Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - 3 StR 414/12

bei uns veröffentlicht am16.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 414/12
vom
16. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 16. Oktober 2012 gemäß § 349
Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 4. Juli 2012 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Die Revision ist unzulässig. Nachdem der Senat mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 (3 StR 421/11) die Sache nur insoweit an das Landgericht zurückverwiesen hatte, als dieses in seinem ersten Urteil keine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt getroffen hatte, war das Landgericht allein noch dazu berufen, diese Entscheidung nachzuholen. Das Landgericht hat die Unterbringung abgelehnt. Hierdurch ist der Angeklagte nicht beschwert, sodass er das Urteil nicht mit der Revision anfechten kann (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschlüsse vom 17. März 2009 - 3 StR 84/09, NStZ-RR 2009, 252; vom 2. Dezember 2010 - 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255 mwN).
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 421/11
vom
20. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) und 2. auf dessen Antrag -
am 20. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Verden vom 7. Juli 2011

a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte
wegen räuberischer Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen
und wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe verurteilt
ist;

b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine
Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten
in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "räuberischer Erpressung und wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Im Übrigen ist die Revision unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen nötigte der Angeklagte die drei Geschädigten durch eine einheitliche Bedrohung mit Körperverletzungshandlungen jeweils zur Herausgabe von Bargeld. Damit hat er sich - wie das Landgericht in den Urteilsgründen zutreffend darlegt - der räuberischen Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen schuldig gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 11. August 1999 - 5 StR 207/99, NStZ 1999, 618, 619). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
3
2. Keinen Bestand haben kann das angefochtene Urteil, soweit es das Landgericht unterlassen hat zu prüfen, ob der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist.
4
a) Nach den getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte seit dem Jahr 2000 Haschisch; binnen zwei Jahren steigerte er den Konsum bis hin zum täglichen Gebrauch. Hinzu kam erstmals im Jahr 2002 Alkohol, den der Angeklagte vermehrt nach Ende der zweiten Inhaftierung im Januar 2008 trank. Soweit er einer Arbeit nachging, konnte er den Alkoholkonsum jedoch unterlas- sen. Eine kurze Zeit lang injizierte er in geringen Mengen Heroin, ließ hiervon jedoch ohne therapeutische oder medikamentöse Unterstützung während seiner ersten Inhaftierung ab. Er konsumiert derzeit täglich bis zu drei "6er-Träger" Bier über den Tag verteilt und "gelegentlich bis zu ca. 2 Gramm Haschisch, wobei ihm ein täglicher Konsum aufgrund seiner finanziellen Situation aber nicht möglich ist. Dazu kommt gelegentlicher Kokainkonsum, wenn ihm diese Droge angeboten wird oder er finanziell zum Erwerb in der Lage ist."
5
Im Jahr 2003 wurde der Angeklagte u.a. wegen mehrfacher Raub-, Erpressungs - und Diebstahlsdelikte zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Taten hatte er zur Finanzierung seines Haschischkonsums begangen. Im September 2008 wurde gegen den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt. Auch hier sollte der Beuteerlös zum Erwerb von Drogen verwendet werden.
6
Vor den hier abgeurteilten Taten konsumierte der Angeklagte zunächst seit dem Nachmittag im Verlauf mehrerer Stunden zwei bis drei Bier á 0,5 Liter sowie ca. eine halbe Flasche Wodka. Am Abend trank er in einer Diskothek nicht näher feststellbare Mengen Bier und Wodka, rauchte zwei Joints und "zog sich 1-2 'Nasen' Kokain". Auf dem Heimweg beging er die Erpressungen. Mit dem erbeuteten Bargeld begab er sich unmittelbar in eine benachbarte Tankstelle und kaufte dort u.a. einen "6er-Träger Bier". Eine im Rahmen der anschließenden Festnahme durchgeführte Atemalkoholmessung ergab einen Wert von 1,78 Promille. Nachdem der Angeklagte die Nacht in der Ausnüchterungszelle verbracht hatte, wurde er am frühen Morgen des 6. Dezember 2009 entlassen. Anschließend trank er im Verlauf des Tages weiter Alkohol in nicht näher feststellbarer Menge. Als er wegen des Waffendelikts am selben Tag erneut festgenommen worden war, wurde bei einem nochmaligen Atemalkohol- test ein Wert von 1,82 Promille festgestellt. Das Landgericht ist zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass seine Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Erpressungstaten infolge vorangegangenen Alkoholkonsums erheblich vermindert war. Eine Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung hat es u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass sich die Lebensverhältnisse des Angeklagten seit den Taten nicht entscheidend verändert haben, er nach wie vor arbeitslos sei und auch weiterhin Drogen konsumiere.
7
b) Vor diesem Hintergrund hätte sich das Landgericht gedrängt sehen müssen zu prüfen, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen ist (§ 64 StGB); denn die getroffenen Feststellungen legen nahe, dass der Angeklagte einen Hang zum übermäßigen Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum hat, die Erpressungen von ihm im Rausch begangen wurden oder zumindest auf seinen Hang zurückgehen und die Gefahr besteht, dass er infolge des Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
8
Der Hang im Sinne von § 64 StGB verlangt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung , immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210 mwN). Ein solches Verhalten belegen die Urteilsfeststellungen. Der Angeklagte konsumiert bereits seit über zehn Jahren nach Möglichkeit täglich Haschisch , zudem mehrere Liter Bier und anderen Alkohol sowie nach Verfügbarkeit auch Kokain; die Veränderung von Lebensumständen vermag ihn davon nicht abzuhalten. Dass es dem Angeklagten in früheren Zeiten gelungen ist, den kurzzeitig betriebenen geringen Heroinkonsum ohne therapeutische Hilfe einzustellen, kann zwar indiziell gegen einen Hang sprechen. Für sich betrachtet führt dieser Umstand jedoch nicht dazu, eine Abhängigkeit oder Neigung des Angeklagten hinsichtlich der anderen von ihm konsumierten Rauschmittel zu verneinen.
9
Die Umstände legen auch nahe, dass der Angeklagte Alkohol und Drogen im Übermaß konsumiert. Denn ausreichend für die Annahme eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls, dass der Betroffene aufgrund seiner Konsumgewohnheiten sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210 mwN). Insoweit kann dem Umstand, dass durch den Rauschmittelgenuss bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt sind, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen; das Fehlen dieser Beeinträchtigungen schließt indes nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198). Dass der Angeklagte im Falle einer Beschäftigung in der Lage war, seinen Alkoholkonsum zu unterlassen, steht daher dem Vorliegen eines Hangs nicht entgegen, zumal der Angeklagte nach den Feststellungen bislang im Wesentlichen ohne Arbeit ist. Nahe liegt demgegenüber ein Hang insbesondere bei Beschaffungskriminalität (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210), die hier jedenfalls bei den zwei Vorstrafen vom 11. Juni 2003 und vom 17. September 2008 festgestellt wurde. Auch mit den hier abgeurteilten Erpressungen wollte sich der Angeklagte Geld beschaffen , um sich Alkohol und Marihuana besorgen zu können.
10
Die Erpressungen beging der Angeklagte unter dem Einfluss von Rauschmitteln und durch diese enthemmt. Das erbeutete Geld setzte er unver- züglich noch vor Ort in Alkohol um. Es liegt daher nahe, dass er diese Taten im Rausch beging oder sie zumindest auf einen Hang zum Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum zurückgingen. Im Hinblick auf seine - auch einschlägigen - früheren Straftaten liegt es auch nicht fern, dass die von § 64 Satz 1 StGB vorausgesetzte Gefahr erheblicher künftiger Taten infolge eines Hanges vorliegt.
11
Es sind ferner keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten von seinem Hang zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren (BVerfG, Beschluss vom 16. März 1994 - 2 BvL 3/90 u.a., NStZ 1994, 578), zumal das Landgericht bislang nicht zu klären vermochte, weshalb eine Drogentherapie in früherer Zeit unterblieben ist.
12
c) Über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt muss deshalb neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5), er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362).
13
Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.
Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 84/09
vom
17. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. März 2009 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Lüneburg vom 13. November 2008 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Senat, dass die den Angeklagten nicht beschwerende Nichtanordnung
der Maßnahme nach § 64 StGB zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels
des Angeklagten führt, mit dem dieser allein die Nichtanordnung der
Maßregel beanstandet (st. Rspr.). Dies hindert das Revisionsgericht indes
nicht, auf eine zulässig erhobene - und die Nichtanwendung des
§ 64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende - Revision des
Angeklagten, die sonstige Rechtsfehler rügt, das Urteil aufzuheben,
wenn eine Prüfung der Maßregel unterblieben ist, obwohl die tatrichterlichen
Feststellungen dazu gedrängt haben (BGH, Beschl. vom 7. Januar
2009 - 3 StR 458/08 m. w. N.).
Becker Miebach von Lienen
Sost-Scheible Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 459/10
vom
2. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 2. Dezember 2010
gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bautzen vom 17. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, Wohnungseinbruchsdiebstahls , fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und angeordnet, dass dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr und sechs Monaten keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Revision wendet sich der Angeklagte ausdrücklich allein gegen die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
2
Das Rechtsmittel ist mangels Beschwer des Angeklagten unzulässig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB ange- ordnet worden ist (BGH, Urteil vom 21. März 1979 - 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 330 f.; Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7; Beschluss vom 13. Juni 1991 - 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7; Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 363; Beschluss vom 1. Juni 2005 – 2 StR 186/05; Beschluss vom 19. Juli 2006 – 2 StR 181/06 Rn. 4, NStZ 2007, 213; Beschluss vom 10. Januar 2008 – 4 StR 665/07 Rn. 2, NStZ-RR 2008, 142; Beschluss vom 7. Januar 2009 – 3 StR 458/08 Rn. 6, NStZ 2009, 261; Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 3 StR 424/09 Rn. 2, NStZ 2010, 270; Beschluss vom 29. Oktober 2009 – 3 StR 141/09 Rn. 3; Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09 Rn. 29; zweifelnd zwischenzeitlich der 1. und der 4. Senat in Beschlüssen vom 3. November 1998 – 1 StR 531/98, NStZ-RR 2000, 43 und vom 14. September 2000 – 4 StR 314/00, StV 2001, 100). Dementsprechend wirkt ein Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts wegen der Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu Lasten des Angeklagten und hindert nicht die Verwerfung der Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO (st. Rspr., u.a. Beschluss vom 14. Dezember 2005 – 1 StR 420/05, NStZ-RR 2006, 103; Beschluss vom 4. November 2009 – 2 StR 434/09).
3
Hieran hat sich durch die Novellierung der §§ 64, 67 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) nichts geändert (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2009 – 3 StR 458/08 Rn. 6 f., NStZ 2009, 261). Die in der Entscheidung BGHSt 28, 327, 331 f. angeführten Argumente für eine zusätzliche Beschwer des Angeklagten durch die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB treffen auch nach der Neufassung der §§ 64, 67 StGB zu. Dies gilt auch für den Gesichtspunkt, dass sich eine zusätzliche Beschwer schon aus der gesetzlichen Regelung in §§ 331 Abs. 2, 358 Abs. 2 Satz 2 (jetzt: Satz 3) StPO ergibt, die diese Anordnung trotz des grundsätzli- chen Verschlechterungsverbots als Ausnahme hiervon gestattet (BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 - 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7). Ernemann Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender