Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2019 - 4 StR 169/19

bei uns veröffentlicht am05.06.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 169/19
vom
5. Juni 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:050619B4STR169.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5. Juni 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. Oktober 2018, soweit es den Angeklagten betrifft, aufgehoben
a) hinsichtlich der Verurteilungen in den Fällen II.3.d. bis g. (Taten 4 bis 7) der Urteilsgründe; die insoweit getroffenen Feststellungen bleiben – mit Ausnahme der Feststellungen zur Bande – aufrechterhalten;
b) im Gesamtstrafenausspruch und
c) im Ausspruch über die gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen , soweit diese den Betrag von 182.718,93 Euro übersteigt. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen, versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls , schweren Bandendiebstahls in neun Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen sowie wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Des Weiteren hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperre von zwei Jahren für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis bestimmt. Schließlich hat es gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 306.218,93 Euro als Gesamtschuldner und in Höhe eines weiteren Betrages von 74.446,61 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf zwei Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Während bei den Taten II.3.a. und b. (Taten 1 und 2) der Urteilsgründe sowie II.3.h. bis n. (Taten 8 bis 14) und II.3.q. (Tat 17) der Urteilsgründe dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen im Urteil aufgrund der festgestellten Tatumstände hinreichend zu entnehmen ist, dass den Taten eine von mindestens drei Personen getroffene Bandenabrede zur fortgesetzten Begehung von Einbruchsdiebstählen zugrunde lag, halten die Verurteilungen wegen schweren Bandendiebstahls nach § 244a Abs. 1 StGB i.V.m. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in den Fällen II.3.e. und g. (Taten 5 und 7) der Urteilsgründe sowie wegen versuchten schweren Bandendiebstahls gemäß §§ 22, 244a Abs. 1 StGB i.V.m.
§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in den Fällen II.3.d. und f. (Taten 4 und 6) der Urteilsgründe einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass sich der gesondert Verfolgte I. , der im Zeitraum vom 22. November 2017 bis 7. Dezember 2017 die vier teils fehlgeschlagenen Einbruchstaten gemeinsam mit dem Angeklagten beging, spätestens am 22. November 2017 der bereits seit Juni 2017 bestehenden Einbrecherbande , zu der neben dem Angeklagten die gesondert Verfolgten M. und G. gehörten, anschloss und seitdem fester Bestandteil der Organisation und des gemeinschaftlichen Zusammenwirkens war. Diese Feststellung wird im Rahmen der Ausführungen zur Beweiswürdigung jedoch nicht durch konkrete Tatsachen belegt. Den Urteilsgründen ist insoweit lediglich zu entnehmen, dass die Ermittlungsführerin der Polizei im Rahmen ihrer Vernehmung als Zeugin in der Hauptverhandlung die Ermittlungsergebnisse zur Bandenstruktur vollständig dargelegt hat. Eine nähere inhaltliche Darstellung dieser Ermittlungsergebnisse lässt das Urteil aber gänzlich vermissen. Vor dem Hintergrund der Sachverhaltsschilderung im angefochtenen Urteil versteht sich bei den Taten II.3.d. bis g. (Taten 4 bis 7) der Urteilsgründe eine diesen Taten zugrundeliegende , von mindestens drei Personen getroffene Bandenabrede zur fortgesetzten Begehung von Diebstählen auch nicht von selbst. So waren die ursprünglichen Bandenmitglieder M. und G. zum einen an Einbruchstaten nach dem 9. November 2017 nicht mehr beteiligt. Zum anderen beging der Angeklagte nach dem letzten gemeinsam mit M. und G. verübten Einbruch am 9. November 2017 und vor der ersten Tat unter Beteiligung des gesondert Verfolgten I. am 18. November 2017 einen Wohnungseinbruch ohne Mitwirkung eines weiteren Tatbeteiligten.
4
Die Fälle II.3.d. bis g. (Taten 4 bis 7) der Urteilsgründe bedürfen daher einer neuen tatrichterlichen Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen – mit Ausnahme der Feststellungen zur Bande – können bestehen bleiben. Die Teilaufhebung des angefochtenen Urteils hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und der Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen, soweit diese die Fälle II.3.e. und g. (Taten 5 und 7) der Urteilsgründe betrifft, zur Folge.
Sost-Scheible Roggenbuck Bender
Quentin Feilcke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2019 - 4 StR 169/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2019 - 4 StR 169/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2019 - 4 StR 169/19 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel b

Strafgesetzbuch - StGB | § 244a Schwerer Bandendiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzte

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.