Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 608/12
vom
12. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 12. Juni 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 30. März 2012, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) im Fall CI.2. b) der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) im Fall CI.2. i) der Urteilsgründe; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückgewiesen.
4. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten S. und K. werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestechung in drei Fällen sowie bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Bestechung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten K. hat es wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Bestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten S. und K. haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten S. im Fall CI.2. b) der Urteilsgründe wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG) hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
a) Das Landgericht hat insoweit im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
4
Spätestens im Juni 2008 schlossen sich die Gefangenen A. , S. , Y. und St. sowie der sich in Freiheit befindliche Ye. zusammen, um in Zukunft gemeinsam durch den Mitangeklagten G. , einem Vollzugsbeamten, Haschisch in die JVA R. schmuggeln zu lassen und dieses dort gewinnbringend weiterzuverkaufen. Das Rauschgift sollte dabei in den privaten Briefkasten des G. eingeworfen werden, der den entsprechenden Umschlag gegen ein Entgelt in Höhe von 150,- Euro anschließend in die JVA verbringen und dort St. übergeben sollte.
5
Nach einer erfolgreich durchgeführten Haschischlieferung beauftragte A. Ende Juni 2008 Y. mit der Beschaffung von weiterem Haschisch im Gegenwert von 500,- Euro über seinen Bruder Ye. . Die Geldsumme ließ der Angeklagte S. vom Konto seiner Schwester auf das Konto des Vaters der Brüder Y. überweisen. Ye. konnte jedoch seinen algerischen Dealer nicht erreichen. Als A. dies erfuhr, sprach er den ihm als BtM-Konsumenten bekannten Mitgefangenen Kl. nach einem Lieferanten für Heroin an, da er diese Droge in der JVA ebenfalls absetzen konnte. Kl. trat daraufhin mit dem (nicht inhaftierten) Zeugen Ke. in Kontakt, der eine Heroinlieferung im Gegenwert von 500,- Euro zusagte. Ye. , der ebenso wenig wie sein Bruder über die Auswechslung des Rauschgifts informiert wurde, erhielt die Telefonnummer des Ke. . Bei einem vereinbarten Treffen erhielt Ye. , der davon ausging, Haschisch zu erhalten, von Ke. eine Marlboro-Zigarettenschachtel, in der sich 16 g Heroin befanden. Auf der Fahrt zur JVA entdeckte Ye. den Inhalt der Zigarettenschachtel, verpackte das Heroin aber trotzdem in einen Briefumschlag, den er in den Briefkasten des G. warf. G. schmuggelte den Umschlag nebst Inhalt absprachegemäß in die JVA und gab ihn an St. weiter. Dieser öffnete den Umschlag in Beisein des Angeklagten S. und des Y. . Als Letzterer erkannte, dass ohne seine Kenntnis Heroin geliefert worden war, war er - da sein Bruder dadurch in Kontakt mit Heroin gekommen war - verärgert und stellte A. zur Rede. Dieser entschuldigte sich mit den Worten, "es sei nichts anderes da gewesen". Die gleiche Antwort erhielt St. auf seine Nachfrage vom Angeklagten S. . In der Folge wurde das Heroin durch A. gewinnbringend weiterveräußert. Den Wirkstoffgehalt des Heroins schätzte die Strafkammer auf 10% HeroinHydrochlorid.
6
b) Durch diese Feststellungen ist nicht hinreichend belegt, dass der Angeklagte S. hinsichtlich des Vorliegens einer nicht geringen Menge Heroin (bedingt) vorsätzlich gehandelt hat. Ein solcher, von der Strafkammer nicht ausdrücklich festgestellter Vorsatz liegt auch nicht dergestalt auf der Hand, dass eine nähere Erörterung überflüssig wäre. Zwar entnimmt der Senat der Antwort des Angeklagten S. auf die Nachfrage des St. , "es sei nichts anderes da gewesen", dass er über die bevorstehende Heroinlieferung informiert gewesen war. Dies allein sagt jedoch noch nichts darüber aus, ob er sich auch eine Vorstellung über deren Größenordnung gebildet hatte. Der Angeklagte hatte freilich 500,- Euro an Kaufgeld überwiesen; dies geschah allerdings zu einem Zeitpunkt, als es noch um eine Haschischbestellung ging. Hinzu kommt, dass beim Angeklagten S. - anders als beim Mitangeklagten A. - auch im Rahmen der Vorstrafen keine besonderen Erfahrungen mit Heroingeschäften festgestellt sind. Die Höhe des Kaufpreises stellt daher ebenfalls kein tragfähiges Indiz für das Vorstellungsbild des Angeklagten S. dar, zumal die Grenze der nicht geringen Menge nach den Feststellungen der Strafkammer nicht erheblich überschritten wurde.
7
c) Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die ein insoweit vorsätzliches Handeln des Angeklagten S. belegen könnten. Die Urteilsaufhebung erstreckt sich auch auf die - für sich genommen rechtsfehlerfreie - tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Bestechung.
8
2. Die Feststellungen tragen auch die Verurteilung des Angeklagten K. im Fall CI.2. i) wegen mittäterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 25 Abs. 2 StGB) nicht.
9
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen bestellte der Angeklagte K. , der ebenfalls in der JVA R. inhaftiert war, zwischen Ende Januar und Anfang Februar 2009 bei seinem Freund U. 200 g Haschisch. Das Landgericht konnte nicht klären, ob der Angeklagte K. die Bestellung noch aus eigenem Entschluss oder schon auf Grund einer Aufforderung des A. aufgegeben hatte; jedenfalls beschloss A. , das Rauschgift auf dem üblichen Weg über G. einschleusen zu lassen und es gewinnbringend weiterzuverkaufen. Nachdem der von U. angesprochene Dealer nur bereit war, eine größere Menge Haschisch zu verkaufen, erwarb U. von diesem 497,61 g mit einem Wirkstoffgehalt von 25,3 g THC zu einem Preis von 900,- Euro, den er aus eigenen Mitteln bezahlte. U. erkundigte sich sodann telefonisch bei dem Angeklagten K. , ob dieser mit der Lieferung der gesamten 500 g einverstanden wäre. Der Angeklagte K. hielt mit A. Rücksprache , worauf dieser U. anrief und ihn anwies, die gesamte Menge in den Briefkasten des G. einzuwerfen. Dieser Aufforderung kam U. nach. Als am nächsten Morgen G. mit dem Haschisch die JVA betrat, um es dort S. zu übergeben, wurde er festgenommen und das Rauschgift sichergestellt.
10
b) Durch diese Feststellungen ist nicht hinreichend belegt, dass der Angeklagte , wie der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln voraussetzt, eigennützig handelte. Eigennützig handelt der Täter, dem es auf seinen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt. Sein Handeln muss vom Streben nach Gewinn geleitet sein oder er muss sich sonst irgendeinen persönlichen Vorteil von ihm versprechen, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschluss vom 6. November 2012 - 2 StR 410/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 80). Ein Vorteil immaterieller Art kommt bei der gebotenen zurückhaltenden Auslegung nur in Betracht, wenn er einen objektiv messbaren Inhalt hat und den Empfänger in irgendeiner Weise tatsächlich besser stellt (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29, Teil 4, Rn. 189 mwN). Diese Voraussetzungen sind nur unzureichend belegt. Soweit das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausführt, K. habe sich von seiner Tätigkeit versprochen, sich bei A. interessant und wichtig zu machen, ist dies einer objektiven Bewertung nicht zugänglich. Soweit das Landgericht weiter auf die Erwartung des Angeklagten abstellt, A. werde ihm - in Folge des entstandenen "Respekts" - gestatten, von ihm gewünschte Gegenstände wie Handys und Jogginganzüge auch über G. einschmuggeln zu lassen (UA S. 123), kann der Senat ohne nähere Feststellungen zu den Gründen für diese Erwartung jedenfalls nicht ausschließen, dass es sich lediglich um eine vage Hoffnung handelte, die angesichts der gebotenen zurückhaltenden Auslegung nicht als objektiv messbarer Vorteil ausreicht (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 2004 - 3 StR 424/04, insoweit in NStZ-RR 2005, 88 nicht abgedruckt

).

11
c) Die Sache bedarf daher auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Da die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind, kann der Senat sie aufrechterhalten. Ergänzende Feststellungen, die den getroffenen nicht widersprechen, sind möglich.
12
3. Durch die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall CI.2. b) bzw. im Fall CI.2. i) und dem Wegfall der damit verbundenen Einzelstrafen wird auch dem jeweiligen Gesamtstrafenausspruch die Grundlage entzogen.
Becker Appl Berger Eschelbach Ott

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2013 - 2 StR 608/12 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2012 - 2 StR 410/12

bei uns veröffentlicht am 06.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 410/12 vom 6. November 2012 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des General

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 410/12
vom
6. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 6. November 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 23. Mai 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in vollem Umfang Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch wird nicht von den Feststellungen getragen. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die bei dem Angeklagten aufgefundenen 12 Gramm Heroin zum Teil für den Eigenkonsum und zu einem weiteren Teil für die Weitergabe an eine dritte Person bestimmt waren, womit der Angeklagte Geldschulden begleichen wollte (UA S. 14). Dies belegt auch hinsichtlich des nicht für den Eigenkonsum gedachten Rauschgifts nicht den Vorwurf des Handeltreibens. Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass der Angeklagte insoweit aus Eigennutz gehandelt hat. Eigennützig handelt der Täter, dem es auf einen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt. Sein Handeln muss vom Streben nach Gewinn geleitet sein oder er muss sich sonst irgendeinen persönlichen Vorteil von ihm versprechen, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 290 mwN). Derartige Feststellungen lässt das angefochtene Urteil vermissen. Zwar kann grundsätzlich ein relevanter Vorteil darin liegen, durch Hingabe von Betäubungsmitteln im Rahmen einer bestimmten wertmäßigen Anrechnung von einer bestehenden Geldverbindlichkeit befreit zu werden, doch ist auch insoweit die Feststellung einer Gewinnerzielungsabsicht erforderlich. Wer Rauschgift einkauft, um es ohne Gewinn zum gleichen Preis weiterzugeben, handelt nicht eigennützig (vgl. BGH StV 1992, 420). Gleiches muss gelten, wenn der Verrechnung auf bestehende Schulden lediglich der Einkaufspreis der erworbenen Betäubungsmittel zugrunde gelegt wird.
3
2. Der Senat hebt die Sache insgesamt auf und verweist zurück, obwohl auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen eine Verurteilung wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nahe liegt. So erhält der neue Tatrichter Gelegenheit, auch im Hinblick auf die Mengen von Betäubungsmitteln, die zum Eigenkonsum bzw. zur Weitergabe bestimmt waren, klare und eindeutige Feststellungen zum Tatgeschehen zu treffen.
4
3. Der Senat weist für die neue Verhandlung darauf hin, dass sich der neue Tatrichter eingehender als bisher mit der Frage auseinander zusetzen hat, ob vorliegend womöglich die Voraussetzungen des § 21 StGB gegeben sind. Die (knappe) Bezugnahme auf nicht näher mitgeteilte Ausführungen des Sachverständigen genügt angesichts der festgestellten Politoxikomanie insoweit nicht, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Sachverständige selbst die Steuerungsfähigkeit als "tangiert" angesehen hat (UA S. 17). Bei einer solchen Fallgestaltung ist es erforderlich, dass der Tatrichter die tragenden Erwägungen des Sachverständigen mitteilt und unter Berücksichtigung der gutachterlichen Erwägungen die ihm obliegende Einschätzung einer Anwendung des § 21 StGB darlegt.
5
Hinsichtlich der möglichen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird sich der neue Tatrichter unter Berücksichtigung der vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend dargelegten Rechtslage insbesondere mit der Frage der voraussichtlichen Therapiedauer zu befassen haben.
Becker Appl Schmitt Krehl Eschelbach

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.