Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2013 - 3 StR 481/12

bei uns veröffentlicht am04.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 481/12
vom
4. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Februar 2013
gemäß § 46 Abs. 1, § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur ergänzenden Begründung einer Verfahrensrüge wird verworfen. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 24. Juli 2012
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 13 der Urteilsgründe wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch dahin teilweise geändert, dass der Angeklagte der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 12 Fällen schuldig ist;
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und wegen Anstiftung zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten. Dieser hat zudem beantragt, ihm zur ergänzenden Begründung einer bereits geltend gemachten Verfahrensrüge Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist schon deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, wann das behauptete Hindernis, das der vollständigen Darlegung der den Mangel begründenden Tatsachen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) entgegenstand, weggefallen ist.
3
2. Soweit der Angeklagte im Fall 13 der Urteilsgründe wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist, muss das Verfahren entsprechend § 206a Abs. 1 StPO wegen eines nicht mehr behebbaren Verfahrenshindernisses eingestellt werden. Es fehlt an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss , nachdem das Landgericht die zugrunde liegende Anklage mit Beschluss vom 4. Juli 2012 während laufender Hauptverhandlung lediglich in der Besetzung von zwei Berufsrichtern unter Einschluss des Vorsitzenden zugelassen , das Hauptverfahren eröffnet und die Sache zu dem führenden Verfahren verbunden hat. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens hätte die Strafkammer indes in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung, also mit drei Berufsrichtern ohne Mitwirkung der Schöffen, entscheiden müssen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 - 4 StR 596/09).
4
3. Die teilweise Einstellung des Verfahrens führt zur Änderung des Schuldspruchs. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, wegen des Wegfalls der für den Fall 13 verhängten Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren auch den Ausspruch über die Gesamtstrafe aufzuheben, kann sich der Senat nicht verschließen.
5
4. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Schäfer Pfister Mayer Gericke Spaniol

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Strafprozeßordnung - StPO | § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Feb. 2010 - 4 StR 596/09

bei uns veröffentlicht am 25.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 596/09 vom 25. Februar 2010 in der Strafsache gegen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Februar 2010, an

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(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 596/09
vom
25. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
die Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. August 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Das Verfahren wird eingestellt, soweit dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 26. Februar 2009 eine gefährliche Körperverletzung (Fall III 2. der Urteilsgründe) zur Last gelegt wird. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. 3. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten freigesprochen. Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und zur Einstellung des Verfahrens im Fall III 2. der Urteilsgründe.

I.

2
1. Der Angeklagte leidet seit seinem 15. Lebensjahr an einer paranoidhalluzinatorischen Psychose und hat sich seit mehr als zehn Jahren regelmäßig stationären psychiatrischen Behandlungen unterzogen. In dem Zeitraum von Juli 2007 bis zum November 2008 wurde der Angeklagte im Abstand von 14 Tagen mit Depotspritzen behandelt, die für einen stabilen Zustand sorgten. Als der Angeklagte diese Behandlung im Frühjahr 2008 vernachlässigte, kam es zu einem Selbstmordversuch und zu einer mehrere Wochen dauernden stationären psychiatrischen Behandlung. In der Zeit von November 2008 bis Januar 2009 wurde die Behandlung mit Depotspritzen erneut unterbrochen. Seit seinem letzten Klinikaufenthalt im Februar 2009 befindet sich der Angeklagte in regelmäßiger ambulanter Behandlung in einer psychiatrischen Klinik und erhält im Abstand von 14 Tagen Depotspritzen.
3
2. Zu den dem Angeklagten zur Last gelegten Taten hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
4
Fall III 1. der Urteilsgründe (Anklageschrift vom 19. Februar 2008):
5
Bei dem Versuch, sich nach einer Fahrausweiskontrolle in der U-Bahn der Feststellung der Personalien zu entziehen, zog der Angeklagte ein Küchenmesser aus der Tasche und „fuchtelte damit wild herum.“ Dabei nahm er Verletzungen der ihn verfolgenden Fahrausweisprüfer billigend in Kauf. Er verletzte einen von ihnen an der Hand und einen anderen am Oberarm. In den Urteilsgründen werden zum Tattag widersprüchliche Angaben gemacht. So wird zum einen das Datum 27. August 2007 und zum anderen das Datum 12. Februar 2008 genannt. Im Rahmen der Feststellungen zur Person und zur Schuldfähigkeit wird dagegen mitgeteilt, dass der Angeklagte die Tat in dem Zeitraum von November 2008 bis Februar 2009, in dem er nicht behandelt wurde, beging.
6
Fall III 2. der Urteilsgründe (Anklageschrift vom 26. Februar 2009):
7
Während eines Aufenthalts in einer Spielhalle wurde der Angeklagte gegenüber der Spielhallenaufsicht aggressiv und warf einen Glasaschenbecher auf die Theke, an der der Zeuge F. stand. Der Zeuge wurde durch einen Glassplitter an der Nase verletzt. Der Angeklagte hätte dies vorhersehen können und müssen.
8
3. Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen, weil "jedenfalls" nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Angeklagte aufgrund seiner zu den jeweiligen Tatzeitpunkten virulenten paranoiden Schizophrenie nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht der Taten einzusehen. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB hat das Landgericht abgelehnt, weil von dem Angeklagten "bei sichergestellter Medikation keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht", und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Behandlung des Angeklagten derzeit sichergestellt sei.

II.

9
Das Urteil hat insgesamt keinen Bestand.
10
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall III 2. der Urteilsgründe freigesprochen hat, ist das Urteil aufzuheben und das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 206 a StPO einzustellen, weil es insoweit an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt. Dieses Verfahrenshindernis ist - unbeschadet der Frage, ob die Revision der Staatsanwaltschaft wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist, von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. Einl. Rdn. 151 m.N.).
11
Das Landgericht hat die ihm im Hinblick auf die bei ihm bereits anhängige Sache 85 Js 2688/07 (Anklageschrift vom 19. Februar 2008) vorgelegte Sache 85 Js 119/09 (Anklageschrift vom 26. Februar 2009) erst in der Hauptverhandlung am 19. August 2009 "durch Kammerbeschluss" zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und die Verbindung zu der bereits anhängigen Sache beschlossen. Dies war rechtsfehlerhaft.
12
Entsprechend dem Eröffnungs- und Besetzungsbeschluss vom 9. Juni 2009, war die Strafkammer in der Hauptverhandlung gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG mit zwei Berufsrichtern besetzt. Wird eine zunächst unterbliebene Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens in der Hauptverhandlung nachgeholt, so entscheidet darüber aber beim Landgericht auch dann die Große Strafkammer in ihrer Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern ohne Mitwirkung der Schöffen, wenn die Kammer die Hauptverhandlung in reduzierter Besetzung durchführt (Senat, Beschluss vom 2. November 2005 - 4 StR 418/05, BGHSt 50, 267).
13
2. Auch der Freispruch wegen der Vorwürfe der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen (III 1. der Urteilsgründe) hat keinen Bestand. Die Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam. Die Feststellungen bilden keine tragfähige Grundlage für die Beurteilung der Schuldfähigkeit. Sie ermöglichen dem Revisionsgericht deshalb nicht die isolierte Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 63 StGB für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (vgl. BGH Beschluss vom 10. Januar 2001 - 2 StR 500/00, BGHSt 46, 257, 259). Es ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte die Tat beging, als seine paranoide Schizophrenie virulent war,weil er nicht mit Depotspritzen behandelt wurde. Sowohl der in den Urteilsgründen als Tattag genannte 27. August 2007 als auch der 12. Februar 2008 fallen in den Zeitraum, in dem der Angeklagte nach den Feststellungen im Abstand von 14 Tagen mit Depotspritzen behandelt wurde.

III.

14
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
15
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB setzt voraus, dass die Voraussetzungen des § 20 StGB oder die des § 21 StGB zweifelsfrei festgestellt sind (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 1986 - 4 StR 40/86; Fischer StGB 57. Aufl. § 63 Rdn. 11 m.w.N.). Auf die Feststellung, dass eine Aufhebung der Einsichtsfähigkeit nicht auszuschließen sei, kann die Anordnung der Maßregel nicht gestützt werden, weil damit weder die Voraussetzungen des § 20 StGB noch die des § 21 StGB festgestellt sind, denn eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 4 StR 437/09; Fischer aaO, jew. m.w.N.). Ist das nicht der Fall, wird der neue Tatrichter, sofern die paranoide Schizophrenie des Angeklagten zur Tatzeit virulent war, auch die Frage einer (sicheren) erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit zu prüfen haben.
16
2. Im Falle einer ohne Behandlung bestehenden Gefährlichkeit wird die Notwendigkeit einer Unterbringung gemäß § 63 StGB entgegen der Auffassung der Strafkammer in der Regel nicht durch minder einschneidende Maßnahmen außerhalb des Bereichs der strafrechtlichen Maßregeln aufgehoben. Vorrangig wird eine Minderung der Gefährlichkeit durch flankierende Maßnahmen bei der Frage der Vollstreckung, nicht aber bei der Frage der Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung zu beachten sein (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 3 StR 469/08, NStZ 2009, 260 m.N.). Tepperwien RiBGH Maatz ist Athing infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Tepperwien Ernemann Mutzbauer