Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2015 - 5 StR 169/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet (§ 63 StGB). Seine Revision wendet sich mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts erfolgreich gegen die Verhängung dieser Maßregel (§ 349 Abs. 4 StPO).
- 2
- 1. Das Landgericht hat angenommen, dass der Beschuldigte in elf Fällen fremdaggressive Taten begangen habe, von denen eine Tat wegen Notwehr gerechtfertigt sei, acht weitere Taten wegen nicht ausschließbarer voller Schuldfähigkeit als Anlasstaten nicht in Betracht kämen. Lediglich in zwei Fällen (Nr. 7 und 9) ist die Strafkammer nach sachverständiger Beratung davon ausgegangen, dass die Schuldfähigkeit sicher zumindest erheblich vermindert gewesen sei.
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- 2. Die Anordnung der Maßregel auf Grund der genannten Fälle hält rechtlicher Prüfung nicht stand, weil das Urteil insoweit nicht tragfähig begründet ist. Das Landgericht hat bei dem Beschuldigten sowohl im Fall 7 als auch im Fall 9 das Vorliegen einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit angenommen , die es aber in den sich unmittelbar daran anschließenden Tatgeschehen in den Fällen 8 und 10 gerade nicht hat positiv feststellen können. Es geht in diesen Fällen sogar davon aus, dass sich der Beschuldigte auch in ei- nem „normalpsychologischen Erregungszustand“(UA S. 16) befunden haben könnte. Warum das Landgericht zu dieser unterschiedlichen Einschätzung von zeitlich nahe beieinander liegenden Geschehensabläufen gekommen ist, teilt das Urteil nicht mit. Das Landgericht beschränkt sich im Fall 7 lediglich auf die Feststellung des besonderen Tatgeschehens. Es fehlt eine nähere Begründung unter Einbeziehung der Erläuterungen der Sachverständigen, die hier angesichts der Schwere des Eingriffs in besonderem Maße geboten gewesen wäre (BGH, Urteil vom 27. November 2008 – 3 StR 450/08, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 30; Beschlüsse vom 30. Juli und 22. Oktober 2014 – 4 StR 183/14 und – 1 StR 364/14 mwN).
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- Unter diesen Umständen konnte das Urteil keinen Bestand haben. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird die Voraussetzungen der Anordnung der Maßregel gerade auch angesichts des außergewöhnlichen Umstandes , dass die Sachverständige und ihr folgend das Landgericht in acht von elf Fällen weder eine voll erhaltene Schuldfähigkeit noch deren Aufhebung hat ausschließen können, naheliegend unter Hinzuziehung eines neuen Sachverständigen zu prüfen haben.
Berger Feilcke
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.