bestehend bleibende zweijährige Einzelstrafe sowie die im Übrigen zu bildende Gesamtstrafe der Summe nach zu einer höheren Gesamtsanktion geführt hätte“ (UA S. 38).
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- 2. Die hier erfolgte Gesamtstrafenbildung ist nur aufgrund vollständiger Ersatzfreiheitsstrafenvollsteckung notwendig geworden, die den Wegfall einer den Angeklagten begünstigenden Zäsur zur Folge hatte. Die zitierte Erwägung des Landgerichts lässt diese Besonderheit des Verlusts der gewährten Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der zweijährigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 9. Oktober 2008 – die Widerrufsvoraussetzungen des § 56f Abs. 1 StGB lagen nicht vor – unberücksichtigt. Der Ange- klagte hat die ausgeurteilten Taten nicht nach der Aussetzungsentscheidung, sondern weit über ein Jahr zuvor begangen. Ohne die vollständige Ersatzfreiheitsstrafenvollstreckung wäre die Strafaussetzung infolge anderweitiger Gesamtstrafenbildung bestehen geblieben.
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- Damit wirkt sich die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe unter Heranziehung einer erheblichen, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe für den Angeklagten überaus nachteilig aus (vgl. BGH, Beschluss vom 2. März 1994 – 2 StR 740/93); dies erfordert die Gewährung eines besonders nachhaltigen Härteausgleichs (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 15 m.w.N.). Diesen nimmt der Senat zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst vor.
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- 3. Dabei hält er auch für den in dieser Fallkonstellation vorzunehmenden Härteausgleich nunmehr die Anwendung des Vollstreckungsmodells für vorzugswürdig (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 5 StR 433/09 Tz. 10 m.w.N., zur Aufnahme in BGHSt bestimmt, für den Fall nicht mehr möglicher Gesamtstrafenbildung von Geldstrafe mit lebenslanger Freiheitsstrafe ). Die Überlegenheit dieser Vorgehensweise gegenüber der herkömmlich vorgenommenen Herabsetzung der (Gesamt-)Strafe hat der Große Senat für Strafsachen in BGHSt 52, 124, 136 der Sache nach anhand von Fällen notwendigerweise systemwidriger Eingriffe in die Strafzumessung zur Verwirklichung des Härteausgleichs (BGHSt 31, 102 – Unterschreiten der Untergrenze des § 54 Abs. 1 StGB; BGHSt 36, 270 – Milderung von Einzelstrafen ) anerkannt.
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- Seine Anwendung ist aber darüber hinaus auch sonst sachlich geboten. Die Verwirklichung des Härteausgleichs knüpft nicht an der maßgeblichen Grundlage der Strafhöhe, der Tatschuld (§ 46 Abs. 1 StGB) an, sondern erstrebt die Festsetzung eines gerechten Ausgleichs dafür, dass aufgrund verfahrensrechtlicher Zufälligkeiten eine den Angeklagten beschwe- rende getrennte bzw. – hier – zusammengefasste Strafbemessung stattgefunden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 aaO). Die Anwendung des Vollstreckungsmodells erleichtert die Straffestsetzung ferner, weil bisher zu berücksichtigende, getrennt zu bewertende Umstände nicht mehr berührt werden. Dies erleichtert zudem maßgeblich die in Fällen dieser Art besonders sachgerechte abschließende Entscheidung durch das Revisionsgericht. Zudem wird die Transparenz hinsichtlich des gewährten Härteausgleichs , aber auch bezüglich der Straffestsetzung erhöht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 aaO m.w.N.).
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- 4. Eine Anrechnung von vier Monaten als verbüßt trägt dem hier gebotenen Härteausgleich ausreichend Rechnung. Hierauf erkennt der Senat bei gleichzeitiger Entscheidung über die Kosten gemäß § 473 Abs. 4 StPO.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Die vom Generalbundesanwalt beantragte Verfahrensweise, mit der ein Härteausgleich für eine infolge der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe entgangene nachträgliche Gesamtstrafbildung geschaffen wird, ermöglicht eine den betroffenen Angeklagten ausschließlich begünstigende, sofort abschließende Sachentscheidung.
Aufgrund dieser besonderen Sachlage nimmt der Senat den Fall nicht zum Anlass, im Sinne seiner Beschlüsse vom 26. Januar 2010 (5 StR 478/09, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 18) und vom 28. September 2010 (5 StR 343/10), wonach in Fällen dieser Art das Vollstreckungsmodell anzuwenden ist (vgl. dazu auch Pohlit in Festschrift für Rissing-van Saan, 2011, S. 453, 468), im Blick auf den entgegenstehenden Beschluss des 4. Strafsenats vom 9. November 2010 (4 StR 441/10, NJW 2011, 868; vgl. dazu Winkler, jurisPR-StrafR 4/2011 Anm. 3) ein Anfrageverfahren nach § 132 Abs. 3 GVG zu erwägen. In seinen zitierten Ausgangsentscheidungen war der Senat zu solcher Verfahrensweise nicht verpflichtet. Denn die Ausgangslage hatte sich durch die Billigung des Vollstreckungsmodells im Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 17. Januar 2008 (GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 136) gegenüber früheren abweichenden Erkenntnissen des Bundesgerichtshofs geändert (vgl. BGHR aaO Rn. 5; Hannich in KK, 6. Aufl., § 132 GVG Rn. 8).
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