Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2019 - 2 StR 395/18
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 29. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 18. April 2018 aufgehoben, soweit gegen diesen Angeklagten die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 20.000 € als Gesamtschuldner angeordnet worden ist; diese entfällt, soweit sie sich gegen den Angeklagten K. richtet. 2. Seine weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten bandenmäßigen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und acht Monaten verurteilt und hat gegen ihn sowie gegen seine beiden Mitangeklagten die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 20.000 € als Gesamtschuldner angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
- 2
- Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- 1. Die Verfahrensrüge bleibt aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
- 4
- 2. Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen hat die Einziehungsentscheidung keinen Bestand. Das Landgericht hat gegen den Angeklagten die Einziehung für einen Tatertrag in Höhe von 20.000 € angeordnet, der aus dem „Testverkauf“ des halben Kilogramms Kokain am 6. Juli 2016 stammte. Bei dieser Geldübergabe waren auf Verkäuferseite allerdings nur die beiden Mitangeklagten A. und I. , nicht jedoch der Angeklagte K. vor Ort beteiligt. Damit hat der Angeklagte die faktische Verfügungsgewalt über das Kaufgeld bei Übergabe nicht erlangt. Die Annahme einer mittäterschaftlichen Zurechnung im Rahmen des Handeltreibens reicht für eine Haftung alleine nicht aus (BGH, Beschluss vom 20. November 2018 – 4 StR 326/18). Daher wäre gegen den Angeklagten K. nur der auf ihn selbst entfallende Teil des Verkaufserlöses als Tatertrag anzusetzen. Da aber weitere Feststellungen hierzu nicht mehr zu erwarten sind, lässt der Senat die Einziehungsanordnung gegen den Angeklagten K. insgesamt entfallen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. November 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der drei Monate als bereits vollstreckt gelten. Weiter hat es gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 43.500 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere hält auch die Strafrahmenwahl im Fall II. 2 der Urteilsgründe – bei dem der Angeklagte mit 2,1 Kilogramm Marihuana Handel trieb – revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Strafkammer hat in ihre Abwägung, ob sich diese Tat als minder schwerer Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 2 BtMG darstellt, sämtliche zugunsten des Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte , darunter auch die sehr schlechte Qualität des gehandelten Rauschgifts, eingestellt. Dass sie gleichwohl die Tat letztlich nicht als minder schweren Fall beurteilt hat, hält sich im Rahmen des dem Tatgericht eingeräumten Ermessens.
- 3
- 2. Hingegen weist die Einziehungsentscheidung einen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
- 4
- Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt: „Das Landgericht hat gegen den Angeklagten die Haftung für einen Tat- ertrag in Höhe von 43.500 Euro angeordnet, der aus dem Verkauf des Marihuanas durch den Mitangeklagten Gü. im Fall II. 4 der Urteilsgründe stammte. Dabei entfiel auf den Angeklagten ein Verkaufserlös in Höhe von 13.500 Euro, den dieser von Gü. persönlich erhielt. Der restliche Verkaufserlös ging von Gü. an eine Person namens ‚G. ‘.
hinreichend festgestellt. Dieser Schluss ist nach den getroffenen Feststellungen auch nicht offensichtlich.
Das Landgericht hat dazu ausgeführt, der Erlös von 43.500 Euro sei dem Angeklagten insgesamt zugeflossen, weil er ‚über den Resterlös, der über ‚G. ‘ an ‚F. ‘ ging, aufgrund der mittäterschaftlichen Begehungsweise zumindest die faktische Verfügungsgewalt‘ erlangt habe. Der Angeklagte und die unbekannte Person namens ‚F. ‘ seien zuvor übereingekommen, ‚größere Mengen Marihuana zu besorgen und gewinnbringend zu veräußern‘. Nach diesen Feststellungen bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erlöse aus den Verkäufen des Marihuanas zwischen dem Angeklagten und der Person namens ‚F. ‘ aufgeteilt wurden oder diese sonst nach der zwischen ihnen getroffenen Abrede wechselseitig zumindest wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über die Erlöse des jeweils anderen erhalten sollten (siehe dazu Senat, aaO; BVerfG, StV 2004, 409, 411).
Die Annahme einer mittäterschaftlichen Zurechnung im Rahmen des Handeltreibens reicht für eine Haftung alleine nicht aus (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 – 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198 f.). Daher ist gegen den Angeklagten nur der selbst erzielte Verkaufserlös als Tat- ertrag anzusetzen.“
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- Dem schließt sich der Senat an und setzt, da weitere Feststellungen hierzu nicht mehr zu erwarten sind, analog § 354 Abs. 1 StPO den nach §§ 73, 73c StGB einzuziehenden Geldbetrag in Höhe des von dem Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe vereinnahmten Verkaufserlöses von 13.500 Euro fest.
- 6
- 3. Die Abfassung der Urteilsgründe gibt Anlass zu dem Hinweis, dass die Beweiswürdigung keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten , sondern lediglich belegen soll, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Insbesondere besteht regelmäßig keine Notwendigkeit , die Einlassung des Angeklagten wiederholt – wie hier die Angaben des Mitangeklagten Gü. in der Hauptverhandlung sowie bei seinen beiden polizeilichen Vernehmungen – in allen, teils unbedeutenden Einzelheiten wiederzugeben , zumal wenn die gemachten Angaben in weiten Teilen den Feststellungen entsprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018 – 4 StR 305/17, Rn. 37 [insofern nicht abgedruckt in NStZ-RR 2018, 214]).
- 7
- 4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Bender Feilcke