Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 553/11
vom
21. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schweren Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 21. Dezember 2011 gemäß § 46
Abs. 1, § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag der Angeklagten G. , ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung ihrer Revision zu gewähren, wird verworfen.
2. Die Revisionen der Angeklagten G. , T. und J. gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 29. Juni 2011 werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten sowie zwei Mitangeklagte wegen besonders schweren Raubes - teilweise unter Einbeziehung früherer Strafen - zu (Gesamt-)Freiheitsstrafen verurteilt und unter anderem bei den Angeklagten J. und T. die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug eines Teils der (Gesamt-)Freiheitsstrafe angeordnet. Gegen das Urteil richten sich die auf jeweils eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten G. und J. . Der Angeklagte T. beanstandet mit seinem Rechtsmittel allein das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung , nämlich eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Die Rechtsmittel sowie der von der Angeklagten G. zudem gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist haben keinen Erfolg.
2
1. Der Antrag der Angeklagten G. auf Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig, weil das Rechtsmittel - wie der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 7. November 2011 zutreffend ausgeführt hat - rechtzeitig begründet wurde. Er ist daher nicht nur gegenstandslos, sondern - weil auf eine unmögliche Rechtsfolge gerichtet - unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2005 - 2 StR 153/05; LR/Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 44 Rn. 6 mwN).
3
2. Die Revisionen der Angeklagten G. , T. und J. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere liegt das Verfahrenshindernis eines fehlenden bzw. unwirksamen Eröffnungsbeschlusses nicht vor.
4
Ein Eröffnungsbeschluss ist unwirksam, wenn er nicht von der im Gesetz vorgeschriebenen Anzahl an Richtern erlassen wurde, "wobei es nicht auf die Zahl der Unterschriften, sondern nur auf die Zahl der Richter ankommt, die bei der Beschlußfassung mitgewirkt haben" (so bereits BGH, Urteil vom 14. Mai 1957 - 5 StR 145/57, BGHSt 10, 278, 279 mwN). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Er ist hieran auch nicht durch die im Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 29. September 2011 (3 StR 280/11) als entgegenstehend zitierte Rechtsprechung gehindert. Denn der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in späteren Entscheidungen eine etwaige entgegenstehende frühere Rechtsprechung aus dem Jahr 1977 aufgegeben (vgl. Urteil vom 8. Juni 1999 - 1 StR 87/99, NStZ-RR 2000, 34; Beschluss vom 6. April 2005 - 1 StR 60/05); der 4. Strafsenat hält an einer etwaigen entgegenstehenden Rechtsprechung nicht fest.
5
Da durch die dienstliche Erklärung der drei berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 2. September 2011 bewiesen ist, dass die Eröffnung des Hauptverfahrens von diesen Richtern (mündlich ) beschlossen und lediglich der schriftliche Beschluss versehentlich von zwei der Richter nicht unterschrieben wurde, liegt ein Verfahrenshindernis nicht vor.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 153/05
vom
25. Mai 2005
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Mai 2005 gemäß
§§ 46, 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung von Verfahrensrügen zu gewähren, wird verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 24. November 2004 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I. Der Generalbundesanwalt hat zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeführt: "Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil die Revision durch den Verteidiger des Angeklagten rechtzeitig begründet wurde, so dass es an einer Fristversäumung fehlt. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Antrag auch deshalb unzulässig wäre, weil es an Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses nach § 45 Abs. 2 StPO fehlt (Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 45 Rnr. 5 m.w.N.).
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen kommt, wenn die Revision, wie hier, mit der Sachrüge fristgemäß begründet worden ist, grundsätzlich nicht in Betracht (BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 4, 7). Der Fall einer Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nicht vor (Meyer-Goßner aaO § 44 Rnr. 7a m.w.N.)." Dem schließt sich der Senat an. Der Senat weist zusätzlich darauf hin, daß nicht nur der Pflichtverteidiger des Angeklagten sondern auch der Wahlverteidiger form- und fristgerecht mit der Sachrüge die Revision begründet hat. II. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug, die durch die Gegenerklärung des Beschwerdeführers nicht ausgeräumt werden. Bode Otten Rothfuß Roggenbuck Appl

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 280/11
vom
29. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am
29. September 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 206a Abs. 1, § 354 Abs. 1
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 5. Mai 2011 mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen besonders schweren Raubes verurteilt worden ist (II. 1. der Urteilsgründe).
Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2. Das angefochtene Urteil wird dahin geändert, dass der Angeklagte wegen versuchten Computerbetrugs zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 5 Euro verurteilt ist.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Insoweit hat der Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes und versuchten Computerbetruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes verurteilt hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren entsprechend § 206a Abs. 1 StPO einzustellen, da insofern kein wirksamer Eröffnungsbeschluss vorliegt und somit ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis besteht.
3
a) Das Formular des Eröffnungsbeschlusses vom 15. Februar 2011, mit dem die den Tatvorwurf des (besonders) schweren Raubes betreffende Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, ist allein vom Vorsitzenden unterschrieben. Es kann dahinstehen, ob es wegen der fehlenden Unterschriften der beiden Beisitzer bereits an einer notwendigen Förmlichkeit für einen wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt (so BGH, Urteil vom 1. März 1977 - 1 StR 776/76; Beschluss vom 9. Juni 1981 - 4 StR 263/81, NStZ 1981, 448; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Mai 1991 - 1 Ss 43/91, NJW 1991, 2849, 2850; SKStPO /Paeffgen, 4. Aufl., § 203 Rn. 8; HK-StPO-Julius, 4. Aufl., § 207 Rn. 18; offen gelassen von BGH, Urteil vom 15. Dezember 1986 - StbSt [R] 5/86, BGHSt 34, 248, 249) oder ob, wie die wohl herrschende Ansicht annimmt, eine fehlende oder nicht von allen mitwirkenden Richtern vorgenommene Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses jedenfalls dann an dessen Wirksamkeit nichts ändert, wenn anderweitig nachgewiesen ist, dass der Beschluss tatsächlich von allen hierzu berufenen Richtern gefasst worden ist (s. etwa RG, Urteil vom 3. Februar 1910 - III 1038/09, RGSt 43, 217, 218; BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 1954 - 5 StR 703/53, NJW 1954, 360; vom 5. Februar 1997 - 5 StR 249/96, NJW 1997, 1380, 1381; vom 8. Juni 1999 - 1 StR 87/99, NStZRR 2000, 34; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., Vor § 33 Rn. 6; KK-Schneider, StPO, 6. Aufl., § 207 Rn. 29); denn eine ordnungsgemäße Beschlussfassung vermag der Senat hier nach den konkreten Umständen nicht festzustellen.
4
Die eingeholten dienstlichen Äußerungen sind unergiebig. Die Beisitzer haben mitgeteilt, sich "an die Fassung des Eröffnungsbeschlusses konkret nicht erinnern" zu können. Eine tatsächliche Beschlussfassung ergibt sich nicht daraus, dass sie - wie sie ausführen - über den Fall und die für eine Eröffnung ausreichende Beweislage gesprochen haben. Denn allein die Erörterung der Beweislage beinhaltet noch nicht die Willensäußerung, die Eröffnung zu beschließen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Februar 1983 - 3 StR 512/82, StV 1983, 318). Dies gilt vor allem angesichts der Tatsache, dass die Beisitzer die Gespräche zeitlich nicht näher eingrenzen konnten und damit offen bleibt, ob die Gespräche überhaupt vor oder an dem Datum der vermeintlichen Beschlussfassung stattgefunden hatten.
5
Auch die vom Vorsitzenden in der Hauptverhandlung getroffene Feststellung , die Anklage sei mit Beschluss vom 15. Februar 2011 in unveränderter Form zur Hauptverhandlung zugelassen worden, belegt eine ordnungsgemäße Beschlussfassung nicht. Im Hinblick auf den üblichen Geschäftsanfall und -gang bei den Landgerichten sowie die zwischen der etwaigen Beschlussfassung und der Hauptverhandlung liegende Zeit von nahezu drei Monaten ist nicht auszuschließen, dass der Vorsitzende die Feststellung nicht aufgrund einer eigenen konkreten Erinnerung an eine mündliche Beschlussfassung, sondern aufgrund des in den Akten befindlichen und auf dem Aktendeckel vermerkten Vordrucks traf.
6
Weil bei vielen Gerichten der Eröffnungsbeschluss häufig im Umlaufverfahren beschlossen wird, ist es schließlich nicht fernliegend, dass es sich bei dem lediglich vom Vorsitzenden unterschriebenen Formular bloß um einen noch nicht durch alle Richter bestätigten Beschlussentwurf handelte (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 1954 - 5 StR 703/53, NJW 1954, 360, 361).
7
b) Die Unwirksamkeit des vermeintlichen Beschlusses vom 15. Februar 2011 ist nicht durch eine spätere ordnungsgemäße Beschlussfassung geheilt worden. Eine solche ist insbesondere nicht in dem von der gesamten Kammer unterschriebenen Beschluss vom 18. April 2011 zu sehen, mit dem sie die den versuchten Computerbetrug betreffende Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen , beide Verfahren verbunden und die Gerichtsbesetzung in der Hauptverhandlung bestimmt hat. Denn hieraus ergibt sich mangels entsprechender inhaltlicher Anknüpfungspunkte nicht mit der notwendigen Sicherheit, dass die zuständigen Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens in Bezug auf die erste Anklage tatsächlich beschlossen haben (s. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 - 3 StR 484/10, NStZ-RR 2011, 150, 151; ähnlich auch BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 1988 - 1 StR 223/88; vom 9. Januar 1987 - 3 StR 601/86, NStZ 1987, 239; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. September 2010 III-3 RVs 117/10, NStZ-RR 2011, 105; OLG Köln, Beschluss vom 26. September 2003 - Ss 388/03 - 199, NStZ-RR 2004, 48, 49). Im Übrigen belegen auch die dienstlichen Äußerungen nicht, dass die Beisitzer im Rahmen der Verbindung eine Eröffnungsentscheidung über die erste Anklage treffen wollten. Vielmehr bestand für eine solche Entscheidung aus ihrer Sicht schon deshalb kein Anlass , weil sie davon ausgingen, dass auch der Vorwurf des besonders schweren Raubes habe verhandelt werden sollen.
8
Eine Nachholung des Eröffnungsbeschlusses in der Hauptverhandlung scheitert jedenfalls daran, dass die Kammer lediglich mit zwei Berufsrichtern verhandelte, die Eröffnungsentscheidung aber durch die Kammer in ihrer Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung - also mit drei Berufsrichtern ohne Schöffen - zu treffen ist (BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 - 4 StR 596/09).
9
c) Das Fehlen eines Eröffnungsbeschlusses stellt ein in der Revisionsinstanz nicht mehr behebbares Verfahrenshindernis dar, das die Einstellung des gerichtlichen Verfahrens hinsichtlich der Raubtat auf Kosten der Staatskasse (§ 467 Abs. 1 StPO) zur Folge hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2011 - 3 StR 484/10, NStZ-RR 2011, 150, 151; vom 9. Januar 1987 - 3 StR 601/86, NStZ 1987, 239; Meyer-Goßner, aaO § 207 Rn. 12; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 207 Rn. 84).
10
2. Von der Aufhebung und Einstellung ist die Verurteilung wegen versuchten Computerbetrugs nicht betroffen. Insoweit liegt der wirksame Eröffnungsbeschluss vom 18. April 2011 vor. Die Nachprüfung des Urteils hat diesbezüglich weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch und die Einzelstrafe waren daher insoweit aufrechtzuerhalten.
11
3. Die Einstellung des gerichtlichen Verfahrens zieht nicht die Aufhebung des allein auf den Raubvorwurf gründenden Haftbefehls durch den Senat gemäß § 126 Abs. 3, § 120 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Var. 3 StPO nach sich, weil die Verfahrenseinstellung ihrer sachlichen Bedeutung nach nur vorläufigen Charakter hat (BGH, Beschlüsse vom 5. Mai 1999 - 3 StR 153/99, NStZ 1999, 520, 521; vom 29. November 1994 - 4 StR 648/94, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 13).
12
Da keine das gesamte Verfahren endgültig abschließende Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 1 StrEG vorliegt, bedarf es derzeit auch keiner Entscheidung über eine etwaige Entschädigung für erlittene Strafverfolgungsmaßnah- men (s. BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 457/93, NJW 1994, 2966; OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. März 2006 - 3 Ws 61/06, NStZ-RR 2006, 159 f.; Kunz, StrEG, 4. Aufl., § 2 Rn. 22; Meyer, StrEG, 7. Aufl., § 2 Rn. 21; Meyer-Goßner, aaO § 8 StrEG Rn. 2). Becker Pfister von Lienen Schäfer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 60/05
vom
6. April 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2005 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2004 aufgehoben. Das Verfahren wird eingestellt. Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:


Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 4. März 2005 folgendes ausgeführt: "Ausweislich Bl. 212 (Bd. II) d.A. ist der Eröffnungsbeschluss lediglich von zwei statt wie gesetzlich vorgesehen von drei Richtern unterzeichnet worden. Den eingeholten dienstlichen Äußerungen der b eiden Strafkammermitglieder , die den Eröffnungsbeschluss unterschrieben haben, des Richters, der namentlich auf dem Eröffnungsbeschluss bezeichnet war, sowie der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle kann nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass der Eröffnungsbeschluss tatsächlich von drei Richtern gefasst, jedoch versehentlich lediglich von zwei Richtern unterschrieben worden ist. Nach der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der 17. Großen Strafkammer hat eine ge-
meinsame Beratung nicht stattgefunden, vielmehr sollte die Beschlussfassung im Wege des Umlaufverfahrens stattfinden. Da der dritte zur Entscheidung berufene Richter keine konkrete Erinnerung an den Vorgang hatte, muss davon ausgegangen werden, dass er an der Beschlussfassung nicht beteiligt war und es somit beim Entwurf eines Eröffnungsbeschlusses geblieben ist. Dies stellt ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis dar, das zur Einstellung des Verfahrens führen muss (BGHSt 10, 278, 279; 29, 224, 228; 29, 351, 355)." Dem schließt sich der Senat an. Boetticher Kolz Hebenstreit Elf Graf