Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2008 - 4 StR 327/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch im Fall 1 der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die im Fall 1 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Der Schuldspruch im Fall 1 der Urteilsgründe wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht angenommen hat, der Angeklagte habe die Tat gewerbsmäßig im Sinne des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB begangen. Dass der Angeklagte die zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alte Nebenklägerin zur Fortsetzung der Prostitution gebracht hat (§ 232 Abs. 1 Satz 2 StGB), "weil er sich aus den Prostitutionseinkünften der Nebenklägerin eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang erschließen wollte" , reicht für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung nicht aus. Gewerbsmäßigkeit liegt vielmehr nur dann vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. BGHSt 1, 383; BGH NStZ 1998, 305, 306; 2000, 657, 660). Liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist zwar schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig zu werten (vgl. BGH NStZ 1998, 305, 306 m.N.). Dass der Angeklagte bei Begehung der Tat nach § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB in Wiederholungsabsicht gehandelt hat, ist aber nicht festgestellt. Der Senat schließt aus, dass hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können und ändert deshalb den Schuldspruch entsprechend.
- 3
- Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der im Fall 1 der Urteilsgründe verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren, weil nicht auszuschließen ist, dass das Landgericht eine niedrigere Strafe verhängt hätte, wenn es diese nicht dem Strafrahmen des Verbrechenstatbestandes des § 232 Abs. 3 StGB sondern dem milderen Strafrahmen des Abs. 1 dieser Vorschrift entnommen hätte. Die Aufhebung dieser Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
- 4
- Die zu Grunde liegenden Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind möglich.
Ernemann Mutzbauer
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn
- 1.
diese Person ausgebeutet werden soll - a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person, - b)
durch eine Beschäftigung, - c)
bei der Ausübung der Bettelei oder - d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
- 2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder - 3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,
- 1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder - 2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn
- 1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist, - 2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder - 3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.