Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 390/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten J. wegen Diebstahls in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Gebot zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 MRK) hat es ein Jahr und sechs Monate für vollstreckt erklärt. Außerdem hat es den Wertersatzverfall von 60.000 € angeordnet. Den Angeklagten E. hat es wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und davon zwei Jahre für vollstreckt erklärt.
- 2
- 1. Die auf Verfahrensrügen und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten J. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
- 3
- a) Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
- 4
- (1) Die Rüge einer Verletzung von § 254 StPO ist zulässig erhoben, weil die Revision die den Mangel begründenden Tats achen vorträgt. Sie bleibt indes im Ergebnis ohne Erfolg.
- 5
- Das Landgericht hat über das "Geständnis" des Angeklagten, das dieser auch im Hinblick auf die ihm hier zur Last gelegten Taten in einem anderen, gegen ihn im Jahr 2000 geführten Strafverfahren abgegeben hat, durch Verlesung einer damals für den Angeklagten vom Verteidiger abgegebenen und als Anlage zum Protokoll genommenen Erklärung nach § 254 StPO Beweis erhoben. Dies hält rechtlicher Nachprüfung schon deshalb nicht stand, weil die Aussage des Angeklagten nicht in einem richterlichen Protokoll enthalten ist. Wenn sich der Angeklagte bei seiner - geständigen - Einlassung in der Hauptverhandlung der Hilfe seines Verteidigers in der Form bedient, dass der Verteidiger mit seinem Einverständnis oder seiner Billigung für ihn eine schriftlich vorbereitete Erklärung abgibt und diese sodann - unnötigerweise - vom Gericht entgegengenommen und als Anlage zum Protokoll der Hauptverhandlung genommen wird, so ändert dies nichts daran, dass sich der Angeklagte damit mündlich geäußert und das Gericht den Inhalt dieser Äußerung in den Urteilsgründen festzustellen hat. Zum Bestandteil des Hauptverhandlungsprotokolls ist sie dadurch nicht geworden.
- 6
- Der Senat schließt aus, dass das Urteil auf diesem Fehler beruht. Von der Schuld des Angeklagten hat sich das Landgericht durch eine Beweisaufnahme über die einzelnen Taten überzeugt und dabei auch den damals ge- ständigen Mitangeklagten A. als Zeugen gehört, der nahe liegend auch den Umstand bekundet hat, dass sich der Angeklagte im Jahr 2000 in der Hauptverhandlung geständig eingelassen hatte. Weitergehende Details konnte das Landgericht aus der ohnehin weitgehend inhaltsleeren Verteidigererklärung nicht entnehmen.
- 7
- (2) Die Rüge im Zusammenhang mit dem Hilfsbeweisantrag ist zulässig erhoben, bleibt aber ohne Erfolg, weil das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Behauptung, der Zeuge A. habe im Januar und Februar 2000 "nicht stets die Wahrheit gesagt", keine dem Zeugenbeweis zugängliche Tatsache ist.
- 8
- (3) Die Besetzungsrüge ist zulässig erhoben, da der Beschwerdeführer sämtliche, den Mangel begründenden Tatsachen vorgetragen hat. Der Mitteilung des Hauptverhandlungsprotokolls sowie weiterer Schreiben bedurfte es entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO verpflichtet den Beschwerdeführer nur zum vollständigen Tatsachenvortrag , nicht auch darüber hinausgehend zum Beweisantritt. Die Rüge greift aber aus den vom Generalbundesanwalt ergänzend dargelegten Gründen in der Sache nicht durch.
- 9
- b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls kann keinen Bestand haben. Das Landgericht verkennt, dass § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auch dann eingreift, wenn dem Bestohlenen der Schaden von einem Versicherer ersetzt worden ist. In diesem Fall geht die Forderung des Versicherungsnehmers im Wege des gesetzlichen Anspruchs-Übergangs (§ 86 Abs. 1 VVG = § 67 Abs. 1 VVG aF) auf den Versicherer über (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 23). Der Senat lässt deshalb die Verfallsentscheidung entfallen.
- 10
- c) Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
- 11
- 2. Die auf Verfahrensrügen und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten E. bleibt erfolglos, da die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Senat bemerkt ergänzend, dass auch hier die Besetzungsrüge entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zulässig erhoben worden ist. Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Schäfer
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erklärungen des Angeklagten, die in einem richterlichen Protokoll oder in einer Bild-Ton-Aufzeichnung einer Vernehmung enthalten sind, können zum Zweck der Beweisaufnahme über ein Geständnis verlesen beziehungsweise vorgeführt werden.
(2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder behoben werden kann.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.
(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.
Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.