Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2010 - 3 StR 8/10

published on 04/02/2010 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2010 - 3 StR 8/10
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 8/10
vom
4. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 4. Februar
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 12. August 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung ausgesetzt hat. Weiter hat es den Verfall von 1.600 Euro angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Keinen Bestand hat das Urteil, soweit das Landgericht dem Angeklagten die Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung versagt hat.
3
a) Das Landgericht gelangt zu einer ungünstigen Sozialprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) mit der Begründung, der Angeklagte konsumiere seit Anfang 2002 Marihuana und zeige keine Einsicht in sein "Drogenproblem"; es bestehe deshalb die Gefahr, dass er erneut zu Drogen greifen und sich so strafbar machen werde. Dabei stützt sich das Landgericht auf die Aussage der früheren Mitangeklagten , der Angeklagte sei im Herbst 2007 in ihre Wohnung eingezogen und habe in der Folge täglich Marihuana geraucht, sowie auf eine im Bundeszentralregister bereits getilgte Verurteilung des Angeklagten vom 21. August 2003 wegen wiederholten Erwerbs von Cannabis im Zeitraum von Anfang 2002 bis Januar 2003, die es "nur zur Klärung des Umfangs seines Drogenkonsums" verwertet hat.
4
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, denn das Landgericht hat dadurch, dass es seine Feststellungen zum Drogenkonsum des Angeklagten auch auf die im Bundeszentralregister getilgte Verurteilung vom 21. August 2003 gestützt hat, gegen das gesetzliche Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1, § 63 Abs. 4 BZRG verstoßen. Nach diesen Vorschriften dürfen aus der Tat, die Gegenstand einer getilgten Verurteilung ist, keine nachteiligen Schlüsse auf die Persönlichkeit des Angeklagten gezogen werden; dies gilt, anders als das Landgericht meint, auch für die gemäß § 56 Abs. 1 StGB zu treffende Prognoseentscheidung (vgl. BGH, Beschl. vom 15. November 1989 - 3 StR 303/89; BGH NJW 1990, 2264).
5
Hierauf beruht das Urteil, denn es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht zu einer dem Angeklagten günstigeren Prognose gelangt wäre, wenn es dauerhaften Cannabiskonsum erst ab Herbst 2007 für erwiesen erachtet hätte, zumal der Angeklagte nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft am 24. September 2008 erstmals eine feste Anstellung fand.
6
b) Dass das Landgericht daneben auch besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB verneint hat, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn es hat sich dabei rechtsfehlerhaft von der Erwägung leiten lassen, es fehle an einem "von Einsicht und Reue getragenen Geständnis". Darauf, dass der Angeklagte die Tat bestritten hat, darf die Verneinung besonderer Umstände nicht gestützt werden (BGH, Beschl. vom 7. Februar 2007 - 2 StR 17/07 - Rdn. 3; Fischer, StGB 57. Aufl. § 56 Rdn. 20).
7
2. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Becker Sost-Scheible Hubert RiBGH Dr. Schäfer befindet Mayer sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. (
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

(1) Eintragungen im Erziehungsregister werden entfernt, sobald die betroffene Person das 24. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Die Entfernung unterbleibt, solange im Zentralregister eine Verurteilung zu Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung eingetragen ist.

(3) Die Registerbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß Eintragungen vorzeitig entfernt werden, wenn die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse einer solchen Anordnung nicht entgegensteht. § 49 Abs. 3 ist anzuwenden.

(4) Die §§ 51, 52 gelten entsprechend.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.