Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - 3 StR 438/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a), b) und 2. auf dessen Antrag - am 26. Juli 2017 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Abspielens der Lieder Nr. 69 ("In den Bergen von Ruanda") und Nr. 96 ("Hakenkreuz") verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte wegen - mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen, - mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung und Gewaltdarstellung , - mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung in acht Fällen, - mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, - mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Gewaltdarstellung und - mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt ist;
c) das vorgenannte Urteil im Strafausspruch dahin geändert, dass die unter F.I.2. der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe betreffend das Lied Nr. 5 auf sieben Monate Freiheitsstrafe herabgesetzt wird.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in 16 Fällen, davon in Tateinheit mit "Volksverhetzung in 13 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, in einem Fall in Tateinheit mit Billigung der Straftat des Völkermordes und in einem Fall in Tat- einheit mit Gewaltdarstellung" sowie in Tateinheit mit Gewaltdarstellung in einem Fall und mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung drei Monate der erkannten Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Einstellung des Verfahrens und hat insoweit den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es aus den zutreffenden Gründen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
- 2
- 1. Die Strafkammer hat den Angeklagten für die Tat betreffend Lied Nr. 5 ("Nigger") der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig gesprochen und dabei - entgegen ihrer eigenen zutreffenden rechtlichen Würdigung - nicht beachtet, dass der Tatbestand des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB insoweit nicht erfüllt ist. Zudem hat der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Abspielens der Lieder Nr. 69 ("In den Bergen von Ruanda") und Nr. 96 ("Hakenkreuz") verurteilt worden ist. Dies bedingt die Änderung des Schuldspruchs.
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- 2. Infolge der Schuldspruchberichtigung hinsichtlich des Liedes Nr. 5 war die Einzelstrafe für dieses Lied entsprechend den vom Landgericht bei der Strafzumessung angelegten Maßstäben herabzusetzen. Dies konnte der Senat nach § 354 Abs. 1 StPO analog selbst vornehmen. Denn als "absolut bestimm- te Strafe" im Sinne des § 354 Abs. 1 StPO sind auch solche Strafen anzusehen , bei deren Festsetzung keine neue Ermessensentscheidung des Revisionsgerichts erforderlich ist, weil sicher erscheint, dass der Tatrichter bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf diese Strafe erkannt hätte (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354 Rn. 8 mwN). Dies ist hier der Fall, weil das Landgericht die Strafhöhe der Einzelstrafen ausdrücklich von der Anzahl der tateinheitlich zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung hinzutretenden Straftatbestände abhängig gemacht und die Strafzumessungsentscheidung aufgrund rechtsfehlerfrei getroffener Feststellungen vorgenommen hat, die keiner Ergänzung bedürfen. Für die weiteren Taten der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung hat das Landgericht Einzelstrafen von jeweils sieben Monaten Freiheitsstrafe verhängt. Der Senat hat die Einzelstrafe dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend entsprechend herabgesetzt.
- 4
- 3. Die Teileinstellung und Herabsetzung der Einzelstrafe lassen den Ausspruch über die Gesamtstrafe unberührt. Der Senat kann im Hinblick auf die verbleibenden Einzelstrafen von dreimal acht Monaten, zehnmal sieben Monaten und sechs Monaten Freiheitsstrafe ausschließen, dass das Landgericht ohne die in den eingestellten Fällen verhängten Strafen von sieben und acht Monaten Freiheitsstrafe und unter Berücksichtigung der Herabsetzung einer Einzelstrafe von acht auf sieben Monate Freiheitsstrafe eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe gebildet hätte.
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- 4. Der nur geringe Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen , den Beschwerdeführer mit den gesamten verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder - 2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.
(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.