Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2019 - 3 StR 345/19

bei uns veröffentlicht am15.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 345/19
vom
15. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung
ECLI:DE:BGH:2019:151019B3STR345.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 421 Abs. 1 Nr. 2, 3 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 17. April 2019 im Ausspruch über die Einziehung der Täterbekleidung - Käppi, Kapuzensweatshirt Nike, Nike Sportschuhe - aufgehoben; insoweit wird von einer Entscheidung abgesehen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie die Einziehung des Wertersatzes des durch die Taten Erlangten angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Einziehungsentscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Zuschrift ausgeführt: "Indes kann die Einziehungsentscheidung keinen Bestand haben, soweit das Landgericht die vom Angeklagten zumindest bei einem Teil der Taten (UA S. 10) getragene Oberbekleidung (UA S. 8) als Tatmittel eingezogen hat (UA S. 19). Nach Maßgabe des § 74 Abs. 1 StGB können Gegenstände , die zur Begehung einer vorsätzlichen Tat gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, als Tatmittel der Einziehung unterliegen. Tatmittel in diesem Sinne sind nicht nur solche Gegenstände, die bei Begehung der eigentlichen Tat Verwendung gefunden haben oder finden sollten, sondern auch jene, die die Tat vom Stadium der Vorbereitung bis zur Beendigung überhaupt ermöglicht oder zu ihrer Durchführung gedient haben oder hierzu erforderlich waren. Jedoch genügt die Benutzung eines Gegenstandes nur bei Gelegenheit der Tat nicht. Erforderlich ist darüber hinaus, dass sein Gebrauch gezielt die Verwirklichung des deliktischen Vorhabens fördert oder nach der Planung des Täters fördern soll (Senat, Beschluss vom 9. Juli 2002 - 3 StR 165/02 -, juris Rdn. 3; BGH, Beschluss vom 3. Juli 2018 - 1 StR 264/18 -, juris Rdn. 4).
Die Urteilsfeststellungen legen jedoch nicht dar, dass den bei Begehung der Taten getragenen Kleidungsstücken und Schuhen nach der Vorstellung des Angeklagten irgendeine deliktsbezogene Bedeutung zukommen sollte. Insbesondere ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass einzelne dieser Stücke oder die Oberbekleidung in ihrer Gesamtheit nach dem Tatplan des Angeklagten beispielsweise dazu bestimmt waren , seine Identifizierung zu verhindern oder die Flucht vom Tatort zu begünstigen. Da es sich um Alltagsgegenstände handelt, versteht sich eine derartige Zweckbestimmung allein aufgrund der Eigenschaften der Einziehungsgegenstände als Kopfbedeckung (Käppi), mögliche Kopfbedeckung (Kapuzensweatshirt) und Sportschuh auch nicht etwa von selbst. Einer Zurückverweisung zur Entscheidung über die Einziehung dieser Gegenstände bedarf es jedoch nicht. Der Senat kann von der Einziehung insoweit gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 2, 3 StPO absehen."
3
Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich der Senat an und verfährt entsprechend.
4
2. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Schäfer Gericke Wimmer
Hoch Erbguth

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Strafprozeßordnung - StPO | § 421 Absehen von der Einziehung


(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn 1. das Erlangte nur einen geringen Wert hat,2. die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Be

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bei uns veröffentlicht am 09.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 165/02 vom 9. Juli 2002 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen An

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 165/02
vom
9. Juli 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 9. Juli
2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 15. Februar 2002 dahingehend abgeändert, daß die Einziehung des Pkw Mercedes Benz (W 210) AMG E 50 entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Jedoch wird die Gebühr um 1/8 ermäßigt und werden der Staatskasse 1/8 der dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "tateinheitlich begangenen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und einen Revolver Smith & Wesson sowie einen Pkw Mercedes Benz eingezogen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat allein hinsichtlich der Einziehung des Pkw Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Angeklagte hatte am Abend des Tattages in seiner Wohnung den Anruf seiner als Prostituierten tätigen Ehefrau erhalten, die ihm mitteilte, sie fühle sich vom Nebenkläger beleidigt und bedroht. Der Angeklagte fuhr daher - bewaffnet mit der Pistole Smith & Wesson - mit dem Pkw Mercedes in die C. straûe in L. . Dort unterhielt er sich mit seiner Ehefrau und sodann mit seinem Sohn und begab sich anschlieûend mit dem Pkw auf den Heimweg. Während der Fahrt erhielt er einen weiteren Anruf, in welchem ihm auf Veranlassung seiner Ehefrau mitgeteilt wurde, daû es zwischen dem Sohn der Eheleute und dem Nebenkläger zu einer Auseinandersetzung gekommen war. Der Angeklagte wendete daraufhin das Fahrzeug, fuhr zurück, stellte den Pkw am einen Ende der C. straûe ab und ging durch diese in Richtung Untertrave, wobei er die Pistole in der Hand hielt. Von seinem ihm entgegenkommenden Sohn nahm er keine Notiz, sondern lief geradewegs zu dem am anderen Ende der C. straûe abgestellten Pkw des Nebenklägers und schoû aus kurzer Entfernung auf den im Fahrzeug sitzenden Nebenkläger sowie dessen sich ebenfalls im Fahrzeug befindliche Ehefrau (die Nebenklägerin ). Nachdem er die Pistole leergeschossen hatte, lief er durch die C. straûe zu dem abgestellten Pkw Mercedes zurück und "floh" mit diesem in Richtung S. , wo er von der Polizei festgenommen wurde.
Das Landgericht hat den Pkw Mercedes eingezogen, weil ihn der Angeklagte nach den Schüssen auf die Nebenkläger bewuût zur Flucht benutzt habe. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Gemäû § 74 Abs. 1 StGB können als Tatwerkzeuge zwar nicht nur solche Gegenstände eingezogen werden, die zur eigentlichen Begehung der Tat Verwendung finden bzw. nach der Planung des Täters hierzu bestimmt sind; der Einziehung unterliegt vielmehr alles, was die Tat vom Stadium der Vorbereitung bis zur Beendigung (vgl. BGH NJW
1952, 892 Ls.; BGH bei Dallinger MDR 1970, 559) überhaupt ermöglicht und zu ihrer Durchführung dient oder hierzu erforderlich ist (BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 4). Jedoch reicht die nur gelegentliche Benutzung eines Gegenstandes im Zusammenhang mit der Tat nicht aus (Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 74 Rdn. 11). Erforderlich ist darüber hinaus, daû sein Gebrauch gezielt die Verwirklichung des deliktischen Vorhabens fördert bzw. nach der Planung des Täters fördern soll. Dies war hier hinsichtlich des Pkw Mercedes nicht der Fall.
Die getroffenen Feststellungen belegen nicht, daû der Benutzung des Fahrzeuges nach der Vorstellung des Angeklagten irgendeine Relevanz für sein Vorgehen gegen den Nebenkläger zukam. Daû er mit dem Pkw zur C. straûe zurückfuhr, als er von der Auseinandersetzung zwischen seinem Sohn und dem Nebenkläger erfahren hatte, besagt hierzu für sich allein nichts; denn da der Angeklagte den entsprechenden Anruf während der Heimfahrt erhielt , lag es nahe, daû er gerade mit dem Pkw zu dem Ort des Geschehens zurückfuhr. Es ist aber weder festgestellt, daû er bereits während der Rückfahrt zur C. straûe den Entschluû gefaût hatte, auf den Nebenkläger zu schi eûen , noch daû er den Pkw gerade deswegen nutzte, um nach einer "Abrechnung" mit dem Nebenkläger ein geeignetes Mittel für eine schnelle Flucht zur Hand zu haben. Es fehlt daher an der notwendigen inneren Verknüpfung zwischen der Benutzung des Fahrzeugs und der Tatbegehung. Entgegen der Ansicht des Landgerichts rechtfertigt allein die Tatsache, daû der Angeklagte nach Abgabe der Schüsse zu dem Pkw Mercedes zurückging und mit diesem davonfuhr, die Einziehung schon deswegen nicht, weil zu diesem Zeitpunkt die gegen die Nebenkläger begangenen Straftaten bereits beendet waren.
Der Senat schlieût aus, daû noch weitere Feststellungen getroffen werden können, die die Einziehung des Fahrzeugs ermöglichen würden. Er entscheidet daher in der Sache selbst und ändert das angefochtene Urteil dahin ab, daû die Einziehung des Pkw Mercedes entfällt.
Winkler Miebach Pfister von Lienen Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 264/18
vom
3. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2018:030718B1STR264.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 1.a) und 2. auf dessen Antrag – am 3. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 1. März 2018
a) im Ausspruch über die Einziehung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und
b) dahingehend abgeändert, dass die Einziehungsanordnung entfällt. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem ist die Einziehung von zwei näher bezeichneten Mobiltelefonen einschließlich SIM- und SD-Karten angeordnet worden.
2
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten führt lediglich zur Aufhebung und zum Wegfall der Einziehungsentscheidung (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Nach den der Einziehungsentscheidung zugrunde liegenden Feststellungen führte der Angeklagte die beiden fraglichen Mobiltelefone bei der Einfuhr des verfahrensgegenständlichen Marihuanas mit sich, um Kontakt mit dritten Personen im Hinblick auf das eingeführte Rauschgift zu halten. Diese seien daher zur Begehung vorsätzlicher Taten bestimmt gewesen (UA S. 16). Dem fehlt eine tragfähige beweiswürdigende Grundlage, so dass die Voraussetzungen der Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 Var. 2 StGB nicht rechtsfehlerfrei belegt sind.
4
a) Zwar hat das Landgericht im rechtlichen Ausgangpunkt an sich zutreffend angenommen, dass als Tatmittel nicht lediglich solche Gegenstände eingezogen werden können, die zur eigentlichen Begehung der Tat Verwendung finden bzw. nach der Vorstellung des Täters hierzu bestimmt sind, sondern alles , was die Tat überhaupt ermöglicht und zu ihrer Durchführung dient oder hierzu erforderlich ist. Jedoch reicht die nur gelegentliche Benutzung eines Gegenstandes im Zusammenhang mit der Tat nicht aus. Erforderlich ist darüber hinaus, dass sein Gebrauch gezielt die Verwirklichung des deliktischen Vorhabens fördert bzw. nach der Planung des Täters fördern soll (BGH,Beschluss vom 8. Dezember 2004 – 2 StR 362/04, StV 2005, 210 f. mwN).
5
b) Diese Voraussetzungen sind nicht tragfähig belegt. Das Landgericht hat keine näheren Feststellungen treffen können, wann und von wem der Angeklagte damit beauftragt wurde, das Marihuana in das Inland zu verbringen und an wen, wann und wo er es in Deutschland übergeben sollte. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend aufgezeigt hat, kann angesichts dessen allein aus dem Auffinden sogenannter „Kreuztreffer“ in den dem Angeklagten zugeordneten Mobiltelefonen nicht auf eine – in dem vorstehend dargestellten Sinne – Bestimmung dieser Telefone zur Förderung der Einfuhrtat geschlossen werden. Denn es fehlt an konkreten, über eine eventuell vorhandene kriminalistische Erfahrung hinausgehenden Anhaltspunkten für eine erfolgte oder wenigstens angestrebte Nutzung zur Tatförderung. Auch die einer Einziehungsentscheidung zugrundeliegende Beweiswürdigung muss aber – wie stets (zum Maßstab allgemein BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – 2 StR 238/17 Rn. 8 mwN) – auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruhen; die vom Tatrichter gezogenen Schlussfolgerungen dürfen sich nicht lediglich als Vermutung darstellen. Wegen der fehlenden Feststellungen zu dem Ablauf der verfahrensgegenständlichen Tat außerhalb des Transportvorgangs selbst, erschöpfen sich die Erwägungen des Landgerichts aber in einer Vermutung über die Bestimmung der Mobiltelefone, Tatmittel zu sein.
6
c) Das führt zur Aufhebung der Einziehungsanordnung; wegen des Beweiswürdigungsmangels einschließlich der zugrundeliegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Da weitere Beweismittel als die im angefochtenen Urteil dargelegten nicht ersichtlich sind, schließt der Senat aus, dass noch die Einziehungsvoraussetzungen begründende Feststellungen getroffen werden können und lässt deshalb die Einziehungsanordnung entfallen.
7
2. Angesichts des geringen Erfolgs seines Rechtsmittels ist es nicht unbillig den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 StPO).
Raum Jäger Radtke Fischer Bär

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.