Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2000 - 5 StR 245/00

bei uns veröffentlicht am18.07.2000

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 245/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 18. Juli 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2000

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Januar 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO im Schuldspruch dahingehend abgeändert, daß der Angeklagte H und der Mitangeklagte N im Fall II. 6 der Urteilsgründe jeweils wegen versuchter gewerbsmäßiger Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 AO, § 23 Abs. 1 StGB) verurteilt sind.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten H wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in fünf Fällen und wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt sowie sichergestellte Kleintransporter und Mobiltelefone eingezogen. Den nicht revidierenden Mitangeklagten N hat es wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in vier Fällen und wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten H führt im Fall II. 6 der Urteilsgründe zur Abänderung des Schuldspruchs dahin, daß der Angeklagte der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei schuldig ist; im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen zu Fall II. 6 der Urteilsgründe hatten die Angeklagten aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses bei den gesondert Verfolgten R und P eine Lieferung unverzollter und unversteuerter Zigaretten in Kenntnis des Umstandes bestellt, daß die Zigaretten von diesen in die Europäische Gemeinschaft eingeschmuggelt worden waren. Für die Anlieferung stellten die Angeklagten ihren Lieferanten zwei Kleintransporter zur Verfügung. Nachdem die gesondert Verfolgten R und P die Zigaretten in einer Lagerhalle bei Stresow in die Kleintransporter umgeladen hatten und sie den Angeklagten liefern wollten, wurden sie festgenommen und die Zigaretten sichergestellt.
Diese Feststellungen bilden keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer sukzessiven Mittäterschaft der Angeklagten beim Schmuggel der Lieferanten. Zwar können im Falle des Schmuggels Unterstützungshandlungen grundsätzlich auch noch im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung Beihilfe (BGHSt 6, 248; BGH NStZ-RR 1996, 374) oder mittäterschaftliches Handeln darstellen, wenn sie die erfolgreiche Beendigung des Schmuggels fördern sollen (BGHSt 4, 132, 133; vgl. auch Kohlmann, Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 369 AO Rdn. 57 ff. m.w.N.). Der Schmuggel ist dabei erst dann beendet, wenn das geschmuggelte Gut in Sicherheit gebracht und „zur Ruhe gekommen“ (BGHSt 3, 40, 44; BGH NStZ 1990, 39), d. h. seinem Bestimmungsort zugeführt worden ist (BGH MDR 1980, 455).
Hier war das Schmuggelgut zum einen bereits in der Lagerhalle in Stresow „zur Ruhe gekommen“, als die Angeklagten mit den Schmugglern in Kontakt traten und ihre Bestellung aufgaben. Der Schmuggel war damit bereits beendet, eine sukzessive Mittäterschaft mithin nicht mehr möglich. Zum anderen wollten die Angeklagten nicht den bereits vollendeten Schmuggel ihrer Lieferanten fördern. Ihnen ging es vielmehr darum, sich in reinem Ei- geninteresse die bereits eingeschmuggelten und von ihren Lieferanten in der Lagerhalle in Stresow gelagerten Zigaretten zu verschaffen. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall nicht von den anderen Fällen, in denen das Landgericht die Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt hat.
2. Die Schuldspruchänderung ist gemäß § 357 StPO auf den im Fall II. 6 der Urteilsgründe als Mittäter verurteilten Mitangeklagten N z u erstrecken.
3. Der Senat schließt angesichts der maßvollen Strafen aus, daß sich die Schuldspruchänderungen auf das Strafmaß auswirken könnten, zumal das Landgericht nicht berücksichtigt hat, daß die Angeklagten auch in diesem Fall gewerbsmäßig handelten. Eine Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB kam bei den vorliegenden Tatumständen, insbesondere der Tatsache, daß ohne weiteres Zutun der Angeklagten Tatvollendung eingetreten wäre, wenn dies nicht durch den Zugriff der Zollfahndung verhindert worden wäre, für beide Angeklagte nicht in Betracht.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


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Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 374 Steuerhehlerei


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer Erzeugnisse oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuern oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union hinterzogen oder Bannbruch nach § 372 Abs. 2, § 373 begangen worden ist, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder abzusetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) § 370 Absatz 6 und 7 gilt entsprechend.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.