Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2003 - 2 StR 341/03

bei uns veröffentlicht am17.12.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 341/03
vom
17. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. Dezember
2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25. Mai 2003 im Ausspruch der Geldstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1. Der Angeklagte ist zunächst durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2001 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Führens einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zu einer Vermögensstrafe von 300.000 DM, ersatzweise einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, verurteilt worden. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat durch Beschluß vom 15. November 2002 - 2 StR 302/02 - dieses Urteil "jeweils im Einzelstrafausspruch im Fall IV 1 a und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben, soweit er
zu einer Vermögensstrafe von 300.000 DM ... verurteilt worden ist", und die Sache insoweit an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Im Hinblick auf § 358 Abs. 2 StPO hat der Senat in den Gründen des Beschlusses aufgeführt, an Stelle der aufgehobenen, verfassungswidrigen Vermögensstrafe komme die Verhängung einer Geldstrafe gemäß § 41 StGB als mildere Rechtsfolge in Betracht. Der neue Tatrichter hat im angefochtenen Urteil vom 25. Mai 2003 deklaratorisch festgestellt, daß der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren rechtskräftig verurteilt sei, und ihn "darüber hinaus ... zu einer Geldstrafe von 18.000 Euro, ersatzweise 180 Tage Freiheitsstrafe", verurteilt. Die Revision des Angeklagten wendet sich mit der Sachrüge sowohl gegen den deklaratorischen Teil des Urteils als auch gegen die verhängte Geldstrafe. Sie ist nur in letzterer Hinsicht begründet. 2. Die Feststellung des Schuldspruchs und der Gesamtfreiheitsstrafe begegnet keinen rechtlichen Bedenken, denn diese Teile des Urteils vom 30. November 2001 sind durch Beschluß des Senats vom 15. November 2002 rechtskräftig geworden. Der Beschlußtenor dieser Entscheidung mag zwar mit der Formulierung "jeweils im Einzelstrafausspruch im Fall IV 1 a und im Gesamtstrafenausspruch" zunächst mißverständlich erscheinen. Der folgende Halbsatz führt jedoch - insoweit unmißverständlich - aus: " ..., soweit er zu einer Vermögensstrafe ... verurteilt wurde." In den Gründen des Beschlusses ist ebenfalls unmißverständlich ausgeführt, die Revision werde "zum Schuldspruch , zu den Aussprüchen über die Einzelfreiheitsstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe" als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Hieraus ergibt sich ohne Zweifel, daß allein der Anspruch über die Vermögens-
strafe - die dem Fall IV 1 a der damaligen Urteilsgründe zugeordnet war - der Aufhebung unterlag. 3. Die Revision ist begründet, soweit sie sich gegen die Verhängung der Geldstrafe wendet. Zwar kann aus der § 40 Abs. 1 Satz 1 StGB widersprechenden Formulierung des Urteilstenors im Zusammenhang mit der - gleichfalls gesetzesfernen - Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe noch geschlossen werden, daß der Tatrichter eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 100 Euro verhängen wollte. Es mangelt jedoch an einer hinreichenden Begründung für die Festsetzung sowohl der Tagessatzanzahl als auch der Tagessatzhöhe. In den ergänzenden Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen hat das Landgericht ausgeführt, die Angaben des Angeklagten zu Belastungen aufgrund Vollstreckungsmaßnahmen wegen rückständiger Einkommensteuer in Höhe von 260.000 Euro seien zutreffend. Der Angeklagte hat angegeben, er sei aufgrund dieser Vollstreckung inzwischen "fast verarmt"; der Wert seines Hauses in Spanien sei niedriger als im ersten Urteil festgestellt. Hierzu hat das Landgericht ausgeführt, daß "Angaben im Immobilienhandel bekanntermaßen beliebig zu sein (pflegen)" (UA S. 8); Feststellungen zu den Einkommensverhältnissen des Angeklagten hat es nicht getroffen. Die Bemessung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB hat nach den Grundsätzen des § 40 StGB zu erfolgen; die gesonderte Geldstrafe ist keine konfiskatorische Maßnahme (vgl. Senatsbeschluß vom 15. November 2002 - 2 StR 302/02). Dies hat der Tatrichter ersichtlich übersehen, zur Begründung der Geldstrafenzumessung hat er allein ausgeführt, die Sanktion gemäß § 41 StGB beruhe "auf rechtswidrig erlangtem Tun"; der Angeklagte habe aus Gewinnsucht gehandelt und hohe Erträge erzielt (UA S. 7). Dies be-
gründet die Besorgnis, das Landgericht habe die Geldstrafe quasi als "Vermögensstrafe in anderem Gewand" zugemessen und daher die rechtlichen Anforderungen verkannt. 4. Das Urteil war daher, entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts , insoweit erneut aufzuheben. Die Sache war zurückzuverweisen, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Geldstrafe und gegebenenfalls deren tatsächliche und rechtliche Bemessungsgrundlagen umfassend zu prüfen. Die hypothetischen Erwägungen der Revision im Hinblick auf § 79 BVerfGG stehen dem aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführten Gründen nicht von vornherein entgegen. Bode Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2003 - 2 StR 341/03

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2003 - 2 StR 341/03

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2003 - 2 StR 341/03 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 79


(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erkl

Strafgesetzbuch - StGB | § 40 Verhängung in Tagessätzen


(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze. (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der

Strafgesetzbuch - StGB | § 41 Geldstrafe neben Freiheitsstrafe


Hat der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht, so kann neben einer Freiheitsstrafe eine sonst nicht oder nur wahlweise angedrohte Geldstrafe verhängt werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtsch

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht, so kann neben einer Freiheitsstrafe eine sonst nicht oder nur wahlweise angedrohte Geldstrafe verhängt werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

Hat der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht, so kann neben einer Freiheitsstrafe eine sonst nicht oder nur wahlweise angedrohte Geldstrafe verhängt werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist.

(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

Hat der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht, so kann neben einer Freiheitsstrafe eine sonst nicht oder nur wahlweise angedrohte Geldstrafe verhängt werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.