Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2011 - 2 StR 669/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis für den Angeklagten von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachbeschwerde und auf Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Die Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen nicht durch. Der Schuldspruch, der Ausspruch über die Einzelstrafen zu den Fällen II.1. bis II.3. und der Maßregelausspruch sind auch sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Jedoch kann der Ausspruch über die Einzelstrafe zu Fall II.4. nicht aufrechterhalten werden. Nach dem Wegfall dieser Einsatzstrafe kann die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.
- 3
- Das Landgericht hat in den Fällen II.1. bis II.3. der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte jeweils 1.400 Liter Dieselkraftstoff entwendet hatte, Einzelstrafen von je einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Eine gleich hohe Strafe war bei einer früher abgeurteilten Tat, bei welcher der Angeklagte ebenfalls rund 1.400 Liter Kraftstoff gestohlen und eine Bodenverunreinigung verursacht hatte, ausgesprochen worden. Im Fall II.4. hatte der Angeklagte dagegen nach der Wegnahme von 156 Litern Dieselkraftstoff die Tatausführung abgebrochen und war mit seinem Kraftfahrzeug vom Tatort geflohen, wobei er den Zeugen I. , der ihn festnehmen wollte, zum Ausweichen genötigt hatte. Wegen dieser Tat hat das Landgericht unter Heranziehung des Strafrahmens aus § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB eine Einzelstrafe von vier Jahren verhängt. Begründet hat es die Erhöhung dieser Strafe gegenüber den anderen mit einem Hinweis auf die Art und Weise der Flucht des Angeklagten unter Gefährdung des Zeugen I. . Diese Begründung trägt nicht.
- 4
- Die Strafkammer ist bezüglich der tateinheitlich begangenen Nötigung von einem Fall des § 240 Abs. 1 StGB ausgegangen, für den das Gesetz einen Strafrahmen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Ei- nen unbenannten besonders schweren Fall nach § 240 Abs. 4 Satz 1 StGB hat es nicht angenommen. Schon der Vergleich der Strafrahmen von § 240 Abs. 1 und § 243 Abs. 1 StGB zeigt, dass der Nötigung gegenüber dem Diebstahl im besonders schweren Fall, für den eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren angedroht wird, bei der Bemessung der Einzelstrafe (§ 52 Abs. 1 StGB) eine mindere Bedeutung zukommt. Die Erhöhung der Einsatzstrafe gegenüber den Einzelstrafen für die anderen Diebstähle, bei denen der Angeklagte jeweils eine größere Beute erzielt hatte, um ein Mehrfaches konnte die Strafkammer daher nicht alleine mit einem Hinweis auf die tateinheitliche Verwirklichung des Nötigungstatbestandes nachvollziehbar begründen. Dies gilt auch in Ansehung der Gefährdung des Zeugen I. . Die Einsatzstrafe muss daher neu zugemessen und die Gesamtstrafe neu bestimmt werden.
- 5
- Die Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht berührt werden. Ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter sind möglich.
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält, - 2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, - 3.
gewerbsmäßig stiehlt, - 4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient, - 5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist, - 6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder - 7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält, - 2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, - 3.
gewerbsmäßig stiehlt, - 4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient, - 5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist, - 6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder - 7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.