Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2019 - 4 StR 172/19

bei uns veröffentlicht am30.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 172/19
vom
30. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:300719B4STR172.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2019 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11. Oktober 2018 wird mit der Maßgabe verworfen, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 500.000 EUR als Gesamtschuldner angeordnet wird.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen schweren Bandendieb- stahls in 11 Fällen, wobei es in 2 Fällen beim Versuch geblieben ist“, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und die „Einziehung eines Betrages von 500.000,00 EUR als Wertersatz“ angeordnet. Darüber hinaus hat es eine Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab für die in Bulgarien erlittene Auslieferungshaft getroffen. Dagegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg hat; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Bei seiner Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen hat das Landgericht nicht bedacht, dass mehrere Tatbeteiligte, die – wie hier – an denselben Gegenständen Mitverfügungsgewalt erlangt haben, als Gesamtschuldner haften (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 46 f.; vom 13. September 2018 – 4 StR 174/18, NStZ-RR 2019, 14, 15; vom 6. März 2019 – 5 StR 543/18, wistra 2019, 234; Beschluss vom 18. September 2018 - 3 StR 77/18, juris Rn. 2).
3
Der Senat hat den Ausspruch über die gesamtschuldnerische Haftung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachgeholt. Der Angeklagte ist hierdurch nicht beschwert.
Sost-Scheible Roggenbuck Bender Quentin Bartel

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Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 215/10
vom
28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur)
der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat
unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als
Zahlungsanspruch erwirbt.
2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs
, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren
Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer
Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht
an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten.
3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge
haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich
hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10 – LG Hagen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten T. und Y. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 2. November 2009 aufgehoben, soweit dort hinsichtlich dieser Angeklagten sowie des Angeklagten M. festgestellt ist, "dass der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten T. und Y. werden verworfen. 4. Die Revision des Angeklagten I. wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und Y. sowie den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. des schweren Raubes und die Angeklagten I. sowie Ye. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten, den Angeklagten Y. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten und den Angeklagten I. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten - bei Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung - verurteilt. Ferner hat es festgestellt, dass "der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". Gegen ihre Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten T. , Y. und I. ; der Angeklagte I. beanstandet zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. haben hinsichtlich des Ausspruchs gemäß § 111i Abs. 2 StPO Erfolg; insofern ist die Aufhebung des Urteils auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken. Im Übrigen sind diese Revisionen unbegründet. Das Rechtsmittel des Angeklagten I. hat insgesamt keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen planten die Angeklagten T. , Y. und M. , im "Café " in Hagen, in dem - wie sie wussten - dem illegalen Glücksspiel nachgegangen wurde, einen Überfall zu begehen. Die Angeklagten I. und Ye. beteiligten sich an der Planung, indem sie ihre Orts- und Personenkenntnisse einbrachten. Hierfür sollten sie - wie auch die den Überfall unmittelbar ausführenden Angeklagten T. , Y. und M. - einen Anteil an der Beute erhalten.
3
Entsprechend dem gemeinsamen Plan betraten die Angeklagten T. , Y. und M. am 24. Januar 2009 nach 3.45 Uhr das Café. Der Angeklagte Y. , der eine Schusswaffe oder einen einer Schusswaffe täuschend ähnlich sehenden Gegenstand in der Hand hielt, rief "Überfall" und forderte die vier anwesenden Personen auf, sich auf den Boden zu legen. Anschließend durchsuchten die Angeklagten T. und M. die am Boden Liegenden und nahmen einem Gast 22.000 €, einem anderen 3.500 € und dem Betreiber des Ca- fés 500 € ab. Sodann verließen sie das Café, trafen sich mit dem Angeklagten Ye. und fuhren gemeinsam nach Köln und Duisburg.
4
Ob und gegebenenfalls wie die Angeklagten das erbeutete Geld im Einzelnen untereinander aufgeteilt haben, vermochte die Strafkammer nicht festzustellen. Sie geht jedoch davon aus, dass der Angeklagte T. aus der Beute mindestens einen Betrag von 5.500 Euro erhalten hat.
5
2. Die Strafkammer hat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wegen der Ansprüche der Verletzten abgesehen. Hierzu hat sie in den Urteilsgründen ausgeführt (UA 48): Nach Würdigung der Kammer wäre ohne die Ansprüche der Geschädigten ein Verfall von Wertersatz nach §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73a S. 1 StGB in Betracht gekommen, und zwar nicht nur gegenüber den Angeklagten T. und M. hinsichtlich der Beträge, die sie jeweils eigenhändig den verschiedenen Geschädigten abnahmen und über die sie somit - jedenfalls vorübergehend - die faktische Verfügungsgewalt ausübten. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass nach einer wertenden Gesamtbetrachtung zumindest die den Überfall ausführenden drei Angeklagten Mitverfügungsgewalt an der erbeuteten Summe hatten: Sie waren während der Wegnahme gemeinschaftlich vor Ort, führten die Tat im unmittelbaren Zusammenwirken gemeinsam aus und wollten die erbeutete Summe sodann aufteilen.
6
3. Auf die lediglich mit nicht ausgeführten Rügen begründeten Revisionen der Angeklagten I. , T. und Y. hin beantragte der Generalbundesanwalt Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen. Er hat Bedenken gegen die vom Landgericht nach § 111i Abs. 2 StPO getroffene Entscheidung und meint unter anderem, dass es sachgerecht sei, Mittäter nicht als Gesamtschuldner , sondern nur in Höhe des von ihnen jeweils selbst erlangten Betrags - den er mit 5.500 € angibt - haften zu lassen. Zudem enthalte das Urteil keine konkreten Feststellungen zur Mitverfügungsgewalt aller Mittäter an der (Gesamt -)Beute; auch sei § 73c StGB nicht erörtert.

II.


7
Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Schuld- und Strafaussprüche richten. Hinsichtlich der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO haben sie dagegen Erfolg. Diese Feststellung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Strafkammer § 73c Abs. 1 StGB nicht bedacht hat. Die aus diesem Grund gebotene Aufhebung des Urteils zugunsten der Angeklagten T. und Y. ist gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken.
8
Will der Tatrichter eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO treffen, so hat er nicht nur das Erlangte (§ 111i Abs. 2 Satz 2 StPO) bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 111i Abs. 2 Satz 3 StPO), zu ermitteln, sondern - im Falle einer schon im Urteilszeitpunkt feststehenden Abweichung - auch den Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. Diesen dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert muss der Tatrichter im Urteilstenor bezeichnen. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO zufällt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Zudem ist § 73c Abs. 1 StGB zu beachten. Diese Vorschrift ist auch in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer anwendbar ; sie kann zur Folge haben, dass gegen sie - auch in verschiedenen Urteilen - in Bezug auf den dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden, für die sie - entsprechend "ihrer" Feststellung - als Gesamt- und teilweise auch als Alleinschuldner in Anspruch genommen oder betroffen werden.
9
1. Der Tatrichter hat, sofern er eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO trifft, das aus der Tat Erlangte bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, zu ermitteln und im Urteil zu bezeichnen.
10
Diese Verpflichtung folgt unmittelbar aus § 111i Abs. 2 Sätze 2, 3 StPO. Dabei ist - wie sich schon aus den übereinstimmend verwendeten Formulierungen ergibt - das "Erlangte" bzw. der "Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht", in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB. Auch die Regelung in § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO, mit der bestimmt wird, welche Abzüge vom Erlangten bzw. dem entsprechenden Geldbetrag vorgenommen werden dürfen, belegt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass das Erlangte ungeschmälert und in voller Höhe - mithin wie nach §§ 73, 73a StGB ermittelt - anzugeben ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/700 S. 16).
11
Die Bezeichnung des in diesem Sinn Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrages im Urteilstenor ist indes nur in den Fällen unerlässlich, in denen dieser Vermögenswert unverändert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen kann, sich Abweichungen also lediglich aus § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO ergeben können.
12
2. Der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, kann jedoch schon im Zeitpunkt des Urteils vom Erlangten oder dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweichen. In einem solchen Fall muss (allein) dieser Vermögensgegenstand oder Geldbetrag im Tenor des Urteils bezeichnet werden.
13
a) Eine solche Abweichung kann sich schon aus § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO ergeben, nach dem beispielsweise eine (teilweise) Befriedigung des Verletzten vom Erlangten bzw. dessen Wert "in Abzug zu bringen" ist und allein der dann noch verbleibende Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt.
14
Daneben kann eine Minderung des Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrags aber auch auf der Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB beruhen.
15
Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2010 - 2 StR 254/10; vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus (BT-Drucks. 16/700 S. 16: "Die fakultative Ausgestaltung [des § 111i Abs. 2 StPO] trägt zudem der Beachtung der Härtefallregelung des § 73c StGB Rechnung" ). Die Anwendbarkeit von § 73c StGB in Zusammenhang mit der Feststel- lung gemäß § 111i Abs. 2 StPO steht aber auch in Einklang mit dem Wortlaut dieser Vorschrift. Denn nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO ist die Feststellung, dass Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verfall entgegenstehen, auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen "lediglich" aus diesem Grund nicht auf den Verfall erkannt wird. Steht indes schon oder auch die Anwendung der Härtefallregelung des § 73c Abs. 1 StGB dem Verfall entgegen, so beruht dessen (teilweise) Nicht-Anordnung nicht "lediglich" auf den entgegenstehenden Ansprüchen Verletzter. Die Erwägung des Gesetzgebers , dass das Gericht nicht "nur teilweise Feststellungen nach Absatz 2 treffen, also etwa nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach vornehmen kann, weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16), ist deshalb - wie auch der unmittelbar voranstehende Hinweis auf § 73c StGB zeigt - ersichtlich darauf bezogen, dass das Gericht von dem Vermögenswert, der "lediglich" wegen Ansprüchen Verletzter nicht dem Verfall unterliegt, keine (weiteren) Abschläge nach seinem Ermessen vornehmen darf. Zudem ist - zumal berechtigte Interessen des Verletzten hiervon nicht berührt werden - eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht erkennbar, den oder die vom Verfall betroffenen Angeklagten im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 73c Abs. 1 StGB danach unterschiedlich zu behandeln, ob der Verfall und seine Wirkungen unmittelbar mit Rechtskraft des Urteils eintreten oder sich der (Auffang-)Rechtserwerb des Staates erst nach Ablauf von drei Jahren vollzieht.
16
b) Sofern der Vermögenswert, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt , schon nach dem Ergebnis der tatrichterlichen Hauptverhandlung vom Erlangten bzw. dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweicht , muss (allein) er im Urteilstenor bezeichnet werden.

17
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 2010 (2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686) dargelegt, dass die materiell-rechtliche Grundlage für den eventuellen späteren Auffangrechtserwerb aus dem Urteilstenor erkennbar sein soll. Dies erfordert die Angabe des von dem Auffangrechtserwerb gegebenenfalls betroffenen Vermögenswerts. Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, "dass das Gericht im Rahmen der [nach § 111i Abs. 2 StPO] zu treffenden Feststellung die einzelnen 'Verfallsgegenstände' bezeichnen muss … [bzw.] den Betrag anzugeben [hat], der dem 'Wertersatzverfall' entspricht" (BT-Drucks. 16/700 S. 16); hiermit "gibt es den Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtserwerbs vor" (BT-Drucks. aaO S. 15).
18
3. Bei der Feststellung des dem Auffangrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegenden Vermögenswerts ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, auch wenn die Feststellungen in verschiedenen Urteilen getroffen werden, von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen , wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Mit einer solchen Haftung mehrerer als Gesamtschuldner verbundene Härten können aber - für jeden Mittäter oder Teilnehmer gesondert - durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
19
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche ) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124 m. Anm. Rönnau m.w.N.). Bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566; vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08, NStZ-RR 2008, 287; Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257). Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat, ob also der aus der Tat zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse gemindert wurde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 252; vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124, 1125 m. Anm. Rönnau).
20
An dieser - von der herrschenden Lehre geteilten (vgl. LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 29, 32; MünchKomm StGB/Jaecks, § 73 Rn. 32; SSWStGB /Burghart, § 73 Rn. 15; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 73 Rn. 15) - Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382; vom 3. Mai 2005 - 2 BvR 1378/04, BVerfGK 5, 217, 221; vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, BVerfGK 8, 143, 147).

21
b) Bereits auf dieser Grundlage ist bei der Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, die an demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, um zu ermöglichen , dass den Tätern oder Teilnehmern das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich zu verhindern, dass dies mehrfach erfolgt.
22
Eine solche gesamtschuldnerische Haftung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 1. Juni 1995 - 1 StR 181/95; Urteil vom 4. Juni 1996 - 1 StR 235/96; Beschlüsse vom 13. November 1996 - 3 StR 482/96, NStZ-RR 1997, 262; vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; Urteil vom 29. April 2004 - 4 StR 586/03, NStZ 2005, 454, 455; Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 344/05; Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 71; Beschlüsse vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 192/09; zu § 73 Abs. 3 StGB auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 253).
23
Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Gerichte beim Verfall von Wertersatz gegen mehrere an der Tat Beteiligte "auch ohne ausdrückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten aussprechen werden" (BT-Drucks. IV/650 S. 245). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
24
Die vom Generalbundesanwalt und Teilen des Schrifttums (etwa LKSchmidt aaO § 73 Rdn. 72; Rönnau JZ 2009, 1125, 1127; Spillecke NStZ 2010, 569 jeweils m.w.N.) gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer erhobenen Einwände teilt der Senat nicht. Jedoch lässt er dahingestellt, ob - wie in einigen Entscheidungen ausgeführt - eine gesamtschuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) darüber einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben sollten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; vom 13. Dezember 2006 - 4 StR 421/06, NStZ-RR 2007, 121; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke).
25
Nach dem Willen des Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB der Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile; dem Täter soll nicht das belassen werden, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat, da dies als Anreiz für die Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender Straftaten wirken kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.). Das Ziel einer effektiven Gewinnabschöpfung (vgl. Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, dort z.B. S. 464, 468, 472 f.) würde indes ohne eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer für die von ihnen aus der Tat zumindest im Sinne einer Mitverfügungsmacht erlangten Vermögenswerte verfehlt werden. Denn Mittäter könnten "die Verfallerklärung gegen jeden von ihnen [schon] dadurch vereiteln, dass sie Angaben darüber verweigern, in welchem Verhältnis sie die Bestechungsgelder untereinander aufgeteilt haben", wenn der Tatrichter verpflichtet wäre, den Verfall oder den Verfall von Wertersatz auf den Beuteanteil zu be- schränken, den der jeweilige Mittäter letztlich erwiesenermaßen erhalten hat (so bereits BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 245; vgl. auch da Rosa NJW 2009, 1702, 1703).
26
Dem steht nicht entgegen, dass hierbei dem (Mit-)Täter mehr entzogen werden könnte, als er - nachdem er zunächst in größerem Umfang (Mit-)Verfügungsmacht hatte - letztlich als seinen Anteil an der Tatbeute "erlangt" hat. Nach der Rechtsprechung ist der Verfall keine Strafe (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 f., 16, 19; vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 381; ferner BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67), sondern weist dem Täter oder Teilnehmer - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - "wirtschaftliche Verlustrisiken" zu (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 21). Diese werden indes dadurch verringert, dass ihm die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB mit den weiteren Mittätern oder Teilnehmern offensteht. Zur Erreichung des Präventionszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (SSW-StGB/Burghart, § 73 Rn. 41; da Rosa NJW 2009, 1702, 1705 f.).
27
Mit der gesamtschuldnerischen Haftung von Mittätern und/oder Teilnehmern ist zudem gewährleistet, dass der Staat den Gesamtanspruch nur einmal erhält. Dem muss im Rahmen der Anwendung der §§ 111b ff. StPO Rechnung getragen werden (vgl. dazu etwa da Rosa NJW 2009, 1702, 1703 ff.; Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren , 2010, S. 44). Gerade der Zusammenhang zwischen §§ 73 ff. StGB und §§ 111b ff. StPO legt die gesamtschuldnerische Haftung nahe. Denn die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO bezwecken auch den Schutz des Opfers (BT-Drucks. 16/700 S. 1; Sotiriadis aaO S. 466), dessen Zugriffsmöglichkeiten nach diesen Vorschriften indes regelmäßig (zumindest auch) die ihm gegenüber bestehende gesamtschuldnerische Haftung der Täter und/oder Teilnehmer (§§ 830, 840 Abs. 1 BGB) zur Grundlage haben. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber bei der hier in Frage stehenden Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO verhindern wollte, dass - etwa dem Vorschlag des Generalbundesanwalts im vorliegenden Fall folgend, die Mittäter jeweils nur in Höhe von 5.500 € zu belasten - der Tatrichter "nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach … [vornimmt], weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16).
28
Vor diesem Hintergrund steht der Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung die nach Einführung des Bruttoprinzips ohnehin zweifelhafte (vgl. Sotiriadis aaO S. 166 ff.) Anknüpfung an die "Sichtweise des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts" (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 20 ff.) nicht entgegen, bei dem eine gesamtschuldnerische Haftung jedenfalls im Anwendungsbereich des § 812 BGB grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 309 m.w.N.).
29
c) Jedoch können auch bei Haftung mehrerer als Gesamtschuldner etwaige Härten durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
30
§ 73c StGB ist - wie oben ausgeführt - im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung, welcher Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, anwendbar. Dies kann - abhängig insbesondere von den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242) zur Folge haben, dass bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern unterschiedlich hohe Vermögenswerte gemäß § 111i Abs. 2 StPO festzustellen sind. Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass "Mittelabflüsse" - etwa durch eine Beuteteilung - im Rahmen der Prüfung der Härtevorschrift des § 73c StGB von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566), dass also die Weitergabe des zunächst Erlangten bei § 73c StGB Berücksichtigung finden kann, wenn kein - ausreichendes - Vermögen mehr vorhanden ist oder eine Verfallsanordnung eine unbillige Härte wäre (BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03). Nichts anderes gilt im Fall einer Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer als Gesamtschuldner.
31
4. Auf dieser Grundlage begegnet es zwar an sich keinen Bedenken, dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO das von den Angeklagten T. , Y. und M. aus der Tat Erlangte mit insgesamt 26.000 € festgestellt hat. Insofern hat der Senat - anders als der Generalbundesanwalt - insbesondere keine Bedenken gegen die Annahme, diese die Tat unmittelbar ausführenden Angeklagten hätten noch am Tatort an der gesamten Beute (Mit-)Verfügungsmacht erlangt. Der Senat entnimmt jedoch den Ausführungen der Strafkammer, dass sie mit dieser Feststellung nicht (nur) das von diesen Angeklagten Erlangte, sondern den Betrag bezeichnen wollte, der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffang- rechtserwerb des Staates unterliegt. Die hierbei schon angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten gebotene Prüfung des § 73c StGB hat das Landgericht indes unterlassen und "allein" wegen der Ansprüche der Verletzten auf die Anordnung des Verfalls verzichtet (UA 48). Der Senat hebt deshalb diese Entscheidung insgesamt auf. Einer Aufhebung der ihr zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen wurden; Ergänzungen - etwa zur weiteren Entwicklung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten - sind hierzu zulässig.
32
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. zu erstrecken, denn auch bei ihm beruht die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO auf dem oben aufgezeigten sachlich -rechtlichen Mangel. Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob wegen einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) oder aufgrund einer Ermessensentscheidung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) von der Anordnung des Verfalls abzusehen ist, auf individuellen Erwägungen beruht, deren Beantwortung ganz wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567). Denn der Rechtsfehler liegt vorliegend schon darin, dass die Strafkammer ersichtlich von der (grundsätzlichen) Unanwendbarkeit des § 73c StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung ausgegangen ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568, 569 m. Anm. Spillecke).
33
5. Für das weitere Verfahren und im Hinblick auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 1. Juni 2010 (dort S. 7, 8) weist der Senat auf Folgendes hin:
34
Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO gegen nur einen Teil der Angeklagten oder gegen mehrere Angeklagte in unterschiedlicher Höhe ist es geboten, im Urteilstenor die von der Feststellung betroffenen Angeklagten und - ihnen zugeordnet - den oder die Vermögenswerte zu bezeichnen, die gemäß § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen können. Dies kann - bei unterschiedlich hohen Beträgen - etwa wie folgt formuliert werden: "Es wird festgestellt, dass gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von …, gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … und gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen."
35
Eine nähere Bezeichnung des oder der Verletzten und der ihnen zustehenden Ansprüche ist im Urteilstenor dagegen nicht geboten (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 111i Rn. 9 m.w.N.). Auch die Kennzeichnung der Haftung des oder der Angeklagten als Gesamtschuldner muss nicht in den Urteilstenor aufgenommen werden, um den Urteilstenor von allem freizuhalten, was nicht unmittelbar der Erfüllung seiner Aufgaben dient (Meyer-Goßner aaO § 260 Rn. 20 m.w.N.). Insofern genügt vielmehr - auch bei gesamtschuldnerischer Haftung mit in anderen Verfahren oder noch nicht abgeurteilten Mittätern oder Teilnehmern -, dass sich diese (soweit möglich) aus den Urteilsgründen ergibt. Denn in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung kann erst das nach § 111i Abs. 6 StPO zur Entscheidung berufene Gericht einen Vermögenszuwachs auf Seiten des Staates verhindern, der das von den Tätern und Teilnehmer Erlangte übersteigt, und beurteilen, ob und gegebenenfalls welche (möglicherweise erst später bekannt gewordenen) Gesamtschuldner in welcher Höhe haften und ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verletzte - etwa durch Leistungen eines anderen Gesamtschuldners - im Sinne des § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO befriedigt wurde.
36
Ausführungen zu durchgeführten und/oder aufrecht erhaltenen Arrestund Vollstreckungsmaßnahmen sind dagegen auch in den Urteilsgründen regelmäßig entbehrlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686).

III.


37
Die Revision des Angeklagten I. ist insgesamt unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Er ist - wie auch der Mitangeklagte Ye. - von der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht betroffen, da sich diese ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils allein auf die Mittäter, nicht aber die Gehilfen des Raubes bezieht.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 174/18
vom
13. September 2018
in der Strafsache
gegen
1.
alias:
2.
3.
4.
5.
wegen zu 1. und 2.: schweren Bandendiebstahls u.a.
zu 3.: schweren Bandendiebstahls
zu 4.: gewerbsmäßiger Hehlerei
zu 5.: Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei
ECLI:DE:BGH:2018:130918U4STR174.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. September 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Bender, Dr. Quentin, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten D.
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten F.
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten Fe.
Rechtsanwältin - in der Verhandlung - als Verteidigerin des Angeklagten M.
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten G.
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten D. und F. wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 7. November 2017
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit diese Angeklagten in den Fällen II. 2. a. bis d. der Urteilsgründe verurteilt worden sind; insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten;
b) im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass der Angeklagte D. des schweren Bandendiebstahls in 39 Fällen und des Diebstahls in vier Fällen und der Angeklagte F. des schweren Bandendiebstahls in 39 Fällen schuldig sind.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten D. , F. , Fe. und M. gegen das vorbezeichnete Urteil wird
a) von der Einziehung der Fahrzeuge VW Caddy und VW Passat abgesehen;
b) das Urteil im Ausspruch über die Einziehung dieser Fahrzeuge aufgehoben; dieser Ausspruch entfällt.
3. Auf die Revisionen der Angeklagten D. , F. und Fe. wird das vorbezeichnete Urteil im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahingehend ergänzt, dass diese Angeklagten in Höhe von 300.000 Euro als Gesamtschuldner haften.
4. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
5. Die Staatskasse trägt die Kosten der zurückgenommenen Revisionen der Staatsanwaltschaft und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten. Die Angeklagten D. und F. tragen die verbleibenden Kosten und die Angeklagten Fe. und M. die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen schweren Bandendiebstahls in 39 Fällen und Diebstahls in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten F. wegen schweren Bandendiebstahls in 39 Fällen und Diebstahls in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten Fe. wegen schweren Bandendiebstahls in 39 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten M. unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten G. unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zu gewerbsmäßiger Hehlerei in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Zudem hat es hinsichtlich der Angeklagten D. , F. und Fe. die „Einziehung eines Geldbetrages“ in Höhe von 300.000 Euro, hinsichtlich des Angeklagten M. in Höhe von 125.000 Euro und hinsichtlich des Angeklagten G. in Höhe von 1.500 Euro angeordnet sowie einen Pkw VW Passat und einen Pkw VW Caddy eingezogen.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten D. , F. , Fe. und M. mit ihren Revisionen, soweit sie verurteilt worden sind. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten aller Angeklagten eingelegten Revisionen in der Hauptverhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die Angeklagten haben den Rücknahmen jeweils zugestimmt.

I.


3
Die Verurteilung der Angeklagten D. und F. wegen Diebstahls in vier Fällen (Taten II. 2. a. bis d. der Urteilsgründe) kann nicht bestehen bleiben , weil Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Insoweit war das Urteil aufzuheben und das Verfahren entsprechend § 206a Abs. 1 StPO einzustellen.
4
Nach den Feststellungen wurden die Taten am 15. Mai 2009 (Tat II. 2. a. der Urteilsgründe), 2. Juni 2009 (Tat II. 2. b. der Urteilsgründe), 8. Juni 2009 (Tat II. 2. c. der Urteilsgründe) und dem 10. November 2009 (Tat II. 2. d. der Urteilsgründe) begangen. Zwar hat das Landgericht jeweils einen Diebstahl im besonders schweren Fall gemäß § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB angenommen; die Frist für den Eintritt der Verfolgungsverjährung bestimmt sich gemäß § 78 Abs. 4 StGB aber nach der Strafdrohung des § 242 StGB und beträgt nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB daher fünf Jahre. Erste die Verjährung hinsichtlich des Angeklagten D. unterbrechende Handlung ist der Haftbefehl des Amtsgerichts Detmold vom 27. Februar 2017, der die Taten vom 8. Juni 2009 und 10. November 2009 zum Gegenstand hat (Bl. 544 ff. Bd. III der Akten). Bei dem Angeklagten F. kommt als erste die Verjährung unterbrechende Maßnahme (§ 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB) die ihm bei seiner Festnahme am 13. April 2017 gemachte Mitteilung in Betracht, dass gegen ihn wegen schweren Bandendiebstahls in einer Vielzahl von Fällen ermittelt wird (Bl. 847 Bd. IV d.A.). Zu beiden Zeitpunkten war Verfolgungsverjährung hinsichtlich aller vier Taten bereits eingetreten.
5
Die Verfahrenseinstellung zieht bei beiden Angeklagten die aus der Entscheidungsformel ersichtliche Berichtigung der Schuldsprüche nach sich.

II.


6
Hinsichtlich der verbleibenden Schuldsprüche hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der revidierenden Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
7
Auch die Verurteilung des Angeklagten M. wegen vollendeter gewerbsmäßiger Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Variante des Ankaufens im Fall II. 1. c. (9) der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
8
1. Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte M. – der mehrere Kioske betrieb – in der Zeit zwischen dem 10. Mai 2016 und dem 13. April 2017 in 17 Fällen von den Mitangeklagten D. , F. und Fe. Zigaretten in einem Gesamtwert von 148.846,83 Euro an, die diese zuvor bei Einbrüchen vornehmlich in Tankstellen entwendet hatten. Dabei wurde er von dem Angeklagten G. unterstützt, der bei ihm angestellt war und für seine Hilfsdienste eine geringfügige Gegenleistung erhielt. Die gestohlenen Zigaretten wurden von den Mitangeklagten D. , F. und Fe. jeweils in einem Pkw VW Caddy abgelegt, den der Angeklagte M. dem Angeklagten G. – auch als Gegenleistung für seine Hilfe – zur kostenlosen Nutzung überlassen hatte und der in der Nähe der Wohnung des Angeklagten G. abgestellt war. Der Angeklagte G. fuhr anschließend mit dem VW Caddy zu seiner Arbeitsstelle und räumte die Zigaretten aus dem Fahrzeug in das Lager des Kiosks.
9
Im letzten Fall (Tat II. 1. c. (9) der Urteilsgründe – Übernahme von Tabakwaren im Gesamtwert von 5.214 Euro am 13. April 2017 – wurde der Ange- klagte G. von der Polizei observiert, nachdem er mit dem VW Caddy losgefahren war, in den die Angeklagten D. , F. und Fe. zuvor ihre Diebesbeute gelegt hatten. Der polizeiliche Zugriff erfolgte, bevor der Angeklagte G. den Kiosk des Mitangeklagten M. erreichen und das Diebesgut dort einlagern konnte. Die Tabakwaren wurden sichergestellt.
10
2. Diese Feststellungen reichen aus, um eine vollendete gewerbsmäßige Hehlerei in der Variante des Ankaufens gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu belegen.
11
a) Zwar ist das Tatbestandsmerkmal des Ankaufens als Unterfall des Sichverschaffens erst dann vollständig verwirklicht, wenn der ankaufende Täter eigene Verfügungsgewalt über die Sache erwirbt und der Vortäter dadurch jede Möglichkeit verliert, auf die Sache einzuwirken (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – 4 StR 64/05, NStZ-RR 2005, 236; Urteil vom 5. Dezember 1990 – 2 StR 287/90, BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4; Beschluss vom 19. März 1977 – 1 StR 646/76, BGHSt 27, 160, 163). Dafür ist kein unmittelbarer Besitz erforderlich. Stattdessen kann auch mittelbarer Besitz (§ 870 BGB) ausreichend sein, wenn der Ankäufer dadurch nicht nur die bisherige Sachherrschaft des Vortäters, sondern zugleich auch die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache erlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 1977 – 1 StR 646/76, BGHSt 27, 160, 163).
12
b) Danach ist hier eine vollendete Hehlerei des Angeklagten M. (noch) hinreichend mit Tatsachen unterlegt. Mit der Einlagerung des Diebesgutes in den VW Caddy und dessen Wegfahrt durch den Mitangeklagten G. hatten die Mitangeklagten D. , F. und Fe. jede Einwirkungsmöglichkeit verloren. Der Angeklagte M. hatte mit dem Fahrtantritt durch den Angeklagten G. auch eigene Verfügungsgewalt erworben, weil der für ihn in seinen Kiosken arbeitende Mitangeklagte G. sich auftragsgemäß daran machte, die Tabakwaren zu seiner Arbeitsstelle (einen Kiosk des Angeklagten M. in V. ) zu verbringen.

III.


13
Die Rechsfolgenaussprüche weisen nach dem Absehen von der Einziehung der Fahrzeuge VW Caddy und VW Passat durch den Senat keinen die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler mehr auf. Lediglich hinsichtlich der Angeklagten D. , F. und Fe. war der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahingehend zu ergänzen, dass diese Angeklagten insoweit gesamtschuldnerisch haften.
14
1. Der Senat hat nach § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung der Fahrzeuge VW Caddy und VW Passat abgesehen, weil diese Einziehung neben den Strafen nicht ins Gewicht fällt.
15
2. Die Strafaussprüche weisen danach keinen die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
16
a) Nach dem Absehen von der Einziehung der Fahrzeuge durch den Senat stellt es keinen die Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler mehr dar, dass die Strafkammer bei der Strafbemessung die Einziehung nicht ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526; Beschluss vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169 f. mwN). Dass die Strafkammer die Sicherstellung der Tatbeute im Fall II. 1. c. (9) der Urteilsgründe bei der Bemessung der für diese Tat festgesetzten Einzelstrafen aus dem Auge verloren haben könnte, schließt der Senat aus.
17
b) Auch ist nicht zu besorgen, dass das Landgericht den für die Strafbemessung maßgeblichen Schuldumfang anhand von nicht sicher getroffenen Feststellungen zum jeweiligen Beutewert bestimmt hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. April 2016 – 1 StR 523/15, NZWiSt 2016, 354, 356; Beschluss vom 20. August 2003 – 2 StR 285/03, NStZ-RR 2004, 41, 42 [zu Tatfolgen]; Urteil vom 12. August 1999 – 5 StR 269/99, NStZ 1999, 581; Beschluss vom 22. November 1994 – 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371, 372 f. mwN). Zwar hat sie ihre Entscheidung, den Wert der Taterträge bei den Angeklagten nach § 73d Abs. 2 StGB zu schätzen, auch darauf gestützt, dass die Feststellungen zum Beutewert „letztlich auf Angaben der jeweiligen Tankstellen- bzw. Ladenbesitzer“ beruhen (UA 50). Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt aber, dass mit dieser Wendung der Wahrheitswert der im Einzelnen getroffenen Feststellungen zum Wert der jeweiligen Tatbeute nicht wieder in Zweifel gezogen werden sollte. Das Urteil leidet deshalb auch nicht an einem unaufgelösten inneren Widerspruch.
18
c) Die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Angeklagten D. und F. wegen Diebstahls in vier Fällen und der damit verbundene Wegfall von jeweils vier Einzelstrafen von jeweils sechs Monaten Freiheitsstrafe lassen die gegen diese Angeklagten festgesetzten Gesamtstrafen unberührt. Denn die Strafkammer hat in den Urteilsgründen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie auch bei Nichtberücksichtigung dieser Einzelstrafen an den verhängten Gesamtstrafen festgehalten hätte (UA 40 und 42).
19
3. Die zu Recht auf die §§ 73, 73c StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017 S. 872) gestützte Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen enthält keinen die Angeklagten D. , F. , Fe. und M. beschwerenden Rechtsfehler. Der Umstand, dass die Strafkammer den Wert der Taterträge jeweils nach § 73d Abs. 2 StGB geschätzt und dabei einen umfangreichen „Sicherheitsabschlag“ vorgenommen hat, benachteiligt die Angeklagten nicht.
20
4. Da sich aus den Urteilsfeststellungen ergibt, dass die Angeklagten D. , F. und Fe. bei allen von ihnen gemeinsam begangenen Diebstahlstaten faktische und wirtschaftliche Mitverfügungsmacht an der jeweiligen Tatbeute hatten (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278, 279; Beschluss vom 12. Juni 2018 – 3 StR 26/18, Rn. 2 mwN), war insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung dieser Angeklagten in Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO im Tenor festzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2018 – 2 StR 245/18, Rn. 10; Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18, Rn. 16).
21
5. Eine Klarstellung der Einziehungsentscheidung dahingehend, dass der Mitangeklagte G. als Gesamtschuldner mit dem Angeklagten M. für den Einziehungsbetrag in Höhe von 125.000 Euro haftet, kam dagegen nicht in Betracht. Denn der Mitangeklagte G. hat die transportierten Tabakwaren durch die ihm zur Last liegende Tat nicht im Sinne des § 73 Abs. 1 1. Alt. StGB erlangt.
22
a) Gegenstände die als Mittel für die Tatausführung oder gelegentlich der Tatausführung kurzfristig in Besitz genommen werden (sog. transitorischer Be- sitz) gelten noch nicht als im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt, weil es insoweit an einem rechtserheblichen Vermögenszufluss fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18, Rn. 12; Urteil vom 12. Juli 2018 – 3 StR 144/18, Rn. 11; Beschluss vom 8. August 2013 – 3 StR 179/13, NStZ-RR 2014, 44, 45; Beschluss vom 30. März 2011 – 4 StR 25/11, Rn. 4 f.; Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 5 StR 242/09, NStZ 2011, 87; Beschluss vom 29. Oktober 2010 – 4 StR277/10, NStZ-RR 2011, 283 f.; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 65. Aufl., § 73 Rn. 26; MünchKomm-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 73 Rn. 26). Auch aus der Überlassung von Tatbeute zum Transport und einer zeitlich nicht näher eingegrenzten Aufbewahrung folgt noch nicht ohne weiteres, dass der Täter deshalb auch schon faktische Mitverfügungsgewalt hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18, Rn. 14).
23
b) Danach sind die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 1. Alt. StGB bei dem Mitangeklagten G. in Bezug auf die von ihm transportierten Tabakwaren nicht gegeben. Nach den Feststellungen war er bei dem Angeklagten M. beschäftigt. Seine Gehilfentätigkeit für den Mitangeklagten M. bestand darin, die von den Vortätern in den VW Caddy gelegte Diebesbeute zu seiner Arbeitsstelle zu transportieren. Dabei übte er den Besitz an den Tabakwaren nur kurzfristig und ausschließlich für den Angeklagten M. aus.
24
6. Für die Feststellung einer (weiteren) Gesamtschuldnerschaft zwischen den Angeklagten D. , F. , Fe. und dem Angeklagten M. in Höhe von 125.000 Euro war kein Raum, weil der Angeklagte M. die Tabakwaren durch eine eigene Straftat erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 71 Rn. 26; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 669). Gleiches gilt, soweit die Strafkammer eine gesamtschuldnerische Haftung aller Angeklagten für den dem Angeklagten G. gezahlte Kurierlohn (1.000 Euro) und die ihm gewährten Gebrauchsvorteile an dem überlassenen VWCaddy (von der Strafkammer mit insgesamt 500 Euro bewertet) in den Urteilsgründen für gegeben erachtet hat.

IV.


25
Der geringfügige Erfolg der Revisionen der Angeklagten rechtfertigt es nicht, sie teilweise von den (verbleibenden) Kosten und Auslagen freizustellen, die durch ihre Rechtsmittel entstanden sind (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Franke Bender
Quentin Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 543/18
vom
6. März 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:060319U5STR543.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. März 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Köhler
als beisitzende Richter, Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt Z. als Verteidiger des Angeklagten K. , Rechtsanwalt D. als Verteidiger des Angeklagten S. , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 26. Februar 2018 unter Verwerfung im Übrigen dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen den Angeklagten S. in Höhe von 130.600 Euro und gegen den Angeklagten K. in Höhe von 86.484 Euro angeordnet wird, wobei beide Angeklagte in Höhe eines Teilbetrages von 16.300 Euro gesamtschuldnerisch haften.
Die Angeklagten haben jeweils die Kosten des sie betreffenden Rechtsmittels zu tragen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen leichtfertiger Geldwäsche in sieben Fällen und gewerbsmäßigen Betruges in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten und den Angeklagten K. wegen gewerbsmäßigen Betruges in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2.500 Euro gegen den Angeklagten S. und in Höhe von 24.548,40 Euro gegen den Angeklagten K.
angeordnet. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten – vom Generalbundesanwalt vertretenen – Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die Höhe der Einziehungsentscheidungen des Landgerichts in den Betrugsfällen und führen zu den aus dem Tenor ersichtlichen Änderungen.
2
1. Nach den Feststellungen erfuhr der sich überwiegend in England aufhaltende Angeklagte K. von dem gesondert verfolgten G. , dass dieser erhebliche Summen mit sogenannten Schockanrufen verdiene, bei denen er den Angerufenen vortäusche, er sei ein naher Verwandter oder Freund, der in einer Notlage sei und umgehend eine größere Geldsumme benötige. K. ging auf G. s Vorschlag ein, ihn bei diesen Aktivitäten zu unterstützen und dafür jeweils 10 % der von den Geschädigten gezahlten Summe zu erhalten. Da der Angeklagte K. die Geldtransaktionen nicht selbst vornehmen wollte, suchte er nach Personen, die als sogenannte Finanzagenten ihre Konten für Geldüberweisungen zur Verfügung stellten, und gelangte dabei in Kontakt zu dem Angeklagten S. . Diesem gegenüber trat er unter dem Namen „R. “ auf und behauptete wahrheitswidrig, das aus dem Ausland überwie- sene Geld stamme von Mitgliedern seiner Familie und habe einen legalen Hintergrund. Er habe seine Papiere verloren und könne deshalb das Geld nicht selbst in Empfang nehmen. Für seine Dienste sollte S. jeweils eine Vergütung erhalten. Außer dem – falschen – Namen „R. “ und einer Han- dynummer gab er S. gegenüber nichts über sich preis. Der Angeklagte

S.

erklärte sich – zunächst – in Unkenntnis der wahren Zusammenhänge und aus Gleichgültigkeit bereit, die auf sein Konto gebuchten Geldbeträge weiterzuleiten. Die Opfer der Schockanrufe waren überwiegend im Rentenalter. Wer die Opfer anrief, konnte mit Ausnahme des Falles 21 nicht festgestellt werden.

3
Von Juni bis Oktober 2013 erhielt der Angeklagte S. in vier Fällen Zahlungen aufgrund von Schockanrufen auf sein Bankkonto oder über den Finanzdienstleister . Er hob das Geld ab und gab es an Dritte weiter. In mindestens drei weiteren Fällen im August und September 2013 bezog er in die Abhebungen den ihm bekannten Zeugen M. ein, dem Geld über überwiesen wurde. Diese Gelder hob der Angeklagte S. jeweils in Gegenwart des Zeugen ab und übergab sie in Bremen an unbekannt gebliebene Personen.
4
Nachdem der Angeklagte S. aufgrund einer Verdachtsmeldung seiner Bank zu einer polizeilichen Vernehmung geladen worden war, fragte er den Angeklagten K. und den gesondert verfolgten G. , ob den Zahlungen auf sein Konto Anrufe nach Art des sogenannten Enkeltricks zugrunde lägen. Beide bestätigten dies und forderten S. auf, neue potenzielle Finanzagenten anzusprechen, da weitere Überweisungen an ihn wegen der polizeilichen Ermittlungen zu riskant seien. Im Bewusstsein, an weiteren Betrügereien mitzuwirken, gelang es dem Angeklagten S. , die gesondert verfolgten D. und Ga. dazu zu bringen, ihre Konten für Überweisungen der zukünftigen Opfer zur Verfügung zu stellen bzw. Gelder über anzunehmen. S. , der wie in den vorausgegangenen Fällen unmittelbar nach erfolgter Zahlung von der Überweisung erfuhr und dem die für die Abhebungen nötigen Informationen mitgeteilt wurden, begleitete die gesondert Verfolgten jeweils zur Abholung des Geldes, nahm in allen Fällen das Geld nach den Abhebungen entgegen und gab es an G. , den Angeklagten K. oder unbekannte Dritte weiter. Auf diese Weise wurde in den Fällen 8 bis
13
D. zwischen dem 24. Dezember 2013 und dem 7. Februar 2014 als Finanzagent tätig; er wurde am 31. März 2014 festgenommen. In den Fällen 14 bis 20 im März und April 2014 übernahm Ga. die Rolle des Finanzagenten.
5
An vier Taten zwischen Mai 2014 und Juni 2015 (Fälle 21 bis 24 der Urteilsgründe ) war der Angeklagte K. maßgeblich beteiligt, wobei – mit Ausnahme des Falles 23 – auch der Angeklagte S. mitwirkte. Zumindest im Fall 21 war K. derjenige, der den Betrug selbst ins Werk setzte, organisierte und die Schockanrufe vornahm. In diesem Fall wurde das Opfer veranlasst, einem Abholer, dem Zeugen Gor. , insgesamt 15.000 Euro in bar auszuhändigen, die S. auf Geheiß des K. an Unbekannte weiterleitete. Im Fall 22 wurde der als Finanzagent tätige Zeuge Ro. bei mehreren Abhebungen von beiden Angeklagten vor Ort überwacht und übergab das Geld jeweils K. . Im Fall 23 wurde das Geld auf das Konto des Zeugen Ge. überwiesen, der bei mehreren erfolglosen Abhebungsversuchen von K. begleitet und überwacht wurde. Das schließlich abgehobene Geld übergab der Zeuge sofort an Ga. , der es seinerseits alsbald an K. aushändigte. Im Fall 24 leitete der Angeklagte S. das an den Zeugen St. über einen Finanzdienstleister überwiesene Geld an einen Unbekannten weiter, dessen Namen er zuvor von dem Angeklagten K. erhalten hatte.
6
2. Das Landgericht hat die Taten 1 bis 7 des Angeklagten S. als leichtfertige Geldwäsche, die Taten 8 bis 22 und 24 als gewerbsmäßigen Betrug gewertet. Der Angeklagte habe hierbei in arbeitsteiliger Weise gemeinschaftlich mit weiteren Beteiligten gehandelt. Er habe Kontodaten, Codenum- mern und Namen weitergeleitet, Finanzagenten rekrutiert, die er begleitet und überwacht habe, Geld in Empfang genommen und es weitergegeben. Damit sei er für das Gelingen des gesamten Tatplans „unverzichtbare Schnittstelle“ zwischen den Hintermännern bzw. Anrufern und den Finanzagenten gewesen und habe für einen reibungslosen Ablauf bei den Geldtransfers aus dem Ausland und der Abhebung und Übergabe des Geldes gesorgt. Der AngeklagteK. habe sich in den Fällen 21 bis 24 wegen gewerbsmäßigen Betruges schuldig gemacht. In allen Fällen habe er nachdrücklich für die Geldabhebungen gesorgt und ein erhebliches Eigeninteresse an den Taten gezeigt.
7
Bei seinen Einziehungsentscheidungen ist das Landgericht davon ausgegangen , dass der Angeklagte S. entsprechend seiner Einlassung insgesamt lediglich 2.500 Euro für seine Tätigkeit bekommen habe. Der Angeklagte K. habe ebenfalls entsprechend seiner Einlassung nur 10 % der transferierten Summe erhalten, ausgenommen im Fall 21, in dem K. selbst der Anrufer und Hintermann gewesen sei, dem letztlich das Geld vollständig zugeflossen sei.
8
3. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision zu Recht gegen die in den Betrugsfällen ausgesprochene Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge, auf die das Rechtsmittel wirksam beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.).
9
a) Das Landgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Angeklagten nur die ihnen selbst als Belohnung verbliebenen Beuteanteile als Taterträge erlangt haben.
10
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann. Bei mehreren Beteiligten ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf ihn nehmen können. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse etwa bei Beuteteilung gemindert wurde (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17, Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18, Rn. 7).
11
bb) Nach diesem Maßstab hatten im Rahmen ihrer Mittäterschaft der Angeklagte S. in den Betrugsfällen 8 bis 20 der Urteilsgründe, der Angeklagte K. in den Fällen 22 und 23 der Urteilsgründe jeweils alleinige Verfügungsgewalt über die ihnen von den jeweiligen Finanzagenten übergebenen Beträge; in den Fällen 21 und 24 hatten beide Angeklagte Mitverfügungsgewalt inne.
12
Der Angeklagte S. war zwar von dem Angeklagten K. und dieser seinerseits möglicherweise von weiteren Hintermännern weisungsabhängig , an die sie die Gelder jeweils alsbald weiterleiteten. Die Angeklagten waren indes nicht nur Mittäter der Betrugstaten, sondern trugen als solche in den Urteilsfällen die Hauptverantwortung gerade für die Abwicklung der Geldeingänge. Der Angeklagte K. hatte den Angeklagten S. als Finanzagenten gewonnen und erteilte ihm Weisungen hinsichtlich der Entgegennahme der Gelder. Dieser warb seinerseits weitere Finanzagenten an, wies sie in ihre Aufgaben ein. In vielen Fällen begleitete er sie zur Abholung des Geldes, nahm es – teilweise nach Einbehalt von Provisionen – sofort nach den Abhebungen von ihnen entgegen und leitete es an den gesondert verfolgten G. , den Angeklagten K. oder unbekannte Dritte weiter. Im Fall 21 fuhr der Angeklagte S. mit den gesondert verfolgten Ga. und Gor. , die er zuvor entsprechend instruiert hatte, persönlich mit seinem Pkw zu dem Betrugsopfer und verwahrte das entgegengenommene Bargeld, bis er es dem Angeklagten

K.

übergab. K. gab in diesem Fall während der Tat dem Angeklagten

S.

und den beiden Beifahrern über Telefon Anweisungen und war laufend im Kontakt mit der Geschädigten, die er auf die Ankunft des Abholers vorbereitete. Im Fall 22 der Urteilsgründe kümmerte sich S. auf Anweisung K. s darum, dass der Finanzagent Ro. beim polnischen Konsulat in Hamburg ein Personaldokument beantragte, um die zwischenzeitlich auf seinem Konto eingegangenen Gelder abheben zu können. In allen ihren jeweiligen Verurteilungen zugrundeliegenden Fällen sorgten die Angeklagten eigenverantwortlich und auf – wenn auch möglicherweise nur mittlerer oder unterer – Leitungsebene der Tätergruppierung für die gesamte Abwicklung der jeweiligen Geldeingänge; die Hintermänner erlangten die Verfügungsgewalt über die ertrogenen Gelder erst mit deren Eingang bei ihnen. Angesichts dessen stellt sich die Weiterleitung der Gelder lediglich als dem Vermögenszufluss nachgelagerter Mittelabfluss dar, der die zuvor erlangte (Mit-)Verfügungsgewalt der Ange-
klagten nicht in Frage stellt. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von Konstellationen des bloß transitorischen Besitzes (vgl. insofern BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18, BGHR StGB § 73c Abs. 1 Erlangtes 1; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18, NStZ 2019, 20).
13
Die Angeklagten haben demnach die ihnen in den genannten Fällen von den jeweiligen Finanzagenten übergebenen Gelder in voller Höhe erlangt. Da die gegenständliche Einziehung dieses Geldes nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr möglich ist, unterliegt der dem Wert dieses Tatertrages entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung.
14
cc) Aufgrund der Urteilsfeststellungen kann der Senat die Höhe des Wertes der Taterträge des von den Angeklagten Erlangten entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst festsetzen. Abweichend von der – durch die Generalstaatsanwaltschaft in zwei Fällen (11 und 20 der Urteilsgründe) korrigierten – Berechnung der Staatsanwaltschaft legt er dabei im Fall 9 der Urteilsgründe einen Gesamtbetrag von 22.900 Euro zugrunde, der aufgrund sämtlicher Überweisungen des Geschädigten zwischen dem 27. Dezember 2013 und dem 2. Januar 2014 in die Verfügungsgewalt des Angeklagten S. gelangte (UA S. 16 f.). Im Fall 16 der Urteilsgründe geht der Senat von einer durch S. erlangten Summe von 27.800 Euro aus. In diesem Fall überwies der Geschädigte zwischen dem 25. und dem 28. März 2014 insgesamt 30.300 Euro, die unter Einbehalt von insgesamt 2.500 Euro Provision an S. übergeben wurden (UA S. 23 f.). Im Fall 22 nimmt der Senat einen in drei Abhebungen erlangten und an den Angeklagten K. weitergegebenen Betrag von (nur) 60.000 Euro an (vgl. UA S. 103).
15
4. Für die Entscheidung über den Antrag des Nebenbetroffenen Gorn. vom 6. August 2018 auf Herausgabe eines Porsche Panamera und einer Armbanduhr Patek Philippe, dem die Staatsanwaltschaft entgegentritt, ist gemäß § 111k Abs. 3 i.V.m. § 162 Abs. 3 Satz 2 StPO das Landgericht Bremen zuständig.
Mutzbauer Sander Schneider
König Köhler
2
Bei seiner Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen hat das Landgericht nicht bedacht, dass mehrere Tatbeteiligte, die - wie hier - an denselben Gegenständen Mitverfügungsgewalt erlangt haben, als Gesamtschuldner haften (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 46 f.; Beschlüsse vom 25. September 2012 - 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401; vom 22. März 2016 - 3 StR 517/15, NStZ 2016, 412, 413; vom 20. Februar 2018 - 2 StR 12/18, juris Rn. 2).

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.