Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 2 StR 55/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu Ziffer 3 auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen schuldig ist;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 3 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Den Mitangeklagten G. , dessen Revision der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat, hat es wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
- 2
- Die Revision des Angeklagten S. hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 3
- Der Schuldspruch im Fall 3 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
- 4
- 1. Nach den Feststellungen vereinbarte der Angeklagte mit dem Mitangeklagten G. und einem unbekannt gebliebenen Dritten, der sich „D. “ nannte, ein Treffen für ein Wochenende Anfang August 2014, in des- sen Rahmen es zu gemeinsamen sexuellen Handlungen an dem sechs Jahre alten Sohn des Angeklagten kommen sollte, die mit Berührungen am ganzen Körper einschließlich des Genitalbereichs des Kindes verbunden sein sollten; zugleich sollten davon Bilder angefertigt werden. Als Gegenleistung für die se- xuellen Handlungen sagte „D. “ dem Angeklagten unter anderem die Gewährung eines zinslosen Darlehens in Höhe von 20.000 EUR zu. Kurz vor dem Treffen wies der Mitangeklagte G. den Angeklagten darauf hin, dass „D. “ als Gegenleistung für die Gewährung des Darlehens intensivere sexuelle Handlungen erwarte. Daraufhin sagte der Angeklagte S. das Treffen kurzfristig ab.
- 5
- 2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne des § 176 Abs. 5 StGB.
- 6
- Gemäß § 176 Abs. 5 StGB macht sich wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes strafbar, wer sich mit einem anderen zur Begehung einer Tat nach den Absätzen 1 bis 4 des § 176 StGB verabredet. Diese Voraussetzungen sind durch die Feststellungen belegt. Weil es zur Vornahme sexueller Handlungen in der Folgezeit tatsächlich nicht gekommen ist, liegt jedoch ein tateinheitliches Vergehen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen im Sinne des § 174 StGB nicht vor. Dies führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung der Einzelstrafe von einem Jahr im Fall 3 der Urteilsgründe. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine mildere Einzelstrafe verhängt hätte, weil er die tateinheitliche Verwirklichung zweier Delikte ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt hat. Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
- 7
- Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Ergänzende, den bereits getroffenen nicht widersprechende Feststellungen sind möglich. Fischer Appl Krehl Eschelbach Bartel
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Referenzen - Gesetze
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Wer sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, - 2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder - 3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder - 2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2
- 1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder - 2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
(4) Der Versuch ist strafbar.
(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.