Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 80/11
vom
19. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 19. April
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 23. August 2010 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls (Einzelstrafe ein Jahr sechs Monate) und wegen versuchten schweren Bandendiebstahls (Einzelstrafe ein Jahr) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuldspruch wendet. Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand.
2
Die Strafkammer hat bei der Bemessung der beiden Einzelstrafen zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er die Taten gemeinschaftlich mit mindestens zwei Mittätern und unter Mitführung von Einbruchswerkzeug begangen habe. Dies verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB; denn sowohl die Diebstahlsbegehung unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen als auch die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds sind Tatbestandsmerkmale des schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a Abs. 1 StGB. Des Weiteren lässt die Zumessungserwägung, es habe sich nicht um Spontantaten gehandelt, besorgen, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat (BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 3 StR 62/11 mwN).
3
Die Strafe muss daher neu zugemessen werden. Sollte die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer die zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe wiederum nicht zur Bewährung aussetzen, wird sie schon aus materiell-rechtlichen Gründen gehalten sein, dies im Urteil zu begründen.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls


(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Gesc

Strafgesetzbuch - StGB | § 244a Schwerer Bandendiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzte

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Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 3 StR 62/11

bei uns veröffentlicht am 15.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 62/11 vom 15. März 2011 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung d

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 62/11
vom
15. März 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. März 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 2. November 2010 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen dreier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fälle II. 1. bis 3. der Urteilsgründe) und wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge (Fall II. 4. der Urteilsgründe), zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen haben keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung des Urteils auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
3
1. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt: "Das Landgericht hat die gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen … dem Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 BtMG entnommen. Obwohl der Angeklagte … Angaben über seinen Lieferanten mit dem Namen 'O. ' gemacht hatte (UA S. 22), hat die Strafkammer eine Aufklärungshilfe im Sinne des § 31 BtMG für ausgeschlossen erachtet , weil diese Angaben erst im Rahmen der Hauptverhandlung erfolgt sind, weswegen eine Strafmilderung gemäß § 31 Satz 2 BtMG wegen § 46 b Abs. 3 StGB nicht in Betracht komme. Dies hält … rechtlicher Prüfung nicht stand. Auf die Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung zu den Betäubungsmittelgeschäften zwischen März 2009 und Juni 2009 ist § 31 BtMG in der zur Tatzeit geltenden Fassung, d.h. ohne Präklusionsregelung , anwendbar (BGH Beschl. vom 27. April 2010 - 3 StR 79/10). Die Überleitungsvorschrift des Art. 316 d EGStGB bestimmt zwar, dass § 46 b StGB und § 31 BtMG in der Fassung des 43. StrÄndG nicht auf Verfahren anzuwenden sind, in denen vor dem 1. September 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen worden ist. Sie bedeutet jedoch nicht, dass im Umkehrschluss die neuen Vorschriften ohne weiteres auf Verfahren anzuwenden sind, in denen die Eröffnung des Hauptverfahrens nach dem 1. September 2009 beschlossen worden ist. Für die Frage des auf diese Verfahren anwendbaren Rechts gelten vielmehr die allgemeinen Regeln, nach denen grundsätzlich das zur Tatzeit geltende materielle Recht Anwendung findet (§§ 1, 2 Abs. 1 StGB), sofern das neuere Recht in seiner Gesamtheit keine für den Angeklagten günstigere Regelung darstellt (BGH Beschl. vom 27. April 2010 - 3 StR 79/10).
Da die Neuregelung zu einer Versagung einer nach alter Rechtslage gegebenen Milderungsmöglichkeit nach § 31 BtMG führt, wäre hier zu erörtern gewesen, ob die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe nach § 31 S. 1 Nr. 1 BtMG a.F. vorlagen. Da nähere Ausführungen zu den Angaben des Angeklagten bezüglich 'O. ' fehlen, ist dem Revisionsgericht die Überprüfung verwehrt, ob die Voraussetzungen des § 31 BtMG unabhängig von der Frage der Präklusion zu Recht verneint worden sind. Auf dem dargelegten Rechtsfehler kann das Urteil auch beruhen. … Es ist … nicht auszuschließen, dass es [das Landgericht] im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG a.F. - entweder aufgrund der Bejahung eines minderschweren Falles (§ 29a Abs. 2 BtMG) oder der Anwendung des nach § 31 Nr. 1 BtMG a.F., § 49 Abs. 2 StGB gemilderten Strafrahmens - … niedrigere Freiheitsstrafen und eine insgesamt niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte."
4
Dem schließt sich der Senat an.
5
2. Auch im Übrigen sind die Erwägungen, mit denen das Landgericht in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe minder schwere Fälle nach § 29a Abs. 2 BtMG verneint hat, nicht frei von Rechtsfehlern. So hat das Landgericht insoweit zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, er habe das Marihuana als Nichtkonsument in Verkehr gebracht, der für sich Drogenkonsum strikt ablehne. Damit hat es unzulässig das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes als straferschwerend gewertet (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 1990 - 2 StR 390/90, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 11). Ebenso begegnet es durchgreifenden Bedenken, dass das Landgericht seine Ablehnung minder schwerer Fälle entscheidend auch mit den jeweils gehandelten Wirkstoffmengen begründet hat, obwohl diese nur 20 g THC im ersten und je 40 g THC in den beiden anderen Fällen betrugen, somit insgesamt deutlich im unteren Bereich verblieben.

Becker Pfister Hubert
Schäfer Mayer