Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - 3 StR 21/19

bei uns veröffentlicht am02.05.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 21/19
vom
2. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:020519B3STR21.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 2. Mai 2019 einstimmig
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil desLandgerichts Mönchengladbach vom 24. September 2018 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 154/61, BGHSt 16, 164; Beschluss vom 30. Oktober 1987 - 3 StR 414/87, BGHR StPO § 136a Abs. 1 Satz 3, Vereinbarung 1; offen gelassen von BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, Rn. 73; Beschluss vom 14. September 2010 - 3 StR 573/09, BGHSt 55, 314, Rn. 11) sind die Voraussetzungen eines - hier von der Verteidigung behaupteten - Beweisverwertungsverbots nach § 136a StPO im Wege des Freibeweises aufzuklären; insoweit ist das Revisionsgericht zu eigener Prüfung berufen. Es ist grundsätzlich weder auf die Feststellungen des Tatgerichts beschränkt noch an dessen Beweiswürdigung gebunden (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 154/61, BGHSt 16, 164, 167). Der Senat kommt bei eigener revisions- gerichtlicher Überprüfung anhand der mitgeteilten Umstände zu den Beschuldigtenvernehmungen des Angeklagten zu dem Ergebnis, dass dieser verbotenen Vernehmungsmethoden nicht unterworfen wurde. Dabei sind - wie schon die Strafkammer ausgeführt hat - die in sich stimmigen und durch objektive Umstände bestätigten Angaben der Ermittlungsbeamten zugrunde zu legen. Diese werden weder durch die schon aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit unglaubhaften gegenteiligen Erklärungen des Angeklagten widerlegt, noch durch die ohne näheren Bezug zum vorliegenden Fall in die Revisionsbegründung eingerückten, weitgehend ohne Kenntlichmachung wörtlich aus einer Veröffentlichung des Verteidigers des Angeklagten übernommenen, pauschalen und empirisch nicht belegten Ausführungen über die vermeintliche Befangenheit von Ermittlern in Zweifel gezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vernehmungssituation und deren Würdigung sowie zu der in diesem Zusammenhang erhobenen Rüge, die Verteidigung habe bei der freibeweislichen Anhörung des Vernehmungsbeamten keine Fragen stellen dürfen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Soweit sich ein Verstoß gegen § 136a StPO auch daraus ergeben soll, dass der Angeklagte in rechtswidriger Art und Weise seiner Freiheit beraubt gewesen sei, ist die Rüge bereits unzulässig, weil die Revision nicht mitteilt, welche Tatsachen den Ermittlungsbeamten bekannt waren und welche Anhaltspunkte für einen dringenden Tatverdacht daraus abzuleiten waren, als der Angeklagte zur Vernehmung auf der Polizeiwache gebeten wurde (vgl. zu diesem Vortragserfordernis BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - 3 StR 23/18, NStZ 2018, 734 f.). Dazu hätte insbesondere der Vermerk der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach vom 3. Februar 2018 vorgelegt werden müssen, aus dem sich Erkenntnisse zu der vor den Beschuldigtenvernehmungen des Angeklagten und der Mitangeklagten vorhandenen Verdachtslage ergeben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass insoweit eine Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft nunmehr gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 347 Abs. 1 Satz 3 StPO) und deshalb geboten gewesen wäre.
Schäfer Gericke Ri’inBGH Wimmer befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Berg Hoch

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - 3 StR 21/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - 3 StR 21/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - 3 StR 21/19 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 136a Verbotene Vernehmungsmethoden; Beweisverwertungsverbote


(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung od

Strafprozeßordnung - StPO | § 347 Zustellung; Gegenerklärung; Vorlage der Akten an das Revisionsgericht


(1) Ist die Revision rechtzeitig eingelegt und sind die Revisionsanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form angebracht, so ist die Revisionsschrift dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine sch

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - 3 StR 21/19 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - 3 StR 21/19 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Aug. 2009 - 3 StR 552/08

bei uns veröffentlicht am 14.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 552/08 vom 14. August 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja (nicht: B. III., C. V.-VII.) Veröffentlichung: ja ____________________________________ I. StPO § 100 c Abs. 4, 5, 6, § 100 d Abs. 5 Nr

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Sept. 2010 - 3 StR 573/09

bei uns veröffentlicht am 14.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 573/09 vom 14. September 2010 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ StPO § 136a KonsG § 7 1. Das Gespräch, das ein Konsularbeamter mit einem in ausländischer Ha
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2019 - 3 StR 21/19.

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2019 - 3 StR 382/19

bei uns veröffentlicht am 01.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 382/19 vom 1. Oktober 2019 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ECLI:DE:BGH:2019:011019B3STR382.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des General

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

73
Eine in diesem Sinne rechtsfehlerhafte Anordnung der Wohnraumüberwachung zeigen die Beschwerdeführer weder auf, noch ist sie ersichtlich. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der Aufzählung von Gesprächen, hinsichtlich derer eine Kernbereichsrelevanz lediglich pauschal durch schlagwortartige Bezeichnungen ("Beten", "Heirat", "Tod des Vaters" etc.) behauptet wird. Das Oberlandesgericht hat zudem auch insoweit auf der Grundlage einer Rekonstruktion der tatsächlichen Verhältnisse zum Anordnungszeitpunkt das Vorliegen einer negativen Kernbereichsprognose geprüft und bejaht. Die Beschwerdeführer legen erneut nicht dar, dass diese Entscheidung Rechtsfehler enthält. Es haben sich auch nach revisionsrechtlicher Prüfung keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich die Sachlage anders als vom Oberlandesgericht angenommen dargestellt hat, so dass eine vertiefte freibeweisliche Prüfung (vgl. BGHSt 16, 164, 166 f.) nicht veranlasst war. Der Senat neigt ohnehin der Ansicht zu, dass in Abkehr von bisheriger Rechtsprechung tatsächliche Feststellungen , die der Tatrichter freibeweislich trifft, in der Revisionsinstanz ebenso wie seine Überzeugungsbildung auf strengbeweislicher Grundlage nur auf Rechtsfehler in der Beweiswürdigung zu überprüfen sind; dies bedarf hier aus den dargelegten Gründen aber keiner näheren Erörterung.
11
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts haben die Misshandlungen des Angeklagten bei seinen Vernehmungen durch den ISI keinen Einfluss auf seine Angaben gegenüber dem Zeugen M. gehabt. Der Senat kann erneut offen lassen, ob er an diese - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen gebunden (vgl. insoweit schon BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448, Rn. 73) oder insoweit zu eigener Prüfung im Freibeweisverfahren berufen ist (im letzteren Sinn BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 154/61, BGHSt 16, 164). Denn er kommt auch bei eigener Überprüfung anhand der vom Oberlandesgericht mitgeteilten, von der Revision als solche nicht in Zweifel gezogenen objektiven Umständen der Befragung zu demselben Ergebnis.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Ist die Revision rechtzeitig eingelegt und sind die Revisionsanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form angebracht, so ist die Revisionsschrift dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine schriftliche Gegenerklärung einzureichen. Wird das Urteil wegen eines Verfahrensmangels angefochten, so gibt der Staatsanwalt in dieser Frist eine Gegenerklärung ab, wenn anzunehmen ist, dass dadurch die Prüfung der Revisionsbeschwerde erleichtert wird. Der Angeklagte kann die Gegenerklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben.

(2) Nach Eingang der Gegenerklärung oder nach Ablauf der Frist sendet die Staatsanwaltschaft die Akten an das Revisionsgericht.